BVwG L512 2167067-1

BVwGL512 2167067-19.6.2020

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:L512.2167067.1.01

 

Spruch:

 

L512 2167067-1/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge „Pakistan“ genannt), stellte nach illegaler Einreise am 12.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am XXXX Folgendes vor:

Er sei ledig, habe acht Jahre die Grundschule besucht und sei vor seiner Ausreise XXXX gewesen. Er habe Pakistan per Flugzeug legal verlassen.

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, die Sicherheitslage sei seitens der Taliban sehr beeinträchtigt gewesen. Es habe immer Bombenanschläge gegeben.

Bei einer Rückkehr in seine Heimat habe der BF Angst vor den Taliban und den Terroristen [Aktenseite (AS) 1 ff.].

 

Vor Organwalterinnen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge kurz „BFA“) brachte der BF am 09.11.2016 im Wesentlichen Folgendes vor:

In der XXXX sei es zu einem Bombenanschlag gekommen sei. Der BF sei zusammen mit drei anderen Mitarbeitern der XXXX weggelaufen. Dabei seien sie von den Taliban erwischt worden. Mit verbundenen Augen seien sie zu einem unbekannten Ort gebracht worden. Sie hätten sich dort ein Monat lang aufgehalten. Dies sei im XXXX gewesen. Dann hätte die pakistanische Armee sie befreit. Der BF habe wieder zum Arbeiten angefangen. Am Beginn des XXXX sei es wieder zu einem Anschlag der Taliban gekommen. Es sei im Bazar herumgeschossen worden und hätten die Taliban die Mitarbeiter in der XXXX mit dem Messer attackiert. Der BF sei am XXXX verletzt worden. Die Taliban seien geflüchtet, als die pakistanische Armee eingeschritten sei. Sie seien von der pakistanischen Armee ins Spital gebracht worden. Das Spitalspersonal habe sie aber nicht behandeln wollten, da es Angst vor den Taliban gehabt habe. Der BF sei zwei Tage lang noch in seinem Heimatdorf geblieben bis er nach XXXX ging. Er sei dorthin gegangen, da der Dorfrat zum BF gesagt habe, er solle sich den Taliban anschließen oder das Dorf verlassen. Später habe der BF erfahren, dass die Dorfältesten einen Brief von den Taliban erhalten hätten (AS 99 ff.).

 

I.2. Der gegenständliche Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV) (AS 201 ff.).

 

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF bezüglich einer persönlichen Verfolgung als nicht glaubhaft (AS 327 ff.).

 

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

 

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe in Höhe von 14 Tagen, da keine Gründe im Sinne des nach § 55 Abs 1 a FPG vorliegen würden.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist vollumfänglich Beschwerde erhoben (AS 379 ff.).

 

I.4. Für den XXXX lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

 

I.4.1. Mit Schreiben vom XXXX wurden den Verfahrensparteien aktuelle Länderberichte zur Lage in Pakistan zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum Zeitpunkt der anberaumten Verhandlung schriftlich bzw. in der Verhandlung mündlich hierzu zu äußern.

I.5. Nach Einlangen einer Krankmeldung wurde die mündliche Verhandlung auf den XXXX verschoben.

 

I.6. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte der BF die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen.

 

I.7. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer

Beim BF handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, welcher aus dem Dorf in der Nähe von Parachinar, Kurram Distrikt, ehemalige FATA, Provinz Khyber Pakhtunkhwa stammt, die Sprache Paschtu, Urdu, Englisch, Hindi und ein bisschen Farsi, spricht und neun Jahre die Schule in Pakistan besucht hat. Der BF war vor seiner Ausreise als Angestellter bei einem XXXX tätig. Der BF ist ledig, gehört der Volksgruppe der Paschtunen und dem schiitischen Glauben an.

 

Der BF ist Drittstaatsangehöriger.

 

Die Identität des BF steht nicht fest.

 

Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Erkrankung.

 

Der BF ist ein arbeitsfähiger und arbeitswilliger Mensch.

 

Er verfügt über bestehende familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

 

Familienangehörige des BF – wie seine Eltern, sein drei Brüder und eine Schwester - leben im Herkunftsstaat des BF. Der BF hat zu seiner Mutter Kontakt.

 

Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF reiste im Juli 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

 

Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Der BF hat eine Lebensgefährtin, die österreichische Staatsbürgerin ist. Der BF lebt mit dieser seit XXXX zusammen. Der BF und seine Lebensgefährtin haben sich im XXXX kennengelernt und befinden sich seit XXXX in einer engeren Beziehung. Der BF hat Bekannten und Freunde in Österreich.

 

Der BF besuchte in Österreich Deutschkurse, von XXXX bis XXXX im Ausmaß von 16 Unterrichtseinheiten, der BF erhielt zudem eine Deutschförderung für seinen Beruf als XXXX . Der BF hat im Jahr XXXX eine A2 Prüfung absolviert.

 

Der BF hat im Zeitraum vom XXXX bis XXXX Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber bezogen.

 

Für den Zeitraum vom XXXX bis XXXX wurde eine Beschäftigungsbewilligung für den BF als XXXX (Lehrling/Auszubildender) bzw. vom XXXX bis XXXX für die beruflichen Tätigkeit als XXXX /Köchin für eine Ganztagesbeschäftigung im Ausmaß vom 40 Stunden pro Woche und mit einem monatlichen Entgelt von Euro XXXX brutto erteilt. Der BF war vom XXXX bis XXXX als XXXX bei XXXX beschäftigt. Der BF hat eine Teillehre abgeschlossen, wobei er sich am XXXX im Rahmen einer Teilqualifizierung gemäß § 8b Abs 10 BAG einer Abschlussprüfung über die in der Ausbildungszeit erlernten Fertigkeiten und Kenntnisse aus dem Lehrberuf XXXX unterzogen hat. Der BF hat die Berufsschule XXXX besucht, wobei er im Schuljahr XXXX die zweite Fachklasse für den Lehrberuf XXXX besucht hat. Der BF arbeitet seit XXXX bei XXXX . Der BF möchte in den nächsten Jahren die Lehrabschlussprüfung nachholen.

 

Der BF hat der zuständigen Bezirkshauptmannschaft seinen pakistanischen Führerschein vorgelegt hat, der sich als Totalfälschung herausstellte.

 

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitstrafe von 4 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

 

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan: drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militär und PTM

Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).

Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen – darunter fünf Soldaten – verletzt (Dawn 26.5.2019).

PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).

Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die örtliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).

In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).

Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019)

Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran Khan an das PTM, wobei er die Anliegen der Paschtunen würdigte, jedoch klar machte, dass er Eskalationen nicht gutheiße (Dawn 26.5.2019). Ende April 2019 erhob die Armee Vorwürfe, dass die PTM Finanzierung durch afghanische und indische Geheimdienste erhalte (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, Dawn 30.4.2019) und warnte die PTM, dass „ihre Zeit vorbei“ sei, und dass diese die „roten Linien“ nicht überschreiten solle (Dawn 26.5.2019; vgl. Dawn 30.4.2019). Es wurde eine mögliche nicht näher spezifizierte Aktion gegen die PTM angekündigt, wobei der Armeesprecher angab, dass diese Ansage keine „Kriegserklärung“ sei und weder illegale Aktionen noch Unannehmlichkeiten für normale Paschtunen geplant seien (Dawn 30.4.2019).

Quellen:

1. AI – Amnesty International (27.5.2019): Pakistan: Investigate North Waziristan killings, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/05/pakistan-investigate-north-waziristan-killings/ , Zugriff 28.5.2019

2. Dawn (26.5.2019): 3 people killed, 5 soldiers injured in exchange of fire at check post in North Waziristan, https://www.dawn.com/news/1484709 , Zugriff 28.5.2019

3. Dawn (27.5.2019): MNA Ali Wazir produced before ATC, remanded in CTD custody for 8 days, https://www.dawn.com/news/1484918 , Zugriff 28.5.2019

4. Dawn (30.4.2019): Foreign spy agencies fund PTM, says army, https://www.dawn.com/news/1479321/foreign-spy-agencies-fund-ptm-says-army , Zugriff 28.5.2019

5. PT – Pakistan Today (27.5.2019): 3 killed, 15 injured in ‘PTM-Army clash’ in North Waziristan, https://www.pakistantoday.com.pk/2019/05/26/3-killed-15-injured-in-ptm-army-clash-in-north-waziristan/ , Zugriff 28.5.2019

6. Standard, der (28.5.2019): Amnesty fordert Untersuchung des Todes von Demonstranten in Pakistan, http://derstandard.at/2000103942873/Amnesty-fordert-Untersuchung-des-Todes-von-Demonstranten-in-Pakistan , Zugriff 28.5.2019

7. VOA – Voice of America (26.5.2019): 3 Killed in Skirmish Between Pakistan Security Forces, Rights Activists, https://www.voanews.com/a/killed-in-skirmish-between-pakistan-security-forces-rights-activists/4933709.html , Zugriff 28.5.2019

 

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie (“Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad (“Islamabad Capital Territory") bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan ca. 207,8 Millionen Einwohner ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit-Baltistan (PBS 2017a), wo zusammengerechnet weitere ca. 5,5 Millionen Menschen leben (AJK PDD 2017 + Khan 2017 S 88-89). Das Land ist der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 5.2.2019).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament (Nationalversammlung und Senat). Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert (AA 1.2.2019a). Die reservierten Sitze werden von den Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil nach Provinzen besetzt, wobei die Parteien eigene Kandidatenlisten für diese Sitze erstellen. (Dawn 2.7.2018).

Bei der Wahl zur Nationalversammlung (Unterhaus) am 25. Juli 2018 gewann erstmals die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI: Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit) unter Führung Imran Khans die Mehrheit (AA 1.2.2019a). Es war dies der zweite verfassungsmäßig erfolgte Machtwechsel des Landes in Folge (HRW 17.1.2019). Die PTI konnte durch eine Koalition mit fünf kleineren Parteien sowie der Unterstützung von neun unabhängigen Abgeordneten eine Mehrheit in der Nationalversammlung herstellen (ET 3.8.2018). Imran Khan ist seit Mitte August 2018 Premierminister Pakistans (AA 1.2.2019).

Unabhängige Beobachter berichten von technischen Verbesserungen beim Wahlablauf (USDOS 13.3.2019), jedoch war die Vorwahlzeit geprägt von Einflussnahmen durch Militär und Nachrichtendienste (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019) insbesondere gegen die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League–Nawaz (PML-N) (FH 1.2019). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlverlauf als transparent und gut durchgeführt ein, jedoch erschwerte die Selbstzensur der Berichterstatter das Treffen von qualifizierten Wahlentscheidungen für die Wähler (EUEOM 27.7.2018).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von Parlament und Provinzversammlungen gewählt. Am 9. September 2018 löste Arif Alvi von der Regierungspartei PTI den seit 2013 amtierenden Präsidenten Mamnoon Hussain (PML-N) Staatspräsident regulär ab (AA 1.2.2019a).

Der Fokus der PTI-Koalitionsregierung liegt laut offizieller Darstellung auf dem Kampf gegen Korruption, der Sanierung von Wirtschaft und Finanzen sowie einem besseren Bildungs- und Gesundheitssystem (AA 1.2.2019a). In der Praxis dominiert das Militär wichtige Politikbereiche, insbesondere innere sowie äußere Sicherheit und Beziehungen zu - für Pakistans äußere Sicherheit zentralen - Staaten wie Afghanistan, Indien und USA (AA 21.8.2018; vgl. FH 1.2019). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des Inter-Services Intelligence (ISI) gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).

Quellen:

8. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan —innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

9. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

10. AJK PDD – Azad Government of the State of Jammu and Kashmir – Planning & Development Department (2017): Azad Jammu & Kashmir at a Glance 2017, https://pndajk.gov.pk/uploadfiles/downloads/At%20a%20Glance%202017.pdf , Zugriff 4.4.2019

11. CIA - Central Intelligence Agency (5.2.2019): World Factbook - Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html , Zugriff 21.2.2019

12. Dawn (2.7.2018): Mechanism for filling reserved seats seen as flawed, https://www.dawn.com/news/1417406 , Zugriff 23.4.2019

13. EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf , Zugriff 1.4.2019

14. ET - Express Tribune, the (3.8.2018): MQM support gives PTI required majority in NA, https://tribune.com.pk/story/1772639/1-mqm-p-throws-weight-behind-pti/ , Zugriff 23.4.2019

15. FH – Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019 – Pakistan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/pakistan , Zugriff 12.3.2019

16. Globalsecurity.org (o.D.): Directorate for Inter-Services Intelligence [ISI] http://www.globalsecurity.org/intell/world/pakistan/isi.htm , Zugriff 12.3.2019

17. HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002256.html , Zugriff 12.3.2019

18. Khan, Ehsan Mehmood (2017): Constitutional Status of Gilgit Baltistan: An Issue of Human Security, https://www.ndu.edu.pk/issra/issra_pub/articles/margalla-paper/Margalla-Paper-2017/7-Constitutional-Status-Dr-Ehsan-Mehmood-Khan.pdf , Zugriff 4.4.2019

19. PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): Press Release on Provisional Results of 6th Population and Housing Census – 2017, http://www.statistics.gov.pk/assets/publications/Population_Results.pdf , Zugriff 1.4.2019

20. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Sicherheitslage

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas – FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-konfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).

Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).

Das Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) registrierte für die Jahre XXXX , 2018 bzw. das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) für gesamt Pakistan sowie die unterschiedlichen Provinzen bzw. Gebiete nachfolgende Zahlen an terroristischen Anschlägen und Todesopfern (Quellenangabe siehe Tabelle; Darstellung BFA Staatendokumentation):

Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für XXXX : PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr XXXX , die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von 2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).

Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019).

Nach dem Angriff auf die Militärschule in XXXX im Dezember 2014 wurde der National Action Plan (NAP) gegen Terrorismus in Kraft gesetzt. Die 20 Punkte des Plans umfassen Maßnahmen sowohl gegen Terrorismus als auch gegen Extremismus. Gemäß Einschätzung von PIPS wurden in den vier Jahren, die der Plan nun in Kraft ist, zufriedenstellende Fortschritte im Bereich der Terrorismusbekämpfung erzielt. Die Fortschritte im Bereich der Extremismusbekämpfung werden als nicht zufriedenstellend angesehen (PIPS 7.1.2019 S 89ff).

Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die „korrigierende religiöse Bildung“, Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).

Trotz gesetzlicher Regelungen gegen die Finanzierung von Terrorismus, die internationalen Standards entsprechen, werden Gruppen wie Lashkar-e Tayyiba nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen. Auch gibt es Lücken in der Umsetzung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al-Qaeda und den Islamischen Staat (USDOS 19.9.2018).

Quellen:

21. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan —innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

22. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

23. BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres der Republik Österreich (27.3.2019): Reiseinformation Pakistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/pakistan/ , Zugriff 3.4.2019

24. Dawn (8.4.2019): India-Pakistan conflict: Experts warn of harmful implications, https://www.dawn.com/news/1474645/india-pakistan-conflict-experts-warn-of-harmful-implications , Zugriff 8.4.2019

25. Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends , Zugriff 3.4.2019

26. Dawn (29.5.2018): Fata’s historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/fatas-historic-transition , Zugriff 19.3.2019

27. DW – Deutsche Welle (28.2.2019): Opinion: India, Pakistan, and the remote but real threat of nuclear war, https://www.dw.com/en/opinion-india-pakistan-and-the-remote-but-real-threat-of-nuclear-war/a-47721752 , Zugriff 8.4.2019

28. EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf , Zugriff 12.3.2019

29. EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf , Zugriff 1.4.2019

30. PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf , Zugriff 8.4.2019

31. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (9.4.2019): Pakistan Monthly Security Report: March 2019, https://pakpips.com/app/reports/477 , Zugriff 9.4.2019

32. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (6.2.2019): Pakistan Monthly Security Report: January 2019, https://pakpips.com/app/reports/433 , Zugriff 2.4.2019

33. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

34. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453 , Zugriff 2.4.2019

35. Presse, die (2.3.2019): Kaschmir: Sieben Tote bei Schüssen an Grenze von Indien und Pakistan, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5588780/Kaschmir_Sieben-Tote-bei-Schuessen-an-Grenze-von-Indien-und-Pakistan , Zugriff 4.3.2019

36. Reuters (3.3.2019): India-Pakistan border quiet but Kashmir tense amid militancy crackdown, https://www.reuters.com/article/us-india-kashmir-pakistan-idUSKCN1QK093 , Zugriff 6.3.2019

37. Spiegel (2.3.2019): "Die roten Linien wurden verschoben", http://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-die-roten-linien-verschoben-a-1255811.html , Zugriff 2.4.2019

38. Standard, der (2.4.2019): Pakistan meldet mehrere Tote nach Beschuss aus Indien, https://derstandard.at/2000100638494/Pakistan-meldet-mehrere-Tote-nach-Beschuss-aus-Indien-in-Kaschmir , Zugriff 3.4.2019

39. Time (28.2.2019): From Suicide Bombing to Captured Pilot: A Timeline of the Latest Crisis in Kashmir, http://time.com/5541090/india-pakistan-2019-tensions-timeline/ , Zugriff 2.4.2019

40. UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (7.3.2019): Foreign travel advice – Pakistan, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/pakistan , Zugriff 3.4.2019

41. USDOS – US Department of State (19.9.2018): Country Report on Terrorism 2017 - Chapter 1 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444941.html , Zugriff 2.4.2019

 

Wichtige Terrorgruppen

Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) ist die größte der in Pakistan aktiven militanten regierungsfeindlichen Gruppen. Die TTP ist eine Dachorganisation 13 verschiedener – also ungefähr der Hälfte aller pakistanischen - Talibanfraktionen. Die Hochburgen der TTP in den ehem. FATA wurden durch militärische Operationen beseitigt, jedoch hält die TTP nach wie vor Rückzugsgebiete in Ostafghanistan. Analysten meinen, dass die TTP sich Mitte 2018 unter neuer Führung in Süd-Wasiristan vereinen konnte und wieder schlagkräftiger würde (EASO 10.2018 S 24f). PIPS hingegen gibt an, dass TTP verzweifelt darum kämpfe, ihr Netzwerk zu erhalten, innere Streitereien zu überwinden und die Finanzierung sicherzustellen (PIPS 7.1.2019 S 74).

Gemäß PIPS war die TTP im Jahr 2018 für 79 Terroranschläge mit 185 Toten verantwortlich. 57 dieser Anschläge wurden in Khyber Pakhtunkhwa, wo die Gruppe für den größten Teil aller Anschläge verantwortlich war, und 18 in Belutschistan durchgeführt (PIPS 7.1.2019 S 74f). Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 hat die TTP die Verantwortung für mehrere Anschläge übernommen (EASO 10.2018 S 26).

Kleinere militante Organisationen, die in Khyber Pakhtunkhwa – insbesondere in den ehem. Stammesgebieten – aktiv sind, werden als Lokale Taliban bezeichnet. Diese Gruppen führten 2018 28 terroristische Anschläge mit elf Todesopfern durch. Die meisten dieser Vorfälle sind religiös motiviert und zielen auf Mädchenschulen, NGOs, Sicherheitskräfte oder Stammesälteste ab. Eine Talibangruppe unter Mullah Nazir ist in Nord-Wasiristan aktiv. Sie wurde einst als „gute Taliban“ bezeichnet und nennt sich heute Friedenskommittee. Sie bedroht Mitglieder des Pakhtun Tahaffuz Movement (PIPS 7.1.2019 S 74f).

Jamaatul Ahrar (JuA) ist eine Fraktion der TTP, operiert aber mit einer gewissen Eigenständigkeit aus der Provinz Nangarhar in Afghanistan heraus. Ziele der Gruppe sind Mitglieder der Sicherheitskräfte, Regierungsgebäude, Politiker, Minderheiten und Rechtsanwälte. Die Hizbul Ahrar (HuA) spaltete sich 2017 von der JuA ab (EASO 10.2018 S 26f). Gemäß PIPS waren im Jahr 2018 JuA für 15 terroristische Anschläge (2017: 37) mit elf Toten, alle in Khyber Pakhtunkhwa, sowie HuA für sechs Anschläge in vier verschiedenen Provinzen verantwortlich (PIPS 7.1.2019 S 74).

Der Islamische Staat in der Provinz Khorasan (IS / ISKP / Daesh) ist seit 2015 in Pakistan aktiv. Der IS konnte seinen Einfluss durch taktische Bündnisse mit ähnlich ausgerichteten örtlichen Gruppen vergrößern. IS hat lokale Zweigstellen und Rekrutierungsnetzwerke in einigen Großstädten wie XXXX oder Karatschi (EASO 10.2018 S 29f). Der IS war 2018 für zwei große Anschläge im Zusammenhang mit den Wahlen in Belutschistan verantwortlich und war vermehrt in konfessionelle Gewalt involviert. Im Jahr 2018 wurden bei insgesamt fünf Anschlägen durch den IS 224 Menschen getötet. Der IS ist insbesondere in Belutschistan präsent, wo er 2018 vier große terroristische Anschläge durchführte; ein weiterer Anschlag geschah in Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019 S 76f).

Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) ist eine Deobandi-Terroristengruppe. Die Gewalt von LeJ richtet sich größtenteils gegen Schiiten; die Organisation vertritt auch radikale Standpunkte gegenüber Christen, Ahmadis und sufistischen Muslimen (EASO 10.2018 S 32). Im Jahr 2018 war LeJ für sieben terroristische Angriffe, darunter sechs in Belutschistan und einem in Khyber Pakhtunkhwa, mit insgesamt neun Toten, verantwortlich (PIPS 7.1.2019 S 78). Im Jahr XXXX war die LeJ mit ihren Splittergruppen, darunter die Lashkar-e-Jhangvi Al-Alami, insgesamt für 18 Anschläge mit 132 Toten verantwortlich. 90 % davon betrafen die erste Jahreshälfte. Die verminderte Aktivität im zweiten Halbjahr ist durch die Zerschlagung ihrer Hauptnetzwerke zu erklären (PIPS 7.1.2018 S 87).

Die Schlagkraft der belutschischen nationalistischen Gruppen ist trotz einer verminderten Zahl an durchgeführten Anschlägen intakt. Die Balochistan Liberation Army (BLA) und die Baloch Liberation Front (BLF) führten 2018 addiert 45 terroristische Anschläge in Belutschistan und zwei in Karatschi durch. 2018 wurden erstmals zwei Selbstmordangriffe durchgeführt. Diese Taktik wird normalerweise von religiösen Gruppierungen verwendet, hingegen sind die belutschischen Gruppierungen nationalistisch und politisch links einzuordnen (PIPS 7.1.2019).

Quellen:

42. EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf , Zugriff 12.3.2019

43. PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf , Zugriff 8.4.2019

44. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

 

Khyber Pakhtunkhwa

Die Provinz Khyber Pakhtunkhwa (KP) ist in 25 Distrikte (PBS 2017d) und sieben Tribal Districts unterteilt (Dawn 31.5.2018). Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) wurden Ende Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert (AA 1.2.2019a). Die sieben Tribal Districts Bajaur, Khyber, Kurram, Mohmand, Orakzai, Nord- und Süd-Wasiristan waren bis 31. Mai 2018 Agencies der FATA (FRC 15.1.2019; vgl. PBS 2017d, Dawn 31.5.2018). Die bis 31.5.2018 bestehenden Frontier Regions der FATA wurden als Subdivisions in die bestehenden Distrikte Bannu, Dera Ismail Khan, Kohat, Lakki Marwat, XXXX und Tank eingegliedert (Dawn 31.5.2018; vgl. PBS 2017d).

Laut Zensus 2017 hat die Provinz [im Gebietsstand ab 1.6.2018] ca. 35,5 Millionen Einwohner, wovon ca. fünf Millionen auf dem Gebiet der ehemaligen FATA leben. Die Hauptstadt XXXX hat 4,3 Millionen Einwohner (PBS 2017d).

2009 begann die pakistanische Armee mit einer Reihe militärischer Einsätze gegen Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) in Khyber Pakhtunkhwa. Diese Offensive war gekennzeichnet durch Menschenrechtsverletzungen und willkürliche Verhaftungen. Die militärischen Einsätze gegen Aufständische trugen auf lange Sicht zu mehr Sicherheit in der Provinz bei (EASO 10.2018 S 67); auch auf dem Gebiet der ehem. FATA hat sich die Lage verbessert und viele Gebiete sind von Aufständischen geräumt worden (EASO 10.2018 S 82; vgl. FRC 15.1.2019). In den ehemaligen FATA konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018; vgl. FRC 15.1.2019), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018).

Dennoch bleibt die Bedrohung durch Gewalttaten der TTP weiter aufrecht. Zahlreiche Taliban-Fraktionen konnten ihre Netzwerke auf afghanischer Seite der Grenze wieder herstellen und sind in der Lage, terroristische Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten in den Tribal Districts Nord- und Süd-Wasiristan durchzuführen (FRC 15.1.2019; vgl. AA 21.8.2018). Andere Gruppen, die zur Instabilität in den Stammesdistrikten beitragen und ebenfalls grenzüberschreitend von Afghanistan aus operieren, sind der Islamische Staat, die Wazir- und Mahsud-Taliban, Lashkar-e-Islam und Tauheed-ul-Islam (FRC 15.1.2019). In Süd-Wasiristan wurde eine bewaffnete Gruppe, die als „gute Taliban“ bezeichnet wird, zu einer staatlich gestützten Miliz (EASO 10.2018 S 82). Eine lokale Talibangruppe um Mullah Nazir aus Nord-Wasiristan, die ebenfalls als „gute Taliban“ bezeichnet wurde, ist jetzt unter dem Deckmantel eines Friedenskommittees tätig und bedroht Mitglieder des Pakhtun Tahaffuz Movement (PTM) (PIPS 7.1.2019 S 75).

Als Folge der Mitte 2014 begonnenen Militäroperation Zarb-e-Azb, die sich im Wesentlichen auf das Gebiet der ehem. FATA konzentrierte, mussten rund 1,4-1,8 Mio. Menschen ihre Wohngebiete verlassen und galten seither als IDPs (ÖB 10.2018; vgl. AA 21.8.2018). Die geordnete Rückführung der Binnenvertriebenen in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an Infrastruktur und privatem Eigentum, ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 21.8.2018).

Gegen die Ausdehnung des Rechtssystems auf die Tribal Districts gibt es starken Widerstand der Stammeseliten. Ebenso besteht Widerstand gegen die Finanzierung des infrastrukturellen und institutionellen Aufbaus von Gerichten und anderen Behörden (FRC 15.1.2019).

Nach der Aufnahme der Stammesgebiete in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa begann die Polizei gemeinsam mit den paramilitärischen Einheiten in den ehem. Stammesgebieten tätig zu werden. Die Provinzpolizei ist im Prozess der Aufnahme und der Ausbildung zusätzlichen Personals, um die Präsenz auf das gesamte Gebiet der ehem. FATA auszudehnen (USDOS 13.3.2019). Es gibt jedoch großen Widerstand gegen die Auflösung paramilitärischer Einheiten, die bis zur Eingliederung der FATA in die Provinz KP dort tätig waren und die Übernahme deren Personals in die Provinzpolizei (FRC 15.1.2019).

Die militärische Führung hat durch Zugangssperren u.a. zu Teilen von Khyber Pakhtunkhwa, sowie durch Aufforderungen zur Selbstzensur mittels direkter und indirekter Einschüchterungsmethoden auf unauffällige, jedoch sehr effektive Art, die Berichterstattung beschränkt (ÖB 10.2018). Es gibt Hinweise, dass nicht alle Zwischenfälle gemeldet werden, da Journalisten und Blogger Selbstzensur betreiben (EASO 10.2018 S 13).

Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS in Khyber Pakhtunhkwa 29 terroristische Angriffe mit 16 Todesopfern. Von diesen fanden 15 Anschläge mit drei Todesopfern auf dem Gebiet der ehemaligen FATA statt. 14 Anschläge zielten auf die staatlichen Sicherheitskräfte und acht auf Zivilisten. Unter den Toten waren zwölf Sicherheitskräfte und vier Zivilisten. Insgesamt zehn der 29 Vorfälle mit insgesamt zwei Toten entfielen auf den Tribal District Nord-Wasiristan. Für einen Großteil der Anschläge waren die Taliban verantwortlich (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Bei einem Angriff der Indischen Luftwaffe nahe Balakot im Februar 2019 kamen keine Menschen zu Schaden (PIPS 7.3.2019). Dies war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019).

Im Jahr 2018 war Khyber Pakhtunkhwa die Provinz, die von der höchsten Zahl terroristischer Angriffe betroffen war, wobei es im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang der Anzahl der Anschläge um 19 Prozent und Rückgänge bei der Zahl der Todesopfer und Verletzten um 43 bzw. 46 Prozent gab. Insgesamt wurden bei 125 terroristischen Anschlägen 196 Personen getötet und 376 Personen verletzt. Davon wurden 75 Anschläge mit 116 Todesopfern und 194 Verletzten in den sieben Tribal Districts verzeichnet (PIPS 7.1.2019 S 36).

Die Sicherheitslage im Tribal District Nord-Wasiristan war 2018 am volatilsten (FRC 15.1.2019). Die höchste Zahl an Anschlägen wurden in den Distrikten Nord-Wasiristan (33; 44 Tote), Dera Ismail Khan (18; 19 Tote), XXXX (12; 28 Tote), Bannu (11; 10 Tote), Khyber (11; 7 Tote), Süd-Wasiristan (10; 9 Tote) und Bajaur (10; 8 Tote) registriert. Insgesamt wurde in 18 Distrikten, darunter in allen sieben Tribal Districts, Terroranschläge registriert (PIPS 7.1.2019 S 36).

Weiters waren im Jahr 2018 13 operative Schläge der Sicherheitskräfte sowie sechs bewaffnete Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen zu verzeichnen. Zudem fanden 15 grenzüberschreitende Angriffe aus Afghanistan statt, vorwiegend von pakistanischen Talibanmitgliedern, die sich dorthin zurückgezogen hatten, und es gab sechs Fälle von politischer bzw. wahlbezogener Gewalt (PIPS 7.1.2019 S 35-36).

Insgesamt 62, d.h. die Hälfte aller terroristischen Angriffe in Khyber Pakhtunkhwa, hatten im Jahr 2018 Sicherheitskräfte zum Ziel. Bei diesen Angriffen wurden 63 Sicherheitskräfte, zwölf Aufständische und zwei Zivilisten getötet. Im Vergleich zum Vorjahr fanden deutlich weniger High-Profile-Angriffe auf Sicherheitskräfte statt (PIPS 7.1.2019 S 36-37). Bei 27 gezielten Angriffen auf Zivilisten, die vorwiegend in den Tribal Districts stattfanden, wurden 28 Personen getötet; der deutliche Rückgang der Opferzahlen im Vergleich zum Vorjahr (130 zivile Todesopfer bei 32 Anschlägen auf Zivilisten 2017) lässt darauf schließen, dass es sich vorwiegend um Angriffe niederer Intensität handelte (PIPS 7.1.2019 S 38).

Es gab elf politisch motivierte terroristische Anschläge, die vorwiegend durch die Taliban verübt wurden, bei denen 34 Menschen ums Leben kamen. Im Vorfeld der Wahlen kam es im Juli 2018 in XXXX zu einem Selbstmordanschlag auf eine politische Veranstaltung, bei dem 21 Menschen ums Leben kamen. Bei fünf konfessionell motivierten Anschlägen kamen 40 Personen ums Leben; alleine bei einem Anschlag in Orakzai durch den Islamischen Staat im November 2018 kamen 35 Personen, darunter ca. 25 Schiiten, ums Leben (PIPS 7.1.2019 S 39-40, 54).

Im Jahr XXXX wurden von PIPS 154 terroristische Anschläge in Khyber Pakhtunkhwa registriert, bei denen 344 Personen getötet wurden. Von diesen fanden 83 Anschläge mit 253 Todesopfern auf dem Gebiet der damals noch existenten FATA statt. Im Tribal District Kurram (damals: Kurram Agency) kamen bei elf Terrorangriffen insgesamt 154 Menschen ums Leben (PIPS 7.1.2018).

Quellen:

45. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

46. Dawn (29.5.2018): Fata’s historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/fatas-historic-transition , Zugriff 19.3.2019

47. Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 26.2.2019

48. EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf , Zugriff 12.3.2019

49. FRC – FATA Research Center (15.1.2019): Khyber Pakhtunkhwa Tribal Districts Annual Security Report 2018, http://frc.org.pk/wp-content/uploads/2019/01/1-Revied-Draft-of-Security-Report-2018-converted-final.pdf , Zugriff 26.2.2019

50. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

51. PBS – Pakistan Bureau of Statistics (2017d): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS – 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN%20TEHSIL%20WISE%20FOR%20WEB%20CENSUS_2017.pdf , Zugriff 26.3.2019

52. PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf , Zugriff 8.4.2019

53. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (10.4.2019): Pakistan Monthly Security Report: March 2019, https://pakpips.com/app/reports/477 , Zugriff 10.4.2019

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55. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

56. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453 , Zugriff 2.4.2019

57. Spiegel (2.3.2019): "Die roten Linien wurden verschoben", http://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-die-roten-linien-verschoben-a-1255811.html , Zugriff 2.4.2019

58. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Punjab und Islamabad

Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).

Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut (SAV 29.6.2018). Mehrere militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben, sind im Punjab aktiv (EASO 10.2018 S 63-64; vgl. SAV 29.6.2018). In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017); beispielsweise wurden bei einem Bombenanschlag durch die TTP-Splittergruppe Hizbul-Ahrar auf Polizeieinheiten vor einem Sufi-Schrein in Lahore am 8.5.2019 zehn Personen getötet. (Guardian 8.5.2019; vgl. Reuters 8.5.2019). Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (EASO 10.2018 S 63-64).

Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban (PIPS 7.1.2019 S 49). Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018).

Quellen:

59. ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (7.2.2017): Regional Violence in Pakistan, https://www.crisis.acleddata.com/regional-violence-in-pakistan/ . Zugriff 5.4.2019

60. EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf , Zugriff 12.3.2019

61. Guardian, the (8.5.2019): Pakistan: 10 dead after blast near Sufi shrine in Lahore, https://www.theguardian.com/world/2019/may/08/pakistan-dead-blast-near-major-sufi-shrine-lahore , Zugriff 15.5.2019

62. ICTA - Islamabad Capital Territory Administration (o.D.): About ICTA, https://ictadministration.gov.pk/about-icta/ , Zugriff 5.4.2019

63. PBS – Pakistan Bureau of Statistics (2017d): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS – 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN%20TEHSIL%20WISE%20FOR%20WEB%20CENSUS_2017.pdf , Zugriff 26.3.2019

64. PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf , Zugriff 8.4.2019

65. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (10.4.2019): Pakistan Monthly Security Report: March 2019, https://pakpips.com/app/reports/477 , Zugriff 10.4.2019

66. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (6.2.2019): Pakistan Monthly Security Report: January 2019, https://pakpips.com/app/reports/433 , Zugriff 2.4.2019

67. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

68. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453 , Zugriff 2.4.2019

69. Reuters (8.5.2019): Militant bomb near Sufi shrine kills 10 in Pakistan's Lahore, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-blast/militant-bomb-near-sufi-shrine-kills-10-in-pakistans-lahore-idUSKCN1SE0C2 , Zugriff 15.5.2019

70. SAV – South Asian Voices (29.6.2018): What the Case of Punjab Says about Pakistan’s Counterterrorism Policy, https://southasianvoices.org/pakistan-counterterrorism-punjab/ , Zugriff 23.4.2019

 

Rechtsschutz / Justizwesen

Das Gesetz garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (USDOS 13.3.2019). Die pakistanische Verfassung und die Rechtsordnung basieren weitgehend auf dem britischen Rechtssystem. Wenngleich gemäß Verfassung alle Gesetze grundsätzlich im Einklang mit der Scharia stehen müssen, ist deren Einfluss auf die Gesetzgebung eher beschränkt, abgesehen von bestimmten Bereichen wie beispielsweise den Blasphemiegesetzen (ÖB 10.2018).

Der Aufbau des Justizsystems ist in der Verfassung geregelt. Der Supreme Court ist das pakistanische Höchstgericht und kann sich in Fällen von öffentlichem Interesse auch der Rechtsdurchsetzung bei Grundrechtsverletzungen, die gem. Verfassung in die Zuständigkeit der High Courts fällt, annehmen. Die fünf High Courts (je einer pro Provinz und im Islamabad Capital Territory) fungieren u.a. als Berufungsinstanz gegen Beschlüsse und Urteile von Special Courts sowie als Aufsichts- und Kontrollorgane für alle ihnen unterstehenden Gerichte. Ferner bestehen Provinz- und Distriktgerichte, Zivil- und Strafgerichte sowie spezialisierte Gerichte für Steuern, Banken und Zoll (ÖB 10.2018).

Des Weiteren existiert gemäß Verfassung ein Federal Shariat Court, der zur Prüfung von Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Islam angerufen werden und diesbezüglich auch von sich aus tätig werden kann. Er fungiert zusätzlich zum Teil als Rechtsmittelinstanz in Delikten nach den Hudood Ordinances von 1979, die eine v.a. Frauen stark benachteiligende Islamisierung des Strafrechts brachten und durch den Protection of Women (Criminal Law Amendment) Act 2006 in – Kritikern zufolge bei Weitem nicht ausreichenden – Teilen entschärft wurden (ÖB 10.2018).

Die Richter des Supreme Court, der High Courts sowie des Federal Shariat Court werden vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Judicial Commission of Pakistan und nach Bestätigung durch einen Parlamentsausschuss ernannt. Der Supreme Court und die High Courts gelten als chronisch überlastet (ÖB 10.2018).

Die Justiz steht weiterhin unter dem Einfluss der mächtigen pakistanischen Armee. Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen fort. Die Gerichte und das pakistanische Rechtssystem sind hochgradig ineffizient (AA 21.8.2018). Gerichte sind überlastet, die Judikative ist nicht in der Lage, Menschenrechte besser zu schützen (AA 1.2.2019). Laut NGOs und Rechtsexperten ist die Justiz in der Praxis oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen durch extremistische Elemente bei Fällen von Terrorismus, Blasphemie oder öffentlichkeitswirksamen politischen Fällen beeinträchtigt (USDOS 13.3.2019). Die im Rahmen des nationalen Anti-Terror-Aktionsplans vom 24.12.2014 vorgesehene grundlegende Reform des Systems der Strafjustiz kommt bislang nicht voran (AA 21.8.2018).

Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und anfällig für den Druck von wohlhabenden Personen und einflussreichen religiösen und politischen Akteuren. Es gibt Beispiele, wo Zeugen, Staatsanwälte oder ermittelnde Polizisten in High Profile Fällen von unbekannten Personen bedroht oder getötet wurden. Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden allerdings von den Medien und der Öffentlichkeit als glaubwürdig eingestuft (USDOS 13.3.2019).

Verzögerungen in zivilen und Kriminalfällen sind auf ein veraltetes Prozessrecht, unbesetzte Richterstellen, ein schlechtes Fallmanagement und eine schwache rechtliche Ausbildung zurückzuführen. Der Rückstand sowohl in den unteren als auch in den höheren Gerichten beeinträchtigt, zusammen mit anderen Problemen, den Zugang zu Rechtsmitteln oder eine faire und effektive Anhörung (USDOS 13.3.2019).

Zivile Streitigkeiten, insbesondere wegen Eigentum und Geld, sind ein häufiger Grund für Mordfälle in Pakistan. Die oftmals Jahrzehnte dauernden Verzögerungen bei Urteilen durch Zivilgerichte können zu außergerichtlicher Gewaltanwendung zwischen den Streitparteien führen (JPP 4.10.2018). De facto spielt in weiten Landesteilen das staatliche Recht für normale Pakistaner kaum eine Rolle (AA 21.8.2018). Vor allem in ländlichen Gebieten Pakistans bestehen informelle Rechtsprechungssysteme und Rechtsordnungen, die auf traditionellem Stammesrecht beruhen und die oft Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben (USDOS 13.3.2019; vgl. ÖB 10.2018).

Die örtliche Zuständigkeit von Supreme Court und High Courts erstreckte sich gemäß Verfassung grundsätzlich nicht auf die Stammesgebiete (Provincially Administered Tribal Areas - PATA, und Federally Administered Tribal Areas - FATA; vgl. Art. 246 der Verfassung). Mit Ende Mai 2018 wurden die Stammesgebiete durch die 31. Verfassungsänderung v.a. in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert, wodurch das gesamte pakistanische Rechts- und Justizsystem nach einer zweijährigen Übergangsfrist auf FATA und PATA ausgeweitet werden soll (ÖB 10.2018; vgl. Dawn 31.5.2018). Außerdem gibt es auch in Azad Jammu und Kaschmir (AJK) sowie in Gilgit-Baltistan eigene Justizsysteme (ÖB 10.2018).

Die Regierung erließ im Jänner 2015 als Reaktion auf den Terrorangriff auf die Militärschule in XXXX eine Verfassungsänderung, welche den Militärgerichten erlaubt, gegen unter Terrorverdacht stehende Zivilisten zu prozessieren (USDOS 13.3.2019; vgl. News 19.1.2019).

Im Zivil-, Kriminal- und Familienrecht gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und auf Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann auf öffentliche Kosten ein Anwalt zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 13.3.2019).

Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Schiiten, Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemie-Fällen und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 13.3.2019).

Auf dem Index des „World Justice Project“ zur Rechtsstaatlichkeit 2019 rangiert Pakistan auf Platz 117 von 126; gemäß Bereinigung um die 13 im Vergleich zum Vorjahr hinzugefügten Staaten würde das eine Verschlechterung um einen Rang darstellen (WJP 2019).

Quellen:

71. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan--innenpolitik/205010 , Zugriff 25.2.2019

72. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

73. Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 26.2.2019

74. JPP – Justice Project Pakistan (4.10.2018): Counting the Condemned – Data Analysis of Pakistan’s Use of the Death Penalty, https://www.jpp.org.pk/wp-content/uploads/2018/10/2018_10_04_Counting-the-Condemned-Final.pdf , Zugriff 26.2.2019

75. News, the (19.1.2019): Decision on military courts’ extension rests with parliament: DG ISPR, https://www.thenews.com.pk/latest/420639-decision-on-military-courts-extension-rests-with-parliament-dg-ispr , Zugriff 26.2.2019

76. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

77. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

78. WJP - World Justice Project (2019): Rule of Law Index 2019, https://worldjusticeproject.org/sites/default/files/documents/WJP-ROLI-2019-Single%20Page%20View-Reduced_0.pdf , Zugriff 8.4.2019

 

Militärgerichte

Als Reaktion auf das Schulmassaker der Taliban in XXXX 2014 genehmigte das Parlament im Jänner 2015 die Strafverfolgung von Zivilisten vor Militärgerichten bei Anklagen wie Terrorismus und religiös-konfessioneller Gewalt (USDOS 13.3.2019). Der Fortbestand der Militärgerichte wurde im XXXX (ÖB 10.2018; vgl. AI 21.2.2018) und im Jänner 2019 für jeweils weitere zwei Jahre – vorerst bis 2021 – von der Regierung beschlossen (News 19.1.2019), jedoch bis XXXX von der Nationalversammlung noch nicht ratifiziert, da der Regierung die Unterstützung von Oppositionsparteien für die notwendige Zweidrittelmehrheit fehlt. Die Zuständigkeit der Militärgerichte zur Verhandlung gegen Zivilisten unter Terrorismusanklage ist somit im März 2019 ausgelaufen. Falls es zu keiner Erneuerung der Zuständigkeit der Militärgerichte kommt, will das Militär noch nicht abgeschlossene Verfahren an zivile Gerichte zur weiteren Bearbeitung übergeben (Dawn 2.5.2019).

Die Prozesse vor Militärgerichten werden rechtsstaatlichen Vorgaben an ein faires Verfahren nicht gerecht (ÖB 10.2018; vgl. AA 21.8.2018). So ist nicht klar, unter welchen Voraussetzungen und nach welchem Verfahren bestimmte Fälle an ein Militärgericht verwiesen werden; die verfahrensleitenden Militärs müssen nicht über eine juristische Ausbildung verfügen (ÖB 10.2018); die Verfahren müssen nicht öffentlich sein (ÖB 10.2018; vgl. AA 21.8.2018, PIPS 7.1.2019) und es ist keine Kaution vorgesehen (USDOS 13.3.2019). Augenzeugenberichte werden nicht berücksichtigt und bei berechtigtem Zweifel wird nicht zugunsten der Beschuldigten entschieden (HRCP 3.2019).

Über den Ablauf der Verfahren vor diesen Gerichten dringt so gut wie nichts an die Öffentlichkeit, Einzelheiten über Militärgerichtsverfahren gegen zivile Terrorverdächtige werden nicht bekannt. Einzige Informationsquelle über die Verfahren sowie über die Vollstreckung von Urteilen ist der Informationsdienst des Militärs (AA 21.8.2018).

Im Falle der Aburteilung ziviler Terrorverdächtiger hat sich der Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 05.08.2015 das Recht vorbehalten, Urteile der Militärgerichte nach bestimmten Kriterien zu überprüfen. Bislang ist nicht bekannt, dass eine solche Überprüfung zur Aufhebung des Urteils eines Militärgerichtes geführt hätte (AA 21.8.2018). Die Familien von 16 von Militärgerichten Verurteilten wandten sich an den Supreme Court; dieser sprach allerdings im August 2016 aus, dass die Beschwerdeführer die Verletzung ihres Grundrechts auf ein faires Verfahren nicht beweisen konnten (ÖB 10.2018).

Gemäß einer Aussendung des militärischen Pressedienstes Inter-Services Public Relations (ISPR) von Mitte Dezember 2018 wurden seit Bestehen 717 Fälle an Militärgerichte verwiesen. Von 546 abgeschlossenen Fällen erhielten 310 Personen die Todesstrafe, die in 56 Fällen bereits exekutiert wurde. Weitere 234 Personen erhielten Haftstrafen zwischen fünf Jahren und lebenslänglich. Nur zwei Angeklagte wurden bisher freigesprochen (PIPS 7.1.2019).

Quellen

79. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

80. AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 26.2.2019

81. Dawn (2.5.2019): Military authorities contemplate transferring terror cases to govt, https://www.dawn.com/news/1479688/military-authorities-contemplate-transferring-terror-cases-to-govt , Zugriff 15.5.2019

82. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

83. News, the (19.1.2019): Decision on military courts’ extension rests with parliament: DG ISPR, https://www.thenews.com.pk/latest/420639-decision-on-military-courts-extension-rests-with-parliament-dg-ispr , Zugriff 26.2.2019

84. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

85. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

86. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Informelle Rechtsprechungssysteme

Neben dem in den vorigen Abschnitten dargestellten staatlichen Justizwesen bestehen vor allem in ländlichen Gebieten Pakistans auch informelle Rechtsprechungssysteme und Rechtsordnungen, die auf traditionellem Stammesrecht beruhen. So spielt in von Paschtunen bewohnten Teilen des Landes, vor allem in den ehem. semi-autonomen Federally Administered Tribal Areas (FATA), der für diese Volksgruppe maßgebliche Rechts- und Ehrenkodex Paschtunwali, der in Unrechtsfällen vom Vergeltungsgedanken sowie vom zentralen Wert der Ehre bestimmt wird, nach wie vor eine bedeutende Rolle. Streitigkeiten werden dort auf Basis des Paschtunwali von Stammesräten bzw. -gerichten (Jirgas) entschieden, wobei vor allem Frauen menschenunwürdige Bestrafungen drohen. Diese neben dem formellen Rechtssystem bestehenden ad hoc-Gerichte führen unter anderem zu einem Rechtspluralismus, der Opfer von Verfolgung, insbesondere Frauen, stark benachteiligt (ÖB 10.2018; vgl. AA 21.8.2018). Besonders in Punjab und Khyber Pakhtunkhwa ist es trotz gesetzlichen Verbots verbreitet, zur Beendigung von Blutfehden eine junge Frau (oft Mädchen unter 18 Jahren) als Blutzoll an eine verfeindete Familie zu übergeben (ÖB 10.2018).

Jirgas sind in Pakistan generell auch außerhalb paschtunischer Gebiete nach wie vor weit verbreitet (neben den ehem. FATA auch in Belutschistan, im inneren Sindh, in ländlichen Gebieten von Khyber Pakhtunkhwa sowie im südlichen Punjab) und wenden neben Stammes- auch Schariarecht an. Ähnliche Systeme existieren auch unter Hindus (Panchayat); daneben üben in Sindh und Punjab manche Feudalherren zum Teil richterliche Funktionen aus (ÖB 10.2017; vgl. USDOS 13.3.2019). Diese informellen Rechtssysteme bieten keinen institutionalisierten Rechtsschutz und haben häufig Menschenrechtsverletzungen zur Folge (USDOS 13.3.2019).

Der High Court of Sindh erklärte die Abhaltung von Jirgas in der Provinz in einem Urteil im Jahr 2004 ausdrücklich für verfassungswidrig; nichtsdestotrotz finden sie auch in Sindh regelmäßig statt. Der Supreme Court sprach sich bisher mehrmals gegen von Jirgas verhängte Strafen wie die Hergabe von Töchtern als Kompensation für begangenes Unrecht sowie gegen andere verfassungswidrige Praktiken der Stammesräte aus, was deren Fortbestand allerdings bisher nicht verhindern konnte (ÖB 10.2018).

Darüber hinaus ist selbst in städtischen Gebieten eine zunehmende Ausbreitung von „Sharia Courts“ zu beobachten; so wurde etwa im April 2016 ein Verfahren gegen Jamaat ud-Dawa (JuD), eine der größten Hilfsorganisationen Pakistans mit Verbindungen zur Terrororganisation Lashkar-e-Taiba (LeT), wegen Betreibens eines solchen Tribunals vor dem Lahore High Court eingeleitet (ÖB 10.2018).

Als weitere Besonderheiten sind die Praktiken Diyat (Blutgeld) und Qisas (Vergeltung) zu nennen, die sich beide als Strafen für Delikte gegen die körperliche Integrität im Pakistan Penal Code (Act XLV of 1860) finden, sowie in FATA und PATA bis zur Zusammenlegung mit den entsprechenden Provinzen Ende Mai 2018 auf Basis der Frontier Crimes Regulation (FCR) angewandt wurden (ÖB 10.2018).

Im Oktober 2016 wurde die Anti-Honour Killings Bill zur Eindämmung von Ehrenmorden erlassen, die Implementierung geht aber vor allem im ländlichen Bereich nur schleppend voran. Eine wesentliche Neuerung der Anti-Honour Killings Bill ist die Abschaffung des Konzepts der Vergebung (diyat) bei Ehrenmorden, sodass eine Straffreiheit des Täters bei Vergebung durch die Familie der Ermordeten nicht mehr zulässig ist (ÖB 10.2018).

Quellen:

87. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

88. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

89. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Justizwesen in den ehemaligen FATA

Die Zuständigkeit des Supreme Court und der High Courts erstreckte sich gem. Art. 247 Abs. 7 der Verfassung grundsätzlich nicht auf die Stammesgebiete (Provincially Administered Tribal Areas, PATA, und Federally Administered Tribal Areas, FATA; vgl. Art. 246 der Verfassung). Am 24. bzw. 25. Mai 2018 verabschiedeten das Unter- und Oberhaus des Parlaments (National Assembly und Senate) das lang erwartete 31. Verfassungsänderungsgesetz (31st Constitutional Amendment Bill bzw. “KP-FATA merger bill“), das die Zusammenlegung der FATA mit der Provinz Khyber Pakhtunkhwa (KP) sowie der Stammesgebiete unter Provinzverwaltung (Provincially Administered Tribal Areas/PATA) mit den entsprechenden Provinzen (KP, Belutschistan und Punjab) vorsieht. Dadurch soll das gesamte pakistanische Rechts- und Justizsystem auf FATA und PATA ausgeweitet werden. Die am 28. Mai 2018 abgesegnete FATA Interim Governance Regulation 2018 sieht eine (bis zu) zweijährige Übergangsphase für die endgültige Zusammenlegung von FATA mit KP vor (ÖB 10.2018). Nach Abschluss der Übergangsfrist wird sich die Jurisdiktion des XXXX High Court und Supreme Court auf die ehem. Stammesgebiete erstrecken (USDOS 13.3.2019)

Nach dem Aufheben der Frontier Crimes Regulation (FCR) trat die FATA Interim Governance Regulation 2018 (FIGR) für die Tribal Districts der Provinz Khyber Pakhtunkhwa [bis Mai 2018: Agencies] in Kraft (FRC 15.1.2019; vgl. Dawn 31.10.2018). Die FIGR werden über ernannte Deputy Commissioners (bis Mai 2018 als Political Agents bezeichnet) durchgesetzt, die dem Gouverneur der Provinz Khyber Pakhtunkhwa unterstehen. Unter FIGR bestehen weiterhin Jirgas (Versammlungen von Ältestenräten oder Gemeindevorständen), die Urteile durch Konsens sprechen und Bewohner haben kein Recht auf Rechtsvertretung. Beobachter kritisieren FIGR ebenso wie zuvor die FCR wegen der harten Bestrafungen (USDOS 13.3.2019).

Die Übergangsverordnung sollte in Kraft bleiben bis Institutionen der Jurisdiktion und Exekutive in der Region aufgebaut sind. Jedoch wurde die Übergangsverordnung vom XXXX High Court im Oktober 2018 als verfassungswidrig erklärt (FRC 15.1.2019; vgl. Dawn 31.10.2018), da Jurisdiktion und Exekutive nicht getrennt waren (Dawn 31.10.2018). Im Berufungsverfahren beim Supreme Court beantragte die Provinzregierung von Khyber Pakhtunkhwa Vorkehrungen zum Füllen des daraus entstandenen juristischen Vakuums und erhielt eine Übergangsfrist von sechs Monaten, um ein ordentliches Rechtssystem für die Stammesdistrikte einzuführen (BR 9.1.2019).

Herausforderungen bei der Ausdehnung des Rechtssystems auf die Tribal Districts sind ein starker Widerstand von Stammeseliten sowie der Bau von Infrastruktur für Gerichte und andere Behörden. Stammesleute haben ihre Angelegenheiten seit Jahrhunderten nach ihren Bräuchen und Traditionen geregelt und sind noch nicht vollständig an das pakistanische Recht gewöhnt. Bevor das rechtliche und juristische System Pakistans in den Tribal Districts umgesetzt werden kann, ist es notwendig, die Stammesleute entsprechend auszubilden (FRC 15.1.2019).

Quellen:

90. BR – Business Recorder (9.1.2019): The rugged challenge of FATA mainstreaming, https://fp.brecorder.com/2019/01/20190109438166/ , Zugriff 26.2.2019

91. Dawn (31.10.2018): Court declares Fata interim regulation unconstitutional, https://www.dawn.com/news/1442474 , Zugriff 26.2.2019

92. Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 26.2.2019

93. FRC – FATA Research Center (15.1.2019): Khyber Pakhtunkhwa Tribal Districts Annual Security Report 2018, http://frc.org.pk/wp-content/uploads/2019/01/1-Revied-Draft-of-Security-Report-2018-converted-final.pdf , Zugriff 26.2.2019

94. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

95. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Sicherheitsbehörden

Die Sicherheitsbehörden Pakistans bestehen aus der Polizei, die dem Innenministerium untersteht (AA 21.8.2018), dem Heer, das dem Verteidigungsministerium untersteht (MoD o.D.), militärische Hilfstruppen, die dem Innenministerium unterstehen (EASO 10.2018) sowie den Geheimdiensten (AA 21.8.2018).

Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt (AA 21.8.2018). Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung, organisierte Kriminalität, Interpol und verfügt über eine Abteilung zur Terrorismusbekämpfung (Counter Terrorism Wing - CTWI) (AA 21.8.2018).

Im Wesentlichen ist die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung Aufgabe der Provinzen, die über eigene Polizeieinheiten verfügen (Noureen/Sarfraz 2016; vgl. AA 21.8.2018). Gegenüber den Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 21.8.2018). Die lokalen Einheiten der Provinzpolizei unterstehen dem District Nazim [~Bezirkshauptmann] (Noureen/Sarfraz 2016)

Pakistan verfügt über einen Auslands-/Inlandsnachrichtendienst (Directorate for Inter-Service Intelligence, ISI), einen Inlandsnachrichtendienst (Intelligence Bureau, IB) sowie einen militärischen Nachrichtendienst (Military Intelligence, MI). Das IB untersteht dem Innenministerium und ist für Diplomatenschutz, Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inland sowie Ermittlungen bei Kapitalverbrechen zuständig. Der ISI wird vom Militär dominiert. Seine Aufgabe, die nationalen Interessen Pakistans zu schützen, ermöglicht ihm ein Tätigwerden in den unterschiedlichsten Bereichen. De jure untersteht der ISI dem Verteidigungsministerium, de facto jedoch dem jeweiligen Armeechef (Chief of Army Staff). Eine effektive zivile Kontrolle über die militärischen Geheimdienste gibt es nicht (AA 21.8.2018). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des ISI gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).

Frontier Corps (FC) und Rangers sind militärische Hilfstruppen, die dem Innenministerium unterstehen. FC sind in Khyber Pakhtunkwa und Belutschistan und die Rangers in Punjab und Sindh stationiert. Sie unterstützen die örtlichen Strafverfolgungsbehörden u.a. bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung und der Grenzsicherung. Der Ausschuss der Vereinten Nationen gegen die Folter (UNCAT) ist der Ansicht, dass die FC an außergerichtlichen Tötungen und dem Verschwinden von Menschen beteiligt ist. Im April 2018 hat die Regierung in Sindh beschlossen, „die besonderen Befugnisse zur Polizeiarbeit“ für die Rangers in Sindh auszuweiten und ihren Einsatz und ihr Mandat zur Durchführung von „Operationen gegen militante Flügel, Erpresser, Auftragsmörder und aufständische Kämpfer“ in Karatschi zu verlängern (EASO 10.2018).

In Khyber Pakhtunkwa und den [ehem.] FATA setzen die pakistanische Armee und die Polizei mitunter illegale Milizen, sogenannte „Lashkars“, zur informellen Strafverfolgung ein. Berichten zufolge wenden sie willkürlich Gewalt an, zerstören Häuser, die mutmaßlichen Taliban und ihren Familien gehören, nehmen willkürliche Verhaftungen vor und führen rechtswidrige Tötungen durch. Die Regierung der Provinz Khyber Pakhtunkhwa hat beschlossen, ihre Finanzierung einzustellen. Dem NAP zufolge werden die Lashkars aufgelöst (EASO 10.2018). Nach der Integration der FATA in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Mai 2018 wurde die Provinzpolizei auch in den ehem. FATA tätig, jedoch muss erst neues Personal aufgenommen und ausgebildet werden, um die ehem. FATA komplett abzudecken (USDOS 13.3.2019).

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte variiert von Bezirk zu Bezirk und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 13.3.2019). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u.a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen. Zum geringen Ansehen der Polizei tragen die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei wie häufige unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam und Misshandlungen gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die festgehaltene Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen, oder um ein Geständnis zu erpressen. Die Polizeikräfte sind oft in lokale Machtstrukturen eingebunden und dann nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden Strafanzeigen häufig gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 21.8.2018).

Die Polizeikräfte versagen oftmals dabei, Angehörigen religiöser Minderheiten – wie beispielsweise Ahmadis, Christen, Schiiten und Hindus – Schutz vor Übergriffen zu bieten. Es gibt jedoch Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Einzelne lokale Behörden demonstrierten die Fähigkeit und den Willen, unter großer eigener Gefährdung Minderheiten vor Diskriminierung und Mob-Gewalt zu schützen (USDOS 13.3.2019).

Es gibt weiterhin Berichte, dass Sicherheitskräfte in Menschenrechtsverletzungen involviert sind, darunter Folter und andere Misshandlungen, willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Exekutionen und Verschwindenlassen. Diese bleiben aufgrund des Fehlens unabhängiger und unparteiischer Mechanismen, um gegen die Täter zu ermitteln und sie vor Gericht zu stellen, straflos (AI 21.2.2018). Berichten zufolge werden von einigen Einheiten der Sicherheitskräfte Gefangene in Isolationshaft festgehalten und die Aufenthaltsorte dieser Gefangenen nicht offen gelegt. Menschenrechtsorganisationen berichteten darüber, dass viele paschtunische Aktivisten sowie Nationalisten der Provinzen Sindh und Belutschistan verschwanden oder grundlos verhaftet wurden (USDOS 13.3.2019).

Mangelnde Bestrafung von Übergriffen, begangen von Angehörigen der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Übergriffen bzw. Misshandlungen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den District Nazims, Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte sind ebenfalls dazu befugt, in solchen Fällen eine kriminalstrafrechtliche Verfolgung zu empfehlen, die gerichtlich angeordnet werden muss. Das Gerichtssystem bleibt das einzige Mittel, um Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen (USDOS 13.3.2019).

Im November 2018 wurde mit Unterstützung der USA ein modernes Trainingszentrum der Polizei eröffnet, um die Ausbildung von Führungskräften zu verbessern (USEC 27.11.2018). Im Jahr 2018 wurden insgesamt sieben Trainingslehrgänge im Bereich Menschenrechte und Flüchtlingsrechte für ca. 200 Polizeibeamte in verschiedenen Städten von der NGO SHARP-Pakistan (Society for Human Rights and Prisoners' Aid) durchgeführt (SHARP 29.12.2018).

Quellen:

96. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

97. AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018

98. EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf , Zugriff 12.3.2019

99. Globalsecurity.org (o.D.): Directorate for Inter-Services Intelligence [ISI] http://www.globalsecurity.org/intell/world/pakistan/isi.htm , Zugriff 12.3.2019

100. MoD – Government of Pakistan – Ministry of Defense (o.D.): Ministry Overview, http://www.mod.gov.pk/ , Zugriff 14.5.2019

101. Noureen, Asima; Sarfraz, Zaigham (2016): Structural Organization of Police: Official Record of the Government of Pakistan Based on Cabinet Division and Secretariat, in: JPUHS - Journal of Punjab University Historical Society, Vol.29, No.2, July-December, 2016, http://pu.edu.pk/images/journal/HistoryPStudies/PDF-FILES/4-v29_2_16.pdf , Zugriff 9.4.2019.

102. SHARP - Society for Human Rights and Prisoners' Aid (29.12.2018 – neuester Eintrag): Category: Activites & Events, https://sharp-pakistan.org/index.php/category/latest-news/activities-and-events/ , https://sharp-pakistan.org/index.php/category/latest-news/activities-and-events/page/2/ , Zugriff 12.3.2019

103. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

104. USEC – U.S. Embassy & Consulates in Pakistan (27.11.2018): National Police Academy Improves Police Training, https://pk.usembassy.gov/national-police-academy-improves-police-training/ , Zugriff 12.3.2019

 

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassung Folter und andere grausame und unmenschliche oder degradierende Behandlungen verbietet, beinhaltet das Strafgesetzbuch keine Bestimmungen, die Folter ausdrücklich verbieten (USDOS 13.3.2019; vgl. FT 22.2.2019). Ein Gesetz, mit dem Folter erstmals zum Straftatbestand gemacht würde, ist im Parlament seit einigen Jahren anhängig (AA 21.8.2018; vgl. FT 22.2.2019). Die Gerichtsbarkeit unternimmt erst seit 2006 größere Anstrengungen, um Fälle von Folter aufzuklären und gegen die Verantwortlichen Strafverfahren einzuleiten (AA 21.8.2018).

Folter im Gewahrsam der Sicherheitskräfte und in Gefängnissen ist verbreitet. Gefoltert wird u. a., um bei polizeilichen Ermittlungen Geständnisse oder Kooperation zu erzwingen (AA 21.8.2018; vgl. Dawn 21.2.2019, USDOS 13.3.2019). Die Polizei verfügt über keine Kenntnisse gewaltfreier Ermittlungs- und Verhörmethoden (Dawn 21.2.2019). Die Kultur der Straflosigkeit gegen Folter ist in Pakistan genauso tief verwurzelt, wie Folter verbreitet ist (FT 22.2.2019).

Laut verschiedenen Quellen führt Folter gelegentlich zum Tod oder zu schweren Verletzungen. Dies wird jedoch häufig nicht dokumentiert. Es gibt Berichte, dass Polizisten grausame und erniedrigende Behandlungen und Bestrafungen gegen Gefangene einsetzen (USDOS 13.3.2019; vgl. AI 21.2.2018). Nach Einschätzung der Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) gab es im Zeitraum 1.1. bis 31.12.2018 98 nachgewiesene Fälle von unverhältnismäßiger Polizeigewalt („excesses“), wobei davon ausgegangen wird, dass die Zahl das wahre Ausmaß nicht wiederspiegelt (HRCP 3.2019 S 71). Im Jahr 2017 wurden 127 solcher Fälle dokumentiert (USDOS 13.3.2019). Die genaue Zahl von Folteropfern sowie Todesfällen durch Folter kann nicht ermittelt werden, da die Vorgänge in Haftanstalten aller Ermittlungsbehörden intransparent sind und der Zugang auch Parlamentariern verweigert wird (FT 22.2.2019).

In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat sind Berichte über die Anwendung von Folter durch die Sicherheitsdienste häufig. Sie entziehen sich häufig der gerichtlichen Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse werden zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen, dies gilt allerdings nicht nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren (AA 21.8.2018).

Folter wird von der Regierung offiziell verurteilt, doch ist die Strafverfolgung landesweit generell so unzureichend, dass es bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge so gut wie nie zu einer Verurteilung der Täter gekommen ist (AA 21.8.2018; vgl. AI 21.2.2018). In einer Reihe von Fällen wurde eine Strafanzeige erst nach gerichtlicher Intervention durch die Angehörigen der Opfer von der Polizei registriert. In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet, an deren Ende aber in der Regel lediglich die Versetzung der Beschuldigten an eine andere Dienststelle stand (AA 21.8.2018). Im Februar 2019 wurde ein achtjähriger Bub von der Polizei in Lahore mit „Methoden dritten Grades“ gefoltert. In Folge wurde ein dienstrechtliches Verfahren gegen die beteiligten Polizisten und ein Strafverfahren wegen inhumaner Behandlung eines Kindes gegen einen beteiligten Beamten eingeleitet (Dawn 20.2.2019).

Pakistan hat am 31.12.2015 dem Vertragsausschuss der UN-Anti-Folterkonvention erstmals einen nationalen Umsetzungsbericht vorgelegt. Dieser wurde im April 2017 im UN-Ausschuss gegen Folter kritisch diskutiert (AA 20.10.2017). Einige Polizeieinheiten setzen Schritte zur Abschaffung der Folter. So wurden 2017 spezielle Menschenrechtsbeauftragte in allen 22 Polizeistationen Islamabads eingesetzt und zahlreiche Polizeistationen bilden ihre Beamten in Menschenrechten aus. Seit 2011 erhielten mehr als 50.000 Polizisten landesweit Fortbildungen zu Menschenrechten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

105. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

106. AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018

107. Dawn (20.2.2019): Lahore police torture eight-year-old boy in custody, https://www.dawn.com/news/1464969/lahore-police-torture-eight-year-old-boy-in-custody , Zugriff 22.2.2019

108. Dawn (21.2.2019): Focus on torture, https://www.dawn.com/news/1465108/focus-on-torture , Zugriff 22.2.2019

109. FT - Friday Times, the (22.2.2019): The human rights minister has repeatedly promised to table an anti-torture bill in the parliament. That promise must be fulfilled, writes Farhatullah Babar, https://www.thefridaytimes.com/ending-the-culture-of-torture-in-pakistan/ , Zugriff 22.2.2019

110. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

111. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

Korruption

Das pakistanische Strafgesetzbuch untersagt, Bestechungen anzubieten, zu bezahlen oder anzunehmen. Schmiergeldzahlungen und Geschenke sind verboten aber weit verbreitete Praxis (GAN Integrity 12.2017; vgl. USDOS 13.3.2019). Korruption ist in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen verbreitet (AA 21.8.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Im Corruption Perceptions Index 2018 von Transparency International nahm Pakistan, wie bereits im Jahr zuvor, die 117. Stelle von 180 Ländern ein (TI 29.1.2019a; vgl. TI 21.2.2018).

Das „National Accountability Bureau“ (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit dem Mandat, Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 13.3.2019), ist jedoch in der Effektivität der Arbeit durch unzureichende Geld- und Personalressourcen eingeschränkt (USDOS 19.7.2018).

Trotz solider Gesetzeslage ist Pakistan nicht in der Lage, Korruption in staatlichen Stellen zu verhindern. Die Regierung setzt die Anti-Korruptionsgesetze nicht effizient durch und Beamte, die in Korruption verwickelt sind, bleiben straffrei (GAN Integrity 12.2017; vgl. USDOS 13.3.2019). Die Hauptgründe für Korruption sind mangelndes Verantwortungsbewusstsein sowie fehlende leistungsbezogene berufliche Aufstiegschancen bei relativ niedrigen Löhnen (USDOS 29.6.2018).

Korruption ist auch in den unteren Ebenen der Polizei üblich. So werden durch manche Polizeikräfte Gebühren für die Annahme von gerechtfertigten Anzeigen angenommen und Bestechungsgelder für die Registrierung falscher Anzeigen akzeptiert. Bestechungsgelder zur Vermeidung von Strafzahlungen sind weit verbreitet (USDOS 13.3.2019).

Pakistan hat die UN-Konvention gegen Korruption sowie die Anti-Korruptions-Initiative der Asiatischen Entwicklungsbank und OECD unterzeichnet, nicht jedoch die OECD-Konvention zur Bekämpfung von Bestechung (USDOS 29.6.2018).

Transparency International sieht in Pakistan eine vielversprechende politische Entwicklung. Durch Massenmobilisierung gegen Korruption, kombiniert mit großer politischer Partizipation und Wahlbeteiligung wurde eine neue Regierung gewählt, die weitreichende Reformen in der Korruptionsbekämpfung versprach. Jedoch haben sich die Versprechen noch nicht in Aktionen, insbesondere gegen die große Korruption, manifestiert (TI 29.1.2019b)

Quellen:

112. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

113. GAN Integrity (10.2017): Pakistan Corruption Report, https://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/pakistan , Zugriff 27.2.2019

114. TI – Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://files.transparency.org/content/download/2186/13760/file/CPI%202017%20global%20map%20and%20country%20results.pdf , Zugriff 19.4.2018

115. TI – Transparency International (29.1.2019a): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018 , Zugriff 27.2.2019

116. TI – Transparency International (29.1.2019b): Asia Pacific: little to no progress on anti-corruption, https://www.transparency.org/news/feature/asia_pacific_makes_little_to_no_progress_on_anti_corruption , Zugriff 27.2.2019

117. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

118. USDOS – US Department of State, Bureau of Economic and Business Affairs (29.6.2018): Investment Climate Statements for 2018 – Pakistan, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm?year=2018&dlid=281710#wrapper , Zugriff 27.2.2019

 

 

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Nichtregierungs- und Menschenrechtsorganisationen - auch regierungskritische - können sich in Pakistan betätigen, unterliegen jedoch einer geheimdienstlichen Überwachung und Kontrolle. Bedrohungen und Einschränkungen können erfolgen, wenn ihre Arbeit die staatlichen Sicherheitsorgane tangiert (AA 21.8.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Die Regierung schränkt die operativen Möglichkeiten von zivilgesellschaftlichen Organisationen mittels Durchsetzung strenger Regulatorien und Überwachung durch Geheimdienste signifikant ein. Internationale und lokale Organisationen müssen vor dem Start unterschiedlicher Projekte offizielle „no-objection certificates“ (NOC) einholen (FH 1.2019; vgl. HRW 17.1.2019). Seit 2015 müssen sich ausländische NGOs einem aufwendigen Wiederregistrierungsprozess unterziehen. Auch inländische NGOs werden, trotz Vorliegen aller Genehmigungen, staatlicherseits schikaniert (USDOS 13.3.2019). Die Regelungen verbieten vage definierte „politische Aktivitäten“ oder Arbeit außerhalb des genehmigten Arbeitsplanes. Ein Verstoß kann dazu führen, dass die Registrierung der Organisation annulliert wird. Im Oktober 2018 lehnte das Innenministerium von Pakistan die Registrierungsanträge von 18 internationalen NGOs ab. Die daraufhin eingelegten Rechtsmittel wurden ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen (AI 2.2019).

Sowohl für Menschenrechts- als auch für Hilfsorganisationen ist die Arbeit nicht nur in den [ehem.] Stammesgebieten (FATA), sondern auch in Belutschistan nur sehr eingeschränkt möglich; mehrere Entführungen und Ermordungen von Aktivisten in den vergangenen Jahren haben dazu geführt, dass die meisten Organisationen ihre Arbeit in diesen Landesteilen eingestellt haben (AA 21.8.2018). Laut der Aid Worker Security Database wurde im Jahr 2018 eine Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation getötet. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2017 fünf Mitarbeiter getötet (AWSD 3.3.2019).

Die angesehene Nichtregierungsorganisation Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) befasst sich mit der Aufklärung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen jeder Art. In allen Landesteilen gibt es Provinzbüros und freiwillige Helfer, die Menschenrechtsverletzungen anzeigen oder ihnen angezeigte Fälle aufnehmen, Fakten sammeln und gegebenenfalls die Fälle der Justiz zuführen. Neben der HRCP beschäftigt sich eine Vielzahl weiterer Organisationen und engagierter Einzelpersonen mit verschiedenen Aspekten des Schutzes der Menschenrechte (AA 21.8.2018).

Die Österreichische Botschaft Islamabad hält fest, dass es für im Ausland tätige Menschenrechtsaktivisten bislang zu keinen ha. bekannten Problemen bei der Rückkehr gekommen ist. Auch der im Rückkehrbereich langjährig tätigen International Organization for Migration (IOM) liegen keine diesbezüglichen Fälle vor (ÖB 10.2018).

Quellen:

119. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

120. AI – Amnesty International (2.2019): Laws Designed to Silence: The Global Crackdown on Civil Society Organizations, https://www.amnesty.ch/de/themen/menschenrechtsverteidiger/dok/2019/ngo-unter-druck-gesetze-bedrohen-menschenrechtsarbeit-weltweit/201902_report_laws_designed_to_silence.pdf , Zugriff 12.3.2019

121. AWSD – Aid Worker Security Database (3.3.2019): The Aid Worker Security Database, 1997-present, https://aidworkersecurity.org/incidents/search?start=2017&detail=1&country=PK , Zugriff 12.3.2019

122. FH – Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019 – Pakistan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/pakistan , Zugriff 12.3.2019

123. HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002256.html , Zugriff 12.3.2019

124. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

125. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Allgemeine Menschenrechtslage

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert: Grundrechte, Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum, Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz; Verbot willkürlicher Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist in Pakistan nach wie vor nicht abgeschafft) (AA 21.8.2018).

Allerdings weichen der Anspruch der Verfassung und die gesellschaftliche Realität voneinander ab. Die nachhaltige Entwicklung einer liberalen Demokratie mit effektivem Rechtsstaat und Schutz der Menschenrechte wird weiterhin behindert durch Extremismus/Islamismus, Korruption, die starke Stellung des Militärs, den Einfluss von Feudal/Stammes-Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ein in Pakistan oft geleugnetes, aber weiterhin wirksames, durch religiöse Intoleranz angereichertes Kastenwesen. Korruption ist weit verbreitet. Die pakistanischen Gerichte sind überlastet. Die Judikative ist nicht in der Lage, Menschenrechte besser zu schützen (AA 5.3.2019).

Die Menschenrechtslage in Pakistan bleibt kritisch. Grundsätzlich bekennt sich die pakistanische Regierung zu den Menschenrechten. In vielen Fällen fehlt ihr jedoch der politische Wille, Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, sie aufzuklären und Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Die Schwäche der staatlichen Institutionen, nicht zuletzt im Bereich der Justiz, führt in vielen Fällen dazu, dass dem Recht keine Geltung verschafft wird. Bei der Bekämpfung von Terrorismus und Militanz werden Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen. Führenden Politikern fehlt vielfach das Grundverständnis für die Relevanz menschenrechtlicher und anderer völkerrechtlicher Normen, zu deren Einhaltung sich Pakistan verpflichtet hat (AA 21.8.2018).

Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte sind u.a. extralegale und gezielte Tötungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Folter, willkürliche und überlange Untersuchungshaft, willkürliche und ungesetzliche Verletzung der Privatsphäre, Zensur, Blockieren von Webseiten, willkürliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Journalisten, schwere Schikanen und Einschüchterungen und medienwirksame Angriffe gegen Journalisten und Medienherausgeber, staatliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit inklusive übermäßig restriktive Gesetze gegen internationale NGOs, Einschränkungen der Religionsfreiheit und Diskriminierung religiöser Minderheiten, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Korruption in den Behörden, Rekrutierungen und Einsatz von Kindersoldaten durch nichtstaatliche militante Gruppen, fehlende Ermittlungen und Rechenschaftspflicht in Fällen von Vergewaltigung, sexueller Belästigung, sogenannter Ehrverbrechen, weiblicher Genitalverstümmelung und Gewaltverbrechen aufgrund von Geschlecht, Genderidentität und sexueller Orientierung, gesetzliches Verbot gleichgeschlechtlicher Handlungen, Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft, transnationaler Menschenhandel und die schlimmsten Formen von Kinderarbeit (USDOS 13.3.2019). Wegen fehlender Rechenschaftspflicht der Regierung bleiben Vergehen oft ungeahndet, was zu einer Kultur der Straflosigkeit der Täter führt, unabhängig davon, ob es sich um staatliche oder nicht-staatliche Täter handelt. Die Behörden bestrafen Beamte nur selten für Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019, AI 21.2.2018).

Gemäß Angaben der vom Innenministerium eingesetzten Kommission zur Ermittlung erzwungenen Verschwindens (COIOED) wurden im Zeitraum 2011 bis 31.1.2019 COIOED 5.777 Fälle zur Kenntnis gebracht und davon 3.599 Fälle abgeschlossen; 2.178 Fälle sind noch offen (COIOED 1.2.2019). Im Jahr 2018 wurden von COIOED 1.098 neue Fälle registriert und 671 Fälle abgeschlossen; 2017 wurden 868 neue Fälle aufgenommen und 555 Fälle abgeschlossen (COIOED 23.2.2019).

Extralegale Tötungen kommen vor allem in Form der sogenannten „police encounters“ vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern, Militanten oder Terroristen und der Polizei oder paramilitärischen Sicherheitskräften, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Laut der NGO „Human Rights Commission of Pakistan“ kamen 2017 landesweit hunderte Personen bei „police encounters“ ums Leben. In der Regel werden diese Fälle nicht gerichtlich untersucht (AA 21.8.2018). Im Jänner 2019 wurde im Punjab vier Personen, darunter Eltern und ihre Tochter, von der Polizei erschossen. Gemäß offiziellen Angaben waren die Toten Mitglieder des Islamischen Staates, Zeugenaussagen und Amateurvideos geben jedoch an, dass die Familie, die mit dem Auto unterwegs war, grundlos beschossen wurde. Nachdem die Videos veröffentlicht wurden, ordnete der Provinzminister eine Untersuchung, sowie die Verhaftung aller am Ereignis beteiligten Beamten an (Dawn 20.1.2019).

In zahlreichen Fällen bleiben Strafgefangene über viele Jahre hinweg widerrechtlich inhaftiert, obwohl ihre Haftstrafe bereits verbüßt ist. Ein häufiger Grund ist, dass die Strafgefangenen oder ihre Familienangehörigen nicht die notwendigen Mittel aufbringen können, die gleichzeitig mit der Haftstrafe verhängte Geldbuße nach Ablauf der Haftzeit zu begleichen. Ein anderer Grund ist, dass Gerichtsurteile nicht konsequent umgesetzt werden. Andere Personen werden, ohne dass gegen sie eine Haftstrafe verhängt wurde, nur deshalb in Haft genommen, weil sie nicht in der Lage sind, gegen sie verhängte Bußgelder zu begleichen (AA 21.8.2018).

Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind Blasphemiefälle. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 21.8.2018).

Der Senat und die ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechten halten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen mit Bezug auf die Menschenrechte ab. Per Gesetz von 2012 wurde 2015 die Nationale Kommission für Menschenrechte als unabhängiges Komitee eingerichtet. Im November 2015 wurde wieder ein unabhängiges Ministerium für Menschenrechte eingerichtet (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

126. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

127. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.3.2019): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan--innenpolitik/205010 , Zugriff 12.3.2019

128. AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018

129. COIOED – Commission of Inquiry on Enforced Disappearances (1.2.2019): Monthly Progress on Cases of Alleged Enforced Disappearances – January 2019, http://coioed.pk/wp-content/uploads/2019/02/20190101SUBMISSION-OF-MONTHLY-SUMMARY-JANUARY-2019.doc , Zugriff 12.3.2019

130. COIOED – Commission of Inquiry on Enforced Disappearances (23.2.2019): Month Wise Receipt/Disposal of Cases by COIOED, http://coioed.pk/wp-content/uploads/2019/02/MONTH-WISE-RECEIPT-DISPOSAL-OF-CASES-BY-COIOED-2nd.doc , Zugriff 12.3.2019

131. Dawn (20.1.2019): Outrage over family’s killing by Punjab police, https://www.dawn.com/news/1458676/outrage-over-familys-killing-by-punjab-police , Zugriff 12.3.2019

132. HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002256.html , Zugriff 12.3.2019

133. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind durch die Verfassung gewährleistet, werden aber in der Praxis eingeschränkt (USDOS 13.3.2019). Die Versammlungsfreiheit kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden. Dies äußert sich teilweise durch die Anordnung von Sicherheitsverwahrung oder durch massiven Gewalteinsatz der Polizei gegenüber Demonstranten (AA 21.8.2018). Versammlungen von mehr als vier Personen können von den Distriktbehörden untersagt werden. Das Gesetz erlaubt es der Regierung, alle Arten von Versammlungen, außer Begräbnisprozessionen, aus Sicherheitsgründen zu verbieten (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019).

Pakistan hält regelmäßige Wahlen ab und hat eine kompetitive Mehrparteienlandschaft. Oppositionsparteien sind frei in ihrer Arbeit und bei der Teilnahme an Wahlen. Jede der letzten drei Bundeswahlen führte dazu, dass eine bisherige Oppositionspartei in die Regierung kam. Oppositionsparteien haben auf Provinzebene Regierungsbeteiligungen oder deutliche Anteile an Parlamentssitzen. Die neuesten Beschwerden politischer Repression betrafen mutmaßliche Versuche des Militärs oder verbündeter Parteien wie der PTI, andere Parteien zu schwächen (FH 1.2019).

In Azad-Jammu und Kaschmir (AJK) und Gilgit Baltistan (GB) wird die Politik durch lokale Zweigstellen der großen pakistanischen Parteien dominiert. Es gibt wenige lokale Parteien, die aber eng mit dem pakistanischen Establishment verbunden sind. Kleine nationalistische Parteien werden aktiv marginalisiert oder direkt vom politischen Prozess ausgeschlossen. Sowohl AJK als auch GB verbietet politische Parteien, die gegen einen Beitritt Kaschmirs zu Pakistan sind (FH 1.2018).

Im Jahr 2018 gab es zahlreiche Demonstrationen und Proteste zu einer Vielzahl von Themen. Diese Veranstaltungen konnten in der Regel an Orten stattfinden, wo sie auch eine große Aufmerksamkeit erhielten (HRCP 3.2019). Es gab mehrere friedliche Großkundgebungen des Pashtun Tahaffuz Movement (PTM). Es gibt Berichte, dass die Behörden Personen mittels Verhaftungen, Einschüchterungen und Schikanen an der Teilnahme hinderten, jedoch keine systematische Gewaltanwendung gegen PTM-Unterstützer stattfand (USDOS 13.3.2019).

Die Österreichische Botschaft Islamabad hält fest, dass es bei oppositioneller Betätigung im Ausland, also etwa für eine andere Partei als die Regierungspartei, bislang zu keinen ha. bekannten Problemen bei der Rückkehr gekommen ist. Auch der im Rückkehrbereich langjährig tätigen International Organization for Migration (IOM) liegen keine diesbezüglichen Fälle vor (ÖB 10.2018).

Quellen:

134. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

135. FH – Freedom House (1.2018b): Freedom in the World 2018 – Pakistani Kashmir, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/pakistani-kashmir , Zugriff 26.2.2019

136. FH – Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019 – Pakistan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/pakistan , Zugriff 12.3.2019

137. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

138. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

139. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Haftbedingungen

Ein „First Information Report“ (FIR) ist die gesetzliche Grundlage für alle Inhaftierungen. Ein FIR erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen 24 Stunden festzuhalten. Ein Polizeirichter (Magistrate) kann eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere 14 Tage anordnen. Diese Einschränkungen werden nicht immer eingehalten. Es gibt Berichte, dass Staatsorgane entweder einen FIR ohne Beweise ausstellten, oder aber erst nach dem Erhalt von Bestechungsgeld. Des Weiteren gibt es Berichte über Verhaftungen von Personen ohne gerichtliche Genehmigung (USDOS 13.3.2019).

Die Haftbedingungen sind großteils sehr schlecht (AA 21.8.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Nach Feststellung von UNODC und HRCP sind die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, nicht gewahrt. Dies gilt besonders für zum Tode verurteilte Strafgefangene (AA 21.8.2018). Obwohl sich die qualitative und quantitative Ernährungssituation verbessert hat, führt unzureichende medizinische Versorgung und unzureichende Nahrungsversorgung in den Gefängnissen zu chronischen Gesundheitsproblemen und Unterernährung. In vielen Einrichtungen sind Hygiene, Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasserzugang inadäquat. Die meisten Haftanstalten sind veraltet (USDOS 13.3.2019). Der Zugang zu medizinischer Versorgung ist unzureichend (AA 21.8.2018) und wird durch bürokratische Verfahren erschwert (USDOS 13.3.2019).

Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Dies gilt insbesondere für die Gefängnisse in Punjab (AA 21.8.2018; vgl. HRCP 3.2019). HRCP berichtet, dass mit Stand Juli 2018 landesweit ca. 78.000 Personen in Haft waren, während die Kapazität der Haftanstalten landesweit auf ca. 64.000 ausgelegt ist. 2018 lag die Kapazität der Haftanstalten in Punjab bei ca. 33.000 bei einer Belegung von ca. 49.000 Personen (HRCP 3.2019). Gemäß HRCP war für 2017 der Bau weiterer drei Gefängnisse angekündigt worden (HRCP 4.2018), jedoch konnte 2018 kein Fortschritt bei diesen Projekten beobachtet werden (HRCP 3.2019).

Ungefähr 70 % [vgl. HRCP 3.2019: ca. 49.000 von 78.000] der Häftlinge sind Untersuchungshäftlinge, nicht zuletzt wegen der allgemein überlangen Verfahrensdauer. Dabei übersteigt die Dauer der Untersuchungshaft nicht selten das zu erwartende Strafmaß. Viele Untersuchungshäftlinge können keine Kaution bezahlen. Der „Code of Criminal Procedure (Amendment) Act, 2011“ sollte Möglichkeiten schaffen, Untersuchungsgefangene sowie Strafgefangene bei überlangen Berufungsverfahren auf Kaution zu entlassen. Auch sieben Jahre nach Inkrafttreten ist der Anteil der Untersuchungshäftlinge an der Gesamtzahl der Inhaftierten nicht gesunken (AA 21.8.2018).

Es gibt besondere Frauengefängnisse. Bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Männerabteilungen voneinander getrennt. Weibliche Gefangene sind Belästigungen, unzureichenden hygienischen Bedingungen und Mangel an medizinischer Versorgung ausgesetzt (AA 12.8.2018).

Jugendgefängnisse existieren nicht (AA 21.8.2018; vgl. USDOS 13.3.2019), jugendliche Straftäter sind aber in anderen Gebäuden als Erwachsene untergebracht (USDOS 13.3.2019). Der Jugendstrafvollzug erfüllt sowohl die nach pakistanischem Recht als auch durch die UN-Konvention über die Rechte des Kindes vorgegebenen Mindestanforderungen nicht. Auch im Jugendstrafvollzug verbringen viele Gefangene eine längere Zeit in Untersuchungshaft als sie als Höchststrafe für ihr Vergehen erhalten könnten und nach Ablauf der Strafhaft kommt es bis zur Freilassung z.T. zu langen Verzögerungen (AA 21.8.2018). Jugendliche Häftlinge sind durch andere Häftlinge oder Personal Missbrauch, Vergewaltigung oder anderer Gewalt ausgesetzt (USDOS 13.3.2019).

Die Menschenrechtskommission von Pakistan (HRCP) erklärte in ihrem Jahresbericht von 2017 auf Grundlage von Medienbeobachtung, dass es in diesem Jahr in pakistanischen Gefängnissen zu 47 Fällen von Gewalt oder Folter kam, bei denen 32 Männer gestorben sind (HRCP 4.2018). Es gibt Berichte über Folter in Militärgefängnissen (AI 21.2.2018; vgl. NYT 25.7.2015), jedoch bleiben solche Informationen meist geheim, da Militärgerichte und -gefängnisse ihre Verfahren und Procedere nicht veröffentlichen (VB 14.6.2018).

Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einen in jeder Provinz. Inspektoren besuchen die Gefängnisse und Haftanstalten unregelmäßig. Internationalen Organisationen wird der Zugang zu Gefängnissen in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan untersagt. Einigen Menschenrechtsgruppen und Journalisten werden Kontrollbesuche in Haftanstalten für Jugendliche und Frauen erlaubt (USDOS 13.3.2019). In den vergangenen Jahren wurden Infrastruktur und Abläufe in bestehenden Haftanstalten verbessert und neue Gefängnisse errichtet. Dadurch können Untersuchungshäftlinge vermehrt von verurteilten Straftätern getrennt untergebracht werden (USDOS 13.3.2019; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

140. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

141. AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018

142. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

143. HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 10.4.2019

144. NYT – New York Times (25.7.2015): In Pakistan, Detainees Are Vanishing in Covert Jails, https://www.nytimes.com/2015/07/26/world/asia/detainees-vanish-in-secretive-facilities-as-pakistan-fights-taliban.html , Zugriff 15.3.2019

145. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

146. USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 – Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 15.3.2018

147. VB - Büro des Verbindungsbeamten des BM.I in Islamabad (14.6.2018): Auskunft per E-Mail

 

Todesstrafe

Das 2008 eingeführte Moratorium auf die Vollstreckung der Todesstrafe wurde im Dezember 2014 zunächst für terroristische Straftaten, später auch für andere Kapitalverbrechen ohne terroristischen Bezug, aufgehoben (ÖB 10.2018). Bei 27 verschiedenen Straftatbeständen kann die Todesstrafe verhängt werden (AA 21.8.2018; vgl. ÖB 10.2018, HRCP o.D.). Der unter Todesstrafe gestellte Tatbestandskatalog geht weit über den nach dem internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesetzten Rahmen hinaus, den Pakistan ebenfalls ratifiziert hat. Es besteht die Gefahr, dass Personen wegen eines Tatbestandes, der gemäß dieses Paktes von der Verhängung der Todesstrafe ausgenommen ist, dennoch zum Tode verurteilt und auch hingerichtet werden (AA 21.8.2018).

Für das Jahr 2018 wurden 14 Hinrichtungen und 250 [AI] bis 346 [HRCP] verhängte Todesurteile registriert (AI 10.4.2019; vgl. HRCP 3.2019); Für das Jahr 2017 wurden 64 (HRCP 3.2019; vgl. AI 10.4.2019), 2016 ca. 80 und 2015 über 300 Hinrichtungen dokumentiert (AI 10.4.2019). Es wurden Personen hingerichtet, die zum Zeitpunkt der Tat minderjährig waren (ÖB 10.2018). Die Gesamtzahl der Insassen im Todestrakt pakistanischer Gefängnisse beträgt Stand Oktober 2018 4.688. Seit der Aufhebung des Moratoriums wurden in Pakistan, bis Oktober 2018, 496 Personen hingerichtet (JPP 4.10.2018).

Gemäß Angaben des militärischen Pressedienstes Inter-Services Public Relations (ISPR) von Mitte Dezember 2018 wurden seit Bestehen der Militärgerichte von diesen in 546 abgeschlossenen Fällen 310 Todesurteile verhängt, die in 56 Fällen bereits exekutiert wurden (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018). Die Prozesse werden rechtsstaatlichen Vorgaben an ein faires Verfahren nicht gerecht (ÖB 10.2018).

Als besondere Problematik sind die als rechtliche Handhabe zur Unterdrückung religiöser Minderheiten dienenden Blasphemiegesetze anzuführen, die Herabwürdigungen des Propheten mit der Todesstrafe bedrohen. Diese wurde bisher allerdings in diesem Zusammenhang noch nie vollzogen (ÖB 10.2018).

Die Analyse einer Reihe von Fällen zeigt, dass auch in Verfahren, in denen die Todesstrafe verhängt wird, immer wieder schwere Rechtsfehler passieren und die Verfahrensrechte der Angeklagten schwer missachtet werden. Urteile werden mitunter ausschließlich aufgrund der Geständnisse der Angeklagten verhängt, wobei davon auszugehen ist, dass Geständnisse immer wieder durch Folter oder Misshandlung im Polizeigewahrsam erzwungen werden. In vielen Fällen beruhen die Todesurteile auf rechtsstaatlich sehr zweifelhaften Verfahren, in mehreren Fällen besteht Grund zur Annahme, dass die hingerichtete Person zum Tatzeitpunkt minderjährig war (AA 21.8.2018).

Zum Tode Verurteilten stehen als Rechtsmittel der normale gerichtliche Instanzenweg bis zum Obersten Gerichtshof (Supreme Court) und anschließend die Möglichkeit eines Gnadengesuchs an den Staatspräsidenten offen (AA 30.5.2016). Gnadengesuche werden, Berichten zufolge, generell ohne Einzelfallprüfung abgelehnt (ÖB 10.2018; vgl. JPP 11.4.2018). Der Oberste Gerichtshof hat seit Dezember 2014 in Berufungsverfahren 85 % aller Todesurteile aufgehoben (JPP 4.10.2018).

Quellen

148. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

149. AI – Amnesty International (10.4.2019): Death Sentences and Executions 2018, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF , Zugriff 10.4.2019

150. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

151. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

152. HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (o.D.): Death penalty offences, http://hrcp-web.org/hrcpweb/death-penalty-offences/ , Zugriff 26.2.2019

153. JPP – Justice Project Pakistan (11.4.2018): No Mercy – a Report on Clemency for Death Row Prisoners in Pakistan, http://www.jpp.org.pk/wp-content/uploads/2018/04/No-Mercy_Final-Report1.pdf , Zugriff 26.2.2019

154. JPP – Justice Project Pakistan (4.10.2018): Counting the Condemned – Data Analysis of Pakistan’s Use of the Death Penalty, https://www.jpp.org.pk/wp-content/uploads/2018/10/2018_10_04_Counting-the-Condemned-Final.pdf , Zugriff 26.2.2019

155. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

 

Religionsfreiheit

Laut Volkszählung 2017 sind 96,28 % der ca. 207 Millionen Einwohner Pakistans muslimisch, 1,59 % Christen, 1,6 % Hindus, 0,22 % Ahmadi, 0,25 % gelistete Kasten („scheduled castes“) und 0,07 % gehören einer anderen Religion an (PBS 2017b). CIA World Factbook gibt an, dass von den Muslimen ca. 85-90 % Sunniten und 10-15 % Schiiten sind (CIA 5.2.2019); USDOS geht anhand der Volkszählung 1998 davon aus, dass 75 % der muslimischen Bevölkerung offiziell als Sunniten und 25 % als Schiiten geführt werden. Weitere Religionsgemeinschaften sind Zoroastrier, Bahai, Sikh, Buddhisten, und kleinere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten. Minderheitenvertreter schätzen die Anhängerzahl der religiösen Minderheiten auf 6-10 Millionen Menschen (USDOS 29.5.2018).

Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islam konform sein müssen, wobei der Artikel auch Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Pakistan Constitution 1973/2016; vgl. USDOS 29.5.2018). Die Verfassung verbietet Diskriminierung in religiösen Bereichen (USDOS 29.5.2018). Am 28.11.2018 wurde Pakistan vom US-Amerikanischen Außenministerium in Bezug auf Religionsfreiheit als besonders besorgniserregendes Land („Country of Particular Concern under the International Religious Freedom Act of 1998“) eingestuft, da systematische, ständige und schwerwiegende Verletzungen der Religionsfreiheit von staatlicher Seite durchgeführt oder toleriert werden (USDOS 11.12.2018).

Vertreter der Minderheiten berichten, dass die Regierung bei der Sicherung der Rechte der Minderheiten auf Bundes- und Provinzebene inkonsequent sei und dass die Maßnahmen der Regierung zur Unterbindung von Zwangskonvertierungen religiöser Minderheiten zum Islam unzureichend seien (USDOS 29.5.2018).

Die Lage der religiösen Minderheiten - vor allem Christen und Hindus sowie der Ahmadis, die vom pakistanischen Staat nicht als Muslime anerkannt werden -, ist weiterhin schwierig. Viele sind Zwangsarbeit ausgesetzt und leben in Schuldknechtschaft. Eine Bedrohung geht von militanten Organisationen vor allem gegen Schiiten, Ahmadis und Christen, aber auch gegen gemäßigte Sunniten und Muslime, die nicht einer konservativen Islam-Auslegung folgen, wie die Sufis, aus (AA 1.2.2019). Das Antreten von extremistischen religiösen Parteien im Wahlkampf 2018 führte zu vermehrten Bedrohungen und verhetzender Sprache gegenüber religiösen Minderheiten (USCIRF 4.2019).

Laut PIPS wurden im Jahr 2018 bei insgesamt 16 religiös oder konfessionell motivierten Terroranschlägen 59 Menschen getötet (PIPS 1.2019 S 53, 59); im Jahr 2017 gab es 26 religiös oder konfessionell motivierte Terroranschläge mit insgesamt 87 Toten (PIPS 7.1.2018 S 60, 68).

Gemäß Menschenrechtsaktivisten haben weder Bundes- noch Provinzbehörden substanzielle Fortschritte bei der Umsetzung der Entscheidung des Obersten Gerichtes von 2014 gemacht, die die Regierung dazu verpflichtet, religiöse Minderheiten zu schützen (USDOS 29.5.2018). Gerichte und Polizei versagen oft darin, religiöse Minderheiten zu schützen. NGOs kritisieren die Behörden, dass die Polizei Angriffe auf Mitglieder der religiösen Minderheiten nicht erfolgreich verhindert bzw. erfolglos bei der Verhaftung der Täter ist. Es gibt allerdings Verbesserungen in der Professionalität der Polizei und einzelne Beispiele, wo lokale Behörden unter großem persönlichen Risiko Minderheitenangehörige vor Diskriminierung und Mob-Gewalt schützen (USDOS 13.3.2019). Es gibt auch Berichte über Angriffe auf religiöse Plätze, Friedhöfe und religiöse Symbole der religiösen Minderheiten, die nicht von der Polizei unterbunden werden konnten (USDOS 29.5.2018).

Die umstrittene Blasphemie-Gesetzgebung sieht für Gotteslästerung die Todesstrafe vor, die allerdings im Zusammenhang mit diesem Delikt noch nie vollstreckt wurde (AA 21.8.2018). Die Blasphemiegesetze werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis, Schiiten und andere Mitglieder religiöser Minderheiten angewendet (USDOS 13.3.2019) und gemäß Interessenvertretungen sind Mitglieder religiöser Minderheiten überproportional von der Anwendung der Blasphemiegesetze betroffen (USDOS 29.5.2018). Grundsätzlich hat jede Person die Freiheit, ihre Religion selbst zu bestimmen. Artikel 20 der Verfassung von 1973 garantiert die freie Religionsausübung. Die Rechtsordnung schränkt die Freiheit, die Religion zu wechseln, nicht ein. Für Apostasie – Abfall vom Islam – gibt es in Pakistan keine strafrechtliche Bestimmung. Die Gesellschaft akzeptiert Apostasie aber in keiner Weise.

Per Gesetz ist es Madrassen verboten, interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. Es wurde gesetzlich vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden oder direkt bei der Regierung registrieren lassen und ihre Finanzierung nachweisen müssen. Anführer der Zivilgesellschaft sagen, dass die Lehre religiöser Intoleranz weiterhin weit verbreitet ist. Es gibt Berichte, dass einzelne Madrassen Gewalt oder extremistische Inhalte lehren. Der nationale Aktionsplan gegen Terror sieht explizit die Bekämpfung von Hassreden vor. Einige Fälle wurden strafrechtlich verfolgt. Auch wurde die Bewegungs- und Redefreiheit von Klerikern eingeschränkt, denen vorgeworfen wird, religiösen Hass zu verbreiten (USDOS 29.5.2018).

Laut Vertretern der Minderheitsreligionsgemeinschaften hindert die Regierung organisierte religiöse Gruppen prinzipiell nicht daran, Gebetsstätten zu errichten und ihre Geistlichen auszubilden, jedoch verweigern lokale Behörden Ahmadis regelmäßig notwendige Baubewilligungen. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 29.5.2018).

Ehen, die gegen die Vorgaben des Islam geschlossen werden, werden nicht anerkannt. So wäre z.B. eine Heirat einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nicht gültig, der umgekehrte Fall dagegen schon. Im Allgemeinen gibt es in Pakistan keine dem österreichischen Rechtssystem vergleichbare zivile Ehe: Muslime heiraten nach islamischem Recht und lassen ihre Ehe in der Folge vor staatlichen Stellen registrieren; für andere Religionsangehörige gelten wiederum eigene Regelungen (ÖB 10.2018).

Von den 342 Sitzen im Parlament sind zehn für Angehörige religiöser Minderheiten reserviert (NAP 25.2.2019; vgl. USDOS 29.5.2018). Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert – je einer für jede Provinz (USDOS 29.5.2018). Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen; vier in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan (Pakistan Constitution §106). Die gewählten Parteien und nicht die Minderheitenversammlungen bestimmen die Minderheitenvertreter (USDOS 29.5.2018). In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (BFA 10.2014 S 75).

Im Rahmen der Umsetzung der 18. Verfassungsänderung wurden in allen Provinzen Ministerien zur Wahrung der Rechte der Minderheiten eingerichtet (AA 21.8.2018). Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten und interkonfessionelle Harmonie organisiert die Teilnahme am Hajj und anderen islamischen Pilgerfahrten. Das Budget des Ministeriums deckt auch finanzielle Hilfen für autochthone Minderheiten ab; darunter die Renovierung von Glaubensstätten, kleine Entwicklungsprojekte, Stipendien und die Durchführung religiöser Feiertage (USDOS 29.5.2018).

Die meisten Minderheitengruppen berichten von Diskriminierungen bei Anstellungen in der öffentlichen Verwaltung und bei der Aufnahme an Hochschulen. Im staatlichen Bereich gilt auf nationaler Ebene eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten. Diese wird allerdings nach Aussage von Minderheitenvertretern nicht durchgesetzt. Vertreter religiöser Minderheiten berichten von einer „Gläsernen Decke“, die verhindert, dass Nicht-Muslime in höhere Positionen im öffentlichen Dienst befördert würden. Auch im Militärdienst gibt es zwar keine offiziellen Hinderungsgründe, jedoch würden Angehörige von religiösen Minderheiten nur selten in Dienstgrade höher als Colonel [Oberst] aufsteigen (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 21.8.2018).

Quellen:

156. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan —innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

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166. PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf , Zugriff 8.4.2019

167. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

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169. USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 1 Countries (Recommended for CPC Designation): Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008197/Tier1_PAKISTAN_2019.pdf , Zugriff 15.5.2019

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172. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Muslimische Denominationen, insbesondere Schiiten

In Pakistan finden sich verschiedene Ausmaße der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Die beiden Hauptzweige des Islams, das Schiitentum und das Sunnitentum, teilen sich in Pakistan auch in mehrere Untergruppen. Die Sunniten unterteilen sich in hauptsächlich drei Gruppen. Von diesen formen die Barelvis [auch Ahle Sunnat wal Jama'at] die überwiegende Mehrheit mit ungefähr 60 % der sunnitischen Bevölkerung. Deobandis werden auf ungefähr 35 % der Sunniten geschätzt und machen damit die zweitgrößte sunnitische Subsekte aus. Eine kleine Anzahl von ungefähr 5 % der Sunniten folgt der Ahl-e Hadith (Salafi) Schule des Islam. Religiöse Intoleranz und Gewalt findet auch zwischen den muslimischen Denominationen und innerhalb der sunnitischen Konfession statt, z. B. zwischen der Barelvi-Sekte, die erheblichen Sufi-Einfluss aufweist und die Mehrheit der Pakistanis ausmacht, und der Deobandi-Sekte, die islamistisch geprägt ist (BFA 10.2014).

Die schiitische Bevölkerung Pakistans wird auf 20 bis 50 Millionen Menschen geschätzt. Die Mehrheit der Schiiten in Pakistan gehört den Zwölfer-Schiiten an, andere Subsekten sind Nizari-Ismailiten, Daudi Bohras und Sulemani Bohras. Laut Australian Department of Foreign Affairs and Trade sind Schiiten im ganzen Land verteilt und stellen in der semi-autonomen Region Gilgit-Baltistan die Bevölkerungsmehrheit. Viele urbane Zentren in Pakistan beheimaten große Schia-Gemeinden. Manche Schiiten leben in Enklaven in den Großstädten, sind aber ansonsten gut integriert. Abgesehen von den Hazara unterscheiden sich Schiiten weder physisch noch linguistisch von den Sunniten. Schiitische Muslime dürfen ihren Glauben frei ausüben. Es gibt keine Berichte über systematische staatliche Diskriminierung gegen Schiiten. Schiiten sind in der Regierung und im öffentlichen Dienst gut vertreten. (UKHO 1.2019).

Religiös/konfessionell motivierte bzw. intra-konfessionelle Gewalt ("sectarian violence") führen weiterhin zu Todesfällen. Opfer sind zumeist gemäßigte Sunniten sowie Schiiten, die von militanten sunnitischen Organisationen wie Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) oder den Taliban attackiert werden (AA 21.8.2018; vgl. UKHO 1.2019, NCHR 2.2018). Diese Gruppen bedrohen direkt reilgiöse Minderheiten sowie Anhänger der Mehrheitsreligion, die sich öffentlich für Religionsfreiheit oder die Rechte religiöser Minderheiten einsetzen (USCIRF 4.2019). Hazara sind das Hauptziel sunnitischer Extremistengruppen, die gegen Schiiten vorgehen (USCIRF 4.2018).

Die Zahl konfessionell motivierter Gewalttaten geht seit dem Jahr 2013 kontinuierlich zurück (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018). Im Jahr 2018 gab es zwölf Fälle konfessionell motivierter Gewalt (minus 40 % zum Vorjahr) mit 51 Todesopfern (minus 31 % zum Vorjahr). Sieben der zwölf Angriffe galten Mitgliedern der schiitischen Glaubensgemeinschaft und drei Angriffe wurden gegen Sunniten durchgeführt. Zehn der zwölf Angriffe fanden in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan statt (PIPS 7.1.2019).

Bei einem terroristischen Anschlag durch den Islamischen Staat im November 2018 auf einen Markt in einer schiitisch dominierten Gegend in Orakzai, Khyber Pakhtunkhwa, wurden 35 Menschen getötet (darunter über zwei Dutzend Schiiten, sieben Sunniten und drei Sikh). (PIPS 7.1.2019; vgl. ET 23.11.2018).

Es gibt Berichte über willkürliche Verhaftungen von Schiiten während des religiösen Feiertages Muharram (UKHO 1.2019). Einige Bundes- und Provinzbehörden schränken rund um das schiitische Muharram-Fest die Bewegungsfreiheit von Klerikern, die dafür bekannt sind, konfessionelle Gewalt zu propagieren, ein (USDOS 29.5.2018; vgl. HRCP 3.2019) und hunderttausende Sicherheitskräfte werden im ganzen Land während des Aschura-Fests zum Schutz der schiitischen Zeremonien eingesetzt, die gemäß Beobachtern 2017 friedlicher als in den Vorjahren abliefen. Das sunnitisch-deobandi-dominierte Pakistan Ulema Council rief für Muharram 2017 die sunnitische Gemeinschaft auf, schiitischen Prozessionen Respekt entgegenzubringen und von Konfessionalismus abzusehen (USDOS 29.5.2018).

Das Militär stellt Eskorten für schiitische Pilger zur Verfügung, die durch Sindh und Belutschistan in den Iran reisen. Zwischen den organisierten Eskorten können jedoch längere Zeiträume von bis zu drei Monaten liegen. Somit sind schiitische Pilger gezwungen, ihre Reise zu verschieben, oder das Risiko gezielter Angriffe durch militante Gruppen einzugehen (DFAT 20.2.2019; vgl. UKHO 1.2019).

Quellen:

173. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

174. BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (10.2014): Pakistan – Challenges & Perspectives, https://www.ecoi.net/en/file/local/1095862/1729_1413272641_pakistan.pdf , Zugriff 25.2.2019

175. DFAT – Australian Government, Department of Foreign Affairs and Trade (20.2.2019): DFAT Country Information Report Pakistan, https://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-pakistan.pdf , Zugriff 15.5.2019

176. ET - Express Tribune, the (23.11.2019): 31 dead as bomb rips through busy market in Orakzai, https://tribune.com.pk/story/1852844/1-least-20-dead-orakzai-market-blast/ , Zugriff 29.3.2019

177. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

178. NCHR – National Commission for Human Rights Pakistan (2.2018): Understanding the Agonies of Ethnic Hazaras, https://nchr.gov.pk/wp-content/uploads/2019/01/HAZARA-REPORT.pdf , Zugriff 12.4.2019

179. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

180. UKHO – UK Home Office (1.2019): Country Policy and Information Note Pakistan: Shia Muslims, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002540/CPIN-Pakistan-Shias-v2.0_Jan_2019_.pdf , Zugriff 29.3.2019

181. USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2018): 2018 Annual Report – Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1435658/1226_1529394139_tier1-pakistan.pdf , Zugriff 25.2.2019

182. USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 1 Countries (Recommended for CPC Designation): Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008197/Tier1_PAKISTAN_2019.pdf , Zugriff 15.5.2019

183. USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 International Religious Freedom Report – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436800.html , Zugriff 25.2.2019

 

Ethnische Minderheiten

Pakistan ist ein multiethnischer und multilingualer Staat (GIZ o.D.). Laut Volkszählung 2017 leben in Pakistan ca. 207,7 Millionen Menschen (PBS 2017d). Laut CIA World Factbook ist die ethnische Zusammensetzung: Punjabi 44,7 %, Paschtunen 15,4 %, Sindhi 14,1 %, Saraiki 8,4 %, Muhajirs 7,6 %, Belutschen 3,6 %, andere ethnische Gruppen 6,3 % (CIA 5.2.2019). Laut Volkszählung 2017 ist die Bevölkerungsverteilung nach Muttersprache: Punjabi 44,15 %, Paschto 15,42 %, Sindhi 14,1 %, Saraiki 10,53 %, Urdu 7,57 %, Belutschisch 3,57 %, andere 4,66 % (PBS 2017c).

In Karatschi ging die Regierung seit 2013 u.a. gegen die radikalen Flügel von politischen Parteien vor, die in erster Linie eine ethnische Gruppe vertreten. Durch dieses Vorgehen konnten die Opferzahlen von politischer und religiös-konfessioneller Gewalt sowie durch Bandenkriminalität massiv verringert werden (PIPS 7.1.2018).

Das Pak Institute for Peace Studies (PIPS) berichtet für das Jahr 2018 von landesweit 22 Vorfällen ethnisch oder politisch motivierter Gewalt mit insgesamt 11 Todesopfern und 55 Verletzten (PIPS 7.1.2019).

Gemäß Menschenrechtsorganisationen wurden zahlreiche paschtunische Rechtsaktivisten sowie sindhi- und belutschische Nationalisten ohne Grund oder Haftbefehl verhaftet oder es kam zu Fällen von Verschwindenlassen. Nationalistische Parteien im Sindh beschuldigen Sicherheitsbehörden der Entführung und Tötung von sindhi-politischen Aktivisten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

184. GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (o.D.): LIPortal Pakistan, https://www.liportal.de/pakistan/ , Zugriff 26.3.2019

185. PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017d): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS – 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN%20TEHSIL%20WISE%20FOR%20WEB%20CENSUS_2017.pdf , Zugriff 26.3.2019

186. PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf , Zugriff 8.4.2019

187. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

188. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Paschtunen

Die von Großbritannien definierte Durand-Linie, heute Staatsgrenze zwischen Pakistan und Afghanistan, trennt das Siedlungsgebiet der Paschtunen (Monde 8.1.2015). Gemäß Volkszählung 2017 stellen paschtunische Muttersprachler mit 15,4 % der Bevölkerung Pakistans (ca. 32 Millionen Menschen) die zweitgrößte Sprachgruppe des Landes. Von ihnen leben ca. 22,6 Millionen in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa [inkl. ehem. FATA], wo sie ca. 77,7 % der Bevölkerung ausmachen; sowie ca. 3,7 Millionen in der Provinz Belutschistan, wo sie ca. 29,6 % der Bevölkerung ausmachen. Etwa zwei Millionen Paschtunen leben im Sindh, 1,3 Millionen im Punjab und 0,2 Millionen im Hauptstadtterritorium Islamabad (aggregiert aus PBS 2017a und PBS 2017c). Hinzu kommen noch 1,4 Millionen registrierte und ca. eine Million nicht registrierte afghanische Flüchtlinge in Pakistan (EASO 10.2018), von denen ca. 80-85 % ethnische Paschtunen sind (ICMC 7.2013; vgl. UNHCR 24.8.2005).

Viele Pakistanis assoziieren die Aufständischenaktivitäten im Land mit Paschtunen, die auf beiden Seiten der pakistanisch-afghanischen Grenze leben (DW 20.3.2017). Weil die pakistanische Taliban-Bewegung vornehmlich eine paschtunische Bewegung ist, sind viele Paschtunen durch eine Art Sippenhaft als „Islamisten oder militante Kämpfer“ gebrandmarkt worden (EASO 10.2018). Weiters gibt es Ressentiments der pakistanischen Elite gegen Paschtunen aufgrund separatistischer Bestrebungen in der Anfangszeit des Staates Pakistan. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage in Afghanistan hat die Idee der Vereinigung der paschtunisch besiedelten Gebiete zu einem „Groß-Paschtunistan“ unter den pakistanischen Paschtunen kaum noch Anhänger (DW 20.3.2017).

Im Zuge des Kampfes gegen islamistische Aufständische kam es seitens der Sicherheitskräfte zu einem ethnischen Profiling von Paschtunen, insbesondere Angehörigen einkommensschwacher Gruppen (DW 20.3.2017). Menschenrechtsgruppen wiesen darauf hin, dass Paschtunen im Rahmen des „Kriegs gegen den Terrorismus“ zum Ziel für Übergriffe, Verschleppungen und außergerichtliche Tötungen wurden (EASO 10.2018).

Im Jahr 2018 erlebte Pakistan den Aufstieg des Pashtun Tahafuz Movement, (Pashtun Protection Movement / paschtunische Schutzbewegung; PTM), einer Bürgerrechtsbewegung, die Schutz und Rechte für die paschtunische Minderheit im Land fordert (EASO 10.2018), beispielsweise Aufklärung der aussergerichtlichen Tötungen, ein Ende der willkürlichen Angriffe und Misshandlungen, die Rückkehr verschwundener Personen und das Räumen der Landminen in den ehem. Stammesgebieten (SAV 9.3.2018; vgl. HRCP 3.2019). Die PTM führt einen „offenen verbalen Krieg mit der Armee“ (EASO 10.2018). Ihre Anführer und Anhänger werden als Verräter, unloyal und staatsfeindlich bezeichnet (Diplomat 5.2.2019).

In Wasiristan werden Mitglieder der PTM von einer lokalen Talibangruppe um Mullah Nazir, die sich heute als „Friedenskommittee“ bezeichnet, bedroht (PIPS 7.1.2019). Bei einem Angriff auf eine Versammlung der PTM in Süd-Wasiristan durch die Gruppe um Mullah Nazir wurden im Juni 2018 drei PTM-Anhänger getötet und 20 verletzt (DT 4.6.2018).

Die Behörden versuchen, Sympathisanten durch Verhaftungen, Einschüchterungen und Schikanen an der Teilnahme der friedlichen Veranstaltungen zu hindern (USDOS 13.3.2019; vgl. HRCP 3.2019), systematische Gewaltanwendung gegen PTM-Anhänger wird von Seiten der Behörden laut Beobachtern jedoch nicht verübt (USDOS 13.3.2019). Seit Bestehen der Bewegung wurden hunderte PTM-Aktivisten verhaftet und gemäß Angaben der PTM sind Stand Februar 2019 18 Aktivisten weiterhin in Haft (Euronews 7.2.2019). Im Februar 2019 ist ein Anführer der PTM gestorben, nachdem er im Zuge einer Veranstaltung in Belutschistan von der Polizei zusammengeschlagen wurde (Diplomat 5.2.2019).

Die Veranstaltungen der PTM in der einjährigen Geschichte der Bewegung waren stets gewaltfrei und die PTM wurde von einem Sprecher der Armee im Jänner 2019 als „nicht gewalttätige Protestbewegung mit legitimen Anliegen“ bezeichnet (Diplomat 5.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Gemäß inoffizieller Schätzungen wurden 2018 bis zu 300 Personen, die teilweise jahrelang ohne Anschuldigungen inhaftiert waren, als Reaktion auf die PTM-Proteste von der Armee freigelassen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

189. Diplomat, the (5.2.2019): Pakistan’s Pashtun Rights Movement Suffers First Casualty, https://thediplomat.com/2019/02/pakistans-pashtun-rights-movement-suffers-first-casualty/ , Zugriff 27.3.2019

190. DT – Daily Times (4.6.2018): Three PTM supporters dead, 20 injured in ‘Taliban’ attack, https://dailytimes.com.pk/248527/three-ptm-supporters-dead-20-injured-in-taliban-attack/ , Zugriff 27.3.2019

191. DW – Deutsche Welle (20.3.2017): Why Pakistan associates terrorism with Pashtuns and Afghans, https://www.dw.com/en/why-pakistan-associates-terrorism-with-pashtuns-and-afghans/a-38024338 , Zugriff 27.3.2019

192. EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf , Zugriff 12.3.2019

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194. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

195. ICMC – International Catholic Migration Commission Europe (7.2013): Welcome to Europe! - A comprehensive guide to resettlement, http://www.resettlement.eu/sites/icmc.tttp.eu/files/ICMC%20Europe-Welcome%20to%20Europe_0.pdf , Zugriff 27.3.2019

196. Monde diplomatique, le (8.1.2015): Das Land der Paschtunen, https://monde-diplomatique.de/artikel/ !242028, Zugriff 27.3.2019

197. PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): Press Release on Provisional Results of 6th Population and Housing Census – 2017, http://www.statistics.gov.pk/assets/publications/Population_Results.pdf , Zugriff 1.4.2019

198. PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017c): POPULATION BY MOTHER TONGUE, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files//tables/POPULATION%20BY%20MOTHER%20TONGUE.pdf , Zugriff 26.3.2019

199. PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396 , Zugriff 8.1.2019

200. SAV – South Asian Voices (9.3.2018): The Political Awakening of Pakistan’s Pashtuns, https://southasianvoices.org/the-political-awakening-of-pakistans-pashtuns/ , Zugriff 27.3.2019

201. UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (24.8.2005): Pakistan’s census of Afghans provides first detailed profile of the population, https://www.unhcr.org/news/latest/2005/8/430c80954/pakistans-census-afghans-provides-first-detailed-profile-population.html , Zugriff 27.3.2019

202. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung (USDOS 13.3.2019). Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019, HRCP 3.2019). Es gibt einzelne rechtliche Einschränkungen, Wohnort, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu wechseln (FH 1.2019)

Die Regierung verbietet Reisen nach Israel. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein „no objection certificate“ einholen, doch von Studenten wird dies selten verlangt. Personen auf der Exit Control List ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche in staatsfeindliche Aktivitäten und Terrorismus involviert sind oder in Verbindung zu einer verbotenen Organisation stehen bzw. jene, gegen die ein Kriminalverfahren vor höheren Gerichten anhängig ist, von Auslandsreisen abhalten (USDOS 13.3.2019). Die NGO HRCP gibt an, dass Personen aus politischen Gründen auf die Exit Control List gesetzt werden und die genauen Voraussetzungen, wann eine Person auf diese Liste kommt, nicht transparent sind (HRCP 3.2019).

Reisebewegungen von bestimmten religiösen und Gender-Minderheiten bleiben gefährlich (HRCP 3.2019). Seit 2009 haben pakistanische Bürger das Recht, sich in Gilgit Baltistan anzusiedeln, jedoch gibt es weiterhin Einschränkungen für eine Ansiedlung in Azad-Jammu und Kaschmir (FH 1.2018). Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gibt es für Bewohner der ehemaligen FATA durch Ausgangssperren, Umzäunungen und eine starke Zunahme an Kontrollpunkten (ICG 20.8.2018).

Quellen:

203. FH – Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 – Pakistani Kashmir, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/pakistani-kashmir , Zugriff 26.2.2019

204. FH – Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019 – Pakistan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/pakistan , Zugriff 12.3.2019

205. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

206. ICG – International Crisis Group (20.8.2018): Shaping a New Peace in Pakistan’s Tribal Areas, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442284/5351_1535998887_b150-shaping-a-new-peace-in-pakistans-tribal-areas.pdf , Zugriff 19.3.2019

207. USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf , Zugriff 14.3.2019

 

Meldewesen

Pakistan verfügt über eine der weltweit umfangreichsten Bürger-Registrierungssysteme. Die zuständige Behörde ist die National Database & Registration Authority (NADRA) (PI 1.2019). Um als Wähler in einem Wahlkreis registriert zu werden, muss man mittels Digitaler Nationaler Identitätskarte (CNIC) nachweisen, Bewohner dieses Wahlkreises zu sein (ECP o.D.). Auf der CNIC ist neben der permanenten Adresse auch die derzeitige Wohnadresse der Person angeführt (VB 4.11.2018).

IRBC gibt an, dass die Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh sowie das Hauptstadtterritorium Islamabad ein System für die Registrierung der Bewohner haben. IRBC konnte keine Quellen zu solchen Systemen in Azad-Jammu und Kaschmir, Gilgit-Baltistan und die ehem. FATA finden. Die Meldung der Bewohner ist verpflichtend. Die Gesetze werden nur lückenhaft umgesetzt, aber Vergehen werden in allen Provinzen streng geahndet. Die zuständige Behörde zur Erhebung der Meldedaten ist die Polizei. Die Distriktleiter der Polizei sind für die lückenlose Erfassung der Bewohner in ihren Distrikten verantwortlich (IRBC 23.1.2018).

Bei gemieteten Wohnungen und Häusern ist der Bewohner, Vermieter oder Wohnungsvermittler verantwortlich, der Polizei den Mietvertrag sowie Kopien der CNIC aller Bewohner zu übermitteln. Wenn einer der drei zuerst genannten dies erledigt, müssen das die anderen nicht mehr machen. In den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa müssen zusätzlich noch zwei Referenzpersonen genannt werden, die den Bewohner identifizieren können. Hotels sind verpflichtet, Informationen über ihre Gäste zu übermitteln sowie diese Informationen zu archivieren und für die Polizei jederzeit einsehbar zu halten (IRBC 23.1.2018).

Quellen:

208. PI – Privacy International (1.2019): State of Privacy Pakistan, https://privacyinternational.org/state-privacy/1008/state-privacy-pakistan , Zugriff 21.2.2019

209. ECP – Election Commission of Pakistan (o.D): How To Register, https://www.ecp.gov.pk/frmGenericPage.aspx?PageID=4 , Zugriff 18.3.2019

210. IRBC - Immigration and Refugee Board of Canada (23.1.2018): Pakistan: Tenant registration systems, including implementation; whether authorities share information on tenant registration (2015-December 2017), https://www.refworld.org/docid/5aa8d84a7.html , Zugriff 9.4.2019

211. VB – Büro des Verbindungsbeamten des BM.I in Islamabad (4.11.2018): Auskunft einer pakistanischen Anwaltskanzlei, per E-Mail.

 

Grundversorgung

Pakistan ist mit ca. 207 Millionen Einwohnern (PBS 2017a) der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Erde. Über die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, der Abhängigenquotient [Bevölkerung bis 14 und ab 65 Jahre / Bevölkerung 15-64 Jahre] liegt bei 65 % (CIA 5.2.2019).

Pakistans Wirtschaft hat wegen einer günstigen geographischen Lage, Ressourcenreichtum, niedrigen Lohnkosten, einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht Wachstumspotenzial. Dieses Potenzial ist jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender makroökonomischer sowie politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten Korruption, ineffiziente Bürokratie, ein unsicheres regulatorisches Umfeld, eine trotz Verbesserungen in den letzten Jahren relativ teure bzw. unzureichende Energieversorgung und eine – trotz erheblicher Verbesserung seit 2014 – teils fragile Sicherheitslage (AA 5.3.2019).

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die XXXX , in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört unter anderem bei Getreideanbau und Viehzucht zu den weltweit größten Produzenten (AA 5.3.2019; vgl. GIZ 2.2019a).

Die pakistanische Wirtschaft wächst bereits seit Jahren mit mehr als vier Prozent. Für 2018 gibt der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar ein Plus von 5,6 Prozent an. Das Staatsbudget hat sich stabilisiert und die Börse in Karatschi hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Erreicht wurde dies durch einschneidende Reformen, teilweise unterstützt durch den IWF. In der Vergangenheit konnte Pakistan über die Jahrzehnte hinweg jedoch weder ein solides Wachstum halten noch die Wirtschaft entsprechend diversifizieren. Dies kombiniert mit anderen sozioökonomischen und politischen Faktoren führte dazu, dass immer noch etwa ein Drittel der pakistanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt (GIZ 2.2019a).

Die Arbeitslosigkeit in Pakistan liegt Stand 2017 offiziell etwa bei 6 % (CIA 5.2.2019). CIA hält fest, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen die Situation nicht vollständig beschreiben können, da ein großer Teil der Wirtschaft informell und die Unterbeschäftigung hoch ist (CIA 5.2.2019a; vgl. GIZ 2.2019). Kritisch ist vor allem die Situation von jungen erwerbslosen/arbeitslosen Männern zwischen 15 und 30 Jahren. Als Folge dieser hohen Arbeitslosigkeit gepaart mit einer Verknappung natürlicher Ressourcen, vor allem auf dem Land, kommt es zu einer verstärkten Arbeitsmigration nicht nur in die großen Städte, sondern traditionell auch in die Golfstaaten. Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten und Gastarbeitern nach Pakistan belaufen sich gegenwärtig auf ca. 5% des BIP (GIZ 2.2019a). Für das Finanzjahr 2019 (Juli 2018 bis Juni 2019) werden Rücküberweisungen von 22 Milliarden US-Dollar erwartet (KT 30.10.2018).

Gemäß dem Global Education Monitoring Report 2017/18 der UNESCO stellen sich die Bildungserfolge Pakistans relativ schwach dar. Die Einschulungs- und Alphabetisierungsrate Pakistans zählt zu den niedrigsten der Welt, Lediglich rund 60 Prozent der Bevölkerung (Frauen: 46%) können lesen und schreiben. Nur etwas über zwei Prozent des Bruttosozialprodukts werden in Bildung investiert. Weiterhin bleiben große Diskrepanzen in der Alphabetisierungs- und Bildungspolitik zwischen Provinzen sowie zwischen ländlichen und städtischen Gebieten bestehen. Das pakistanische Bildungssystem spiegelt die anhaltende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft wider (GIZ 2.2019b).

Zwar hat die aktuelle Regierung die staatlichen Ausgaben für Gesundheit deutlich gesteigert, doch sind sie weiterhin zu niedrig, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Die öffentlichen Gesundheitsausgaben betragen 0,92 % des Bruttoinlandsprodukts (GIZ 2.2019b).

Das Programm Tameer-e-Pakistan soll Personen bei der Arbeitssuche unterstützen (IOM 2018). Das Kamyab Jawan Programme, eine Kooperation des Jugendprogrammes des Premierministers und der Small and Medium Enterprises Development Authority (SMEDA), soll durch Bildungsprogramme für junge Menschen im Alter zwischen 15 und 29 die Anstellungsmöglichkeiten verbessern (Dawn 11.2.2019).

Etwa 7,1 Millionen Arbeitskräfte in Pakistan hatten 2016 Zugang zum Sozialversicherungssystem (HRCP 5.2017). Etwa drei Millionen Personen leben in sklavenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen (HRCP 3.2019).

Es gibt einen Mangel von zehn Millionen Wohnungen landesweit, was zu Obdachlosigkeit, illegalen Siedlungen und überhöhten Mieten führt (BTN 12.2.2019). Im Oktober 2018 kündigte Premierminister Imran Khan den Bau von fünf Millionen Wohneinheiten für Niedrigverdiener in den kommenden fünf Jahren an. Unter dem staatlichen Programm Naya Pakistan Housing Scheme (Dawn 10.10.2018; vgl. NPHS 13.10.2018) soll ein Haus 1,65 bis 2,1 Millionen Rupien kosten (BTN 12.2.2019). Die Teilnehmer am Programm bezahlen 20 Prozent des Kaufpreises im Voraus und den restlichen Betrag über 20 Jahre (NPHS 6.11.2018; vgl. BTN 12.2.2019) in monatlichen Raten zu ca. 18.500 Rupien, was ungefähr einer monatlichen Miete entspricht. Das Haus geht nach 18 Monaten ins Eigentum des Bewohners über (BTN 12.2.2019). Personen, die bereits ein Haus besitzen, können nicht am Naya Pakistan Housing Scheme teilnehmen (NPHS 13.10.2018). Der Baubeginn für die ersten 135.000 Wohneinheiten wurde für den 17.4.2019 in Islamabad und Belutschistan angekündigt (Dawn 9.4.2019).

Quellen:

212. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.3.2019): Pakistan: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/wirtschaft/204976 , Zugriff 21.3.2019

213. BTN Marketing Consultants (12.2.2019): The “Naya Pakistan Housing Scheme" and All There Is To Know About It, https://btnconsultants.com.pk/naya-pakistan-housing-scheme-know/ , Zugriff 9.4.2019

214. CIA - Central Intelligence Agency (5.2.2019): World Factbook - Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html , Zugriff 21.2.2019

215. Dawn (10.10.2018): 'I will steer you out of this difficult time': PM Khan addresses economic uncertainty, https://www.dawn.com/news/1438116 , Zugriff 9.4.2019

216. Dawn (11.2.2019): Govt aims to create 'a million jobs' for youth under Kamyab Jawan Programme, https://www.dawn.com/news/1463174 , Zugriff 15.5.2019

217. Dawn (9.4.2019): 135,000 apartments to be built in first phase of Naya Pakistan Housing project: Fawad Chaudhry, https://www.dawn.com/news/1474958 , Zugriff 9.4.2019

218. GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2.2019a): Pakistan – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/pakistan/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 21.3.2019

219. GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2.2019b): Pakistan – Gesellschaft, https://www.liportal.de/pakistan/gesellschaft/ , Zugriff 21.3.2019

220. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

221. HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 21.3.2019

222. IOM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt Pakistan 2018, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Pakistan_DE.pdf , Zugriff 21.3.2019

223. KT - Khaleej Times (30.10.2018): Pakistan remittances may hit $22 billion in 2018-19, https://www.khaleejtimes.com/business/economy/Pakistan-remittances-may-hit -$22-billion-in-2018-19-, Zugriff 9.4.2019

224. NPHS – Naya Pakistan Housing Scheme (13.10.2018): Who is eligible to apply for Naya Pakistan Housing Scheme?, http://nphp.pk/who-is-eligible-to-apply-for-naya-pakistan-housing-scheme/ , Zugriff 9.4.2019

225. NPHS – Naya Pakistan Housing Scheme (6.11.2018): Buyers must pay 20pc upfront to join PM housing scheme, http://nphp.pk/buyers-must-pay-20pc-upfront-to-join-pm-housing-scheme/ , Zugriff 9.4.2019

226. PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): Press Release on Provisional Results of 6th Population and Housing Census – 2017, http://www.statistics.gov.pk/assets/publications/Population_Results.pdf , Zugriff 1.4.2019

 

Sozialbeihilfen

Die Provinzen sind für die Einhebung und Verteilung von Zakat und Ushr zuständig. Die Mittel sind für die Unterstützung bedürftiger Muslime vorgesehen und sollen die extreme Armut in Übereinstimmung mit den Regeln des Islam reduzieren. Ein Teil des Wertes von elf verschiedenen Vermögensarten wird durch Banken, Firmen und anderen Finanzinstitutionen verpflichtend eingehoben. Die Vergabe der Geldmittel erfolgt an die Zakat-Kommitees gemäß Bevölkerungszahl der Distrikte und die Auszahlung des Zakat wird auf lokaler Ebene entschieden (Gov PJ o.D.).

Mit einer Verfassungsänderung im Jahr 2010 wurde die Gesetzgebung im Arbeits- und Sozialbereich vom Bund an die Provinzen übertragen. Einige Provinzen haben bereits Gesetze dazu erlassen, dabei jedoch wichtige Bereiche vom ehemaligen Bundesgesetz übernommen. Das frühere Bundesgesetz bleibt in Provinzen gültig, die noch keine entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen haben (ILO 2017).

Pensionsberechtigt sind Männer ab 60 und Frauen ab 55 Jahren mit mindestens 15 Beitragsjahren. Im Pensionssystem sind Angestellte von Unternehmen mit mehr als fünf Personen erfasst (USSSA 3.2017). Die Pensionsberechtigung ist auf den formellen Sektor beschränkt (HRCP 3.2019). In Pakistan kommen 2,3 % der Bevölkerung im Pensionsalter in den Genuss von Alterspension (ILO 2017). Es gibt Berichte, dass im formellen Sektor die Pensionsauszahlung verspätet erfolgt (HRCP 3.2019).

Bei Mutterschaft wird 12 Wochen lang durch den Arbeitgeber das volle Gehalt bezahlt (ILO 2017; vgl. USSSA 3.2017).

Es gibt keine Arbeitslosenunterstützung (ILO 2017). Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern bezahlen den Gehalt der letzten 30 Tage des Dienstverhältnisses multipliziert mit der Dauer des Dienstverhältnisses in Jahren als Abfindung (USSSA 3.2017; vgl. ILO 2017).

Der staatliche Wohlfahrtsverband überprüft an Hand spezifischer Kriterien, ob eine Person für den Eintritt in das Sozialversicherungssystem geeignet ist. Die Sozialversicherung ist mit einer Beschäftigung im privaten oder öffentlichen Sektor verknüpft (IOM 2018). Das Benazir Income Support Program und das Pakistan Bait-ul-Mal vergeben ebenfalls Unterstützungsleistungen (USSSA 3.2017).

Pakistan Bait-ul-Mal ist eine autonome Behörde, die Finanzierungsunterstützung an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige vergibt. Eine Fokussierung liegt auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, der Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, Berufsweiterbildung sowie die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D).

Das Benazir Income Support Programme zielt auf verarmte Haushalte insbesondere in abgelegenen Regionen ab. Durch Vergabe von zinsfreien Krediten an Frauen zur Unternehmensgründung, freie Berufsausbildung, Versicherungen zur Kompensation des Verdienstausfalles bei Tod oder Krankheit des Haupternährers und Kinderunterstützungsgeld sollen insbesondere Frauen sozial und ökonomisch ermächtigt werden (ILO 2017).

Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie gewährt u.a. Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe, Dienstleistungen für Behinderte sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.).

Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an. Sie ist in 70 Distrikten der vier Provinzen – inklusive Azad Jammu und Kaschmir – aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,4 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von ca. 217.000 kommunalen Gemeinschaften bilden (NRSP o.D).

Quellen:

227. Edhi (o.D.): About Edhi Foundation, https://edhi.org/about-us/ , Zugriff 26.3.2019

228. Gov PJ – Government of the Punjab (o.D., letztes Referenzdatum 2018): Zakat & Ushr Department - Overview & Functions, https://zakat.punjab.gov.pk/overview , Zugriff 26.3.2019

229. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

230. ILO – International Labour Organization (2017): World Social Protection Report 2017–19 - Universal social protection to achieve the Sustainable Development Goals, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---dcomm/---publ/documents/publication/wcms_604882.pdf , Zugriff 26.3.2019

231. IOM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt Pakistan 2018, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Pakistan_DE.pdf , Zugriff 21.3.2019

232. NRSP - National Rural Support Programme (o.D.b): About NRSP, http://www.nrsp.org.pk/about.html , Zugriff 26.3.2019

233. PBM - Pakistan Bait-ul-Mal (o.D.): Pakistan Bait-ul-Mal, http://www.pbm.gov.pk/pbm.html , Zugriff 26.3.2018

234. USSSA – US Social Security Administration (3.2017): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2016, S 187ff, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2016-2017/asia/ssptw16asia.pdf , Zugriff 22.2.2019

 

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend und entspricht medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standard. Die Versorgung mit zuverlässigen Medikamenten und eine ununterbrochene Kühlkette sind nicht überall gesichert (AA 13.3.2019).

In Islamabad und Karatschi ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem hohen Niveau und damit auch teuer (AA 13.3.2019). In modernen Krankenhäusern in den Großstädten konnte – unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit – eine Behandlungsmöglichkeit für die am weitesten verbreiteten Krankheiten festgestellt werden. Auch die meisten Medikamente, wie z. B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden und sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 21.8.2018).

In staatlichen Krankenhäusern, die i.d.R. europäische Standards nicht erreichen, kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen, nicht zu. Hier können zum Teil gemeinnützige Stiftungen die Kosten übernehmen (AA 21.8.2018).

Im Verhältnis gibt es einen Arzt für 957 Personen, ein Krankenhausbett für 1.500-1.600 Personen und einen Zahnarzt für 9.730 Personen. Das relative Verhältnis des medizinischen Personals zur Bevölkerungszahl hat sich in den vergangenen Jahren leicht verbessert (HRCP 3.2019; vgl. HRCP 18.4.2018).

Das Gesundheitswesen fällt vorwiegend in die Zuständigkeit der Provinzen. In der Organisation wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärversorgung unterschieden. Die Primärversorgung erfolgt in Basic Health Units (BHU) und Rural Health Centers mit einem Einzugsbereich von 25.000 bis 100.000 Menschen. Die Sekundärversorgung erfolgt in Tehsil Head Quarters und District Head Quarters mit einem Einzugsbereich von 500.000 bis 3 Millionen Menschen. Diese Einrichtungen bieten eine große Zahl ambulanter und stationärer Behandlungen an. Der tertiäre Sektor bietet eine hoch spezialisierte stationäre Versorgung; in der Regel werden Patienten vom primären und sekundären Einrichtungen überwiesen (IJARP 10.2017).

Zugänglichkeit und Leistbarkeit für Gesundheitsdienste sind insbesondere für die ländliche Bevölkerung problematisch, da es einen ernsten Mangel an qualifiziertem Gesundheitspersonal und unzureichende Finanzierung der primären Versorgungsebene gibt (IJARP 10.2017). Eine ständig steigende Bevölkerungszahl in Zusammenhang mit ineffizienter und missbräuchlicher Verwendung ohnehin beschränkter finanzieller Mittel werden als Hauptgründe für den relativ schlechten Zustand des Gesundheitswesens gesehen (SBP 1.2018).

Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren (HRCP 3.2019) führt der Großteil der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen keine zufriedenstellende Behandlung durch. Die Menschen tendieren dazu, private Einrichtungen aufzusuchen (Kurji et al 2016; vgl. HRCP 3.2019). Diese sind jedoch für die ärmere Bevölkerung unleistbar (Kurji et al 2016). Ebenso suchen viele Menschen traditionelle Heiler (Hakims), Homöopathen und Quacksalber auf (RPHS 19.6.2016).

Mehr als 15 Millionen Menschen in Pakistan leiden an einer psychischen Erkrankung, jedoch gibt es nur fünf staatliche psychiatrische Krankenhäuser und es gibt weniger als 300 qualifizierte Psychiater, die in Pakistan praktizieren. In konservativen Regionen ist eine psychische Erkrankung mit einem sozialen Stigma verbunden (BBC 29.9.2016).

73 % der Bevölkerung sind ohne staatliche Krankenversicherung; 57 % in den Städten und 83 % am Land (ILO 2017). Es gibt staatliche Sozialleistungen für Angestellte in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern und bis zu einem Gehalt von 15.000 Rupien pro Monat (18.000 in Punjab) sowie für von ihnen abhängige Personen. Ausgenommen von den Sozialleistungen sind Mitarbeiter in Familienbetrieben und Selbständige. Für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und der Eisenbahn sowie Mitglieder der Armee, der Polizei und der örtlichen Verwaltung gibt es eigene Systeme. Begünstigte erhalten allgemeinmedizinische Leistungen, Medikamente, Krankenhausbehandlungen und Krankentransporte. Während der Krankheit wird 75 % des Gehalts weiterbezahlt (100 % bei Tuberkulose und Krebs; in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa generell 50 % Gehaltsfortzahlung). Die Begünstigung setzt sich bei Beendigung des Dienstverhältnisses für sechs Monate oder für die Dauer der Krankheit (je nachdem, welcher Zeitpunkt früher eintritt) fort (USSSA 3.2017).

Das staatliche Wohlfahrts-Programm Bait-ul-Mal vergibt Unterstützungsleistungen und fördert die Beschaffung von Heilbehelfen (PBM o.D.).

Die nichtstaatliche Entwicklungshilfeorganisation Aga Khan Development Network betreibt landesweit 450 Kliniken, fünf Krankenhäuser sowie ein Universitätskrankenhaus in Karatschi und fördert zahlreiche Projekte auf lokaler Ebene, um den Zugang zur Grundversorgung zu verbessern (AKDN o.D.).

Quellen:

235. AA - Auswärtiges Amt Deutschland (13.3.2019): Länderinformationen – Pakistan – Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/PakistanSicherheit_node.html#doc344284bodyText7 , Zugriff 3.4.2019

236. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

237. AKDN – Aga Khan Development Network (o.D.): Pakistan – Health, https://www.akdn.org/where-we-work/south-asia/pakistan/health-pakistan , Zugriff 22.2.2019

238. BBC (29.9.2016): Why Pakistan's poor seek mental health cure at shrine, https://www.bbc.com/news/world-asia-37495538 , Zugriff 22.2.2019

239. HRCP – Human Rights Commission of Pakistan (3.2019): State of Human Rights in 2018, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2019/04/State-of-Human-Rights-in-2018-English-1.pdf , Zugriff 23.4.2019

240. HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (18.4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 10.4.2019

241. IJARP – International Journal of Advanced Research and Publications (10.2017): Healthcare System of Pakistan, http://www.ijarp.org/published-research-papers/oct2017/Healthcare-System-Of-Pakistan.pdf , Zugriff 22.2.2019

242. ILO – International Labour Organization (2017): World Social Protection Report 2017–19 - Universal social protection to achieve the Sustainable Development Goals, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---dcomm/---publ/documents/publication/wcms_604882.pdf , Zugriff 26.3.2019

243. Kujri Zohra, Zahra Shaheen Premani, Yasmin Mithani (2016): Analysis of the Health Care System of Pakistan: Lessons Learnt and Way Forward, https://pdfs.semanticscholar.org/178f/79039bb1c5cb826d957d27825f8a692020c9.pdf , Zugriff 22.2.2019

244. PBM – Pakistan Bait-ul-Mal (o.D.): How To Get Assistance, http://www.pbm.gov.pk/forms.html , Zugriff 22.2.2019

245. RPHS – Research in Pharmacy and Health Sciences (19.6.2016): Health Care System in Pakistan – a Review, https://www.researchgate.net/publication/321376296_Health_Care_System_in_Pakistan_A_review , Zugriff 22.2.2019

246. SBP – State Bank of Pakistan (1.2018): State of Health Sector in Pakistan, http://www.sbp.org.pk/publications/staff-notes/State-of-Health-Sector-in-Pakistan-(06-04-2018).pdf , Zugriff 22.2.2019

247. USSSA – US Social Security Administration (3.2017): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2016, S 187ff, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2016-2017/asia/ssptw16asia.pdf , Zugriff 22.2.2019

 

Rückkehr

Unter gewissen Voraussetzungen verstoßen Pakistani mit ihrer Ausreise gegen die Emigration Ordinance (1979) oder gegen den Passport Act, 1974. Laut Auskunft der International Organization for Migration (IOM) werden Rückkehrende aber selbst bei Verstößen gegen die genannten Rechtsvorschriften im Regelfall nicht strafrechtlich verfolgt. Es sind vereinzelte Fälle an den Flughäfen Islamabad, Karatschi und Lahore bekannt, bei denen von den Betroffenen bei der Wiedereinreise Schmiergelder in geringer Höhe verlangt wurden. Rückkehrende, die nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen um Schmiergelder zu zahlen, werden oft inhaftiert (ÖB 10.2018).

Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten nationalen Ersatzdokument möglich, nicht aber mit europäischen Passersatzdokumenten (AA 21.8.2018).

[Ungeachtet anderer Bedrohungslagen; vgl. andere relevante Abschnitte des LIB; Anm.] hält die Österreichische Botschaft Islamabad fest, dass es bei oppositioneller Betätigung im Ausland bislang zu keinen ha. bekannten Problemen bei der Rückkehr gekommen ist. Dasselbe gilt für im Ausland tätige Journalist/innen und Menschenrechtsaktivist/innen. Auch der im Rückkehrbereich langjährig tätigen International Organization for Migration (IOM) liegen keine diesbezüglichen Fälle vor (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen, auch für zurückkehrende, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige, sind in Pakistan nicht vorhanden. Rückkehrer erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen. EU-Projekte, wie z. B. das European Reintegraton Network (ERIN), sollen hier Unterstützung leisten (AA 21.8.2018).

Das Rückkehrprogramm ERIN wird von der pakistanischen NGO WELDO mit Finanzierung von AMIF und zahlreichen EU-Staaten durchgeführt (WELDO o.D.b). In 113 Bezirken werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Die Programme sollen Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Das Ausbildungsprogramm wird dem Bedarf am Arbeitsmarkt und der jeweilige Person angepasst. Gegenwärtig liegt der Fokus der Organisation in der nachhaltigen Integration von pakistanischen Staatsangehörigen nach ihrer Rückkehr (freiwillig oder unfreiwillig) aus den Partnerländern. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird in verschiedenen Sprachen geboten. Es gibt verschiedene Programme für verschiedene vulnerable Personengruppen (WELDO o.D.a).

Die der Österreichischen Botschaft in der Vergangenheit seitens der im Rückkehrbereich tätigen NGO WELDO mitgeteilten Probleme – wie etwa angespannte Familiensituation aufgrund finanzieller Notlagen, schleppende Berufsreintegration und unzureichendes Einkommen oder Fehlen psychosozialer Betreuung – wurden in einem rezenten Gespräch mit Vertretern der International Organization for Migration (IOM) nicht bestätigt. Auch das von WELDO kritisierte Fehlen psychosozialer Betreuung der Rückkehrenden bestehe laut IOM nicht (ÖB 10.2018).

IOM bietet im Rahmen ihres Programmes Assisted Voluntary Return & Reintegration (AVRR) die folgenden Leistungen an (Laufzeit von einem Jahr; entsprechendes Monitoring inkludiert): Betreuung bei Ankunft am Flughafen (Islamabad, Lahore); Unterbringung bis zur Fahrt nach Hause; Berufs- bzw. Bildungsberatung und in der Folge entsprechende Unterstützung; medizinische Hilfeleistungen; besondere Unterstützungsleistungen für vulnerable Personengruppen (alleinstehende Frauen, minderjährige Kinder) (ÖB 10.2018; vgl. IOM o.D.).

IOM führt in seinem Länderinformationsblatt für Pakistan mit Bezug auf pakistanische Rückkehrer an, dass diese bei der Arbeitssuche auch Unterstützung durch das Tameer-e-Pakistan Programm – einer Armutsbekämpfungsmaßnahme mit Ziel Arbeitsplätze im Land und Einkommensquellen für Armutsbevölkerung zu schaffen – erhalten können (IOM 2018).

Quellen:

248. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

249. IOM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt Pakistan 2018, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Pakistan_DE.pdf , Zugriff 21.3.2019

250. IOM – International Organization for Migration (o.D.): Assisted Voluntary Return and Reintegration (AVRR), https://pakistan.iom.int/assisted-voluntary-return-and-reintegration-avrr , Zugriff 21.2.2019

251. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

252. WELDO (o.D.a): About Us, http://www.weldo.org/about-us.php , Zugriff 26.3.2019

253. WELDO (o.D.b): ERIN (Specific Action), http://www.weldo.org/erin.php , Zugriff 26.3.2019

 

Dokumente

Pakistan verfügt über eines der weltweit umfangreichsten Bürger-Registrierungssysteme. Die zuständige Behörde ist die National Database & Registration Authority (NADRA) (PI 1.2019). NADRA ist für die Ausstellung unterschiedlicher Ausweisdokumente zuständig (NADRA o.D.). Über 96 % der Bürgerinnen und Bürger Pakistans verfügen über biometrische Personalausweise (PI 1.2019). Die National Identity Card (NIC) wird für Staatsbürger über 18 Jahre ausgestellt und ist mit einer einzigartigen 13-stelligen Personennummer versehen (NADRA o.D.). Die 2012 eingeführte Smart National Identity Cart (SNIC) hat auf einem Chip zahlreiche biometrische Merkmale gespeichert und soll bis 2020 die älteren Versionen der NIC vollständig ersetzen (PI 1.2019). Eine SNIC wird benötigt, um beispielsweise Führerschein oder Reisepass zu beantragen, ein Bankkonto zu eröffnen und eine SIM-Karte oder Breitbandinternet zu erhalten (PI 1.2019; vgl. NADRA o.D.).

Weitere durch NADRA ausgestellte Dokumente sind die Pakistan Origin Card (POC) für ausländische Staatsbürger, die früher pakistanische Staatsangehörige waren bzw. deren Eltern oder Großeltern pakistanische Staatsbürger sind oder waren; National Identity Card for Overseas Pakistanis (NICOP) für Pakistani im Ausland, Emigranten oder Personen mit Doppelstaatsbürgerschaft; Child Registration Certificates (CRC) für alle Personen unter 18 Jahren (NADRA o.D.).

Dokumentenfälschungen sind in Pakistan ein weit verbreitetes Phänomen, v.a. von manuell angefertigten Dokumenten (ÖB 10.2018). Angesichts weit verbreiteter Korruption und des unzureichenden Zustands des Zivilstandswesens ist es einfach, fiktive oder verfälschte Standesfälle (Geburt, Tod, Eheschließung) in ein echtes Personenstandsregister eintragen zu lassen und auf der Basis dieser Eintragung formal echte Urkunden ausgestellt zu bekommen. Merkmale auf modernen Personenstandsurkunden und Reisepässen zur Erhöhung der Fälschungssicherheit können bereits bei der Dateneingabe durch korruptionsanfällige Verwaltungsbeamte mühelos unterlaufen werden (AA 21.8.2018; vgl. ÖB 10.2018).

Weit verbreitet sind außerdem gefälschte akademische Diplome, Bankunterlagen, Übereinkünfte, Referenzen und Eigentumsnachweise (IRB 14.1.2015; vgl. ÖB 10.2018). Es ist problemlos möglich, ein (Schein-) Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. „First Information Report“ oder Haftverschonungsbeschluss) formal echt sind. Auch ist es möglich, religiöse Fatwen gegen sich selbst fälschen oder erstellen zu lassen bzw. Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder dank Beziehungen veröffentlichen zu lassen. Die Ausführungen und Erklärungen zu einer geltend gemachten Verfolgung aus politischen oder religiösen Gründen halten einer Nachforschung vor Ort häufig nicht stand (AA 21.8.2018).

Quellen:

254. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf , Zugriff 21.2.2019

255. IRB – Immigration and Refugee Board of Canada (14.1.2015): Pakistan: Fraudulent documents, including non-identity documents such as academic qualification documents, travel documents, First Information Requests (FIRs), land ownership titles and newspaper articles, and identity documents including identity cards and birth certificates; methods of obtaining fraudulent documents and assessing the credibility of fraudulent documents(2012-December 2014), https://www.refworld.org/docid/54ca270f4.html , Zugriff 21.2.2019

256. NADRA - National Database & Registration Authority (o.D.): Identity Documents, https://www.nadra.gov.pk/ plus Unterseiten, Zugriff 21.2.2019

257. ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

258. PI – Privacy International (1.2019): State of Privacy Pakistan, https://privacyinternational.org/state-privacy/1008/state-privacy-pakistan , Zugriff 21.2.2019

 

Individuell:

Ausweichmöglichkeiten

Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen oft das Aufgeben der bisherigen wirtschaftlichen Basis mit sich bringt. In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, XXXX , Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Land. Selbst Menschen, die die Polizei wegen Mordes sucht, können in einer Stadt unbehelligt leben, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt.

 

Ahmadis bietet ein Umzug nach Rabwah, ihrem religiösen Zentrum, einen erheblichen Schutz vor Repressionen, weil sie dort weitgehend unter sich sind, auch wenn sie für ihre Gegner sichtbar sind. Zudem besteht die Möglichkeit, in den Schutz größerer Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Menschen handelt, die überregional bekannt geworden sind. Dies sehen auch Vertreter unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit.

 

Verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit haben generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile - abgesehen von Fällen, die überregional bekannt geworden sind.

 

Angehörige der schiitischen Minderheit der Hazara stammen ursprünglich aus Afghanistan und leben in Pakistan beinahe ausschließlich in der Provinz Belutschistan. Allein in der Provinzhauptstadt Quetta leben von den geschätzten 800.000 Mitgliedern der schiitischen Hazara etwa 600.000. Hazara würden wegen ihres Aussehens und ihrer Sprache überall in Pakistan auffallen. Zwar gibt es nördlich von Islamabad eine weitere Ansiedlung von Hazara (ca. 3 Mio.), diese sind aber Sunniten und mit den aus Afghanistan stammenden Hazara nicht verwandt. Im Ergebnis sind inländische Ausweich- oder Fluchtmöglichkeiten zwar nicht grundsätzlich auszuschließen, scheinen aber im Falle der Hazara aus Belutschistan deutlich beschränkt.

 

Quelle: AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (29.07.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: XXXX )

 

Aktuelle Lage

Neun neue Mitgliedsstaaten (Brasilien, Dänemark, Estland, Georgien, Griechenland, Norwegen, Pakistan, Rumänien und Nordmazedonien) berichteten in den letzten 24 Stunden über COVID-19 Fälle.

Quelle: WHO, Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report – 38, 27 February 2020, Zugriff am 07.04.2020

 

15 Länder in der Region berichteten über im Labor bestätigte COVID 19 Fälle. Diese Länder sind Afghanistan, Bahrain, Ägypten, Irak, die Islamische Republik Iran, Jordan, Kuwait, Libanon, Marokko, Oman, Pakistan, Qatar, Tunesien, Saudi-Arabien, und die Arabischen Emirate. Die meisten Fälle wurde über Reiseaktivitäten in die Islamische Republik Iran, Italien und China berichtet.

 

Pakistan hat die Polio Teams und das FELTO Netzwerk genutzt, um Beschäftigte im Gesundheitswesen in Beobachtung, Casemanagement und Berichten in den verschiedenen Distrikten trainiert.

 

Laut Statistik über im Labor bestätigte COVID 19 Fälle und damit im Zusammenhang stehende Todesfälle, berichtet von Ländern der Region um das östliche Mittelmeer (EMR) ab 05.03.2020, weist Pakistan 5 Fälle mit Tod auf.

Quelle: WHO, Regional Office for the Eastern Mediterranean, Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Weekly Situation report, Issue 01, 5 March 2020, Zugriff am 07.04.2020

Laut Statistik über im Labor bestätigte COVID 19 Fälle und damit im Zusammenhang stehende Todesfälle, berichtete am 06.04.2020, weist Pakistan 3277 Fälle insgesamt, 397 neue Fälle, sowie 50 Todesfälle insgesamt und 5 neue Todesfälle auf.

Quelle: WHO, Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report -77, 6 April 2020, Zugriff am 07.04.2020

 

Laut Statistik über Länder, Gebiete oder Bereiche mit gemeldeten laborbestätigten COVID-19 Fällen und Todesfällen nach WHO Regionen (Daten ab 10 Uhr MESZ, 1. Mai 2020) hat Pakistan 16817 bestätigte Fälle insgesamt, 1058 neue bestätigte Fälle, sowie 385 Todesfälle insgesamt und 39 neue Todesfälle auf.

Quelle: WHO, Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report -102, 1 May 2020, https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20200501-covid-19-sitrep.pdf?sfvrsn=742f4a18_2 Zugriff am 02.02.2020

 

Am 23. März hat Pakistan eine Ausgangssperre für den Großteil des Landes für 15 Tage erlassen um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen. Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Raum wurden mit wenigen Ausnahmen untersagt, Armee und Sicherheitskräfte überwachen die Ausgangssperre. Am 21. März wurden bereits alle internationalen und nationalen Flüge bis 4. April ausgesetzt, der Zugverkehr wurde vorübergehend völlig und die Busverbindungen über Land wurden komplett eingestellt.

 

Die pakistanische Planungskommission geht derweil von 12-18 Mio. zusätzlichen Arbeitslosen in Folge der (tw.) Ausgangsbeschränkungen aus. Premierminister Khan hat ein Hilfs- und Stimulus-Paket von 1,2 Bio. PKR (7 Mrd. EUR) angekündigt, welches hauptsächlich an die armen Bevölkerungsschichten aber auch die Industrie gerichtet sein wird. Rechnungen von öffentlichen Versorgern sollen für diese gestundet und die Treibstoffpreise wurden um 15 PKR/Liter reduziert. Weitere 0,28 Bio. PKR (1,2 Mrd. EUR) für Weizenlieferungen, 0,2 Bio. PKR (1,2 Mrd. EUR) für Arbeitnehmer und 0,15 Bio. PKR (0,8 Mrd. EUR) für die am stärksten betroffene Familien zur Verfügung gestellt werden. Für die Reduktion der Stromkosten wurde ebenfalls ein beträchtlicher Betrag reserviert. Die einzelnen Provinzen haben für sich weitere Hilfspakete angekündigt. Armenhäuser sollen die Lebensmittelversorgung für Bedürftige ausweiten. Für den Einzelhandel wurde nach Provinz unterschiedlich die Ladenöffnung ab 8 Uhr bis zwischen 17 bzw. 20 Uhr festgelegt. Ein Korps von freiwilligen Jugendlichen soll die Corona-Bekämpfung unterstützen, ebenso wie einsetzende Hilfslieferungen aus China.

 

Am 23.3. autorisierte der Innenminister den Einsatz der Armee im gesamten Land, um die Ausgangssperre durchzusetzen. Strafrechtliche Verfolgung von Zuwiderhandlungen wurde (auch für Quarantäneverstöße) angekündigt und höherrangige Offiziere der Sicherheitsbehörden zu Sanktionen autorisiert. Hunderte Personen wurden wegen Verstößen bereits inhaftiert, darunter auch Geistliche, die entgegen der Anordnungen Freitagsgebete in Moscheen abhielten

 

Quelle: Außenwirtschaftsbüro XXXX , Coronavirus: Situation in Pakistan Aktuelle Lage und Info-Updates,Stand: 16. April 2020, 16:00 Uhr MEZ, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-pakistan.html , Zugriff 07.04.2020

 

Seit 21. März bis voraussichtlich 15. Mai (inkl.) wurden alle internationalen Flüge ausgesetzt, nationale Flüge könnten am 1. Mai wieder aufgenommen werden. Repatriierungsflüge zu 6 Flughäfen und Versorgungsflüge wurden inzwischen wieder aufgenommen und Qatar Airways führt sporadische Flüge nach Doha durch. Der Zugverkehr wurde vorübergehend komplett eingestellt, über die Wiederaufnahme soll am 10. Mai entschieden werden.

Eine Schließung der Grenzen zum Iran, Afghanistan und China wurde per 27. März verfügt. Pakistanische Gastarbeiter werden seit Mitte April aktiv repatriiert, u.a. auch nach politischen Drohungen der VAE falls diese nicht zurückkehren würden. Indien hat seinerseits die Schließung der Landgrenze mit Pakistan verfügt.

 

Seit 20. April werden die Ausgangssperren in Pakistan schrittweise aufgehoben und die Geschäftsöffnung in der Zeit von 8 bis 17 Uhr sowie die Produktion in den für den Export wichtigen Industrien erlaubt. Dazu gehören neben den Exportindustrien die Bereiche Textil, Engineering, XXXX , Papier, Verpackung, Zement, Chemie, Düngemittel sowie Fabriken, wenn die Arbeiter auf dem Fabrikgelände untergebracht sind. Einkaufszentren sind seit 24. April geöffnet, lokalisierte Ausgangssperren werden beibehalten. Armee und Sicherheitskräfte überwachen die Ausgangssperren weiterhin, die Checkpoints wurden jedoch reduziert um den Verkehr zu entlasten.

Es gelten Maskenpflicht in der Öffentlichkeit und während des Ramadans reduzierte Arbeitszeiten von 10-16 Uhr, an Freitagen von 10-13 Uhr. Einzelne Provinzen wie Balochistan halten an der Ausgangssperre noch bis 5. Mai fest.

 

Die pakistanische Planungskommission geht derweil von 12-18 Mio. zusätzlichen Arbeitslosen in Folge der (tlw.) Ausgangsbeschränkungen aus. Premierminister Khan hat ein Hilfs- und Stimulus-Paket von 1,2 Bio. PKR (7 Mrd. EUR) angekündigt, welches hauptsächlich an die armen Bevölkerungsschichten, aber auch an die Industrie gerichtet ist. Öffentliche Versorger stunden Rechnungen, die Treibstoffpreise wurden um 15 PKR/Liter reduziert. Weitere 3,4 Mrd. EUR gibt es für Weizenlieferungen, für den Einkommensausfall der Tagelöhner, die am stärksten betroffene Familien und für die Reduktion der Stromkosten.

Industrieminister Azhar kündigte ein Hilfspaket für Millionen von KMU’s an.

Das Notfall-Programm EHSAAS sollte 12.000 armutsbetroffene Familien mit je rund 65 EUR Bargeld für den Lebensmittelkauf versorgen, knapp 800 Mio. EUR standen dafür zur Verfügung. Die Mittel wurden bis Ende April ausgeschüttet. Die Armee verteilt Lebensmittel an die Ärmsten, einzelne Provinzen haben für sich weitere Hilfspakete angekündigt und Armenhäuser weiten die Lebensmittelversorgung für Bedürftige aus. Ein Korps von 1 Mio. freiwilligen Jugendlichen soll die Corona-Bekämpfung unterstützen, ebenso wie Hilfslieferungen aus China und den VAE.

Ein Konjunkturpaket der pakistanischen Regierung für das Baugewerbe soll die Wirtschaft in der Corona-Krise entlasten und die prekäre Lage der Tagelöhner verbessern. Die Branche war durch die Abriegelung der Städte schwer betroffen, das Konjunkturpaket soll nun Perspektiven bieten. Ein eigens hierfür eingerichtetes „Construction Industry Development Board“, wird die Aktivitäten koordinieren und der Bau- und Landwirtschaftssektor von der Abriegelung ausgenommen bleiben, da diese Sektoren die Hauptbeschäftigungsquelle für einen Großteil der Bevölkerung darstellt.

 

Spitäler sind vor allem in der schwer betroffenen Provinz Sindh an der Belastungsgrenze oder nehmen keine neuen Patienten mehr auf. Gleichzeitig fehlen landesweit Quarantäne-Kapazitäten, Beatmungsgeräte und qualifizierte Labors um COVID-Tests auszuwerten, Hilfslieferungen und die anlaufende lokale Produktion sollen hier Entlastung bieten.

Im Land selbst gibt es nur eine begrenzte Zahl von Spitälern mit Isolationsstationen, welche in der Regel auch nicht ausreichend mit Personal und sonstigen Ressourcen ausgestattet sind. 35 Spitäler wurden als spezielle Behandlungs-/Isolationszentren ausgewiesen, neue Kapazitäten werden laufend hinzugefügt 8 Labore führen kostenfreie Corona-Tests für die Bevölkerung durch. In der Provinz Punjab wurde die telemedizinische Beratung mit 30 Gesundheitszentren und 10.000 Ärzten begonnen. Die Testkapazität liegt derzeit bei 30.000 Tests täglich.

Quelle: Außenwirtschaftsbüro XXXX , Coronavirus: Situation in Pakistan Aktuelle Lage und Info-Updates, Stand: 29. April 2020, 15:00 Uhr MESZ

 

Am 9. Mai wurden in Pakistan die Ausgangsbeschränkungen und Geschäftsschließungen weiter aufgehoben und generelle Beschränkungen nur in Gegenden mit hohen Fallzahlen aufrecht gehalten („Smart Lockdown“). Die aktuelle Lockerung betrifft die Herstellung von Baumaterial, medizinische Ambulanzen und kleinere Märkte und Geschäfte. Die Ausgangsbeschränkungen bleiben allerdings von Freitag bis Sonntag ganztags und an den restlichen Tagen von 17:00 bis 8:00 des Folgetags in Kraft. Bildungseinrichtungen, Gastronomie und Hotellerie, Unterhaltungsindustrie, Personentransport und andere Bereiche bleiben weiterhin eingestellt. Informationsminister Faraz rief zur Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen auf und warnte vor einer Wiederinkraftsetzung der Ausgangsbeschränkungen bei unzureichender Vorsicht.

 

Einige Provinzen wie Punjab oder Balochistan, aber auch die Medizinervereinigung PMA, sind angesichts steigender Erkrankungszahlen gegen die Lockerungen in Städten. Islamabad hat die Ausgangsbeschränkungen bis 31. Mai verlängert, erlaubt jedoch einzelnen Branchen die Öffnung. Die Krankheit sei unter Kontrolle, aber die wirtschaftlichen Kosten nach über einem Monat Lockdown seien enorm.

Quelle: Außenwirtschaftsbüro XXXX , Coronavirus: Situation in Pakistan Aktuelle Lage und Info-Updates, Stand: 11.Mai 2020, 12:30 Uhr MESZ

 

Lt. Pressemitteilung vom 02.04.2020 beschleunigt die Weltbank die Unterstützung der COVID-19-Reaktion (Coronavirus) auf Pakistan. Der Vorstand der Weltbank hat demzufolge ein 200-Millionen-Dollar-Paket genehmigt, das Pakistan dabei helfen soll, wirksame und zeitnahe Maßnahmen zu ergreifen, um auf die COVID-19-Pandemie zu reagieren, indem es die nationalen Gesundheitssysteme des Landes stärkt und sozioökonomische Störungen abschwächt. Diese Unterstützung wird außerdem zusätzliche 38 Millionen US-Dollar aus acht bestehenden Projekten für dringend benötigte medizinische Geräte und Hilfsmittel einbringen.

 

Das Pandemic Response Effectiveness Project (PREP) wird in Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Krankenhäusern beim Aufbau von Quarantäneeinrichtungen helfen und auch Geräte an Krankenhäuser liefern, darunter Beatmungsgeräte und persönliche Schutzausrüstung für Ärzte und Sanitäter.

 

Das Projekt wird infizierten Menschen, gefährdeten Bevölkerungsgruppen, medizinischem Personal und Notfallpersonal, Dienstleistern in medizinischen und Testeinrichtungen (sowohl öffentlichen als auch privaten) sowie nationalen und regionalen Gesundheitsabteilungen zugute kommen.

Das Projekt wird von der International Development Association (IDA) finanziert, dem konzessionierten Kreditfenster der Weltbank für Entwicklungsländer in Höhe von 200 Mio. USD, von denen 100 Mio. USD über die COVID-19-Fast-Track-Fazilität der Weltbankgruppe bereitgestellt werden. Die zusätzlichen 38 Millionen US-Dollar werden aus bestehenden Projekten zweckentfremdet und unterstützen die Bundes- und Landesregierungen beim Kauf der erforderlichen Ausrüstung und Versorgung. Die Beschaffung ist im Gange und einige Geräte und Verbrauchsmaterialien sind eingetroffen und werden in Betrieb genommen.

Quelle: Pressemitteilung der Weltbank vom 02.04.2020; World Bank Fast-Tracks Support for COVID-19 (Coronavirus) Response to Pakistan; https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2020/04/02/world-bank-fast-tracks-support-for-covid-19-coronavirus-response-to-pakistan ; Zugriff am 07.04.2020

 

RÜCKKEHR – PAKISTAN

Gegenwärtig unternimmt die (pakistanische) Regierung umfassende Anstrengungen, um mit einer sich rasch entwickelnden Situation fertig zu werden, die nicht nur für Pakistan, sondern für die ganze Welt eine Herausforderung darstellt - und um sicherzustellen, dass proaktive, umfassende und koordinierte Schritte unternommen werden, um ihre Staatsangehörigen zurückzubringen, die eine Rückkehr nach Pakistan wünschen.

 

In der Zwischenzeit unterstützen Botschaften und Delegationen im Ausland befindliche pakistanische Staatsangehörige aktiv in Abstimmung mit dem Außenministerium und dem Ministerium für im Ausland befindliche pakistanische Staatsangehörige. Wenn eine Person im Ausland aufhältig ist oder Informationen zu Reisen von und nach Pakistan benötigt, soll sich diese über angeführte Kontaktinformationen an die zuständigen Behörden wenden.

 

Eine begrenzte Anzahl von Flügen wird durchgeführt, um die sichere Rückkehr der Staatsangehörigen von Pakistan und die Sicherheit der Passagiere zu gewährleisten, die von und nach Pakistan reisen. Die Anzahl und Herkunft dieser Flüge wird ständig überprüft, um die rechtzeitige Rückkehr der Staatsangehörigen sicherzustellen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Fähigkeit, COVID-Tests durchzuführen und diese Passagiere in Quarantäneeinrichtungen zu verwalten, nicht überschritten wird. Die Regierung arbeitet unermüdlich daran, diese Kapazitäten zu erhöhen, und da diese Kapazität weiter zunimmt, wird auch die Fähigkeit zur Passagieraufnahme zunehmen.

 

Linienflüge für die aktuelle Woche können in einer Liste eingesehen werden.

 

Bei der Ankunft in Pakistan werden alle Passagiere und Besatzungsmitglieder einer staatlich überwachten Quarantäne unterzogen. Die Tests werden so bald wie möglich nach der Ankunft durchgeführt, normalerweise vor 24 Stunden. Die Testergebnisse werden innerhalb eines Zeitfensters von 12 bis 24 Stunden zurückgegeben. In einigen Fällen können sie sich aufgrund der starken Belastung des eingehenden Passagierverkehrs verzögern.

 

Die Quarantäne kann auf der Grundlage des Ergebnisses des COVID-19-Tests des Passagiers oder nach Ermessen der staatlichen Gesundheitsbehörden unter Berücksichtigung der gesamten Testergebnisse des Fluges verlängert werden. Fluggästen, die nach einem negativen Test nach Hause geschickt werden, wird die obligatorische Selbstisolierung für einen Zeitraum von 14 Tagen empfohlen. Nach Ermessen der Gesundheitsbehörden der Provinz können auch risikoarme und asymptomatisch positive Testergebnisse zur Selbstisolierung nach Hause geschickt werden, sofern die Isolationsfähigkeiten zu Hause überprüft werden. Der Transport zum Quarantänestandort wird von den betroffenen Behörden arrangiert. Am Flughafen ist kein Meet and Greet gestattet.

 

Bei deren Ankunft können Passagiere zwischen zwei Quarantänemodi, staatlichen Quarantänezentren oder staatlich regulierten Hotels / Einrichtungen, wählen. Staatliche Quarantänezentren sind kostenlos. Die Passagiere sind für alle Kosten verantwortlich, die sich aus ihrem Aufenthalt ergeben, wenn sie sich für einen Aufenthalt in einem staatlich regulierten Hotel / einer Einrichtung entscheiden. Passagiere können die Einrichtungen nicht wechseln, sobald ihre Quarantäne beginnt, es sei denn, dies wird von den Behörden als notwendig erachtet. Die zu bezahlenden Einrichtungen sind begrenzt. Die Behörden vor Ort entscheiden darüber, wo Passagiere unter Quarantäne gestellt werden.

Quelle: Ministry of National Health Services Regulation and Coordination, Home, Current Policies, http://covid.gov.pk/intl_travellers/current_policies , Zugriff 21.05.2020

 

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass für den BF von Seiten terroristischer, sunnitischer oder schiitischer Organisationen oder Privatpersonen eine Gefahr spezifisch seine Person betreffend ausgeht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in eine lebens- oder existenzbedrohende Notlage gerät.

 

 

2. Beweiswürdigung:

 

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben, ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

 

Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, familiäre und private Verhältnisse im Heimatland) ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.

 

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

 

Bezüglich des Gesundheitszustandes des BF ist anzumerken, dass sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF und den vorgelegten Unterlagen im Verfahren aktuell ergibt, dass der BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leidet und eine dauerhafte ärztlicher Behandlungsnotwendigkeit nicht gegeben ist. Der BF brachte zuletzt vor dem BVwG vor, er sei gesund.

 

Von einer Arbeitsfähigkeit des BF ist aufgrund seiner Angaben in seinem Asylverfahren auszugehen. Der BF gab unter anderem an, er habe in Pakistan neun Jahre die Schule in besucht. Der BF war vor seiner Ausreise aus Pakistan als Angestellter bei einem XXXX tätig. Der BF geht in Österreich einer Arbeit als XXXX nach. Folglich ist davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in der Lage ist, einer Arbeit nachzugehen und somit auch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

Ergänzend darf angeführt werden, dass die Ausführungen des BF zu seinen beruflichen Tätigkeiten in Pakistan vor dem BVwG als nicht glaubhaft zu bewerten waren. Der BF hat unmissverständlich vor dem BFA darlegt, dass er nach seinem Schulabschluss bei einem XXXX gearbeitet hat. Er habe etwa 3, 4 Monate in der XXXX gelernt und anschließend als Angestellter dort gearbeitet. Von XXXX bis XXXX vor seiner Ausreise habe er diese berufliche Tätigkeit ausgeübt. Davon, dass er zusammen mit seinem Cousin selbstständige Tätigkeiten durchführte, gab der BF nichts an. Da die protokollierten Angaben vor dem BFA dem BF rückübersetzt wurden und der BF mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift bestätigte, muss der vor dem BVwG getätigte Sachvortrag des BF als nicht den Tatsachen entsprechend gewertet werden.

 

Die illegale Einreise nach Österreich sowie die Aufenthaltsdauer des BF lässt sich aus den Unterlagen zur Asylantragstellung, den Angaben des BF sowie einer aktuellen Anfrage aus dem Zentralen Melderegister entnehmen.

 

Das Bestehen einer Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin lässt sich den Angaben des BF sowie vor allem dem Unterstützungsschreiben seiner Lebensgefährtin entnehmen. Dass der BF mit seiner Lebensgefährtin seit dem XXXX zusammenlebt, ist dem Zentralen Melderegister zu entnehmen. Wenn die Lebensgefährtin in ihrem Unterstützungsschreiben (OZ 28) anführt, sie seien am XXXX zusammengezogen, muss es sich hierbei offensichtlich um einen Flüchtigkeitsfehler handelt. Geht doch bereits aus den anderen Erläuterungen der Lebensgefährtin hervor, dass sie den BF erst im XXXX kennengelernt hat. Die Lebensgefährtin führte zudem nachvollziehbar aus, dass sie gemeinsam deren Freizeit verbringen und ein gemeinsames Leben führen möchten.

 

Der Besuch von Deutschqualifizierungsmaßnahmen des BF sind den diesbezüglich vorgelegten Bestätigungen zu entnehmen und beruhen auf den Aussagen des BF im Asylverfahren.

 

Dass der BF im angeführten Zeitraum Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber erhielt, ist dem Betreuungsinformationssystem sowie den diesbezüglich gleichlautenden Angaben des BF zu entnehmen.

 

Die Beschäftigung als XXXX bzw. nunmehr als XXXX sowie der Berufsschulbesuch ergibt sich insbesondere aus den Bescheiden des AMS XXXX bezüglich der Beschäftigungsbewilligungen des BF, den Schreiben des Arbeitgebers des BF, Schulbesuchbestätigungen und den Unterstützungsschreiben.

 

Dass der BF über einen Freundeskreis verfügt, geht aus den Angaben des BF sowie vorgelegten Unterstützungsschreiben hervor.

Die Vorlage eines pakistanischen Führerscheins, der sich als Totalfälschung herausstellte, ist dem Schreiben der BH XXXX vom XXXX zu entnehmen.

 

Dass der BF in Österreich verurteilt worden ist, lässt sich dem Strafregister der Republik Österreich sowie dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX entnehmen.

 

II.2.3. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten – von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen – diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behaupteter Maßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten – immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse - der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen – allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Der BF trat mit seinen sowohl mündlichen als auch schriftlichen Stellungnahmen bzw. mit der Vorlage von verschiedenen Berichten den Kernaussagen der vom erkennenden Gericht miteinbezogenen Quellen nicht konkret und substantiiert entgegen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die schwierige Sicherheitslage in Pakistan und dass das zentrale Problem für die innere Sicherheit Pakistans die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt. Landesweit ist jedoch die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Die Regierung ergreift zum Schutz der Bevölkerung bzw. zur Bekämpfung dieser Gruppen zahlreiche Maßnahmen. Die Operationen der Rangers in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas – FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die „korrigierende religiöse Bildung“, Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).

 

Auf Grundlage dieser Länderberichte kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in ganz Pakistan gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich in Pakistan aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist.

Soweit im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigen ist, dass der BF aus der Region um Parachinar, Kurram Distrikt, ehemalige FATA, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, stammt, ist Folgendes in Betracht zu ziehen:

Die sieben Tribal Districts Bajaur, Khyber, Kurram, Mohmand, Orakzai, Nord- und Süd-Wasiristan waren bis 31. Mai 2018 Agencies der FATA (FRC 15.1.2019; vgl. PBS 2017d, Dawn 31.5.2018). Nach der Aufnahme der Stammesgebiete in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa begann die Polizei gemeinsam mit den paramilitärischen Einheiten in den ehem. Stammesgebieten tätig zu werden. Die Provinzpolizei ist im Prozess der Aufnahme und der Ausbildung zusätzlichen Personals, um die Präsenz auf das gesamte Gebiet der ehem. FATA auszudehnen (USDOS 13.3.2019). Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS in Khyber Pakhtunhkwa 29 terroristische Angriffe mit 16 Todesopfern. Von diesen fanden 15 Anschläge mit drei Todesopfern auf dem Gebiet der ehemaligen FATA statt. 14 Anschläge zielten auf die staatlichen Sicherheitskräfte und acht auf Zivilisten. Unter den Toten waren zwölf Sicherheitskräfte und vier Zivilisten. Insgesamt zehn der 29 Vorfälle mit insgesamt zwei Toten entfielen auf den Tribal District Nord-Wasiristan. Im Jahr 2018 war Khyber Pakhtunkhwa die Provinz, die von der höchsten Zahl terroristischer Angriffe betroffen war, wobei es im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang der Anzahl der Anschläge um 19 Prozent und Rückgänge bei der Zahl der Todesopfer und Verletzten um 43 bzw. 46 Prozent gab. Insgesamt wurden bei 125 terroristischen Anschlägen 196 Personen getötet und 376 Personen verletzt. Davon wurden 75 Anschläge mit 116 Todesopfern und 194 Verletzten in den sieben Tribal Districts verzeichnet (PIPS 7.1.2019 S 36). Weiters waren im Jahr 2018 13 operative Schläge der Sicherheitskräfte sowie sechs bewaffnete Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen zu verzeichnen. Zudem fanden 15 grenzüberschreitende Angriffe aus Afghanistan statt, vorwiegend von pakistanischen Talibanmitgliedern, die sich dorthin zurückgezogen hatten, und es gab sechs Fälle von politischer bzw. wahlbezogener Gewalt (PIPS 7.1.2019 S 35-36). Insgesamt 62, d.h. die Hälfte aller terroristischen Angriffe in Khyber Pakhtunkhwa, hatten im Jahr 2018 Sicherheitskräfte zum Ziel. Im Jahr XXXX wurden von PIPS 154 terroristische Anschläge in Khyber Pakhtunkhwa registriert, bei denen 344 Personen getötet wurden. Von diesen fanden 83 Anschläge mit 253 Todesopfern auf dem Gebiet der damals noch existenten FATA statt. Im Tribal District Kurram (damals: Kurram Agency) kamen bei elf Terrorangriffen insgesamt 154 Menschen ums Leben (PIPS 7.1.2018).

In einer Gesamtbetrachtung muss festgehalten werden, dass die Bemühungen des Militärs und der Strafverfolgungsbehörden dazu geführt haben, dass die gegenwärtige Lage in Kurram Agency als relativ stabil anzusehen ist. Dass es weiterhin zu terroristischen Anschlägen kommt wird nicht verkannt. Das erkennende Gericht hält aber in diesem Zusammenhang fest, dass die allgemeine Sicherheitslage in Kurram Distrikt nicht dergestalt ist, dass die Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass der BF tatsächlich Opfer willkürlicher Gewalt wird.

 

Sofern der BF eine Rückkehr aufgrund der Sicherheitslage in seiner Heimatregion für unmöglich erachtet, wird festgehalten, dass sich der BF der Sicherheitslage in seiner Heimatregion aufgrund der Bewegungsfreiheit in Pakistan durch Verlegung seines Lebensmittelpunktes entziehen kann.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass anhand der aktuellen bzw. im Verfahren miteinbezogenen Berichtslage feststeht, dass es für Angehörige aller Gruppen die Möglichkeit gibt in Städten, vor allem den Großstädten wie Islamabad Rawalpindi, Lahore, Karatschi, Peshawar oder Multan aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande zu leben, dies gilt auch für potentiell Verfolgte.

Es steht dem BF aber auch bspw. frei, sich in Islamabad niederzulassen. Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017a). Zur Sicherheitslage in Islamabad ist auszuführen, dass nach Berichtslage die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, als vergleichsweise sicher gilt. Es kommt nur vereinzelt zu Anschlägen. So verzeichnete Islamabad 2017 drei Anschläge mit zwei Todesopfern. Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen terroristischen Angriff (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018). Dass Islamabad im Luftweg erreichbar ist, muss als notorisch angesehen werden (siehe diesbezüglich https://www.laenderdaten.info/Asien/Pakistan/flughafen.php ).

Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben. Dass der BF derart exponiert sei, dass jene Personen, von denen die Gefahren ausgehen, über jene logistische Möglichkeit, über die laut der zitierten Berichtslage nicht einmal der Staat verfügt, nämlich den BF in einem von seinem bisherigen Aufenthaltsort weit genug entfernten Ort aufzufinden, verfügen, ist im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass es sich beim BF um eine "high profile" Person (u.a. reiche Geschäftsmänner, Akademiker, westliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Angehörige von Militärs) handelt oder er über einen überregionalen Bekanntheitsgrad verfügt. Der BF ist ein arbeitsfähiger Mann, der wenn auch zumindest vorübergehend mit Gelegenheitsarbeiten seinen Unterhalt bestreiten kann. Zudem könnte der BF bei seiner Rückkehr Rückkehrhilfe bzw. Unterstützung von Hilfsorganisationen in Pakistan in Anspruch nehmen. Es gibt zudem globale Turi-Netzwerke, die Hilfestellung bei der Übersiedlung innerhalb Pakistans bieten.

 

Überdies gibt es keinerlei Hinweise, dass die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen ohne Hinzukommen weiterer persönlicher Gefährdungsmerkmale asylrelevant ist. Festzuhalten ist in diesem Kontext, dass Pakistan ein multiethnischer und multireligiöser Staat ist. Gemäß Volkszählung 2017 stellen paschtunische Muttersprachler mit 15,4 % der Bevölkerung Pakistans (ca. 32 Millionen Menschen) die zweitgrößte Sprachgruppe des Landes. Von ihnen leben ca. 22,6 Millionen in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa [inkl. ehem. FATA], wo sie ca. 77,7 % der Bevölkerung ausmachen; sowie ca. 3,7 Millionen in der Provinz Belutschistan, wo sie ca. 29,6 % der Bevölkerung ausmachen. Etwa zwei Millionen Paschtunen leben im Sindh, 1,3 Millionen im Punjab und 0,2 Millionen im Hauptstadtterritorium Islamabad (aggregiert aus PBS 2017a und PBS 2017c). Viele Pakistanis assoziieren die Aufständischenaktivitäten im Land mit Paschtunen, die auf beiden Seiten der pakistanisch-afghanischen Grenze leben (DW 20.3.2017). Im Zuge des Kampfes gegen islamistische Aufständische kam es seitens der Sicherheitskräfte zu einem ethnischen Profiling von Paschtunen, insbesondere Angehörigen einkommensschwacher Gruppen (DW 20.3.2017).

Dass staatliche Stellen Volksgruppenzugehörigen der Paschtunen Schutz verweigern bzw. diese verfolgen, kann anhand der Berichtslage jedoch nicht erkannt werden.

Daran ändert auch die Vorlage eines Zeitungsartikels im Zuge der schriftlichen Stellungnahme vom 27.05.2020 nichts. Befasst sich dieser Artikel mit dem Umstand, dass pakistanische Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahrzehnten Paschtunen in den Grenzgebieten auf Grund unbewiesener Terrorismus-Vorwürfe getötet haben beziehungsweise verschwinden ließen. Dass es zu derartigen Vorkommnissen kam, wird nicht verkannt, eine Verfolgung von staatlichen Behörden alleine aufgrund der Volksgruppe kann daraus nicht abgeleitet werden. In den Länderfeststellungen finden sich Berichte, wonach Sicherheitskräfte in Menschenrechtsverletzungen involviert sind, darunter Folter willkürliche Verhaftungen, etc.. Dass derartige Übergriffe gezielt eine Volksgruppe, wie die paschtunische betreffen, kann nicht erkannt werden. Auch die berichteten Übergriffe erreichen von der Anzahl der Rechtsverletzungen im Verhältnis zur Gesamtzahl dieser Gruppe und ihrer Behandlung durch staatliche Stellen im Übrigen schon nicht die Schwelle, ab der eine Verfolgungsdichte anzunehmen wäre.

 

Bezüglich der Lage von Schiiten in Pakistan darf darauf verwiesen werden, dass laut Berichtslage schiitische und sunnitische Gemeinden quer durchs Land im Alltag im Allgemeinen gut integriert nebeneinander leben.

Die schiitische Bevölkerung Pakistans wird auf 20 bis 50 Millionen Menschen geschätzt. Die Mehrheit der Schiiten in Pakistan gehört den Zwölfer-Schiiten an, andere Subsekten sind Nizari-Ismailiten, Daudi Bohras und Sulemani Bohras. Laut Australian Department of Foreign Affairs and Trade sind Schiiten im ganzen Land verteilt und stellen in der semi-autonomen Region Gilgit-Baltistan die Bevölkerungsmehrheit. Viele urbane Zentren in Pakistan beheimaten große Schia-Gemeinden. Manche Schiiten leben in Enklaven in den Großstädten, sind aber ansonsten gut integriert. Abgesehen von den Hazara unterscheiden sich Schiiten weder physisch noch linguistisch von den Sunniten. Schiitische Muslime dürfen ihren Glauben frei ausüben. Es gibt keine Berichte über systematische staatliche Diskriminierung gegen Schiiten. Schiiten sind in der Regierung und im öffentlichen Dienst gut vertreten. (UKHO 1.2019).

 

Das erkennende Gericht geht somit nach Würdigung und Bewertung der Berichtslage im Wege einer Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien davon aus, dass Schiiten allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung durch extremistische Sunniten oder Privatpersonen ausgesetzt sind. Eine religiöse oder politische Verfolgung von Schiiten durch die derzeitige pakistanische Regierung ist nach Auskunftslage nicht ersichtlich.

 

Hinsichtlich einer behaupteten Gruppenverfolgung von Schiiten in Pakistan ist auf den ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, in welchem dem Revisionswerber, einem schiitischen Paschtunen, entgegengehalten wurde, dass aus den Länderberichten keine Gruppenverfolgung aller Schiiten hervorgehe, sondern es auf hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale ankomme (vgl. VwGH 21.3.2018, Ra 2018/18/0033, Rn. 11).

 

Werden die Themenbereiche Grundversorgung, wirtschaftliche Lage, medizinische Versorgung in Pakistan betrachtet, so wird zwar dem BF insofern Folge geleistet, dass in diesen Bereichen einzelne Missstände vorliegen, außer Acht darf jedoch nicht gelassen werden, dass kontinuierlich Verbesserungen stattfinden bzw. Maßnahmen ergriffen werden, um mögliche unerträgliche Aspekte hintanzuhalten. Die allgemeine Lage in diesen Bereichen ist zudem nicht dergestalt sind, dass grundsätzlich eine derart unerträgliche Situation vorherrscht, die dazu führt, dass ein Rückkehrhindernis für den BF zu bejahen ist. So geht aus der Berichtslage hervor, dass die Grundversorgung in Pakistan gewährleistet ist.

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die XXXX , in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist.

Zur Verringerung der Armut und Unterstützung von sozial benachteiligten wurden zahlreiche Projekte ins Leben gerufen. Pakistan Bait-ul-Mal ist eine autonome Behörde, die Finanzierungsunterstützung an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige vergibt. Das Benazir Income Support Programme zielt auf verarmte Haushalte insbesondere in abgelegenen Regionen ab. Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie gewährt u.a. Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe, Dienstleistungen für Behinderte sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.). Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an.

Dass der BF durch individuelle Umstände in diesen Bereichen direkt betroffen ist, brachte der BF nicht vor. Zu bedenken ist ebenso in diesem Zusammenhang, dass der BF ein arbeitsfähiger gesunder Mann ist, der bei seiner Rückkehr wenn auch zumindest vorübergehend seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten bestreiten kann. Zudem könnte der BF Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Er verfügt zudem über familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan in Form seiner Familie. Unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation kann seitens des erkennenden Gerichtes nicht erkannt werden, dass der BF seine Existenz nicht sichern könnte.

 

Sofern in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG seitens der rechtsfreundlichen Vertretung moniert wird, dass die Länderfeststellungen zur COVID-19 (sog. Corona-) Pandemie veraltet sind und diesbezügliche Ausführungen getätigt werden, ist darauf zu verweisen, dass es de facto unmöglich ist, tagesaktuell existierendes Berichtsmaterial zu Infizierten bzw. Todesfällen in Bezug auf SARS-CoV-2-Infektion zu berücksichtigen, sodass die belangte Behörde bzw. das Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials zum Wirtschaftsleben, der Versorgungslage und den getroffenen Schutzvorkehrungen bedient. Vor dem Hintergrund der vom Gericht miteinbezogenen Berichte ist nicht erkennbar, dass sich die Lage in Pakistan aufgrund der Corona-Pandemie derart verändert hat, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt, sich die Situation in Pakistan derart prekär darstellt, dass eine Rückkehr für den BF unmöglich ist. Der pakistanische Staat traf bzw. trifft Schutzvorkehrungen, die Anzahl der Infizierten bzw. Todesfällen ist im Vergleich zur Anzahl der Einwohner Pakistans nicht exorbitant hoch bzw. kann damit nicht gerechnet werden, dass das wirtschaftliche Leben und die medizinische Versorgung in Pakistan aufgrund der getroffenen Maßnahmen und der derzeitigen Lage gänzlich zusammenbrechen, auch wenn nicht verkannt wird, dass es durchaus Einschränkungen im Wirtschaftsleben, in der Versorgungslage sowie in anderen gesellschaftlichen Bereichen gibt. Daran ändert auch der vom BF vorgelegte Bericht in der Stellungnahme vom 27.05.2020 nichts, dass in Pakistan mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu rechnen ist. Aus den vom BVwG miteinbezogenen Quellen ist ableitbar, dass Premierminister Khan ein Hilfs- und Stimulus-Paket von 1,2 Bio. PKR (7 Mrd. EUR) angekündigt hat, welches hauptsächlich an die armen Bevölkerungsschichten, aber auch an die Industrie gerichtet ist. Öffentliche Versorger stunden Rechnungen, die Treibstoffpreise wurden um 15 PKR/Liter reduziert. Weitere 3,4 Mrd. EUR gibt es für Weizenlieferungen, für den Einkommensausfall der Tagelöhner, die am stärksten betroffene Familien und für die Reduktion der Stromkosten. Das Notfall-Programm EHSAAS sollte 12.000 armutsbetroffene Familien mit je rund 65 EUR Bargeld für den Lebensmittelkauf versorgen, knapp 800 Mio. EUR standen dafür zur Verfügung. Die Mittel wurden bis Ende April ausgeschüttet. Die Armee verteilt Lebensmittel an die Ärmsten, einzelne Provinzen haben für sich weitere Hilfspakete angekündigt und Armenhäuser weiten die Lebensmittelversorgung für Bedürftige aus. Ein Korps von 1 Mio. freiwilligen Jugendlichen soll die Corona-Bekämpfung unterstützen, ebenso wie Hilfslieferungen aus China und den VAE. Ein Konjunkturpaket der pakistanischen Regierung für das Baugewerbe soll die Wirtschaft in der Corona-Krise entlasten und die prekäre Lage der Tagelöhner verbessern. Die Branche war durch die Abriegelung der Städte schwer betroffen, das Konjunkturpaket soll nun Perspektiven bieten. Ein eigens hierfür eingerichtetes „Construction Industry Development Board“, wird die Aktivitäten koordinieren und der Bau- und Landwirtschaftssektor von der Abriegelung ausgenommen bleiben, da diese Sektoren die Hauptbeschäftigungsquelle für einen Großteil der Bevölkerung darstellt.

 

Sofern seitens der gewillkürten Vertretung vorgebracht wird, dass ein Einreiseverbot für Pakistan besteht, entspricht dies nicht den Tatsachen. Aus dem von Gericht miteinbezogenen Quellen ist zwar zu entnehmen, dass eine Schließung der Grenzen zum Iran, Afghanistan und China per 27. März verfügt wurde. Pakistanische Gastarbeiter werden seit Mitte April aktiv repatriiert. Indien hat seinerseits die Schließung der Landgrenze mit Pakistan verfügt. Der pakistanische Staat setzt zahlreiche Schritte um pakistanische Staatsangehörige, die sich im Ausland befinden und nach Pakistan zurückkehren möchte, zu unterstützen. So werden die betreffenden Personen aufgefordert Kontakt mit Botschaften und Delegationen im Ausland aufzunehmen, damit in Abstimmung mit dem Außenministerium und dem Ministerium für im Ausland befindliche pakistanische Staatsangehörige Schritte zur Rückkehr gesetzt werden können. So wird eine begrenzte Anzahl von Flügen durchgeführt, um die sichere Rückkehr der Staatsangehörigen von Pakistan und die Sicherheit der Passagiere zu gewährleisten. Linienflüge für die aktuelle Woche können in einer Liste auf der Homepage des zuständigen Ministeriums eingesehen werden. Bei Ankunft der betreffenden Personen in Pakistan werden alle Passagiere und Besatzungsmitglieder einer staatlich überwachten Quarantäne unterzogen. Es werden COVID Tests durchgeführt. Die Testergebnisse werden innerhalb eines Zeitfensters von 12 bis 24 Stunden bekanntgegeben. Die Quarantäne kann auf der Grundlage des Ergebnisses des COVID-19-Tests des Passagiers oder nach Ermessen der staatlichen Gesundheitsbehörden unter Berücksichtigung der gesamten Testergebnisse des Fluges verlängert werden. Fluggästen, die nach einem negativen Test nach Hause geschickt werden, wird die obligatorische Selbstisolierung für einen Zeitraum von 14 Tagen empfohlen. Nach Ermessen der Gesundheitsbehörden der Provinz können auch risikoarme und asymptomatisch positive Testergebnisse zur Selbstisolierung nach Hause geschickt werden, sofern die Isolationsfähigkeiten zu Hause überprüft werden. Der Transport zum Quarantänestandort wird von den betroffenen Behörden arrangiert. Bei Ankunft können Passagiere zwischen zwei Quarantänemodi, staatlichen Quarantänezentren oder staatlich regulierten Hotels / Einrichtungen, wählen. Staatliche Quarantänezentren sind kostenlos. Bei Unterbringung in einem staatlich regulierten Hotel / einer Einrichtung muss der Passagier die Kosten übernehmen. Die Behörden vor Ort entscheiden darüber, wo Passagiere unter Quarantäne gestellt werden.

Wenn in der Stellungnahme vom 27.05.2020 moniert wird, dass keine Feststellungen getroffen wurden, wie die Versorgung von Rückkehrern bewerkstelligt wird, wie hoch die Kosten der Unterbringung sind und ebenso angenommen werden kann, dass die Verhältnisse in diesen Zentren prekär und unmenschlich sind, ist Folgendes in Betracht zu ziehen:

Aus der Berichtslage ist wie bereits angeführt ableitbar, dass bei der Ankunft in Pakistan alle Passagiere und Besatzungsmitglieder einer staatlich überwachten Quarantäne unterzogen werden. Staatliche Quarantänezentren sind kostenlos und ist der BF nicht verpflichtet, eine Unterkunft in staatlich regulierten Hotels / Einrichtungen in Anspruch zu nehmen.

Das Vorbringen des BF enthält zudem keine hinreichend deutlichen Hinweise darauf, dass dem BF bei seiner Rückkehr nach Pakistan unmenschliche Behandlung droht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von den Asylbehörden und vom Bundesverwaltungsgericht zu erwarten, dass sie in Bezug auf Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen. Folglich hat das BVwG seiner Entscheidung die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zulegen (vgl. etwa VwGH 13.12.2016, Ra 2016/20/0098, mwN).

Es liegen keine konkreten Hinweise dafür vor, dass die kurzzeitige Unterbringung des BF im Zuge der Quarantäne im Falle einer Rückkehr die reale Gefahr einer Verletzung der dem Revisionswerber aus Art. 3 EMRK entspringenden Rechte für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann dann eine Verletzung von Art. 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden hg. Judikatur ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 MRK ist nicht ausreichend (Hinweis E vom 6. November 2009, 2008/19/0174). Vielmehr obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61 204/09). Der BF hat einen derartigen geeigneten Nachweis nicht erbracht bzw. nicht detailliert und konkret dargestellt (vgl. hierzu auch das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2016, Ra 2016/19/0036). Da dem erkennenden Gericht keine konkreten Hinweise vorliegen, können insoweit weitere Ermittlungen unterbleiben.

 

Im vorliegenden Fall kann auch vor dem Hintergrund, dass der BF der Volkgruppe der Paschtunen angehört, nicht erkannt werden, dass der BF im Zuge der COVID-19 (sog. Corona) Pandemie keine staatliche Unterstützung erhält. Gibt es diesbezüglich keinerlei Berichte und hat der BF auch derartiges nicht bescheinigt.

 

Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass die länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend und aktuell qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann.

 

II.2.4. Das Vorbringen des BF – sein Leben sei aufgrund von Verfolgungshandlungen seitens terroristischer Gruppierungen in Gefahr – wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für unglaubwürdig erachtet.

 

II.2.4.1. Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten – z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden.

 

Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [nunmehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der BF wurde im Rahmen des Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Der BF wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.

 

Der BF konnte ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substantiiert und glaubhaft geltend machen.

 

II.2.4.2. Sofern der BF die allgemeine Sicherheitslage in seiner Heimatregion ins Treffen führt, wird, wie bereits unter II.2.3. dargelegt, darauf hingewiesen, dass aus der Berichtslage nicht ableitbar ist, dass der BF aufgrund der Sicherheitslage in seiner Heimatregion einer hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung durch extremistische Sunniten ausgesetzt ist.

 

Der BF brachte vor dem BFA vor, er habe aufgrund der Bedrohungslage durch die Taliban seine Heimat verlassen. Dieser Sachvortrag muss – wie die belangte Behörde darlegte – aufgrund von Unschlüssigkeiten, Widersprüchlichkeiten und der Zweifelhaftigkeit der Angaben des BF als unglaubwürdig bewertet werden.

 

Der BF stellte eine Bedrohung durch die Taliban in den Raum ohne nähere Umstände wie persönliche Empfindungen, Ängste, Begebenheiten oder den Hergang bestimmter Vorfälle konkret zu beschreiben. Der BF gab im Zuge seiner freien Fluchtgrundschilderung vor der belangten Behörde am 09.11.2016 nur wenige Eckpunkte einer Bedrohung an, obwohl er aufgefordert wurde von sich aus konkret und detailgenau seine Fluchtgründe zu schildern. So erwähnte der BF unter anderem, dass er zusammen mit drei anderen Arbeitskollegen im Zuge eines Bombenanschlages entführt, ein Monat lang festgehalten und anschließend von der pakistanischen Armee befreit worden sei. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Ausführungen des BF fielen knapp und allgemein gehalten aus. So gab der BF weder von sich aus an, was konkret vorfiel, als er von den Taliban festgehalten wurde, ob die Taliban mit ihm sprachen, etwas verlangten, etc.. Der BF erörterte ebenso nicht wie er die Befreiung durch die pakistanische Armee erlebte.

 

In diesem Kontext ist anzuführen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Bestreben Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte, die ihn persönlich betrifft, unverzüglich möglichst umfassend zu schildern, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt sei. Im gegenständlichen Fall kann von keiner detaillierten und umfassenden Schilderung gesprochen werden.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen.

 

Wäre es tatsächlich zu derartigen Vorfällen mit den Taliban gekommen, hätte der BF mit großer Wahrscheinlichkeit bereits in der Erstbefragung - wenn auch nur kurz - diese Ereignisse erwähnt. Der BF sprach jedoch in der Erstbefragung davon, dass er aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage in Pakistan sein Heimatland verlassen habe. Der BF erwähnte zwar auch, dass die Sicherheitslage seitens der Taliban sehr beeinträchtigt sei und es immer Bombenanschläge gebe, brachte dies alles jedoch nur in Bezug auf die unsichere Lage vor. Von einer persönlichen Bedrohung durch die Taliban oder den beiden Vorfällen nach einem Bombenanschlag bzw. Anschlag sprach der BF mit keinem Wort. So gab er auch nicht an Angestellter einer XXXX gewesen zu sein, sondern nannte als seinen letzten ausgeübten Beruf den des XXXX (AS 3 ff.). Dies widerspricht jedoch seinen späteren Angaben, zumal eine Tätigkeit in der XXXX jedenfalls nicht dasselbe ist wie ein Beruf als Angestellter bei einem XXXX , der BF jedoch in der Einvernahme vor der belangten Behörde angab, bis kurz vor seiner Ausreise bei einer XXXX gearbeitet zu haben.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem BFA, die Taliban hätten den BF einmal entführt und für einen Monat festgehalten bzw. hätten den BF nach einem Anschlag mit einem Messer attackiert und sei deswegen das Leben des BF in Gefahr, stellt daher ein gänzlich anderes Vorbringen als bei der Erstbefragung am XXXX dar. Es handelt sich somit um eine Steigerung seines Vorbringens im Asylverfahren, weswegen seiner Fluchtgeschichte schon deshalb keine Glaubwürdigkeit zukommt.

 

Nun ist zwar grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Erstbefragung mit der Einvernahme im Hinblick auf ein gesteigertes Vorbringen nicht zielführend, zumal die Erstbefragung lediglich einer ersten Orientierung dienen soll und sich gem. § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Im gegenständlichen Fall stellt das Vorbringen in der Einvernahme jedoch kein im Verhältnis zur Erstbefragung detaillierteres Vorbringen, sondern ein völlig anderes/zusätzliches Geschehen dar als in der Erstbefragung und widerspricht dieser gravierend.

 

Es ist nämlich auch auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben - unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind - einzubeziehen (vgl. VwGH 2.1.2017, Ra 2016/18/0323, mwN).

 

Der BF wurde im Zuge seiner Erstbefragung darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung sind. Er wurde aufgefordert wahre und vollständige Angaben zu machen bzw. hingewiesen, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben können. Der BF gab an, dass er sowohl psychisch als auch physisch in der Lage sei, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er gab zudem an, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben habe. Wenn der BF vor dem erkennenden Gericht, die Nichterwähnung damit begründet, dass der Dolmetscher gesagt habe, er habe bei einem weiteren Einvernahmetermin die Möglichkeit alle seine Fluchtgründe zu erzählen, erklärt dies nicht, warum er nicht, wenn auch nur kurz, eine persönliche Bedrohung durch die Taliban schilderte.

 

Es spricht jedoch nicht nur die Steigerung des Fluchtvorbringens gegen eine Glaubwürdigkeit der Bedrohung durch die Taliban, es fanden sich auch Widersprüche in den Angaben des BF.

Der BF gab unmissverständlich vor dem BFA an, dass es - nach seiner Entführung von den Taliban - einen Anschlag am Beginn des XXXX gegeben habe. Es sei im Bazar herumgeschossen worden. Die Taliban hätten die Mitarbeiter in der XXXX mit einem Messer attackiert. Der BF sei dabei am XXXX verletzt worden. Vor dem BVwG hingegen schilderte der BF, dass er nicht beim Vorfall am Beginn des XXXX sondern bei der Befreiung durch die pakistanische Armee am XXXX XXXX verletzt wurde. Dieser Widerspruch ist besonders gravierend, zumal eine solche Bedrohungssituation ein einschneidendes Erlebnis im Leben des BF darstellen müsse und der BF sich daher jedenfalls daran erinnern müsste, sollte es tatsächlich zu einer solchen, wie vom BF beschriebenen, Verletzung gekommen sein, bei welchem Vorfall er sich eine Verletzung zugezogen hat. Wenn der BF nachträglich erörtert, der Dolmetscher habe beim BFA einen Fehler gemacht, muss dies als erfolgsloser Versuch gewertet werde, Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit durch ein derartiges Vorbringen zu kompensieren.

 

Nicht nur in Bezug auf den Zeitpunkt der Verletzung gab es Ungereimtheiten, sondern widersprach sich der BF über den weiteren Ablauf der Geschehnisse. Der BF schilderte vor dem BFA, dass er aufgrund der Verletzung von der pakistanischen Armee ins Spital gebracht worden wäre. Dort hätte das Spitalspersonal aufgrund deren Angst vor den Taliban die Verletzten nicht behandeln wollen. Der BF sei in sein Heimatdorf und nach zweitägigen Aufenthalt nach XXXX und nach XXXX gereist, um dann sein Heimatland zu verlassen. Würde man jedoch dem Sachvortrag des BF vor dem erkennenden Gericht folgen (die Verletzung des BF erfolgte nach dem ersten Vorfall), wäre der BF nach seiner Verletzung weiterhin in seinem Heimatdorf geblieben und hätte erst nach einem weiteren Anschlag durch die Taliban Pakistan verlassen.

 

Soweit der BF vor dem erkennenden Gericht vorbringt, dass er verletzt worden sei, ist in Betracht zu ziehen, dass die Ausführungen des BF im Hinblick auf damit im Zusammenhang stehenden Verfolgungshandlungen in Pakistan im Rahmen einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht bestätigt werden konnten. Derartige tatsächlich erlittene Verletzungen können nicht beweisen, dass der BF tatsächlich von den Taliban verletzt wurde. Die oa. Erläuterungen haben unzweifelhaft dazu geführt, dass der Sachvortrag des BF als unglaubhaft zu bewerten war. Wenn der BF auf die Verletzungen verweist, ist festzuhalten, dass derartige Verletzungen zwar beweisen mögen, dass der BF in der Vergangenheit Verletzungen erlitten hat, ein Rückschluss auf eine einzige konkrete Ursache aufgrund vielfältigen Möglichkeiten des Entstehens ist jedoch grundsätzlich nicht möglich. Hierzu hätte es in einer Zusammenschau mit den Verletzungen eines glaubhaften Vorbringens bedurft, welches jedoch aufgrund der oa. Ausführungen nicht vorliegt.

 

Widersprüchlich sind die Aussagen des BF bezüglich dessen beruflicher Tätigkeit. Wie bereits oben angeführt, hat der BF vor dem BFA angeführt, dass er sich bei beiden von ihm erwähnten Vorfällen in der XXXX befand, in der er als Angestellter arbeitete. Davon, dass er zusammen mit seinem Cousin selbstständige Tätigkeiten durchführte, gab der BF nichts an. Erst recht nicht, dass der BF zum Zeitpunkt der beiden Vorfälle oder eines Vorfalles mit seinem Cousin zusammengearbeitet hat und nicht bei einer XXXX beschäftigt war.

 

Sofern der BF zur Untermauerung seiner Angaben ein Schreiben der Dorfältesten vorliegt, dient dieses Schreiben offensichtlich dazu, den BF im Zuge seines Asylverfahrens zu unterstützen. Da dieses Schreiben jedoch einige Umstände bestätigt, die der BF bestreitet bzw. nicht erklären kann, wird davon ausgegangen, dass die Umstände, die im Schreiben bestätigt werden, nicht den Tatsachen entsprechen. Darin wird beispielsweise angeführt, dass der BF als XXXX und ebenso als XXXX gearbeitet habe. Der BF hat diesbezüglich keine verständliche Erklärung abgegeben. Der Aussage, dass die Dorfältesten vielleicht seinen Vater damit gemeint hätten, da dieser XXXX war, kann kein Glauben geschenkt werden, da in diesem Schreiben die Rede vom BF ist. Ebenso wird erwähnt, dass der BF nach seiner Entführung und Anhaltung durch die Taliban geflohen sei. Der BF sprach vor dem BFA und dem BVwG hingegen davon, dass die pakistanische Armee ihn zusammen mit anderen Gefangenen befreit habe. Dass das Geschäft des BF, nämlich dessen XXXX , von Terroristen niedergebrannt wurde, wird im Schreiben bestätigt, der BF gab derartiges in keinster Weise in seinem Asylverfahren an.

 

Ergänzend darf angeführt werden, dass der BF im Laufe seines Aufenthaltes in Österreich der zuständigen Bezirkshauptmannschaft seinen pakistanischen Führerschein vorgelegt hat. Bei der Überprüfung des pakistanischen Führerscheins wurde festgestellt, dass es sich hierbei um eine Totalfälschung handelte (siehe Mitteilung der BH XXXX vom XXXX (OZ 8)). Der BF hat offensichtlich bewusst, österreichischen Behörden ein Dokument vorgelegt, welches nicht echt war. Ein derartiges Verhalten trägt nicht dazu bei, die Glaubwürdigkeit der Angaben des BF zu stärken.

Die Vorlage von Zeitungsartikeln seitens des BF kann an der individuellen Bedrohungslage des BF zudem nichts ändern, da der BF darin nicht erwähnt wurde.

 

In Anbetracht der oa. Erwägungen geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass die vom BF vorgebrachte Verfolgung unglaubwürdig ist. Dem BF ist es nicht gelungen, eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

II.2.5. Die Angaben des BF bezüglich seiner familiären und wirtschaftlichen Lage werden aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben als wahr und somit der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt.

 

Ebenso wird der Sachvortrag des BF bezüglich seiner privaten und familiären Interessen in Österreich als den Tatsachen entsprechend angesehen, da diese Ausführungen einerseits mit den amtlich zur Verfügung stehenden Informationen, wie Einsicht in das Zentrale Melderegister (ZMR), das Strafregister der Republik Österreich (SA), das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), sowie das Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS) im Einklang stehen und zudem keine Zweifel an den Angaben des BF und den vorgelegten Unterlagen aufkamen. Weiters konnte sich die zuständige Richterin des erkennenden Gerichtes im Zuge einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck über die Integrationsbemühungen des BF verschaffen.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

„§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) …

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

…“

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen des BF zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr „Status eines Asylberechtigten“] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass dem BF nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.

 

II.3.2.3. Zur hilfsweise herangezogenen Argumentation hinsichtlich der Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative wird Folgendes erwogen:

II.3.2.4. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der älteren Rechtsprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).

 

Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun (vgl. etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der innerstaatlichen Fluchtalternative nimmt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine Beweislast der Asylbehörde an: Es müsse Sache der Behörde sein, die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Möglichkeit einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen (vgl. VwGH 9.9.2003, Zl.2002/01/0497).

 

Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069). Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslose Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597, VwGH 19.10.200, 98/20/0430; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzliche ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427) Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.

Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).

Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).

 

Zum Wesen und den Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative vgl. weiter: Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (1979), Rz 91; Art. 8 der Richtlinie 2004/83 EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Person, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des gewährten Schutzes ("Statusrichtlinie); Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S. 357 ff.

 

Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes:

 

Der BF könnte - bei Wahrunterstellung seines Vorbringens - durch Verlegung seines Aufenthaltsortes in eine andere Region Pakistans, beispielsweise in Großstädte wie Islamabad oder Lahore, einer möglichen Verfolgung entgehen. Dass die angeblichen Verfolger so ein großes Interesse an den BF haben, dass sie ihn überall in Pakistan suchen würden, kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass sie den BF überall finden könnten, dies auch angesichts der Bevölkerungsdichte ihres Herkunftslandes.

Im gegenständlichen Fall ist somit letztlich davon auszugehen, dass auf Grund der fehlenden Exponiertheit des BF, der Größe und des Bevölkerungsreichtums Pakistans und des Fehlens eines zentralen Einwohnermeldesystems nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit weiterer Gefährdung zu rechnen ist bzw. überhaupt nicht die Möglichkeit oder das Interesse besteht, den BF in einem von seinem bisherigen Aufenthaltsort weit genug entfernten Ort aufzufinden.

 

Ebenso ist ein derartiges Gebiet für den BF auf Grund der Vielzahl der Einreisemöglichkeiten nach Pakistan erreichbar, ohne durch jenes Gebiet reisen zu müssen, in der ihm Bedrohung drohen würde und war die Erreichbarkeit auch schon zu jenem Zeitpunkt gegeben, als sich der BF noch in Pakistan aufhielt.

Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs ihren Lebensunterhalt zu sichern. Im Lichte dieser Ausführungen erscheint es dem BF auf Grund der Feststellungen zu seiner Person vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in Pakistan möglich und zumutbar, dort seine dringendsten Lebensbedürfnisse auch in einem anderen Landesteil zu decken und wird der BF somit auch an diesen Orten über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, erwachsenen, arbeitsfähigen und anpassungsfähigen jungen Mann, welcher seine Mobilität und seine Fähigkeit, sich auch in einer fremden Umgebung zurecht zu finden, bereits durch seine Reise nach Österreich unter Beweis stellte.

 

II.3.2.5. Der BF hat seinen Herkunftsstaat letztlich aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe des BF, den Herkunftsstaat zu verlassen, der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. …

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.…“

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den „Herkunftsstaat“ des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. (2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.“

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffenen Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des BF zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss der BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z.B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der BF vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiters festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen jungen, mobilen, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der BF keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf seine individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

 

Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das – wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass der BF im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Er stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und der BF kann daher Unterstützung durch seine Familie erwarten.

 

Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Der BF könnte – immer unter der Annahme der Glaubhaftunterstellung des Vorbringens –Drohungen oder Übergriffen durch Verlegung seines Wohnsitzes in einen anderen Landesteil Pakistans oder in Großstädten wie Islamabad entgehen (siehe diesbezügliche Ausführungen unter II.3.2.).

 

Die derzeitige COVID-19 (sog. Corona-) Pandemie, ausgelöst durch das SARS-CoV-2-Virus, führt zu keiner Änderung der oben angeführten Erläuterungen zu Pakistan.

 

Im Hinblick auf die Gefahr, dass sich der BF in Pakistan mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert bzw. auf dort wegen der Krise herrschende Einschränkungen des Wirtschaftslebens und die daraus resultierende Versorgungslage betroffen ist, kann ein Rückkehrhindernis nur dann vorliegen, wenn der BF aufgrund der Bedingungen mit maßgeblichen Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG 2005 subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. Bei der Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückführung die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe, sind die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien (vgl. VwGH 14.8.2019, Ra 2019/20/0347, mwN) zu beachten.

Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0250, mwN).

 

Eine derartige Extremgefahr kann für den BF im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan nicht angenommen werden. Es ist zum einen nicht ersichtlich, dass der BF als gesunder Mann ohne bestehende Erkrankungen in Pakistan gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden ausgeliefert wäre. Selbst bei Zugrundlegen des derzeit in Pakistan bestehenden Infizierten und der vom pakistanischen Staat getroffenen Maßnahmen zur medizinischen Versorgung besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Personengruppe, welcher der BF angehört.

Des Weiteren ist die Versorgungslage für die Bevölkerung in Pakistan auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen nicht derart desolat, dass auch nur annähernd von einer allgemeinen Gefahrenlage gesprochen werden könnte.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und er nicht in eine allfällige, Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 57 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Der Aufenthalt des BF ist nicht geduldet. Der BF ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt im obigen Sinn.

 

Es liegen folglich keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.2. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 52 Abs 3 FPG ist unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen. Die Erlassung der Entscheidung ist zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 9 Abs 3 AsylG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

 

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie hier der Rückkehrentscheidung, kann folglich ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

 

Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig.

 

Artikel 8 EMRK schützt das Privatleben umfassend und sichert dem Einzelnen einen Bereich,

innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten kann.

 

II.3.4.4. Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF reiste im Juli 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Der BF hat eine Lebensgefährtin, die österreichische Staatsbürgerin ist. Der BF lebt mit dieser seit XXXX zusammen. Der BF und seine Lebensgefährtin haben sich im XXXX kennengelernt und befinden sich seit XXXX in einer engeren Beziehung.

Der BF besuchte in Österreich Deutschkurse, von XXXX bis XXXX im Ausmaß von 16 Unterrichtseinheiten, der BF erhielt zudem eine Deutschförderung für seinen Beruf als XXXX . Der BF hat im Jahr XXXX eine A2 Prüfung absolviert. Der BF hat im Zeitraum vom XXXX bis XXXX Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber bezogen. Für den Zeitraum vom XXXX bis XXXX wurde eine Beschäftigungsbewilligung für den BF als XXXX (Lehrling/Auszubildender) bzw. vom XXXX bis XXXX für die beruflichen Tätigkeit als XXXX für eine Ganztagesbeschäftigung im Ausmaß vom 40 Stunden pro Woche und mit einem monatlichen Entgelt von Euro XXXX brutto erteilt. Der BF war vom XXXX bis XXXX als XXXX bei XXXX beschäftigt. Der BF hat eine Teillehre abgeschlossen, indem er sich am XXXX im Rahmen einer Teilqualifizierung gemäß § 8b Abs 10 BAG einer Abschlussprüfung über die in der Ausbildungszeit erlernten Fertigkeiten und Kenntnisse aus dem Lehrberuf XXXX unterzogen hat. Der BF hat die Berufsschule XXXX besucht, wobei er im Schuljahr XXXX die zweite Fachklasse für den Lehrberuf XXXX besucht hat. Der BF arbeitet seit XXXX bei XXXX . Der BF möchte in den nächsten Jahren die Lehrabschlussprüfung nachholen. Der BF hat Freunde und Bekannte in Österreich. Der BF hat der zuständigen Bezirkshauptmannschaft seinen pakistanischen Führerschein vorgelegt hat, der sich als Totalfälschung herausstellte. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitstrafe von 4 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

 

Die Rückkehrentscheidung betreffend den BF stellt somit einen Eingriff in das Recht auf Familienleben sowie in das Recht auf Privatleben dar.

 

II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

 

Es wird in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der BF in einer Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin steht. Der BF lebt seit XXXX mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Der BF hat nicht dargelegt, dass ein Abhängigkeitsverhältnis in finanzieller Hinsicht oder anderwertig zu seiner Lebensgefährtin besteht. Der BF und seine Lebensgefährtin gehen beide einer beruflichen Tätigkeit nach, wohnen zusammen und verbringen deren gemeinsame Freizeit. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bereits bei Beginn der Beziehung zur Lebensgefährtin klar gewesen sein musste, dass ein gemeinsamer Verbleib in Österreich sehr unsicher sei, da der BF zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis über die negative Entscheidung seitens des BFA hatte.

Was im Hinblick darauf die Frage einer allfälligen Fortsetzung des Familienlebens angeht, so ist es dem BF durchaus zumutbar bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. des NAG wieder in das österreichische Bundesgebiet zurückzukehren und im Rahmen dieser Möglichkeit ein effektives Privat- bzw. Familienleben mit seiner Lebensgefährtin in Österreich einzugehen bzw. fortzusetzen.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

Der BF ist illegal im Juli 2015 nach Österreich eingereist und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwiesen hat. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Familien- und Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich der BF nicht darauf verlassen konnte, sein Leben auch nach Beendigung der Asylverfahren in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Familien – bzw. Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

 

Bei der Gewichtung im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG kann maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass die vom BF gesetzten integrationsbegründenden Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem er sich (spätestens nach Abweisung seines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz durch das BFA im XXXX ) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Daran kann auch die lange Dauer des Verfahrens, mag den BF daran auch kein Verschulden treffen, nichts ändern (VwGH vom 30.06.2016, Ra 2016/21/0076).

 

Zugunsten des BF ist zu berücksichtigen, dass dieser während seines Aufenthalts in Österreich bemüht war, die deutsche Sprache zu erlernen. Der BF hat Deutschkurse besucht bzw. besucht sie. Der BF hat eine Lehre als XXXX begonnen, hat eine Teillehre abgeschlossen und arbeitet nunmehr als XXXX . Der BF hat Freunde und Bekannte in Österreich.

 

Aus grundlegenden Kenntnissen der deutschen Sprache vermag vor dem Hintergrund, dass der Verwaltungsgerichtshof den Umstand, perfekt Deutsch zu sprechen, als kein über das übliche Maß hinausgehendes Integrationsmerkmal erachtete (vgl. VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029), kein wesentliches Gewicht zukommen.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die – hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Zur beruflichen Tätigkeit des BF ist Folgendes in Betracht zu ziehen: Sofern der BF eine Lehre als XXXX nachging, ist auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach einer angefangenen Lehre im Asylverfahren keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (VwGH vom 29.05.2018, Ra 2018/20/0224; vgl. auch VwGH vom 27.08.2018, Ra 2018/20/0386). Der BF ist im gegenständlichen Fall ein Ausbildungsverhältnis zu einem Zeitpunkt einging, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Bei einer Lehre handelt sich hierbei um ein Ausbildungsverhältnis. § 14 Abs. 2 lit. f Berufsausbildungsgesetz normiert, dass ein Lehrverhältnis mit einem negativen rechtskräftigen Bescheid im Asylverfahren endet.

Sofern der BF nunmehr als XXXX beschäftigt ist, ist darauf zu verwiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu kommt. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens über kein weiteres Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und unrechtmäßig in diesem verbleiben. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. Dem BF musste zum Zeitpunkt des Eingehens seiner beruflichen Tätigkeit bewusst sein, dass ihm nach negativen Ausgang seines Asylverfahrens kein Aufenthaltsrecht zukommt und sein Aufenthalt beendet wird.

 

Soweit sich der BF um seine sprachliche, berufliche und gesellschaftliche Integration bemüht zeigte, kommt seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gesamtbetrachtend vor dem Hintergrund der angeführten Judikatur kein allzu großes Gewicht zu, zumal die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt überwiegend auf ein im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, wesentlich gemindert wird.

Es wird in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der BF mehrere Unterstützungsschreiben vorlegte, wobei verschiedenen Personen Integrationsbemühungen des BF bezeugten.

 

Im Besonderen ist hier ferner auf die folgenden aktuellen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen. Trotz langjährigem Aufenthalt wurde auch hier seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit der Ausweisung bejaht: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; mit Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings gerechnet; keinerlei Unterstützung im Herkunftsstaat zu erwarten), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (etwa siebenjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang eheliche Gemeinschaft mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; Unterkunft; Krankenversicherungsschutz; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; Erlernen der deutschen Sprache; Freundes- und Bekanntenkreis; Verwandte in Österreich; Unbescholtenheit; kaum bzw. keinen Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert; Zeitungsausträger), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 (rund siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (fast achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; perfekte Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Freundes- und Bekanntenkreis; Unbescholtenheit; wirtschaftlicher Neubeginn; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; Lebensunterhalt finanziert; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; im Heimatland keine Existenzgrundlage; eingeschränkte Bindungen zum Heimatland; sozial integriert).

 

Die Feststellung, wonach der BF strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten des BF ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitstrafe von 4 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Der BF zeigt mit seiner rechtskräftigen Verurteilung auf, dass er nicht willens ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Dies steigert nochmals das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber dem Interesse des BF am weiteren Verbleib in Österreich. Aus dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers resultiert eine Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Suchtmittel- und Gewaltkriminalität (vgl. etwa die hg. Beschlüsse des VwGH vom 27. Juni 2006, Zl. AW 2006/18/0141, sowie vom 21. März 2005, Zl. AW 2005/18/0074).

 

Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene BF den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbrachte, dort sozialisiert wurde, hingegen die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Vergleich zu seinem Lebensalter als kurz zu bezeichnen ist, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal er dort familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Familie hat und er die Sprache des Herkunftsstaates beherrscht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zum Ausdruck gebracht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. November 2010, 2008/22/0777), dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt.

 

Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens des BF sowie seinem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Aufgrund dieser Erwägungen ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12.06.2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007).

 

Zusammenfassend sprechen folgende Aspekte für eine bestehende Integration und ein schützenswertes Familien- bzw. Privatleben der BF: die Dauer des Aufenthalts, Bekanntenkreis, Kenntnisse der deutschen Sprache, berufliche Tätigkeit;

 

Unter Abwägung der Interessen und in wertender Gesamtschau überwiegen allerdings folgende öffentlichen Interessen, die gegen einen Aufenthalt der BF in Österreich sprechen:

illegale Einreise, unsicherer Aufenthalt, Straffälligkeit;

 

Es ist daher davon auszugehen, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie an einem geordneten Zuwanderungswesen im vorliegenden Fall schwerer wiegen als die familiären und privaten Interessen des BF. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK daher nicht geboten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

II.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Im gegenständlichen Fall liegen im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass die Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde bzw. im Beschwerdeverfahren nicht schlüssig dargelegt.

 

II.3.6. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht, auch nicht in Bezug auf die COVID-19 (sog. Corona-) Pandemie. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen des BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen im Beschwerdeverfahren getroffen.

 

Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.7 Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Pakistan dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wäre. Auch die Voraussetzungen für die getroffene Rückkehrentscheidung liegen vor.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe und der Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung, zum Flüchtlingsbegriff, Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.

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