AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L510.1424050.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2018, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, §§ 57, 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG, §§ 52 Abs. 2 Z. 2 u. Abs. 9 FPG, 46 FPG, 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.11.2011 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die bP ist türkischer Staatsangehörigkeit mit kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit und muslimisch-sunnitischen Glaubens.
Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.12.2011, Zl. XXXX , gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, gem. § 8 Abs. 1 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt und wurde die bP gem. § 10 Abs. 1 AslyG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.03.2013, Zl. XXXX , gem. §§ 3, 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
Diese Entscheidung erwuchs mit der Zustellung an die Vertretung der bP am 02.04.2013 in Rechtskraft. Die bP reiste im Juli 2013 aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.
2. Am 29.06.2016 stellte die bP nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen weiteren, den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser Folgeantrag der bP wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.02.2018, Zl. XXXX , gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt II.) Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP in die Türkei gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.).
Dagegen wurde durch die Vertretung fristgerecht Beschwerde erhoben und der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der bP:
Die bP ist Staatsangehöriger der Türkei, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und muslimisch-sunnitischen Glaubens. Ihr Vater ist österreichsicher Staatsbürger. Ihre Mutter und ein in Österreich lebender Bruder sind türkische Staatsangehörige. Weiter lebt ein Onkel der bP in Österreich. Sie ist in Österreich nicht berufstätig und lebt bei ihren Eltern in XXXX . Bei ihrer ersten Asylantragstellung im Jahr 2011 besuchte die bP einen Deutschkurs A1 und verfügt sie über geringe Kenntnisse der deutschen Sprache. Sie ist nicht ehrenamtlich tätig und nicht Mitglied in einem Verein. Sie ist strafrechtlich unbescholten. Sie verbringt die meiste Zeit zu Hause oder mit Freunden in Cafés. Am Wochenende macht sie Ausflüge mit ihrer Familie.
Sie lebte überwiegend in der Türkei, wurde dort sozialisiert und spricht ihre Landessprache auf muttersprachlichem Niveau. Sie ging in der Türkei 5 Jahre lang zur Schule und arbeitete dort in verschiedenen Bereichen. 5 Geschwister der bP leben in der Türkei. Die bP ist gesund.
1.2. Zu den Anträgen der bP auf internationalen Schutz:
Erster Antrag auf internationalen Schutz vom 25.11.2011 (Verfahren des maßgeblichen Vergleichsbescheides)
Im Zuge ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz gab die bP befragt zu ihren Fluchtgründen an, dass ihr Dorf sieben Kilometer von XXXX entfernt sei. Im Jahr 2008 habe sie ein Auto gemietet, um von XXXX in ihr Dorf zu fahren. Während der Fahrt sei sie von der Gendarmerie aufgehalten worden. Sie sei gefragt worden, wohin sie fahren werde. Die Anhaltung habe vor der Gendarmeriedienststelle stattgefunden. Sie sei zum Kommandanten hinaufgeschickt und gefragt worden, wohin sie fahren werde. Als sie gesagt hätte, dass sie in ihr Heimatdorf fahre, habe er das nicht zugelassen. Der Kommandant habe den Dorfvorsteher und die Dorfbewohner als Terroristen bezeichnet. Als sie das Gebäude verlassen habe, hätten sie die diensthabenden Soldaten gefragt, ob sie die Erlaubnis bekommen habe ins Dorf zu fahren. Sie habe ins Dorf müssen, weil sie sich um die Erntearbeit hätte kümmern müssen. Der Sohn ihrer Tante väterlicherseits sei zu diesem Zeitpunkt auch bei ihr gewesen, er sei körperlich behindert. Als sie zuhause in ihrem Dorf gewesen sei und zu Bett gehen wollte, hätte es plötzlich an der Tür geklopft. Die Guerilla seien da gestanden und hätten sich herein gesetzt. Sie erzählten, dass sie einen Anschlag auf eine Dienststelle in der Nähe von XXXX verübt hätten. Am nächsten Tag habe der Kommandant den Dorfvorsteher angerufen. Er habe ihm mitgeteilt, dass zwei Jugendliche einen Anschlag auf ihre Dienststelle verübt hätten, und damit habe er sie gemeint, also sie und ihren Cousin. Der Dorfvorsteher habe gesagt, dass so etwas unmöglich sei, denn sie seien Verwandte von ihm. Die Schwester vom Dorfvorsteher sei mit ihrem Onkel väterlicherseits verheiratet. Sie seien drei Tage später zur Dienststelle nach XXXX geladen worden. Als sie dort angekommen seien, habe der Kommandant gerade keine Zeit gehabt und hätten sie in der Nähe in einem Kaffeehaus gewartet. Der Besitzer des Kaffeehauses habe den Kommandanten angerufen und zu einem Tee eingeladen. Der Kommandant habe gesagt, dass er sich mit Staatsfeinden nicht zusammensetzen und Tee trinken würde. Damit habe er sie gemeint. Er habe gefragt warum sie an diesem Tag in ihr Dorf gefahren sei. Sie habe geantwortete, dass sie sich um das Gemüse, das Obst, den Garten und die Bäume kümmern musste. Der Kommandant habe gesagt, dass es nicht mehr lange dauern werde, bis sie zur Rechenschaft gezogen werden würden. Er habe über die PKK zu schimpfen begonnen und sie als PKK-ler betrachtet. Egal ob man in diesem Dorf groß werde oder nicht, man werde immer als PKK-ler betrachtet, wenn man dieses Dorf besuche oder sich dort aufhalte. Selbst wenn die Familie Obstbäume oder Gemüsefelder besitze, habe man nichts davon, weil sie einen nicht in Ruhe lassen würden. Man bekomme nur beschränkt von dem, was einem eigentlich gehöre. Als Kurde habe man in der Türkei ständig Probleme.
Dieser Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.12.2011, Zl. XXXX , gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, gem. § 8 Abs. 1 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt und wurde die bP gem. § 10 Abs. 1 AslyG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.03.2013, Zl. XXXX , gem. §§ 3, 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit der Zustellung an die Vertretung der bP am 02.04.2013 in Rechtskraft.
Die Entscheidung des AsylGH wurde wie folgt begründet:
"Dem Bundesasylamt ist vollinhaltlich zuzustimmen, wenn es ausführt, dass es der Beschwerdeführer nicht vermochte, eine Verfolgung iSd GFK glaubhaft zu machen und dass das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers nicht asylrelevant sei. Auch der Asylgerichtshof geht davon aus, dass im Vorbringen des Beschwerdeführers kein GFK relevanter Anknüpfungspunkt zu sehen sei.
Der Beschwerdeführer brachte zusammengefasst vor, dass er die Türkei deshalb verlassen habe, weil ihm als Kurde im Jahr 2008 von einem Kommandanten der Gendarmerie ein Anschlag auf eine Polizeidienststelle in seinem Heimatort angelastet worden sei und dieser Kommandant ihm auch vorgeworfen habe, Nahebeziehungen zur PKK zu haben.
Abgesehen davon brachte der Beschwerdeführer keine anderen Probleme mit den türkischen Sicherheitsbehörden, Behörden oder Gerichten vor und betonte mehrmals, wegen dem Vorfall im Jahr 2008 sowie wegen des Umstandes, dass es wegen seiner kurdischen Abstammung überall in der Türkei zu Problemen kommen könne, die Türkei verlassen zu haben.
Im Einzelnen wurde vom Bundesasylamt dazu ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer erst drei Jahre nach dem geschilderten Ereignis zum Verlassen der Türkei entschlossen habe, obwohl er danach keinerlei fluchtrelevanten Ereignisse mehr habe anführen können.
Auch der Asylgerichtshof geht davon aus, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen keinen Vorfall unmittelbar vor seiner Ausreise aus der Türkei im November 2011 vorgebracht hat und ist der geschilderte Vorfall aus dem Jahr 2008 nicht geeignet, einen zeitlichen Konnex zur Ausreise im November 2011 herzustellen. Dieser Vorfall hat damit nicht dazu geführt, dass der Beschwerdeführer so große Angst vor weiteren Übergriffen auf sich selbst gehabt habe, die einer begründeten Furcht entsprechen und es dem Beschwerdeführer unerträglich gemacht habe, in seinem Heimatstaat zu bleiben.
Daher kann aufgrund der verstrichenen Zeit zwischen dem behaupteten Vorfall und der Ausreise auch nicht die erforderliche Aktualität einer Verfolgung angenommen werden. Umstände, denen es an einem entsprechenden zeitlichen Konnex zur Ausreise mangelt, sind nicht zur Glaubhaftmachung eines Fluchtgrundes geeignet; die wohlbegründete Furcht müsste vielmehr bis zur Ausreise andauern (VwGH 23.01.1997, 95/20/0221).
Unabhängig von der mangelnden Aktualität der behaupteten Verfolgungshandlung hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass ihn ein Kommandant der Gendarmerie beschuldigt habe, einen Polizeiposten angegriffen und ein Naheverhältnis zur PKK zu haben. Weitere Details oder Ereignisse, die damit in Zusammenhang stehen würden, wurden vom Beschwerdeführer nicht genannt. Die bloße Behauptung, er sei von einem Kommandanten der Gendarmerie für einen Anschlag verantwortlich gemacht worden und habe ihm diese Person auch ein Naheverhältnis zur PKK unterstellt, ist jedoch nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr zu begründen, zumal sich dieses Vorbringen lediglich auf diese Behauptung reduziert. Der Beschwerdeführer hat weder vorgebracht, dass gegen seine Person ein polizeiliches oder gerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet oder dass er aus den angegeben Gründen behördlich oder gerichtlich gesucht worden sei. Auch sei der Beschwerdeführer zu dem behaupteten Vorwurf nie befragt worden und habe dieser Vorfall keinerlei staatliche Konsequenzen für ihn gehabt. Die einzige Folge dieses Vorfalles aus dem Jahr 2008 sei gewesen, dass sich der Beschwerdeführer nicht mehr so oft getraut habe, sein Heimatdorf zu besuchen. Somit liegt jedoch kein Hinweis für ein vorrangiges oder nachhaltiges und landesweites Interesse der Sicherheitsbehörden an der Person des Beschwerdeführers vor. Die Setzung einer konkreten und individuell gegen die Person des Beschwerdeführers gerichteten Maßnahme, die ein derartiges Verhalten der Behörde plausibel machen würde (Erlassung eines Haftbefehles, Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, Auferlegung einer Meldepflicht, etc.), hat der Beschwerdeführer eben gerade nicht vorgebracht.
Vielmehr lebte der Beschwerdeführer nach dem seinen Angaben zufolge fluchtauslösenden Vorfall im Jahr 2008 in Istanbul, ging dort einer beruflichen Beschäftigung nach und war somit in der Lage, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, wie auch vom Bundesasylamt richtigerweise ins Treffen geführt wurde.
Sofern diesbezüglich in der Beschwerde nunmehr behauptet wird, dass sein Leben in Istanbul ein mehr oder weniger intensives Versteck-Spiel vor den Behörden gewesen sei und er immer wieder betont habe, dass er kaum auf die Straße gegangen sei und wenn, dann nur, um notwendige Lebensmittel und sonstige wichtige Dinge zu besorgen, so war dem zunächst zu entgegnen, dass vom Beschwerdeführer stets angegeben wurde, dass er in Istanbul bis zu seiner Ausreise einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen zu sein, was wohl kaum möglich gewesen wäre, wenn er nur für wichtige Einkäufe auf die Straße gegangen wäre. Zudem gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er in Istanbul persönlich Probleme gehabt habe an, (AS 47): "Ich meide Situationen und verkehre nachts kaum draußen." Auch hieraus ist nicht erkennbar, dass sich der Beschwerdeführer (ständig) versteckt gehalten habe, weshalb die persönlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt mit den Behauptungen in gegenständlicher Beschwerdeschrift nicht in Einklang zu bringen sind.
Zudem ist es für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer, wenn er behauptet, sich vor den Behörden versteckt zu haben, um nicht aufzufallen und nicht registriert zu werden, sich trotzdem im Jahr 2010 an die Behörden in seiner Heimatprovinz gewandt habe, um Schadenersatzzahlungen für die Häuser seiner Familie zu beantragen, zumal er damit rechnen habe müssen, dass er gerade in diesem Zusammenhang "auffallen" und man seien Daten registrieren würde.
Zu dem - dem Beschwerdeführer unterstellten - Naheverhältnis zur PKK ist noch - unabhängig von der Glaubwürdigkeit - festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch diesbezüglich nicht einmal vorgebracht hat, dass dies irgendwelche Reaktionen der türkischen Behörden nach sich gezogen habe. Selbst Befragungen durch Sicherheitsbehörden wegen des Verdachtes der Unterstützung der PKK (wobei der Beschwerdeführer nie zu dieser Anschuldigung befragt worden sei) würden jedoch nicht als asylrelevant zu werten sein, zumal solche Befragungen lediglich im Zusammenhang mit dem Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung (Unterstützung einer terroristischen Organisation oder von Terroristen) stehen und somit im Rahmen der zulässigen Strafrechtspflege erfolgen würden.
Zusammengefasst brachte der Beschwerdeführer lediglich vor, dass er von einem Kommandanten der Gendarmerie für einen Anschlag auf eine örtliche Polizeistation verantwortlich gemacht worden sei, ohne dass dieser Kommandant in weiterer Folge weder behördliche noch sonstige Schritte gegen den Beschwerdeführer gesetzt oder eingeleitet habe. Voraussetzung für eine begründete Angst vor asylrelevanter Verfolgung ist jedoch ein zielgerichtetes und konkret die Person des Beschwerdeführers betreffendes Vorgehen. Auch unter diesem Aspekt konnte damit keine Asylrelevanz des Vorbringens erkannt werden. Alleine die Vermutung des Beschwerdeführers, er sei bzw. könne wegen der Behauptungen des Kommandanten ins Visier der türkischen Behörden geraten, reicht nicht aus, um eine individuelle asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die allgemeine Situation der Kurden in der Türkei bezieht, so vermochte er auch damit keine individuelle und aktuelle asylrelevante Verfolgung darzulegen. Die oberflächliche Behauptung, dass er als Kurde in der Türkei ständig Probleme haben könne, vermag keinen asylrelevanten Anknüpfungspunkt darzustellen. Dem wurde auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten, zumal sich darin wiederum bloß allgemeine Ausführungen über die allgemeine Lage der kurdischen Bevölkerung in der Türkei finden.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, dass die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit für sich allein nicht geeignet ist, die für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung darzutun. Die bloße Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden bildet daher noch keinen ausreichenden Grund für die Asylgewährung (vgl. VwGH vom 31.01.2002, 2000/20/0358).
Hinsichtlich der kurdischen Abstammung des Beschwerdeführers ist weiters auszuführen, dass sich entsprechend der in das Verfahren eingeführten Länderberichte die Situation für Kurden derart gestaltet, dass momentan keine aktuellen Berichte über die Lage der Kurden in der Türkei und damit keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür existieren, dass gegenwärtig Personen kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten - sohin auch einer maßgeblichen Intensität erreichenden - Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen sein würden. Gründe, warum die türkischen Behörden ein nachhaltiges Interesse an der Person des Beschwerdeführers haben sollten, wurden von diesem nicht plausibel vorgebracht.
Vor diesem Hintergrund ist das Bundesasylamt im Recht, wenn es beweiswürdigend ausführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz zukommt. Daran vermag auch das Vorbringen in der Beschwerde nichts zu ändern, zumal darin lediglich allgemein gehaltene Ausführungen getätigt werden, ohne diese näher zu begründen. Die Beschwerde vermochte die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht in Zweifel zu ziehen bzw. wurde nicht einmal versucht, der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid fundiert entgegen zu treten.
Sofern der Beschwerdeführer angegeben hat, er befürchte, im Falle einer Wiedereinreise in die Türkei verhaftet zu werden, ist auszuführen, dass, wenn der türkischen Grenzpolizei bekannt ist, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen wird, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden.
Dem Auswärtigen Amt ist seit Jahren kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt wurde. Auch die türkischen Menschenrechtsorganisationen haben explizit erklärt, dass aus ihrer Sicht diesem Personenkreis keine staatlichen Repressionsmaßnahmen drohen. Für Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, liegen keine Anhaltspunkte vor und sind daher die Befürchtungen des Beschwerdeführers in dieser Hinsicht nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr zu begründen.
Es kann der belangten Behörde im Hinblick auf die Beachtung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit zur Erforschung des für ihre Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht vorgeworfen werden, wenn sie ihrerseits bestrebt ist, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auftretende Widersprüche oder Unklarheiten aufzuklären. Im Übrigen kommt dem betroffenen Asylwerber eine besondere Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des für seine Sache maßgebenden Sachverhaltes zu, der sich auf Grund der für das Asylverfahren typischen Sach- und Beweislage in vielen Fällen oft nur aus den persönlichen Angaben des Asylwerbers erschließt. Um die Angaben des Asylwerbers für glaubhaft halten zu können, müssen diese für die belangte Behörde und den Asylgerichtshof auf Grund der vorhandenen Beweise nach freier Überzeugung jedenfalls wahrscheinlich erscheinen. Dies war jedoch in der gegenständlichen Rechtssache nicht der Fall.
Im Hinblick auf obige Erwägungen vermag der Asylgerichtshof daher eine aktuelle und individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers aus einem in der GFK taxativ aufgezählten Grund nicht zu erkennen, weshalb von keiner Verfolgung im Heimatstaat ausgegangen werden kann."
Zweiter Antrag der bP auf internationalen Schutz vom 29.06.2016
Am 29.06.2016 stellte die bP den zweiten und gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Erstbefragung bei der XXXX am 29.06.2016 gab sie zu ihrem Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, dass in der Nähe ihres Heimatdorfes die türkische Armee gegen die PKK kämpfe. Die Armee sei ins Dorf gekommen und habe einige Mitbürger verhaftet. Wenn sie dort geblieben wäre, hätten sie sie früher oder später auch verhaftet, weil sie Kurde sei. Die Armee habe sehr viele Tiere getötet und einige Häuser verbrannt. Die Kurden könnten in der Türkei nicht frei leben. Ansonsten habe sie keine Fluchtgründe. Sie befürchte im Falle der Rückkehr, dass sie die türkische Armee oder die türkische Polizei verhaften würde, weil sie Kurde sei.
Am 23.10.2017 wurde die bP beim BFA, XXXX , niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalteten sich dabei wie folgt:
"...
F: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?
A: Ja.
F.: Befinden Sie sich in ärztlicher Behandlung oder sonst in Therapie und nehmen Sie zurzeit Medikamente ein?
A.: Nein.
...
F.: Haben Sie irgendwelche anderen Dokumente oder Beweismittel, die Sie vorlegen können?
A.: Nein.
F: Können sie bitte einen kurzen Lebenslauf bezüglich ihrer Person schildern? Z.B.: Wo sind sie geboren, wo aufgewachsen, welche Schulausbildung haben sie absolviert, welchen Beruf haben sie ausgeübt?
A: Ich bin in XXXX geboren. Bis 1992 habe ich dort gelebt. Dann wurden unsere Häuser vernichtet in unserem Dorf durch die PKK. Dann bin ich mit meiner Familie nach Istanbul ausgewandert. Im Jahr 2002 sind wir zurück nach XXXX . Wir waren immer wieder in Istanbul und in XXXX . Wir konnten nicht in XXXX leben. Dann haben wir ein Haus gebaut in XXXX und es wurde wieder angezündet, und wir sind wieder nach Istanbul gegangen. Ich habe eine Möbelwerkstatt in Istanbul gehabt. Im Jahr 2007 wollte ich wieder in mein Dorf nach XXXX . Ich durfte durch die Polizisten nicht zurück in mein Dorf. Als ich gefragt habe warum haben sie mir gesagt, dass der Bürgermeister auch ein Terrorist ist. In derselben Nacht als ich aufgehalten wurde, gab es einen Anschlag auf Polizisten. Ich wurde beschuldigt, dabei gewesen zu sein. Der Bürgermeister hat mich gefragt ob ich dabei war. Dann wurde ich einvernommen. Dort wurde ich beschimpft. Dann hat mich meine Familie angerufen und mir gesagt ich soll nach Istanbul zurückkehren. Ich bin dann wieder nach Istanbul gegangen. Ich bin in der Öffentlichkeit bloß gestellt worden, weil ich Kurde bin. Im Dorf Café wurde schlecht über mich gesprochen. Mein Onkel aus Istanbul wollte in unserem Dorf ein neues Haus aufbauen. Das war vor dem Putschversuch. Mein Onkel und sein Nachbar wurden dann festgenommen. Mein Onkel ist 70 Jahre alt. Sie waren 8 Monate in Haft und ich bin dann auch nicht mehr ins Dorf gefahren. Mein Onkel wollte sich dann im Gefängnis umbringen. Ich habe nach diesem Vorfall nur mehr in Istanbul gelebt. Von Istanbul bin ich dann ausgereist.
F: Sind Sie verheiratet?
A: Nein.
F: Haben Sie Kinder?
A: Nein.
F: Welche Verwandte leben noch in Ihrem Herkunftsstaat.
A: Vier Schwestern und 1 Bruder. Daten stimmen mit der Erstbefragung überein. XXXX nicht XXXX .
F: Wovon lebt Ihre Familie in der Türkei jetzt.
A: Sie sind alle verheiratet. Mein Bruder hatte ein Kebab Restaurant. Jetzt arbeitet er wieder in einem Kebab Restaurant.
F:Wann hatten Sie zuletzt Kontakt (persönlich oder telefonisch) mit Angehörigen in der Türkei?
A: Ab und zu wenn sie meine Eltern anrufen. Das letzte Mal im September.
F: Wie geht es ihnen in der Türkei?
A: Es geht ihnen gut.
Beantworten Sie die nachstehenden Fragen mit "Ja" oder "Nein". Sie haben später noch die Gelegenheit, sich ausführlich zu diesen Fragen zu äußern:
F.: Sind Sie vorbestraft oder waren Sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat?
A.: 3 Mal nein.
F.: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc?
A.: Ich weiß es nicht. Derzeit nicht.
F.: Sind oder waren Sie politisch tätig?
A.: Ich war kein Mitglied. Ich war bei Meetings und Demonstration. Bei der HDP.
F.: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?
A.: Nein. Ich wollte kein Mitglied werden. Man bekommt Probleme wenn der Staat das erfährt.
F.: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses irgendwelche Probleme?
A.: Nein.
F.: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?
A.: Ja.
F.: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?
A.: Nein.
F.: Nahmen Sie in Ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil?
A.: Nein.
F: Sind Ihre bisher in der Erstbefragung geschilderten Fluchtgründe aufrecht?
A: Ja.
F.: Schildern Sie nochmals die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.
Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.
Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.
Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.
A.: In dem Dorf wo ich gelebt habe konnte ich nicht frei leben. Ich habe ein unwohles Gefühl gehabt weil ich dort lebe. Das soziale Umfeld hat einfach nicht gepasst. Als ich in Istanbul war wurde ich immer mit anderen Augen gesehen, weil ich Kurde bin. Das war durch Angehörige der AKP. Ich wurde immer als Terrorist gesehen. So konnte ich nicht leben. Das hat mich psychisch sehr mitgenommen.
F: Wie sahen Ihre politischen Tätigkeiten für die HDP aus?
A: Ich war auf Demos. Wir haben Flyer verteilt. Ich habe keine Schuld und mein Onkel hat 40 Jahre in Istanbul gelebt und war nur einmal im Dorf und wurde sofort festgenommen. Er war nicht für die HDP tätig und auch schon ziemlich alt. Er war 8 1/2 Monate in Haft. Wenn sie mich verhaften werde ich sicher 1 oder 2 Jahre in Haft sein. Ich weiß nicht wem ich in der Türkei vertrauen kann. Der Staatsanwalt der meinen Onkel in Haft genommen hat, wurde nach dem Putschversuch selber in Haft genommen. Bei dem Vorfall im Jahr 2007 haben sie mich als Terroristen abgestempelt und meine ganze Umgebung hat mich beschuldigt. Meine Mutter hat mich angerufen und davor gewarnt ins Dorf zu gehen. Es hat sich rum gesprochen und mein Name wurde erwähnt. Diese Personen sollten in Haft genommen werden. In der Nähre von unserem Dorf wurde ein junger Landwirt enthauptet und als Terrorist abgestempelt. So was sieht man nicht in den Medien.
F: Was ist Ihnen konkret in der Türkei passiert?
A: Ich bin dann aus dem Dorf geflüchtet. Ich war auch nie wieder dort. Ab 2007 war ich immer nur kurz in meinem Dorf.
F: Wurden Sie persönlich von der Polizei oder einer Behörde verfolgt oder bedroht?
A: Mein Nachbar in Istanbul wurde verhaftet, aber ich nicht. Er wurde inhaftiert und sie haben gesagt er ist ein Terrorist. Das wird mir auch passieren.
F: Ist Ihnen persönlich etwas passiert?
A: Als ich in XXXX war wurde ich beschimpft und ich sehe das als Drohung.
F: Welche Probleme hatten Sie aufgrund Ihrer Volksgruppe?
A: Ich werde als anderer Mensch gesehen und ich werde von der Bevölkerung abgestempelt. Man wird als Terrorist abgestempelt und mit der Zeit dann inhaftiert.
F: Haben Sie in Österreich schon einmal einen Asylantrag gestellt?
A: Das war 2011. Ich habe einen negativen Bescheid bekommen.
F: Sind Sie freiwillig ausgereist?
A: Ja ich bin im Juli 2013 freiwillig ausgereist.
F: Hatten Sie in den drei Jahren in der Türkei irgendwelche Probleme?
A: In den letzten 3 Jahren war nur das mit meinem Onkel und im Dorf wurde jemand getötet. Das Blut des getöteten wurde erst nach einem Jahr gefunden. Er war nicht Verwandt mit mir, aber aus dem gleichen kleinen Dorf. Das Dorf heißt XXXX in XXXX .
F: in der Türkei besteht grundsätzlich die Möglichkeit auch woanders zu leben. Warum haben sie von dieser Möglichkeit nicht Gebraucht gemacht?
A: Wenn ich in einem anderen Ort leben würde, hätte ich keine Verwandten und Bekannte. Wenn dann rauskommt, dass ich Anhänger der HDP bin bekomme ich wieder Probleme, egal wo ich bin. In Istanbul haben wir einen Wohnblock wo die ganze Familie lebt. Ich bin nicht aus finanziellen Gründen hier.
F: Wie sind Sie nach Ihrem negativen Bescheid in die Türkei zurück gereist?
A: Mit dem Flugzeug.
F: Hatten Sie nach Ihrer Ankunft Probleme am Flughafen?
A: Nein. Ich war 2 Stunden am Flughafen, weil ich keinen Reisepass hatte. Zu dieser Zeit gab es keine Probleme in der Türkei. Es herrschte Friede. Ich hatte in Österreich kein Einkommen und nehme auch keine Sozialhilfe in Anspruch. Ich bin nicht aus finanziellen Gründen hier. Ich lebe mit meiner Familie im selben Haushalt. Das Dorf wo ich aufgewachsen bin ist für mich der schönste Ort der Welt. Aber ich kann dort nicht leben.
F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.
A.: Ja.
F.: Möchten Sie von sich aus noch etwas zu Ihrem Fluchtgrund angeben?
A.: Nein.
F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn jetzt sie in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.
A.: Ein sehr schlechtes Leben. Ich würde mit hoher Wahrscheinlichkeit in mein Dorf zurückkehren. Wir haben dort noch Land. Ich möchte dort arbeiten. Ich weiß nicht was mich am Flughafen erwartet. Es herrscht Ausnahmezustand und ich weiß nicht wie lange ich inhaftiert werde. Ich kann mich dort auch nicht rechtfertigen vor Gericht, weil Ausnahmezustand herrscht.
F.: Haben Sie Verwandte in Österreich? Wenn ja, welche und wo wohnen diese? Wie
gestaltet sich der Kontakt zu diesen?
A: Meine Eltern, meinen kleinen Bruder und einen Onkel. Ich lebe mit meinen Eltern in XXXX . Mein Bruder und mein Onkel leben auch in XXXX .
F.: Haben Sie Deutschkurse besucht bzw. positive Prüfungen abgelegt?
A.: Den A1 Deutschkurs habe ich bei meiner ersten Asylantragstellung besucht.
F.: Was haben sie in Österreich bis jetzt so gemacht?
A.: Ich bin meistens zu Hause oder mit Freunden in einem Cafe. Ab und zu gehen ich mit meiner Familie Picknicken. Vereine besuche ich hier nicht.
F: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft hier in Österreich vor? Wie haben Sie vor Ihren Lebensunterhalt zu verdienen?
A: Es ist mir egal. Hauptsache ich bin finanziell abgesichert.
F.: Wie sieht Ihr soziales Umfeld in Österreich aus?
A.: Mit Freunden bin ich unterwegs. Am Wochenende machen wir Ausflüge.
F.: Sind Sie in einem Verein aktiv tätig? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?
A.: Nein.
F.: Gehen Sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?
A.: Nein.
F.: Sind Sie in Österreich mit dem Gesetz in Konflikt geraten?
A.: Nein.
..."
Dieser Antrag der bP wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.02.2018, Zl. XXXX , gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt II.) Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP in die Türkei gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.).
Gegen diesen Bescheid wurde durch die Vertretung der bP innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Es wurde die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, da die Länderfeststellungen unzureichend wären. Aus den Ländern des Bundesamtes gehe hervor, dass es insbesondere zu einer Verfolgung der Opposition komme und gekommen sei und auch viele HDP-Politiker festgenommen worden seien, dies mit dem Vorwurf, den Terrorismus zu unterstützen. Auch öffentliche Äußerungen im Ausland zur Unterstützung kurdischer Belange seien strafbar, wen sie als Anstiftung zu konkret separatistischen und terroristischen Aktionen in der Türkei oder als Unterstützung illegaler Organisationen nach dem türkischen Strafgesetzbuch gewertet werden könnten. Es könne auch die Teilnahme einer Demonstration in Österreich zu einer Verfolgung bei einer Rückkehr führen.
Folgende Berichte wurden vorgelegt:
• https://www heise.
de/to/features/Tuerkei-Berichte-von-Massenhinrichtung-des-
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Türkei: Berichte von Massenhinrichtung des türkischen Militärs in Nusaybin
05. Juni 2016 Elke Dangeleit
Tausende von Häusern seien zerstört worden, Augenzeugen berichten von einer Hinrichtung von 20 Personen
Nusaybin (kurd.: Nisebin) ist eine mehrheitlich von Kurden bewohnte Stadt direkt an der syrischen Grenze. In Rojava/Nord Syrien liegt direkt hinter der Grenze die Stadt Qamishlo. Zwischen Nusaybin und Qamishlo verläuft die Bagdadbahn. Mit der willkürlichen Grenzziehung durch das Ankara-Abkommen 1921 zwischen Frankreich und Türkei wurde die Stadt geteilt.
Nun ereigneten sich Nusaybin ähnliche Menschenrechtsverletzungen wie in Cizre, wo in Kellern, die von türkischen Militärs beschossen und in Brand gesetzt wurden, nahezu 100 Menschen bei lebendigem Leibe verbrannten. Dem kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, Civaka Azad, zufolge berichteten Augenzeugen den kurdischen Nachrichtenagenturen Diele (DlHA) und JINHA, dass am 31. Mai mehr als 20 Menschen in der Nähe zur Grenze von Qamishlo hingerichtet und ihre Leichname anschließend verbrannt worden sein sollen. Eine Karte zeigt die letzten Ereignisse in Nusaybin.
Am späten Abend gegen 22 Uhr sollen die 20 Zivilisten in die Nähe eines Friedhofs im Stadtteil "Yeni Mahalle" gebracht worden sein. Dort wurden sie in drei Gruppen aufgestellt und ermordet. Die Augenzeugen berichten, dass sie die Erschießung beobachten konnten, weil eines der Fahrzeuge seine Scheinwerfer angelassen habe. Eigentlich hätte die Erschießung im Dunklen erfolgen sollen, so die Mutmaßung eines Augenzeugen, denn einer der anwesenden Polizisten hätte den Fahrer des Fahrzeugs nach der Erschießung wegen der Beleuchtung der Szene beschimpft.
Nach der Erschießung sollen die Leichname aufeinandergestapelt und verbrannt worden seien. Der Tatort wurde bis zum Morgengrauen bewacht. Am frühen Morgen soll nach
Berichten ein Militärfahrzeug gekommen sein, um die letzten Beweise der Hinrichtung niederzubrennen.
Schon eine Woche vorher äußerte die Bürgermeisterin von Nusaybin, Sara Kaya, die Befürchtung, es könne zu einem Massaker kommen. Sie berichtete, dass zwar 42 Zivilisten, Frauen, Kinder und Verletzte, aus der Stadt geborgen werden konnten, es aber immer noch rund 50. OOO Zivilisten in der Stadt gäbe.
Nach wie vor ist es schwierig, überprüfbare Informationen aus den kurdischen Gebieten zu bekommen, weil die gleichgeschalteten türkischen Medien darüber nicht berichten. So ist man auf Augenzeugenberichte, Fotos und Videoaufnahmen von Amateuren vor Ort und von der anderen Seite der Grenze aus Qamishlo angewiesen. Auch der HDP-Abgeordnete Ali Atalan wurde telefonisch von Augenzeugen informiert, berichtet die Tageszeitung Özgür Gündem. Ali Atalan vermutet, dass derartige Gräueltaten auf das Konto der Spezialeinheiten JITEM gingen, die von der Regierung in die Region entsandt wurden.
Nach Civaka Azad hatte schon 1993 der damals in Mardin (kurd.: Merdin) leitende Kommandant Musa Qitil 13 Dorfbewohner außergerichtlich hinrichten lassen. Die Gerichte sprachen ihn danach frei. Heute ist Musa Qitil wieder für die türkische Gendarmarie in der Provinz Diyarbakir (kurd. Amed) im Einsatz. Es wird behauptet, dass mit seiner Entsendung die Hinweise auf erneute außergerichtliche Hinrichtungen gestiegen seien.
Der FDP-Politiker Tobias Huch veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite ein Video aus Nusaybin mit dem Hinweis, dass nun offensichtlich M58 MICLIC (Minenräumsprengketten mit C4-Sprengstoff) eingesetzt werden, um alle Häuser systematisch zu zerstören und die Stadt - schlimmer noch als in Cizre - dem Erdboden gleich zu machen. Nach Reuters hat das türkische Militär Kampfjets eingesetzt. Nach dem türkischen Militär seien 27 PKK-Kämpfer dabei getötet worden. Nach dem türkischen Militär, das die Antiterror-Operation am Freitag beendete, aber die Ausgangssperre fortsetzte, seien seit März 496 "Terroristen" getötet, 508 Barrikaden entfernt, 52 Gräben gefüllt und 1.258 Sprengsätze zerstört worden (Bilder aus der zerstörten Stadt).
Die Bürgermeisterin berichtete der Tageszeitung "Yeni Özgür Politika", dass bisher schätzungsweise 8.000 Gebäude zerstört wurden, darunter auch historische Bauten. Selbst in Stadtteilen, in denen es keine Gefechte gegeben habe, seien Gebäude angezündet und zerstört worden. Der älteste Bazar von Nusaybin, Kagakgilar Qargisi, sei abgebrannt und geplündert worden. Auch die Einkaufspassage Acatlar Pasaji sei geplündert worden. Weiter berichtet sie, dass die Versorgung der noch verbliebenen Bevölkerung sehr problematisch sei, da keine neuen Lebensmittel in die Stadt kämen und die Vorräte aufgebraucht seien. Menschen seien vor ihrer Haustür ermordet worden, Häuser über ihrem Kopf zerstört worden. Leichen lägen auf der Straße.
Nusaybin war früher eine der bedeutendsten christlichen Städte in der Region. Die antike Stadt Nisibis entstand um das 10 Jahrhundert vor Christus. Im Grenzbereich gibt es noch Ruinen bedeutender historischer Gebäude der Aramäer. Bekannt ist der Heilige Jakob von Nisibis, der dort um 338 n. Chr. Bischof war. Ein historisches Gebäude ist die Kirche des Jakob von Nisibis. Ob auch sie mit zerstört wurde, entzieht sich der Kenntnis der Autorin. Im März dieses Jahres verließ jedoch der letzte Küster der Jakobskirche mit seiner Familie Nusaybin. Er floh vor den Kämpfen. Das Schicksal der Kirche, die auf der Vorschlagliste für das Weltkulturerbe steht, ist ungewiss. Von 363 bis 489 war Nusaybin auch Sitz der berühmten christlichen Schule von Edessa. Für die aramäischen Christen hat Nusaybin von daher noch heute eine wichtige Bedeutung.
Zu befürchten ist, dass die ganze Stadt abgerissen wird, da sie direkt an der Grenze zu Qamishlo liegt. Zwar behauptet die türkische Regierung, sie würde die zerstörten Stadtteile
kurdischer Städte wieder "modern" aufbauen, aber das ist im Fall Nusaybin zu bezweifeln. Ein Wiederaufbau in Diyarbakir oder Cizre würde zudem einer Gentrifizierung gleichkommen, da sich die kurdische Bevölkerung, die bereits alles verloren hat, solche Häuser oder Wohnungen nicht leisten könnte. (Elke Dangeleit)
• http://www fr. de/politik/nusa ybin-im-suedosten-der-tuerkei-totenstille-in-einer-
verwuesteten-stadt-a-296891
Totenstille in einer verwüsteten Stadt
Nusaybin war einst ein prosperierender Ort im Südosten der Türkei. Jetzt sieht es dort fast so aus wie in Aleppo. Eine Reportage aus der Stadt im Kurdengebiet an der Grenze zu Syrien.
28.10.2016 10:29 Uhr
Durch den drei Meter hohen Maschendrahtzaun blickt Abdülkerim Can auf ein Trümmerfeld, zerstörte Häuser, soweit das Auge reicht. Der Wind wirbelt Müll und Staub auf. "Da hinten", sagt der alte Mann, "steht mein Haus. " Er deutet auf eine zweistöckige, altrosa gestrichene Ruine zwischen anderen Ruinen im Sperrgebiet. Er kann noch immer nicht fassen, was mit ihm und seiner Heimatstadt geschehen ist. Warum dieser einst prosperierende Ort der Türkei jetzt aussieht wie Aleppo in Syrien und wieso die Hälfte der Stadt nicht mehr betreten werden darf. Totenstill ist es hier mitten in Nusaybin, im Südosten der Türkei, direkt an der syrischen Grenze.
"Sieben Mal gab es Ausgangssperren, ununterbrochen wurde geschossen und aus der Luft bombardiert", sagt Abdülkerim Can mit zitternder Stimme. Er ist ein gesetzter Herr mit Glatze und grauem Schnurrbart, der mehr als zwei Jahrzehnte eine kleine Schneiderei in seinem Haus betrieben hat. Elf Kinder haben er und seine Frau dort groß gezogen. Aber nur eine Tasche hätten sie packen können, als sie geflohen sind. Hemd und Jackett, die er trägt, sind von seinem Bruder, in dessen Haus er jetzt mit seiner Frau, zwei Söhnen, deren Frauen und sechs Enkeln wohnt. "Immerhin, wir leben", sagt er.
Anders als in Aleppo hat der Kampf um Nusaybin keine weltweiten Schlagzeilen gemacht. Die 90.000-Einwohner-Stadt, in der fast ausschließlich Kurden leben, liegt in fruchtbarem, flachen Land, das sich auf der anderen Seite in Syrien ebenso flach fortsetzt. Die türkischen Befestigungen erinnern an DDR-Grenzanlagen: Stacheldraht, Minen, Wachtürme. Jetzt wird auch eine Mauer errichtet. Früher sei er oft nach drüben gegangen, aber seit Beginn des Bürgerkriegs im Nachbarland sei das nicht mehr möglich, erzählt Herr Can. Und jetzt sei der Bürgerkrieg ja auch in die Türkei zurückgekehrt.
Monatelang lieferten sich jugendliche kurdische Rebellen in den Städten des Grenzgebiets harte Gefechte mit den türkischen Sicherheitskräften. Die Zivilisten gerieten zwischen die Fronten. "Das Militär wusste genau, dass in unserem Haus nur Zivilisten und Kinder waren, aber es wurde mit Kugeln jedes Kalibers geschossen. Wer vor die Tür trat, war tot", berichtet Herr Can. "Während der Ausgangssperren gab es keinen Strom und kein Wasser, die letzten Tropfen haben wir schluckweise geteilt." Schließlich hätten er, seine Söhne, die Schwiegertöchter und sechs Enkelkinder in einer Feuerpause die Flucht ergriffen. "Später haben sie mit Panzern auf unser Haus geschossen, bis es unbewohnbar war. "
Trügerische Ruhe
Bis Ende Juli wurde in Nusaybin gekämpft, jetzt herrscht Ruhe, aber sie ist trügerisch. Jeden Tag sterben Menschen in Südostanatolien, wie damals in den furchtbaren 90er Jahren, als der Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK seinen Höhepunkt erreichte. Erst nachdem der PKK-Führer Abdullah Öcalan 1999 gefangen worden war und lebenslang ins Gefängnis kam, kehrte ein wenig Normalität ein.
Nusaybin war damals stark angewachsen, weil Menschen vom Land vor den Kämpfen in die Stadt flüchteten. Die unscheinbare Ortschaft profitierte vom Handel mit Syrien, wurde sogar zur Großgemeinde aufgewertet. Die Leute bauten sich solide, gute Häuser, konzentrierten sich auf ihr Leben und ihre Geschäfte. Für Abdülkerim Can verband sich der Frieden vor allem aber mit der Person des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und dessen islamisch-konservativer Regierungspartei AKP. "Zuerst haben wir ihn gemocht, den Erdogan", erzählt Can. "Er kam hierher und sagte, er werde das Kurdenproblem lösen, es solle kein Blut mehr fließen, die Kinder sollten nicht mehr weinen. Deshalb haben wir ihn gewählt. "
In der vernachlässigten Region wurde investiert: in neue Straßen, Fabriken, Wohnungen. Erdogan begann 2013 sogar einen Friedensdialog mit Abdullah Öcalan und der PKK- Führung. Ein Friedensabkommen schien möglich - nach 30 Jahren Kampf und 40.000 Toten. Zwei Jahre hielt die Waffenruhe, selbst Touristen kamen. 2014 schien der Frieden zum Greifen nahe. "Wir haben Erdogan geglaubt, dass er es ernst meinte. Aber dann hat sich die Atmosphäre total verändert", sagt Can.
Im benachbarten Syrien hatten die Kurden ein selbstverwaltetes Autonomiegebiet ausgerufen. Im September 2014 attackierten Kämpfer des Islamischen Staates (IS) die syrisch-kurdische Grenzstadt Kobane. Die Türkei ließ Panzer auffahren, griff aber nicht ein. Damals sagte Erdogan jenen Satz, der ihn die Sympathie von Abdülkerim Can und Millionen anderer Kurden kostete: "Kobane wird bald fallen." Das, sagt Herr Can, war der Wendepunkt. "Danach konnte ich Erdogan nicht mehr wählen, denn jetzt war klar, er stand auf der Seite des IS und nicht der Kurden. "
Bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 wählten die Kurden in der Türkei auch deshalb die prokurdischen Linkspartei HDP, die mit 13 Prozent der Wählerstimmen erstmals ins nationale Parlament kam, sodass die AKP ihre absolute Mehrheit verlor. Dieses Wahlergebnis hatte Folgen.
Präsident Erdogan hielt den Kurden und der HDP vor, dass sie ihm sein Entgegenkommen nicht gedankt hätten und beendete den Friedensprozess. Andererseits präsentierten mehrere kurdische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Überschwang des Wahlerfolgs und der US-unterstützten Erfolge der syrischen Kurden damals "Autonomieerklärungen", in denen sie ihre Gemeinden für unabhängig erklärten. Als die Polizei daraufhin kurdische Aktivisten verhaftete, begannen jugendliche PKK- Anhänger, in einem Dutzend Städten Gräben auszuheben und Barrikaden zu errichten; die politischen Führer der Kurden hinderten sie nicht daran. Nachdem die Sicherheitskräfte sie attackierten, schossen sie zurück. Ein blutiger Straßenkampf begann.
Ganze Stadtviertel sind zerstört
Kurz nach der Wiederholung der Parlamentswahl im November, in der die AKP die absolute Mehrheit zurückgewann, befahl Erdogan der Armee, die Aufstände niederzuschlagen. Die Regierung verhängte monatelange Ausgangssperren, ließ Artillerie, Hubschrauber und sogar Kampfjets anrücken und kurdische Wohnviertel in Grund und Boden bombardieren. Tausende PKK-Kämpfer wurden getötet, aber auch hunderte Soldaten der türkischen Armee. Allein in Nusaybin fanden 350 Menschen den Tod, ihre Leichen seien verschwunden, sagt Abdülkerim Can. Ganze Stadtviertel sind zerstört, der volkswirtschaftliche Schaden ist gigantisch. Eine halbe Million Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen.
Geht Abdülkerim Can vom Trümmerfeld zum Stadtzentrum, dann wirkt trotz des verhängten Ausnahmezustandes auf den ersten Blick alles ganz normal: Geschäfte sind geöffnet, Männer sitzen in Teestuben, auf der Hauptstraße herrscht dichter Verkehr. Doch überall patrouillieren gepanzerte Fahrzeuge der hochgerüsteten Antiterrorpolizei. Rathaus und Gericht sind weiträumig abgesperrt, jede Polizeistation ist mit Betonbarrieren und Wachtürmen gesichert wie eine Festung. Auch wer sich nur kurz in Nusaybin aufhält, spürt die nervöse Spannung und die Angst vor den Sicherheitskräften, die inzwischen jeden Kurden als potentiellen Terroristen betrachten.
Die fatale Entscheidung der PKK, den Kampf in die Städte zu tragen, hat den Kurden nichts gebracht außer Gewalt und Tod. Doch bestätigen diverse Quellen, dass die Guerilla derzeit Zulauf von jungen Leuten habe wie noch nie. "Die Bevölkerung wurde angegriffen, sie mussten sich verteidigen", ist eine Meinung, die man oft hört. Wer die Dinge anders sieht, äußert sich sehr vorsichtig. "Wenn ich ehrlich antworte, wird mir weder die AKP noch die PKK erlauben, hier weiter zu existieren", sagt ein Geschäftsmann. "Natürlich wäre es besser gewesen, es hätte keinen Krieg gegeben. "
Wie jeden Tag besucht Abdülkerim Can im Stadtzentrum das Büro der linken Kurdenpartei, die hier SDP heißt, um zu erfahren, ob es endlich Klarheit über Rückgabe oder Entschädigung der Hauseigentümer gibt. Wie Tausende andere Kurden in Nusaybin hat er alle geforderten Papiere beim Amt des Gouverneurs abgegeben. "Niemand weiß, was mit den Gebieten geschehen soll", sagt Sara Kaya, die gewählte Bürgermeisterin. In ihrem schmucklosen Büro hängt ein Porträt Abdullah Öcalans, den auch die legale Partei als ihren geistigen Anführer betrachtet. Die Wände sind mit Löchern übersät. "Die Polizei ist nachts gekommen und hat mehr als tausend Schüsse abgefeuert", sagt Sara Kaya, "zum Glück war niemand in den Räumen."
Sie berichtet von willkürlichen Festnahmen ohne Gerichtsbeschluss, von Drohungen und Einschüchterung - und von der Entmachtung der gewählten Stadtverordneten durch die Regierung in Ankara.
"Ins Rathaus lässt man uns gar nicht mehr hinein", sagt Sara Kaya. Das Stadtparlament werde nicht mehr einberufen. "Das ist absurd. Entweder müssen sie in der Türkei Wahlen abschaffen oder das Ergebnis akzeptieren, auch wenn es ihnen nicht passt." Mehr als 90 Prozent der Stimmen holte ihre Partei in Nusaybin. Gleichwohl wurde Kaya bereits vor einem Jahr von der Regierung abgesetzt und verhaftet, weil sie die "Selbstverwaltung" der Stadt ausgerufen hatte und damit "Terrorpropaganda betrieben" habe. Drei Monate war die 44- jährige Mutter von vier Kindern inhaftiert, wurde zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Derzeit läuft die Berufung.
Zahlreiche Verhaftungen im Kurdengebiet
Mindestens 26 gewählte HDP-Bürgermeister im Kurdengebiet hat Erdogan seit September wegen mutmaßlicher Unterstützung der PKK entlassen und durch staatliche Zwangsverwalter ersetzen lassen. Dutzende von HDP- und DBP-Mitgliedern wurden verhaftet; zuletzt wurden sogar die Oberbürgermeister der Millionenmetropole Diyarbakir festgenommen. Die Regierung wirft der Partei vor, militante Kurden zu unterstützen.
Zwar wurden auch in vier anderen, nicht überwiegend kurdischen Städten gewählte Bürgermeister durch staatliche Verwalter ersetzt. Der Unterschied ist nur, dass dort gewählte Stadträte zum Verwalter bestellt wurden.
"Niemand kümmert sich um die 50.000 Menschen, die ihre Häuser verloren haben und jetzt im Elend leben", sagt Sara Kaya. "Auch völlig intakte Häuser werden abgerissen. Man will sie vertreiben, wie in den 90er Jahren. " Damals wurden Tausende Dörfer im Kurdengebiet zerstört, Hunderttausende Menschen zogen in die Westtürkei. "Aber diesmal ist es anders", sagt Sara Kaya. "Fast alle Leute sind noch hier oder in der Umgebung, obwohl man ihnen sagt, geht wohin ihr wollt, wir bezahlen euch auch die Miete. " Das gilt für Nusaybin wie für die fast völlig entleerte 10O.OOO-Einwohner-Stadt Sirnak, wo Tausende auf freiem Feld in Sichtweite der Ruinen kampieren, bis sie vergangene Woche auch von dort vertrieben wurden.
• Massiver Druck auf Kurden
• Klima der Angst in der Türkei
Sara Kaya glaubt, dass die Regierung der HDP die Schuld für die Zerstörungen zuschieben und sie damit von der Bevölkerung entfremden wolle. "Aber die Menschen wissen, wer das angerichtet hat. Sie wissen auch, wer sich jetzt um sie kümmert. " Sie glaubt daher nicht, dass die Strategie der AKP aufgeht. "Würden morgen Wahlen sein, würde das Ergebnis wieder ganz ähnlich ausfallen." Auch Herr Can würde wieder für die HDP stimmen. "Weil sie für den Frieden ist", sagt er.
Es bestehe die Gefahr, dass sich im Kurdengebiet eine Gesellschaft herausbilde, die in ständiger Gegnerschaft mit dem Staat stehe, warnt Murad Akincilar, Koordinator der unabhängigen Denkfabrik "Institut für politische und soziale Forschung" (DISA) in der nahen Metropole Diyarbakir. "Die Unterstützung für einen unabhängigen kurdischen Staat und eine moralische Wende war noch nie so hoch wie jetzt. " Nach dem gescheiterten Putsch habe sich ein historisches Fenster zur erneuten Versöhnung geöffnet, doch die Regierung habe stattdessen ihre "Ausmerzungsaktionen" auch auf die Kurden ausgeweitet, die HDP völlig vom politischen Prozess ausgeschlossen und praktisch alle oppositionellen Zeitungen, Radio- und Fernsehsender geschlossen, die den Kurden eine Stimme gaben. "Eine große Chance wurde vertan", sagt der 55-jährige Wissenschaftler.
In Nusaybin hat der staatliche Verwalter kürzlich eine neue Parkanlage eingeweiht. Ein Mitarbeiter von Sara Kaya zeigt Bilder der Zeremonie auf seinem Handy. Man sieht, dass nur Offizielle aus Ankara und Polizisten da sind. "Kein Mensch aus der Bevölkerung ist gekommen. Die AKP war unter sich", sagt die abgesetzte Bürgermeisterin Kaya. Den Zwangsverwalter kann man zu all dem nicht befragen. Den Weg zum Rathaus sperren Polizisten ab, die niemanden durchlassen.
500 Meter entfernt räumen Bagger die Trümmer eines anderen Wohnviertels ab. Einsam ragt das Minarett einer Moschee noch aus der riesigen Schutthalde. Staub steigt auf, wenn wieder ein Haus in sich zusammenbricht. Abdülkerim Can sagt, die Verwüstungen würde kein Kurde in Nusaybin jemals vergessen. "Die Massaker und die Zerstörungen hat unser eigener Staatspräsident angeordnet. Jetzt versucht der Staat, alle unsere Politiker einzusperren. Was glauben die denn, was das bei uns auslöst?"
• Schweizer Flüchtlingshilfe: Türkei: Gefährdungsprofile, Update, 19.5.2017 (hier auszugsweise):
Personen aus allen sozialen Schichten betroffen, fragwürdige Beweise für mutmassliche Verbindung zur Gülen -Bewegung.
Nach Angaben verschiedener Quellen können Personen aus allen gesellschaftlichen und sozialen Schichten angeklagt werden und müssen keinerlei Bezug zum Putschversuch vom Sommer 2016 aufweisen.
Quellen berichten, dass neben Personen aus Richter -und Staatsanwaltschaft, Militär- und Polizeiangehörigen, akademischem Personal oder Lehrpersonal beispielsweise auch Reinigungsfachleute oder ungelernte Arbeiter wegen angeblicher Beteiligung am Putschversuch entlassen oder inhaftiert wurden.
Der Commissioner for Human Rights des Europarats betont nach seinem Besuch in der Türkei im September 2016, dass die türkischen Behörden bei der Kriminalisierung der Mitgliedschaft und der Unterstützung der Gülen - Bewegung unterscheiden müssten, welche Personen tatsächlich in illegale Aktivitäten involviert waren und welche bloss Sympathisierende, Unterstützende oder Mitglieder einer legal gegründeten Organisation oder Vereinigung sind.
Inhaftierungen erfolgten laut US Department of State in vielen Fällen aufgrund von unklaren Anklagen und Beweisen.
Personen können ohne weitere Beweise aufgrund blosser Anschuldigungen und Denunziationen durch dritte Personen in den Fokus der Behörden geraten.
Radio Free Europe/Radio Liberty berichtete im August 2016, dass Personen, die verdächtigt werden, in der Vergangenheit positiv über Gülen gesprochen zu haben, verhaftet oder suspendiert werden können. Auch befreundete Personen von mutmasslichen Gülen- Anhängern seien verhaftet worden.
Verhaftungen und Entlassungen beruhen zudem auf Geständnissen von Inhaftierten oder da-rauf, dass die Betroffenen die von der Gülen-Bewegung genutzte Mobiltelefon - Applikation ByLock genutzt hatten.
Schliesslich geben Quellen an, dass Personen, welche ihre Kinder in Schulen der Gülen - Bewegung schickten, ein Bankkonto oder einen Kredit bei der mit der Gülen-Bewegung in Verbindung gebrachten Asya Bank hatten, bestimmte Zeitungen lasen oder kritische Beiträge in sozialen Medien verfassten, ebenfalls mit Entlassung oder Verhaftung konfrontiert sein können.
Personen, die sich öffentlich oder in sozialen Medien regierungskritisch äussern.
Regierungskritische Personen können gefährdet sein.
Personen, die regierungskritische Meinungen insbesondere zu kurdischen Themen äussern, können Gewaltandrohungen, Strafverfolgung und Untersuchungshaft ausgesetzt sein.
Personen die Beiträge in sozialen Medien verfassen, die regierungskritisch sind oder
als Beleidigung des Staates, des Staatsoberhaupts oder Regierungsmitarbeitender taxiert werden, riskieren, verhaftet, angeklagt und zu einer hohen Haftstrafe verurteilt zu werden.
Massives Vorgehen gegen kurdische Regierungskritikerinnen und -kritiker im Südosten.
Im Südosten wird laut Amnesty International massiv gegen oppositionelle kurdische Personen vorgegangen. Darunter befänden sich unter anderem Personen aus Medien, NGOs, sowie politische Repräsentantinnen und Repräsentanten.
Kurdische Politikerinnen und Politiker, insbesondere der Parteien HDP und DBP, Unterstützende und Mitglieder der HDP und DBP.
Personen, die den Parteien HDP und DBP nahestehen, laufen in Gefahr, verhaftet zu werden.
Seit dem Putschversuch vom Juli 2016 haben die Intensität der Repression und die Zahl der Verhaftungen gegen diese Personengruppe weiter zugenommen.
Betroffen davon können neben Parteioffiziellen und Politikern unter anderem auch Personen sein, die eine Mitgliedschaft in der Partei haben oder in unterstützender Weise tätig sind.
Laut US Department of State setzen türkische Staatsanwaltschaften eine breite Definition von Terrorismus und Bedrohungen der nationalen Sicherheit ein, um Strafverfahren gegen hunderte prokurdische Politikerinnen und Politiker, Parteioffizielle und Unterstützende zu führen.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass viele der Verhafteten keine Verbindungen zum Terrorismus hätten und diese nur verhaftet wurden, um die prokurdischen Haiklarin Demokratik Partisi (HDP) und deren kommunale Schwester - Partei Demokratik Bolgeler Partisi (DBP) zu schwächen und kritische Stimmen zu unterdrücken.
Die International Crisis Group berichtete am 2. Mai 2017, dass nach Angaben der Partei HDP seit Juli 2015 mehr als 10'000 (davon rund 6'400 seit Juli 2016) Politikerinnen und Politiker, Parteimitglieder und Unterstützende der HDP verhaftet wurden. Beinahe 3000 (seit Juli 2016 1570) der Betroffenen befinden sich in Untersuchungshaft.
Exilpolitisch regierungskritisch aktive Personen Verhaftungen bei Rückkehr.
Türkische diplomatische Vertretungen leiten Informationen über sich im Ausland befindende regierungskritische türkische Staatsangehörige an die türkischen Behörden weiter.
Verschiedene Medien berichteten, dass in den letzten Monaten aus der Schweiz rückkehrende türkische Staatsangehörige teilweise kurdischer Ethnie die Einreise verwehrt wurde oder sie bei der Einreise oder während ihres Aufenthalts vor Ort verhaftet wurden. Die Personen sollen laut Medienberichten entweder regierungskritisch oder exilpolitisch aktiv gewesen sein.
• Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche vom 7.7.2017 (Auszug):
https://www.fluechtlinqshilfe.ch/assets/herkunftslaender/europa/tuerkei/170707-tur-pkk-
opposition-rueckkehr-anonvm.pdf
Überwachung von Kommunikation und sozialen Medien.
E-Mail -und Telefonkommunikation sowie Einträge in sozialen Medien werden laut derselben Quelle (SFH, Aktuelle Situation, Mai 2017) überwacht.
Beiträge in sozialen Medien wie Twitter oder Facebook führen immer häufiger zu Verhaftung, Strafverfolgung oder Entlassung aus Stellen im öffentlichen Sektor
Oppositionspolitisches Engagement kann zu Gefährdung führen.
• Schweizerische Flüchtlingshilfe, Türkei: Aktuelle Situation, Update, 19.5.2017:
https://www.fluechtlinqshilfe.ch/assets/herkunftslaender/europa/tuerkei/170519-tur-
update.pdf
Sicherheitslage
Eskalation Kurdenkonflikt und hohe Zahl von Opfern.
Wie im SFH -Themenpapier vom 25. August 2016 erwähnt, ist der Konflikt zwischen türkischen Sicherheitskräften und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seit Mitte 2015 eskaliert.
Insbesondere zwischen Januar und Mai 2016 fanden massive Sicherheitsoperationen in urbanen Gebieten im Südosten statt.
Im Winter 2016/2017 haben sich die Kampfhandlungen zwischen der PKK und den türkischen Sicherheitskräften in die Berggebiete verlagert.
Die International Crisis Group (ICG) erwartet nach einer zeitweisen, durch die Wintermonate bedingten Reduktion der Kampfhandlungen eine weitere Verschärfung des Konflikts.
ICG dokumentiert in einer interaktiven Statistik am.
Mai 2017 insgesamt 2798 bestätigte Todesfälle bei Zusammenstössen zwischen PKK und den türkischen Sicherheitskräften seit dem 20. Juli 2015 -darunter rund 400 Zivilisten.
Andere Quellen geben weit höhere Zahlen an.
Starke Zunahme von Anschlägen und Angriffen durch PKK und die Organisation "Islamischer Staat".
Amnesty International berichtet im Februar 2017, dass im Jahr 2016 eine starke Zunahme gezielter Anschläge gegen zivile Personen durch den sogenannten "Islamischen Staat"(IS)
, die PKK und weitere Gruppierungen zu verzeichnen war.
Insbesondere die PKK und PKK -Splittergruppierungen übernahmen für eine Vielzahl von Anschlägen die Verantwortung.
Menschenrechtslage
Gravierende Verschlechterung der Menschenrechtslage.
Verschiedene Beobachter konstatieren eine gravierende Verschlechterung der Menschenrechtslage.
Die türkische Regierung hat im Rahmen des Ausnahmezustands verschiedene Artikel der europäischen Menschenrechtskonvention und des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte temporär ausgesetzt, darunter auch die Artikel zur menschlichen Behandlung von Inhaftierten (Artikel 10), faire Gerichtsverfahren (Artikel 14) und dem Recht auf eine wirksame Beschwerde(Artikel 2,3).
Prekäre Situation im Südosten, aussergesetzliche Tötungen Prekäre Menschenrechtssituation im Südosten
Während des aktuellen Ausnahmezustands hat sich laut Amnesty International die Menschenrechtssituation im Südosten weiter verschlechtert und die Zonen der Ausgangssperren sind von Menschenrechtsverletzungen und von Straflosigkeit der Täter gekennzeichnet
Der Commissioner for Human Rights des Europarats und der UNO -Hochkommissar für Menschenrechte halten fest, dass es alarmierende und glaubhafte Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte im Südosten gibt Dazu gehörten willkürliche Festnahmen, Folter, Misshandlungen sowie die Verhinderung medizinischer Nothilfe für Verwundete.
Im Februar 2017 berichtete beispielsweise der türkische Menschenrechtsverein Insan Haklari Dernegi (IHD) von aktuellen schweren Rechtsverstössen der Sicherheitskräfte
Auch soll es weiterhin regelmässig zu Verhaftungen von Zivilistinnen und Zivilisten im Südosten kommen. Praktisch alle Leute, deren Häuser zerstört wurden, würden laut einer Kontaktperson von den Sicherheitskräften als potentielle "Terroristen" registriert.
Diskriminierung kurdischer Personen. Menschen kurdischer Ethnie werden in den nicht - kurdisch dominierten Gebieten der Türkei beimZugang zu Arbeit und Wohnraum häufig diskriminiert.
Mit der laufenden Eskalation des Konflikts im Südosten und nach Anschlägen durch die PKK oder ähnliche Gruppierungen verstärke sich dies immer weiter.
Das aktuelle politische Klima werde auch dazu missbraucht, Menschen kurdischer Ethnie zu beschuldigen, die PKK zu unterstützen, um gegen sie polizeilich zu ermitteln und sie damit wirtschaftlich und sozial zu schädigen.
• https://www.amnestv.de/iahresbericht/2017/tuerkei
Amnesty Report Türkei 19. Februar 2017
Weiter wurde vorgebracht, dass die willkürlichen Verhaftungen im Dorf und die Verhaftung des Onkels zu würdigen gewesen wären. Ebenso das Engagement für die HDP. Die bP sei strafgesetzlich unbescholten. Sie lebe von der finanziellen Unterstützung ihrer Familie und beziehe keine Grundversorgung. Sie engagiere sich bei einem kurdischen Verein und habe an einer Demonstration gegen die Inhaftierung von Selahattin Demirtas teilgenommen. Sie habe Kontakt zu ihrem Bruder und habe Freunde in Österreich. Sie hätte in ihrer Heimat keine Existenzgrundlage mehr. Es wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Es wurde der Antrag gestellt der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Türkei:
Das BFA legte seiner Entscheidung umfassende Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in der Türkei bzw. zur Situation der bP im Falle einer Rückkehr in die Türkei zugrunde, denen die bP nicht substantiiert entgegengetreten ist. Erst in der Beschwerde wurden zusätzliche Quellen zitiert. Die Quellen des BFA liegen auch dem BVwG vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beobachtung der aktuellen Quellenlage zur Lage im Herkunftsstaat ergibt. Angesichts der erst kürzlich ergangenen Entscheidung des BFA weisen die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.
Von der bP wurde zwar eine Änderung der allgemeinen Lage behauptet, jedoch nicht dargelegt, inwiefern sie selbst konkret davon betroffen wäre.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA zum vorangegangenen und zum gegenständlichen Verfahren.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I.
Zur Abweisung gem. § 68 Abs. 1 AVG
3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 68 Abs. 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A).
Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).
Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).
Da sich der Antrag auf internationalen Schutz nicht nur auf den Status eines Asylberechtigten, sondern "hilfsweise" bei Nichtzuerkennung dieses Status auch auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind bei Folgeanträgen nach dem AsylG 2005 auch Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft - der also für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen keine Asyl- oder Refoulementrelevanz zukäme, sodass eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages von vornherein ausgeschlossen erscheint -, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391; 19.2.2009, 2008/01/0344).
Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse vom 10.06.1998, 96/20/0266, und vom 15. Oktober 1999, 96/21/0097).
3.2. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).
Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, stellt den maßgeblichen Vergleichsbescheid das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.03.2013 dar, womit die Beschwerde gegen die Abweisung des ersten Antrages auf internationalen Schutz in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis wurde am 02.04.2013 rechtswirksam zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Der Asylgerichtshof bestätigte darin im Wesentlichen, dass es die bP nicht vermochte, eine Verfolgung iSd GFK glaubhaft zu machen und das gesamte Vorbringen nicht asylrelevant war. Der AsylGH ging davon aus, dass im Vorbringen der bP kein GFK relevanter Anknüpfungspunkt zu sehen war und sich auch aus der allgemeinen Lage in der Türkei kein Grund für die Zuerkennung von internationalem Schutz ergab.
Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asyl- oder Refoulementrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages - allenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen (vgl. VwGH 4.11.2004 sowie u.a. die Erkenntnisse vom 25.10.2005, 2005/20/0372, vom 22.12.2005, 2005/20/0556 sowie 2005/20/0300; 19.2.2009, 2008/01/0344).
Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes liegt nicht vor, wenn die ursprüngliche Entscheidung davon ausging, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei und mit dem neuerlichen Antrag unter Vorlage entsprechender Beweismittel darzutun versucht wird, dass die Angaben sehr wohl wahr seien (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).
Das BFA legte im gegenständlichen Verfahren nachvollziehbar dar, dass die bP aufgrund der behaupteten Gefährdung wegen der kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Nähe zur PKK wie schon bereits in ihrem ersten Verfahren einen konkreten Bezug zu ihrer Person nicht herstellen konnte. Wie bereits im Erstverfahren stellte die bP in den Raum, dass sie Angst hätte verhaftet zu werden, weil sie Kurde sei. Ein konkreter Bezug zur Festnahme ihres Onkels oder von Dorfbewohnern wurde selbst durch die bP nicht dargelegt und fußt die Befürchtung festgenommen zu werden nur auf hypothetischen Annahmen der bP. Sie legte dazu nämlich selbst dar, dass sie weder vorbestraft noch inhaftiert war. Sie hatte auch keine Probleme mit den Behörden und wird nicht nach ihr gefahndet und liegt weder eine Anzeige noch ein Haftbefehl gegen sie vor. Zu einer etwaigen Tätigkeit für die HDP (sie war bei Meetings und Demonstrationen) legte die bP dar, dass sie kein Parteimitglied war. Sie wollte dies auch gar nicht, da man da Probleme bekommen könnte. Eigene diesbezügliche Probleme legte sie nicht dar und nahm sie auch nie an Auseinandersetzungen teil. Diese Angaben im Verfahren stellen somit keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes dar und deckt sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren, weshalb das BFA somit richtigerweise folgerte, dass sich die bP dem Grunde nach auf dieselben Fluchtgründe wie bei ihrer ersten Asylantragstellung beschränkte. Dem BFA wird zugestimmt, dass auch aus den vorliegenden Länderberichten nicht abgeleitet werden kann, dass die bP bei einer Rückkehr jedenfalls verhaftet würde. Auch aufgrund der derzeitigen allgemeinen Lage nach dem Putschversuch in der Türkei ist keine Gefährdung gerade der bP ersichtlich. Dem BFA wird zugestimmt, dass sich der Sachverhalt in Bezug auf die konkret die bP betreffenden Gründe nicht geändert hat und sich das Vorbringen der bP weiterhin auf dieselben Umstände stützt, welche bereits Inhalt des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens waren. Es ist somit weiterhin davon auszugehen ist, dass Kurden allgemein in der Türkei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen. Eine darüber hinausgehende, gegen die bP selbst gerichtete substantiierte Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit hat die bP, wie auch bereits im ersten Verfahren, nicht glaubhaft dargelegt.
Im Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse in der Türkei, insbesondere den Putschversuch und des in Zusammenhang damit verhängten und mehrfach verlängerten Ausnahmezustandes bzw. der politischen Entwicklungen ist nicht erkennbar, in welcher Form und aus welchen Gründen diese Ereignisse konkrete Auswirkungen auf die bP haben sollten, was auch aus ihrem Vorbringen nicht ersichtlich war. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass sich die allgemein Lage in der Türkei aufgrund dieser Ereignisse dergestalt verändert hätte, dass jeder Rückkehrer allein aufgrund seiner Anwesenheit im Land einer substantiellen Gefahr ausgesetzt wäre. In diesem Sinne konnte auch die bP keinen individuellen Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen in der Türkei herstellen. Dass im Übrigen Angehörige bzw. Verwandte der bP offenbar ohne wesentliche Probleme in der Türkei leben, steht der Annahme einer möglichen Verfolgung der bP aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe entgegen, wie auch bereits vom BFA ausgeführt wurde.
Auch in Bezug auf die in der Beschwerde eingebrachten Länderberichte ist festzustellen, dass mit diesen eben nicht dargetan wird, inwieweit sich damit eine asylrelevante Bedrohung ganz konkret die bP betreffend ergeben sollte. Diese Berichte werden nur ganz allgemein in den Raum gestellt, ohne einen konkreten Bezug zur bP herzustellen, weshalb sich daraus insbesondere vor dem Hintergrund der individuell getroffenen Feststellungen die bP betreffend keine andere Beurteilung ergeben kann. Auch ist festzustellen, dass diese Berichte teils nicht die Aktualität aufwiesen, wie die Berichte des BFA.
Zu den Beschwerdeangaben, dass entsprechend der Länderberichte des BFA viele HDP-Politiker mit dem Vorwurf den Terrorismus zu unterstützen festgenommen wurden, ist festzustellen, dass sich daraus auch keine andere Beurteilung zugunsten der bP ergeben kann, da derartiges auf sie nicht zutrifft.
Die bP legte vor dem BFA dar, dass sie in keinem Verein aktiv tätig ist. Wenn nun erstmals in der Beschwerde abweichend von den Angaben im Verfahren vor dem BFA behauptet wird, dass die bP sich bei einem kurdischen Verein in XXXX engagiert und an einer Demonstration gegen die Inhaftierung von Selahattin Demirtas teilgenommen hat, ist darauf hinzuweisen, dass bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages es lediglich darauf anzukommen hat, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A). Deshalb hat diese Beschwerdeangabe gegenständlich unberücksichtigt zu bleiben.
Zusammengefasst ist es den bP daher nicht gelungen, hinreichend substantiiert darzulegen, dass es seit dem Abschluss des ersten Verfahrensganges zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung der Lage im Hinblick auf eine individuelle Gefährdung gekommen wäre.
Im Ergebnis wird daher mit dem gegenständlichen Antrag die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs. 1 AVG verhindert werden soll (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).
Im Ergebnis hat das BFA daher den neuerlichen Antrag der bP auf internationalen Schutz zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides war daher abzuweisen.
Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen / Rückkehrentscheidung
3.3. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG stellt auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung dar. Dass in § 52 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005 nicht auch - wie in § 61 Abs. 1 Z 1 FrPolG 2005 - Entscheidungen nach § 68 Abs. 1 AVG ausdrücklich genannt sind, steht dieser Sichtweise nicht entgegen (VwGH 19.11.2015, RA 2015/20/0082).
3.3.1. Gegenständlich wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
3.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
3.3.3. Ein Sachverhalt, wonach der bP gem. § 57 Abs. 1 Z. 1-3 AsylG eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen wäre, liegt hier nicht vor, weshalb eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vom Bundesamt zu recht nicht zu erteilen war.
Es erfolgte daher zu Recht die Feststellung zu Spruchpunkt II. des Bescheides.
3.4. Die bP ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger. Es kommt ihr auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Ein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 liegt hier nicht vor. Daher ist gegenständlich gem. § 52 Abs. 2 FPG grds. die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zu prüfen.
3.4.1. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:
Privatleben
Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).
Familienleben
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00); etwa bei Zutreffen anderer Faktoren aus denen sich ergibt, dass eine Beziehung genügend Konstanz aufweist, um de facto familiäre Bindungen zu erzeugen: zB Natur und Dauer der Beziehung der Eltern und insbesondere, ob sie geplant haben ein gemeinsames Kind zu haben; ob der Vater das Kind als eigenes anerkannt hat; ob Unterhaltszahlungen für die Pflege und Erziehung des Kindes geleistet wurden; und die Intensität und Regelmäßigkeit des Umgans (EGMR v. 8.1.2009, Zl 10606/07, Fall Grant gg. Vereinigtes Königreich).
Kinder werden erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).
Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).
Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).
Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).
Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
3.4.2. In Österreich leben die Eltern, ein Bruder und ein Onkel der bP. Die bP lebt bei ihren Eltern in XXXX . Diese unterstützen sie finanziell. Es ist somit bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen von einem schützenswerten Familienleben auszugehen, da lediglich die bP von diesen Maßnahmen betroffen ist.
In Bezug auf ein schützenswertes Privatlebens der bP in Österreich ist auszuführen, dass sie einen Deutsch A1-Kurs besuchte und mit Freunden in Cafés geht.
3.4.3. Da somit in einem gewissem Umfang vom Vorliegen eines Privat- und Familienlebens der bP in Österreich auszugehen ist und die Rückkehrentscheidung damit einen Eingriff in das Recht der bP auf Privat- und Familienleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK legitime Ziele, nämlich
- die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene
Rechtsordnung zu subsumieren ist;
- das wirtschaftliche Wohl des Landes;
Öffentliche Ordnung / Verhinderung von strafbaren Handlungen (insb. im Bereich des Aufenthaltsrechtes)
Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Rückkehrentscheidung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.). Die öffentliche Ordnung, hier va. das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird zB. schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Rückkehrentscheidung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, 95/21/1256). Dies insbesondere auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz grds. gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007). Der VwGH hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Rückkehrentscheidung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Aus Art 8 EMRK ist zudem kein Recht auf Wahl des Familienwohnsitzes ableitbar (VfGH 13.10.2007, B1462/06 mwN).
Die rechtswidrige Einreise und der rechtswidrige Aufenthalt im Bundesgebiet stellen eine Verwaltungsübertretung dar. Im darin enthaltenen Strafrahmen des FPG lässt der Gesetzgeber das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung bzw. Bekämpfung des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet erkennen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellt daher ein Instrument zur Verhinderung eines derartigen unter Strafe gestellten Verhaltens bzw. Unterlassens dar. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass die Mehrzahl der Fremden nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens der durch die Rückkehrentscheidung bestehenden auferlegten Ausreiseverpflichtung nicht (freiwillig) nachkommt. Nur für den Fall der Erlassung eines den Aufenthalt des Fremden beendenden Titels besteht (unbeschadet der sonstigen Zuständigkeit der Sicherheitsbehörde für Aufenthaltsbeendigungen von Fremden) für diesen Fremden nach Abschluss seines Asylverfahrens die gesetzliche Verpflichtung Österreich zu verlassen und können Organe des öffentlichen Sicherheitsdienste nur diesfalls im Falle der Weigerung im Auftrage der Sicherheitsbehörde diese im öffentlichen Interesse notwendige Aufenthaltsbeendigung auch mit behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchführen.
Wirtschaftliches Wohl
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes (vgl zB EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den geordneten Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem erhebliche Auswirkung hat.
Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere bei nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden, welche daher auch grds. über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, idR die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes in die gesellschaftlich unerwünschte, aber doch real vorhandene Schattenwirtschaft ausweichen, was wiederum erhebliche Folgewirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN). Ebenso stellt die Zuwanderung nicht erwerbsfähiger oder erwerbsunwilliger Fremder eine Belastung für das Sozialsystem dar.
Wenn das Privatleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, ist dies bei der Abwägung gegebenenfalls als die persönlichen Interessen mindernd in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562, Fall Nnyanzi gg. Vereinigtes Königreich, Fall Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen).
Privatleben iSd Art 8 Abs 1 EMRK kann grundsätzlich nur im Rahmen eines legalen Aufenthaltes entstehen. Eine während des laufenden Asylverfahrens bloß vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist nicht geeignet berechtigterweise schon die Erwartung hervorzurufen, in Österreich bleiben zu dürfen (EGMR in den Sachen Ghiban v. 7.10.04, 33743/03 und Dragan NVwZ 2005, 1043, Nnyanzi gg. Norwegen).
Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).
Verfügt die beschwerdeführende Partei über einen gesicherten Aufenthalt und ist sie nicht straffällig geworden, so bewirken diese Umstände keine relevante Verstärkung ihrer persönlichen Interessen (Hinweis E 24. Juli 2002, 2002/18/0112; 31.10.2002, 2002/18/0190).
Das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration ist weiters dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten (insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes [vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169]), relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers wesentlich [vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/21/0114, und vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246] (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).
Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es der beschwerdeführenden Partei bei der asylrechtlichen Rückkehrentscheidung grds. nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN).
3.4.4. Im Einzelnen ergibt sich unter zentraler Beachtung der in § 9 Abs. 1 Z. 1-9 AsylG genannten Determinanten Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die bP reiste erstmals im Jänner 2011 und danach im Juni 2016 nicht rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein. Seit der zweiten Asylantragstellung ist die bP seit weniger als 2 Jahren in Österreich aufhältig. Sie stellte die o. a. Anträge auf internationalen Schutz.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens
Die bP lebt seit Juni 2016 in Österreich bei ihren Eltern, wird von diesen unterstützt und macht mit diesen gemeinsame Ausflüge. Zuvor lebte sie etwa 3 Jahre lang in der Türkei.
- Die Frage, ob das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Die privaten Anknüpfungspunkte der bP in Österreich wurden zur Gänze in einer Zeit erlangt, in der der Aufenthalt stets prekär war. Da es sich bereits um die 2. Antragstellung handelt, kann davon ausgegangen werden, dass der bP dies auch bewusst war.
- Grad der Integration / Schutzwürdigkeit des Privatlebens
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige, besondere Integration der bP in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht erkennbar.
Die bP besuchte bei ihrer ersten Asylantragstellung im Jahr 2011 einen Deutschkurs A1 und verfügt über geringe Kenntnisse der deutschen Sprache. Sie ist nicht ehrenamtlich tätig und nach eigenen Angaben vor dem BFA nicht Mitglied in einem Verein. Sie besucht mit Freunden Cafés. Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst ein großer Freundes- und Bekanntenkreis die persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht maßgeblich verstärken kann (vgl. VwGH 26.11.2009, 2007/18/0311; 29.6.2010, 2010/18/0226).
Selbsterhaltung liegt gegenständlich nicht vor.
In einer Gesamtbetrachtung ist nicht zu erkennen, dass die durch die bP während des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet erlangte Integration ein solches Ausmaß erlangt hätte und von solchem Gewicht wäre, dass ihr im Hinblick auf Art. 8 EMRK entscheidungsrelevante Bedeutung zukäme und kann sie das Interesse der bP an einem Verbleib in Österreich daher nicht maßgeblich verstärken.
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die bP ist in der Türkei geboren und sozialisiert worden. Sie verbrachte dort ihr überwiegendes Leben und spricht ihre Landessprache auf muttersprachlichem Niveau. Maßgebliche familiäre Bindungen durch 5 Geschwister bestehen dort noch. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die bP als von der Türkei entwurzelt zu betrachten wäre bzw. im Falle der Rückkehr nicht die Möglichkeit hätte, durch ihre Geschwister unterstützt zu werden. Die bP ging in der Türkei zur Schule und übte dort unterschiedliche berufliche Tätigkeiten aus.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
Verurteilungen sind nicht aktenkundig.
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-. Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Die bP reiste nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet ein was grds. als relevanter Verstoß gegen das Einwanderungsrecht in die Interessensabwägung einzubeziehen ist (vgl. zB. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0165; 25.02.2010, 2009/21/0070).
Die bP verletzte durch die nichtwahrheitsgemäße Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz ihre Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren.
- Mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer
Das Asylverfahren wurde vor beiden Instanzen ohne größere Unterbrechungen durchgeführt.
3.4.5. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Anknüpfungspunkte zu bzw. in Österreich während eines Zeitraumes erlangt wurden, in dem der Aufenthaltsstatus stets ungewiss war, was der bP auch bewusst sein musste.
Hinzu kommt erschwerend, dass die Asylanträge von vornherein unbegründet waren und sie die Asylbehörden offensichtlich durch Behauptung falscher Tatsachen versuchte in die Irre zu führen, um unberechtigt einen Aufenthaltstitel über das Asylverfahren zu erlangen. Erst durch Missachtung der österreichischen Rechtsordnung konnte sich die bP diese Vorteile verschaffen.
Bestandteil einer gelungenen Integration ist ua., dass sich die asylwerbende Person auch im Asylverfahren im Wesentlichen regelkonform verhält, worüber sie überdies ausdrücklich zu Beginn und im Laufe des Verfahrens belehrt wird. Das Verhalten im Asylverfahren, also konkret vor den staatlichen Behörden des Aufnahmestaates in dem sie behauptet Schutz vor Verfolgung zu benötigen, kann somit bei einer Bewertung der Integration in Österreich nicht ausgeblendet werden. Auf Grund von nicht wahrheitsgemäßen Angaben führt dies gegenständlich zu einer Minderung der privaten Interessen der beschwerdeführenden Partei und zu einer Stärkung der genannten öffentlichen Interessen.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und unter Einbeziehung der oa. Judikatur der Höchstgerichte ist gegenständlich ein überwiegendes öffentliches Interesse, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, konkret das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung und Stärkung der Einwanderungskontrolle, das wirtschaftliche Wohl des Landes sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen insbesondere in Bezug auf den verwaltungsstrafrechtlich pönalisierten, nicht rechtmäßigen Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet, an der Aufenthaltsbeendigung der bP festzustellen, dass ihre Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Die Rückkehrentscheidung ist daher als notwendig und nicht unverhältnismäßig zu erachten.
Die persönlichen Bindungen in Österreich lassen keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK erkennen, die es der bP schlichtweg unzumutbar machen würden, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Aufenthalts- bzw. Niederlassungsverfahrens in ihr Heimatland zurückzukehren (vgl. zB. VwGH 25.02.2010, 2008/18/0332;
25.02.2010, 2008/18/0411; 25.02.2010, 2010/18/0016; 21.01.2010, 2009/18/0258; 21.01.2010, 2009/18/0503; 13.04.2010, 2010/18/0087;
30.04.2010, 2010/18/0111; 30.08.2011, 2009/21/0015), wobei bei der Rückkehrentscheidung mangels gesetzlicher Anordnung hier nicht auf das mögliche Ergebnis eines nach einem anderen Gesetz durchzuführenden (Einreise- bzw. Aufenthalts)Verfahrens Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 18.9.1995, 94/18/0376).
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass einwanderungswillige Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung, allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet, in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen und in rechtskonformer Art und Weise vom Ausland aus ihren Antrag auf Erteilung eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels stellen, sowie die Entscheidung auch dort abwarten, letztlich schlechter gestellt wären, als jene Fremde, welche, einer geordneten Zuwanderung widersprechend, genau zu diesen verpönten Mitteln greifen, um ohne jeden sonstigen anerkannten Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich zu erzwingen bzw. zu legalisieren. Dies würde in letzter Konsequenz wohl zu einer unsachlichen Differenzierung der einwanderungswilligen Fremden untereinander führen (vgl. Estoppel-Prinzip bzw. auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007) und würde angesichts der Publizitätswirksamkeit der Asylentscheidungen wohl den Nachzieheffekt für andere einwanderungswillige Fremde in Richtung nicht rechtmäßiger Zuwanderung in Verbindung mit rechtsmissbräuchlicher, unbegründeter Asylantragstellung verstärken.
Es erfolgte daher zu Recht die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Spruchpunkt III. des Bescheides.
Zulässigkeit der Abschiebung
3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.1. Die Zulässigkeit der Abschiebung der bP in den Herkunftsstaat Türkei ist gem. § 46 FPG gegeben, da nach den die Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Es erfolgte daher zu Recht die Feststellung zu Spruchpunkt IV. des Bescheides.
Frist für die freiwillige Ausreise
3.6. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG, weshalb zu Recht die Feststellung zu Spruchpunkt V. des Bescheides erfolgte.
Zu Spruchpunkt II.
Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig
Die Vertretung der bP stellte im Zuge der Beschwerde den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Gemäß § 16 Abs. 2 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist (Z. 1), ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht (Z. 2) oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z. 2 FPG 2005 erlassen wird (Z. 3), sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.
Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine derartige Entscheidung binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die genannte Vorschrift sieht jedoch weder ein Antragsrecht des Asylwerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor (die gerichtliche Überprüfung hat vielmehr von Amts wegen stattzufinden) noch muss das Verwaltungsgericht darüber einen Beschluss fassen, dass die aufschiebende Wirkung nicht gewährt wird. Nach den Vorstellungen des Gesetzes hat nur die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch Beschluss zu erfolgen und es besteht nur insofern eine Entscheidungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Ausgehend davon kam der bP im vorliegenden Fall kein Antragsrecht in Bezug auf die begehrte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu. Der Antrag war daher zurückzuweisen (vgl. VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bundesamt vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch als aktuell und vollständig zu erachten. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine hinreichenden Anhaltspunkte die einer nochmaligen Anhörung der bP und Ergänzung des Verfahrens bedurft hätte. Das Bundesamt hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und hat das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung geteilt.
In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt konkret und substantiiert behauptet, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das Neuerungsverbot verstößt.
Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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