Unterliegen Wetten auf „Virtuellen Rennen von artifiziellen Tierdarstellungen“ der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG?
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101560.2013
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2015/16/0019. Mit Erk. v. 2.7.2015 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat am 12. Jänner 2015 durch die Vorsitzende Mag.Dr. Hedwig Bavenek-Weber (Berichterstatterin) und die weiteren Senatsmitglieder Richter Johann Jungwirth gemäß § 12 Abs. 5 BFGG, Michael Haim und KR Christian Gerzabekin in der Beschwerdesache Bf+Adr vertreten durch Dr. Maria Brandstetter Rechtsanwältin, Stephansplatz 4/VIII, 1010 Wien gegen die Bescheide gemäß § 201 BAO des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 8.2.2013, StNr. x1 - Team 12 betreffend Glücksspielabgabe für Jänner 2011 bis Dezember 2012 ( RV/7101560/2013 miterl. RV/7101561/2013, RV/7101562/2013, RV/7101563/2013, RV/7101564/2013, RV/7101565/2013, RV/7101566/2013, RV/7101567/2013, RV/7101568/2013, RV/7101569/2013, RV/7101570/2013, RV/7101571/2013, RV/7101572/2013, RV/7101573/2013, RV/7101574/2013, RV/7101575/2013, RV/7101576/2013, RV/7101577/2013, RV/7101578/2013, RV/7101579/2013, RV/7101580/2013, RV/7101581/2013, RV/7101582/2013, RV/7101583/2013) nach durchgeführter mündlicher Verhandlung in der Sitzung am 12. Jänner 2015 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob Wetten auf „Virtuelle Rennen von artifiziellen Hunde- oder Pferdedarstellungen“, die aufgrund mathematischer Funktionen im Computer, bei welchen ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet, durchgeführt werden, als Wette (dann gebührenpflichtig gemäß § 33 TP 17 GebG) oder als vorwiegend zufallsabhängiges Glücksspiel (dann glücksspielabgabenpflichtig gemäß § 57 Abs. 1 GSpG) zu qualifizieren sind.
Bemerkt wird, dass das Verfahren der Beschwerdeführerin (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:
„§ 323 Abs. 38 BAO: Die am 31. Dezember 2013 bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit 1. August 2014 auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....
„§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum 31. Dezember 2013 eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“
1. Verfahren
1.1. Chronologische Kurzdarstellung
Die Bf. übt das freie Gewerbe Vermittlung von Wetten aus.
Die Bf. meldete beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz: Finanzamt) die Betriebseröffnung eines Wettbüros, ersuchte um Zuteilung einer Steuernummer und führte ab August 2011 monatlich Wettgebührenabrechnungen gemäß § 33 TP 17 Abs. 3 GebG mittels FinanzOnline ab.
Nach den durchgeführten Vorhalteverfahren stellte das Finanzamt anlässlich einer Nachschau gemäß § 144 BAO fest, dass nicht nur Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen durchgeführt worden waren, sondern auch virtuelle Hunde/Pferdewetten, deren Ergebnis elektronisch generiert worden sei und setzte mit 24 Bescheiden gemäß § 201 BAO vom 8.2.2013 für den Zeitraum Jänner 2011 bis Dezember 2012 für diese virtuellen Tierwetten die Glücksspielabgaben gemäß § 57 GSpG fest.
Fristgerecht wurde dagegen Berufung/Beschwerde erhoben, dass sich die von der Bf. angebotenen „Virtuellen Tierwetten“ von denjenigen unterscheiden würden, die in der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur unter „Glücksspiele“ subsummiert worden seien. Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Berufungssenat und legte ein Gutachten des SachverständigerG über „das Wettkassensystem der B ges.m.b.H. zum Abschluss oder Vermittlung von Wetten zur Fa. C s.a.“ vom 30.7.2012 bei.
Das Finanzamt erließ keine Berufungsvorentscheidung und legte den Akt der Rechtsmittelinstanz mit einer umfangreichen Stellungnahme vor und legte einen Ausdruck aus dem Internet vom 20.6.2013 betreffend Virtual Sports: Greyhounds Rules – InternetadresseX bei.
Mit Schreiben vom 5.9.2013 ergänzte die Bf. ihre Berufung/Beschwerde, dass § 33 TP 17 GebG ganz allgemein Wetten besteuere und nicht nur Sportwetten. Sonstige Wetten – wie sie die Bf. durchführe - unterlägen aber nicht der Glücksspielabgabe. Die Bf. legte zwei „Statistisch-mathematische Gutachten über Geschicklichkeit oder Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen“ vom 31.5.2013 und vom 8.8.2013 vor, da diese belegen, dass der Zufall bei den hier gegenständlichen Wetten nur eine untergeordnete Rolle spiele und der Ausgang dieser Wetten sogar besser vorhersagbar sei als bei echten Hunde/Pferderennen.
Mit Vorhalt zur Vorbereitung auf die mündliche Senatsverhandlung vom 14.11.2014 wurde der Bf. und dem Finanzamt der Sachverhalt und unvorgreiflich der Entscheidung durch den Senat auch eine rechtliche Beurteilung durch die Berichterstatterin, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Vorlage weiterer Beweise, überreicht.
Am 10.12.2014 übersendete die Bf. mit E-Mail die angeforderten Gutachten, das mathematisch –statistische Gutachten vom 13.5.2013 und das mathematische Gutachten vom 8.8.2013.
Zum Vorhalt zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 14.11.2014 wurde von der Bf. am 9.1.2015 eine Stellungnahme abgegeben.
Am 12.1.2015 fand die mündliche Verhandlung vor dem Senat statt.
Im Folgenden werden die einzelnen Verfahrensschritte detailliert wiedergegeben.
1.2. Zur Person der Bf.
Die Bf. übt laut Gewerbeanmeldung vom 15.12.2010 in Wien das freie Gewerbe „Vermittlung von Wettteilnehmern zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeiten“ in Wien aus. Am 15.10.2010 wurde zwischen der Bf. und der Firma C s.a. mit Sitz in D als Buchmacher ein Vermittlungsvertrag für die Vermittlung von Wetten an die Firma C s.a. abgeschlossen. Die Bf. verpflichtete sich, ausschließlich Wetten der Firma C s.a. zu vermitteln. Die Vermittlung hat vor Beginn des Ereignisses zu erfolgen. Der Vermittler präsentiert dem Wettteilnehmer das verbindliche Wettprogramm des Buchmachers und vermittelt die vom Kunden angenommenen Wetten an den Buchmacher weiter. Mit Eingang der von den Kunden angenommenen Wetten bei der Firma C s.a. kommt der Wettvertrag zustande. Die Bf. mietete die für die Wettannahme und –vermittlung erforderlichen EDV-Geräte (PC, Thin Clients, Monitor, Ticketdrucker, Maus Tastatur etc.) von der Firma B-GmbH, die auch die Herstellerin der auf diesen Hardwaregeräten verwendeten Wettsoftware ist.
1.3. Vorhalteverfahren
Im Rahmen eines Vorhalteverfahrens teilte das Finanzamt der Geschäftsführerin der Bf. am 23.7.2012 mit, dass Verdacht bestehe, dass Wetten auf nicht sportliche Veranstaltungen, nämlich auf aufgezeichnete Hunde/Pferderennen etc. angeboten würden, die mangels landesrechtlicher Bewilligung der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterlägen. Diese Wetten seien deshalb keine Wetten auf sportliche Veranstaltungen, da sie eine Abfolge elektronischer Funktionen darstellen würden, weshalb Gewinn und Verlust zumindest vorwiegend vom Zufall abhängen würden.
Am 20.9.2012 antwortete die Bf. und legte bezüglich der virtuellen Hunde/Pferderennen eine Sach- und Rechtslage in Kopie bei, die auszugsweise wiedergegeben wird:
„Die Hunderennen auf der HomepageX finden täglich rund um die Uhr, vorzüglich auf den Rennbahnen " E " und " F ", statt. Die jeweils nachfolgenden (kommenden, d. h. in der Zukunft liegenden) Rennen der nächsten 2 Stunden werden ständig angezeigt und können auch ausgedruckt werden. Die Rennen starten jeweils im Intervall von 4 Minuten, ein Rennen dauert (vom Start aus der Box bis zum Zieleinlauf) jeweils etwa 30 Sekunden. Die Rennen werden von einem fixen Bestand an Hunden bestritten. Die zu diesem Bestand gehörigen Hunde sind je durch bestimmte Merkmale charakterisiert und werden abwechselnd in Konstellationen zu je sechs Hunden gegeneinander in die Wettbewerbe geschickt. Jeder Hund hat einen fixen Namen, unter dem er immer wieder in die Rennen geschickt wird, und eine diesem entsprechende eigene Identität. Die Informationen, die jeweils zu den einzelnen Hunden erteilt werden, unterscheiden sich durch nichts von jenen Informationen, die auch bei realen Rennen zu den dort eingesetzten Hunden zugänglich sind. Zu jedem Hund, der für einen Start vorgesehen ist, werden die folgenden Informationen zur Verfügung gestellt:
Name: Jeder Hund wird durch seinen Namen identifiziert.
Nummer (1 - 6): gibt an, aus welcher Position der Hund aus der Box startet; so läuft beispielsweise der Hund mit Nr. 1 aus der Box ganz links, ... , der Hund mit Nr. 6 ganz rechts.
Trainer: Angezeigt wird der Name der Person, die den Hund trainiert; es existieren Trainer, die tendenziell erfolgreiche, und Trainer, die tendenziell eher erfolglose Hunde betreuen.
Form: wird in einer 4-stelligen Zahl angegeben, die die bisherigen Erfolge ("Form") des Hundes ausdrückt. Die Zahl beinhaltet die letzten Rennergebnisse, die der Hund erzielt hat, wobei das jeweils jüngste Ergebnis an letzter Stelle eingetragen wird, die zeitlich weiter zurückliegenden Resultate rücken eine Zehnerstelle nach links.
Beispiel: Der Hund Edward wird für das Rennen am 10.08.2012 um 10:31 Uhr durch die Form 5312 charakterisiert, das heißt: Edward war im letztvergangenen Rennen am 09.08.2012 um 12:31 Uhr Zweitschnellster (5312). im Rennen davor (08.08.2012 17:27 Uhr) Sieger (5312), wieder einen Tag davor (07.08.2012 23:43 Uhr) Dritter (5312) und im Rennen davor Fünfter (5312).
Die Angaben zur Form der jeweiligen Hunde werden täglich einmal um 07:30 Uhr aktualisiert. Die Zahl für die Tagesform des Hundes bleibt bis zur nächsten Aktualisierung um 7:30 Uhr des Folgetages gleich. Sollte der Hund, was vorkommt, an ein und demselben Tag zwei Mal laufen, so tut er dies jeweils unter der um 07:30 Uhr aktualisierten Tagesform. Am folgenden Tag um 7:30 Uhr werden sämtliche Ergebnisse vom Vortag wieder in die Zahl für die Form eingestellt. Dieser Umstand kann mit der Veröffentlichung von analogen Informationen in Tageszeitungen verglichen werden. Auch dort erhält man pro Tag immer nur eine Information; Zwischenergebnisse des laufenden Tages bleiben vorerst unberücksichtigt, finden aber volle Berücksichtigung in der Information für den folgenden Tag.
Quote: Die Quote drückt die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges für den jeweiligen Hund aus, auf den gewettet wird. Sie wird von den Buchmachern auf Basis der essentiellen Merkmale
- Trainer
- Form
- aktuell konkurrierende Hunde und deren essenziellen Merkmale festgesetzt. Die Quote bestimmt ferner den Faktor für die Gewinnauszahlung: Bei einer Quote 3 wird beispielsweise der dreifache Wetteinsatz als Gewinn ausgezahlt.
3. Der Buchmacher C s.a. erstellt jeweils eigene Quoten, zu denen er auf den Ausgang der Rennen Wetten abschließt. Diese Quoten werden über einen eigenen Quotenfernseher den Wettkunden angezeigt. Vielfach schreibt die C s.a. die Quoten von der Homepage nur ab, insbesondere hohe Quoten werden aber oftmals reduziert.
4. Interessierte Wettkunden können sich weiters auf der HomepageX über die jeweils nachfolgenden (kommenden d.h. in der Zukunft liegenden) Rennen der nächsten zwei Stunden informieren. Auf Wunsch kann .... die Bf. .... diese Informationen den Wettinteressierten auch in Papierform ausdrucken. Daher können sich Wettkunden wie bei allen anderen Arten von Wetten durchaus ein realistisches Bild über die Form der Teilnehmer bilden.
5. Die bei den Rennen angezeigte Uhrzeit differiert um eine Stunde; dies deshalb, da es sich um eine englische Homepage und damit um englische Zeit handelt. Beispielsweise wird um 20.12 Uhr (Österreich) auf der Homepage 19.12 Uhr angezeigt.
6. X ist ein englischer Buchmacher, auf dessen Homepage Wettkunden auch auf die virtuellen Hunde-und Pferderennen mit X selbst wetten können.
7. ….
....haben auch bei den virtuellen Hunde- und Pferdewetten weder die beiden Parteien des Wettvertrages (Wettkunde und Buchmacher C s.a.) noch die ....Bf.... als Vermittler noch die Fa. Bf.B als Hersteller der Wettsoftware bzw. Eigentümer der Hardware etwas mit dem Ereignis zu tun, auf das gewettet wird (virtuelles Hunde/Pferderennen). Es besteht kein technischer Zusammenhang zwischen dem Ausgang (Ergebnis des virtuellen Rennens) und der EDV Anlage, welche der Wettvermittlung dient.
Der Wettkunde kann
- die virtuellen Hunde/Pferderennen auf Fernsehbildschirmen betrachten,
- sich auf der Homepage über die künftigen Rennen informieren,
- sich diese Informationen durch die .... Bf..... ausdrucken lassen
- die (von X) unabhängigen Quoten der C s.a. wählen
und dann
den Filialmitarbeiter mit der Vermittlung der Wette beauftragen. Dieser gibt die Wette in das EDV-System ein. Nach Zustandekommen der Wette erfolgt als Beweis für den Abschluss ein Ticketausdruck, der auch einen Barcode enthält, welcher die Überprüfung eines Gewinnes für den Filialmitarbeiter erleichtert.
Da keine technische Verbindung zwischen der Vorführung der Rennen über Fernsehgeräte und der Wettanlage besteht, muss jedes einzelne virtuelle Rennen von den Mitarbeitern des Buchmachers C manuell in die Wettsoftware als Wettmöglichkeit eingegeben werden. Dabei legt die C für jedes virtuelle Rennen und für jeden einzelnen virtuellen Starter die Quote fest. Erst durch die manuelle Eingabe in das Wettsystem kann das Ereignis von Kunden bewettet werden. Gleichfalls manuell erfolgt die Bewertung des Ergebnisses jedes einzelnen Rennens.“
Daher liege den hier dargestellten Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen ein anderer Sachverhalt zu Grunde als jenen Vorgängen, die bisher Gegenstand von Höchstgerichtsentscheidungen zu Spielautomaten bzw. Hunde/Pferderennen waren. Insbesondere liege der Unterschied darin begründet, dass keine aufgezeichneten echten Hunderennen gezeigt werden, die durch irgendeinen Zufall ausgewählt werden, sondern es sich um künftige virtuell erzeugte Rennen handelt, über die sich der Wettinteressierte eine Vielzahl an Informationen holen kann, die sich der Wettkunde sogar ausdrucken lassen kann, bzw. selbst ausdrucken kann. Die im Fall der Bf. auf virtuelle Rennen abgeschlossenen Wetten seien daher erlaubte Wetten im Sinne des § 1270 ABGB. Des Weiteren legte die Bf. ihre Rechtsansicht zum Unterschied zwischen Wette iSd Gebührengesetzes und Spiel iSd Glücksspielgesetzes dar. Zur Untermauerung der Ausführungen über die technische Funktion der Wettvermittlung wurden Befund und Gutachten des lng. Manfred G über das Wettkassensystem der Bges.m.b.H. zum Abschluss oder Vermittlung von Wetten zur C s.a. beigefügt.
Am 9.10.2012 ersuchte das Finanzamt zwecks Überprüfung der Wetteinsätze eine Darstellung der Wettabrechnungen und eine getrennte Darstellung der Einsätze, Auszahlungen und (Brutto-) spieleinnahmen hinsichtlich der Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, sonstiger Wetten und der Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen für die Monate Jänner 2011 bis August 2012.
Am 10.12.2012 führte das Finanzamt bei der Bf. eine Nachschau durch und fotografierte die Bildschirme im Geschäftslokal der Bf ., auf welchen das Wettprogramm über die virtuellen Hunde- und Pferdewetten aufschien. Eines der Fotos zeigt groß die Überschrift „Virtual Horse Racing.“ Bei den Pferderennen lief das Video Pferd mit Jockey, eingeblendet wurde der Ort ( K ) und Zeit, die Zahl des Rennens (z.B. 100253501), der Name des Pferdes, der Namen des Jockey, seine Form (z.B. 6061) und die Quote (z.B. 11/1).
1.4. Ergebnisse der Nachschau gemäß § 144 BAO vom 6.2.2013
Anlässlich der bei der Bf. betreffend Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG und Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Glücksspielabgabe im Zeitraum 1.1.2011 bis 31.8.2012 am 6.2.2013 durchgeführten Nachschau gemäß § 144 BAO traf der Prüfer in der Niederschrift die Feststellung (Tz. 5.2), dass die Wiedergabe aufgezeichneter bzw. virtueller Rennabläufe eine Abfolge elektronischer Funktionen darstelle und keine sportliche Veranstaltung.
Mit Bescheid gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO vom 8.2.2013 setzte das Finanzamt für die Wetteinsätze auf virtuelle Hunde/Pferderennen für Jänner 2011 von 45.734,50 Euro 16% Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG fest. Das Finanzamt führte begründend aus, dass die Festsetzung erfolgte, da kein selbstberechneter Betrag bekanntgegeben worden war. Unter Ausübung des Ermessens war dem Gesetzeszweck, mittels Erlassung eines Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.
Das Finanzamt ging mit den weiteren Bescheiden vom selben Tag für die Monate Februar 2011 bis Dezember 2012 in gleicher Weise vor.
Insgesamt handelt es sich um 24 Bescheide gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO für den Zeitraum Jänner 2011 bis Dezember 2012.
1.5. Fristgerecht wurde Berufung/Beschwerde erhoben.
Im Berufungs/Beschwerdeschreiben wurde eingewendet, dass es sich bei den strittigen Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen um keine Glücksspiele nach dem Glücksspielgesetz handle, weswegen diese nicht den Glücksspielabgaben unterlägen. Die Bf. wiederholte im Wesentlichen die bereits am 20.9.2012 überreichte Sach- und Rechtslage.
1.6. Beilage zur Berufung/Beschwerde: Gutachten des SachverständigerG über „das Wettkassensystem der Bges.m.b.H. zum Abschluss oder Vermittlung von Wetten zur Fa. C s.a.“ vom 30.7.2012
Die Bf. legte dieses Gutachten der Berufung/Beschwerde bei. Der Untertitel des Gutachtens lautet:
„Der Wesensgehalt des vorliegenden Gutachtens betrifft die technischen Funktionen bzw. den Funktionsablauf des Vorganges zwischen Wettvermittlung und Buchmacher. Dies, insbesonders unter Bedachtnahme darauf, dass laut Ansicht der zuständigen Behörden mit den zu begutachtenden Geräten und der darin verwendeten Software durch die Vermittlung von Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen einerseits gegen das Glücksspielgesetz verstoßen werden soll und andererseits vergnügungssteuerpflichtige Spielapparate nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz vorliegen sollen.“
Der Wettvermittler stellt sein Lokal interessierten Kunden, die eine Buchmacherwette abschließen wollen, zur Verfügung. Der Vermittler vermittelt Wetten zu verschiedensten Sportereignissen und anderen Ereignissen, zu denen der Buchmacher Wetten anbietet. Zu diesen Sport- und anderen Ereignissen bietet der Vermittler den interessierten Kunden auch so viel wie möglich an Information an. Die Information vor dem Ereignis selbst setzt sich zusammen aus den Quoten, Statistiken, Formen, Tabellen etc. Weiters besteht die Information z.B. aus Liveübertragungen (am TV Gerät), Live - Resultatservice (bei Livewetten - meistens Fußballspiele- gibt es die Quoteninformation auch während des Ereignisses) und Ähnlichem. ( G , Gutachten 6)
Wenn ein Kunde eine Wette zum Buchmacher vermittelt haben möchte, so gibt der Vermittler die vom Kunden bekannt gegebene Wette in die Wettsoftware ein und übermittelt diese dann über die bestehende Datenleitung an den Buchmacher. Der Vermittler kassiert den Wetteinsatz für den Buchmacher und händigt dem Kunden sein Wettticket aus. Auf diesem Wettticket ist Einsatz, möglicher Gewinn, Zeit des Ticketausdruckes, Inhalt der Wette und der Buchmacher, zu dem die Wette vermittelt wurde, vermerkt. Im Fall, dass ein Kunde meint, dass ein Wettticket gewonnen hat, überprüft der Vermittler dies. Wird das Wettticket vom Buchmacher als gewonnen bestätigt, so bezahlt der Vermittler im Namen und Auftrag des Buchmachers den Wettgewinn an den Kunden. (G, Gutachten 6)
Die Vermittlung erfolgt in den Vermittlungsfilialen überwiegend über Schaltermitarbeiter. Sportwetten (Fußball etc.) werden teilweise in den Filialen auch über Wettautomaten mit Touch-Screen Monitor vermittelt. Wetten auf Hunde/Pferderennen, sowohl auf echte Rennen, als auch auf die virtuellen von X, werden ausnahmslos nicht über Wettautomaten angeboten. X ist ein englischer Buchmacher, der für seine Kunden diese virtuellen Rennen herstellt und darauf selbst Wetten anbietet und abschließt. (G, Gutachten 6)
Der Buchmacher schließt mit Kunden Wetten auf Ereignisse ab, von deren Ausgang oder Ergebnis er keine Kenntnis hat und worauf er auch keinen Einfluss hat. Die Ereignisse auf die gewettet werden kann, finden in jedem Fall statt. Der Buchmacher mit seinen Mitarbeitern entscheidet darüber, welche der weltweit unzähligen möglichen Ereignisse in sein Wettprogramm aufgenommen werden sollen und gibt sie in die Software ein. Von den Quotenmachern des Buchmachers werden dann die einzelnen Wettquoten auf die jeweils möglichen zu wettenden Ausgänge der Ereignisse festgelegt, indem die Wahrscheinlichkeit dieser jeweils gänzlich zufälligen Ausgänge eingeschätzt wird. Die Quoten werden ebenfalls manuell eingeben. Dann hat der Buchmacher die Ereignisse in seinem Wettsystem zu verwalten, und eine Verwaltung der gewetteten Wetteinsätze so wie der ausbezahlten Wett-einsätze zu administrieren. (G, Gutachten 7).
Das virtuelle Hunderennen, auf das gewettet werden soll, wird von der Fa. X veranstaltet. Die von Fa. X veranstalteten virtuellen Hunde/Pferderennen konnten bis Mitte August 2012 über Fernsehsatellitenprogramm mit entsprechendem Satellitendecoder bzw. im Internet unter der HomepageX von jedermann und jederzeit aufgerufen werden. Mitte August 2012 wurde das Fernsehsatellitenprogramm eingestellt, seither gibt es die Rennen nur noch auf der genannten Homepage für jedermann zu betrachten. ln den Vermittlungslokalen, die zur Firma C s.a. Wetten vermitteln, wird ein Teilausschnitt der HomepageX auf Fernsehgeräte gelegt, teilweise mittels der auch für die Wettsoftware verwendeten PCs, teilweise durch Thin-Client's. (G, Gutachten 9). Auf dieser Homepage kann jedermann bei X wetten. Bges.m.b.H. bzw. der Buchmacher C s.a. nehmen jedoch von dieser Seite nur die "Ereignisse" als Grundlage für "eigene" Wetten. (G, Gutachten 26, zu Abb. 25).
Diese virtuellen Hunde/Pferderennen finden exakt im Vier-Minuten-Takt statt. Vor dem jeweiligen Beginn werden die teilnehmenden Hunde- bzw. Pferde mit Namen und Startnummern vorgestellt. Angezeigt wird einerseits die angebotene Quote für jeden Teilnehmer, andererseits aber auch die "Form" des jeweiligen Teilnehmers (Hund bzw. Pferd) mit einer vierstelligen Zahl. (G, Gutachten 9-10). Die C s.a. erstellt zu diesen virtuellen Rennen jeweils eigene Quoten, zu denen sie Wetten auf den Ausgang der Rennen abschließt. Diese Quoten werden über einen eigenen Quotenfernseher den Wettteilnehmer angezeigt. Vielfach schreibt die C s.a. die Quoten von der Homepage nur ab, insbesondere hohe Quoten werden aber oftmals reduziert. (G, Gutachten 10). Die Quoten kommen vom Buchmacher teilweise erst kurz vor dem Start des Rennens (G, Gutachten 22, Text zu Abb. 18 Wetteingabemaske für das Echtpferderennen (Schwarz)).
Die Auswahl der einzelnen künftigen Rennen erfolgt nicht zufällig. Die einzelnen Rennen stehen zumindest für die nächsten (künftigen) 2 Stunden bereits fest. Interessierte Wettteilnehmer können sich jederzeit auf der HomepageX über die jeweils nachfolgenden (kommenden d.h. in der Zukunft liegenden) Rennen der nächsten zwei Stunden informieren. Jedermann kann sich diese Informationen auch von der Homepage ausdrucken. Daher kann jeder Vermittler, so auch die Bf., für seine Kunden diese Informationen der Homepage zu den künftigen virtuellen Rennen der nächsten 2 Stunden auf Papier ausdrucken und den Kunden zur Verfügung stellen. Laut Bf. werde dies bei einigen Stammkunden regelmäßig auch so durchgeführt. (G, Gutachten 10).
Laut Abb. 25 wird auf dem Monitor z.B. das Ergebnis des Rennens um 12:07 E. dargestellt. Darunter (Leiste Virtual Greyhounds) werden die Rennen der nächsten 2 Stunden in E. von 12:15 bis 02:07 p.m. in F. von 12:11 bis 02:03 p.m. im Voraus angezeigt. Weiter darunter (Leiste Upcoming Races) werden die Teilnehmer der Rennen (virtuelle Hunde oder virtuelle Pferde Abb 30) der nächsten 2 Stunden und deren Form und Quote dargestellt (C s.a. weicht insbesondere bei hohen Quoten oftmals von diesen Quoten ab). Diese Informationen für die einzelnen Rennen der nächsten 2 Stunden können auch in Papierform für Kunden ausgedruckt werden. (G, Gutachten 26, Text zu Abb. 25). Laut Abb. 26 werden ca. 1 Minute später die einzelnen Teilnehmer des Rennens um 12:11 Uhr vorgestellt, Dauer bis zum Start 01:53 Minuten. Alle 4 Minuten findet ein Rennen statt. Die Vorstellung der einzelnen Teilnehmer für das nächste Rennen beginnt ca. jeweils 2,5 Minuten vor dem Start. ln dieser Zeit kann das jeweilige Rennen vom Wettteilnehmer bewettet werden. (G, Gutachten 27, Text zu Abb. 26). Laut Text zu Abb. 3 8 wird in der Maske für die Mitarbeiter des Buchmachers jedes einzelne virtuelle Rennen vom Buchmacher händisch im Wettsystem als Wettmöglichkeit angelegt, wobei er die Daten der Homepage entnimmt. (G, Gutachten 35). Laut Text zu Abb. 39 werden von den Mitarbeitern des Buchmachers für die einzelnen Teilnehmer der virtuellen Rennen die Quoten manuell eingegeben. Man orientiert sich an der Quote die X anbietet, jedoch wird die Quote oftmals auch anders festgesetzt, bzw. bei zu einseitig verteilten Einsätzen noch vor dem Start geändert, für ab dann abgeschlossene Wetten gilt dann die neue Quote. (G, Gutachten 36). Die Mitarbeiter der C s.a. geben das Ergebnis des virtuellen Rennens, wie es auf der Homepage von X beobachtet wurde, händisch ein. C s.a. wettet bei diesen Rennen nur auf Sieger, also nur Platz 1 ist einzugeben. (G, Gutachten 37).
Das System zur Wettabgabe besteht aus einem PC mit der entsprechenden Wettsoftware, Monitor, Maus, Tastatur und Ticketdrucker. Computer mit dem Wettvermittlungsprogramm und Quotenanzeigen über TV Monitor bzw. Monitore, gleichzeitig wird mit diesem Computer die Seite ???.com (Pferde) sichtbar auf einen TV-Monitor gelegt. (G, Gutachten 12). Dabei wurde im Gutachten festgehalten, dass zwischen Wettvermittlungsprogramm bzw. Quotenanzeigen und der lnternetseite am selben PC keine Verbindung besteht. (G, Gutachten 12). Bei der externen Festplatte handelt sich dabei exakt um einen sogenannten "Thin Client"; zum Herzeigen auf den Fernsehgeräten wird das Bild entweder durch ein SAT Signal angezeigt, oder das Fernsehbild wird aus ökonomischen Gründen aus dem Internet gestreamt (???.com). Der Thin Client stellt im gegenständlichen Fall lediglich die Benutzerschnittstelle zwischen Internet und Fernsehgerät dar. (G, Gutachten 12). Zur einfacheren Handhabung der Software für die Vermittler ist die Monitoroberfläche bei Sportwetten, Livewetten und Hunde/Pferdewetten in unterschiedliche Farben (grün, orange, schwarz) eingeteilt. „Hunde/Pferde“ wird nicht nur für solche Wetten verwendet, sondern für alle einfachen Wetten, d.s. Ereignisse bei denen nur auf den Gewinner gewettet werden kann. (G, Gutachten 12).
Auf keinem der verwendeten Geräte sind in irgendeiner Form virtuelle Hunde/Pferderennen gespeichert (G, Gutachten 12).
Im Gutachten wurde zusammenfassend festgehalten, dass es sich bei diesen Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen schon deshalb nicht um Glücksspiele handeln kann, weil keiner der an der Wette Beteiligten (Wettkunde, Vermittler, Bges.m.b.H., C s.a.) den Wettausgang durch eigenes spielendes Verhalten beeinflussen oder verändern kann. Bei dieser Art der Wette entscheidet ein von den Wettteilnehmern völlig unabhängiges und unbeeinflussbares Ereignis über Gewinn und Verlust. Es gibt daher kein "Glücksspielprogramm", bei welchem z.B. der Apparat selbstständig über Gewinn und Verlust entscheidet, dies anhand einer Software, welche den Zufall herbeiführt. Das ist bei diesen Wetten nicht möglich. (G, Gutachten 39).
1.7. Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht (24.6.2013)
Das Finanzamt erließ keine Berufungs/Beschwerdevorentscheidung, legte die Berufung/Beschwerde am 24.6.2013 der Rechtsmittelinstanz vor und gab eine umfangreiche Stellungnahme ab, die auch der Bf. zugestellt wurde. Die Stellungnahme wird auszugsweise wiedergegeben:
„.... Eine nicht öffentliche, und nur zwischen zwei Parteien abgeschlossene Wette stellt einen zivilrechtlichen Glücksvertrag dar, dem keine steuer- und verwaltungsrechtliche Bedeutung zukommt. Im Gegensatz dazu sind sowohl der gewerbsmäßige Abschluss als auch die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen – sog Sportwetten – gemäß dem Gesetz vom 28.7.1919 betreffend die Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTWB-G 1919) nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig. Die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung in Angelegenheiten des Totalisateur- und Buchmacherwesens kommt gem Art. 15 Abs. 1 und 3 B-VG den Ländern zu. Wetten, die ohne eine solche Bewilligung der Landesregierung abgeschlossen oder vermittelt werden, sind gemäß den Strafbestimmungen der jeweiligen Landesgesetze verboten und strafbar.
Obwohl in Angelegenheiten des Totalisateur- und Buchmacherwesens die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung gem Art. 15 Abs. 1 und 3 B-VG den Ländern zukommt, ist die Abgrenzung zwischen Wette und Spiel aufgrund der Kompetenz-Kompetenz des Bundes im Bereich Monopolwesen anhand der Bestimmungen des GSpG vorzunehmen. (VwGH 25.09.2012, 2011/17/0299). Dies deshalb da aufgrund der Kompetenzverteilung im B-VG nur jene Sachverhalte in die Länderkompetenz fallen, welche nicht ausdrücklich unter eine Bundeskompetenz subsumiert werden können.
Wetten, die von Totalisateuren gewerbsmäßig vermittelt oder von Buchmachern gewerbsmäßig abgeschlossen werden sind somit grundsätzlich Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG. Lediglich Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, welche mit Bewilligung der Landesregierung vermittelt oder abgeschlossen werden, unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol gem § 3 GSpG. Begründend führt der VwGH in seiner Entscheidung vom 25.9.2012 aus, dass „bei den „Sportwetten“ die Entscheidung über das Spielergebnis nicht vorwiegend vom Zufall ab(hängt), weil der Wettende seine Kenntnisse betreffend die Umstände bei der sportlichen Veranstaltung erbringt und diese Kenntnisse im Hinblick auf den Ausgang der jeweiligen sportlichen Ereignisse das Zufallselement überwiegen“ (VwGH 25.9.2012, 2011/17/0299).
....
Zusammengefasst ergibt sich der wesentliche Unterschied zwischen Sportwette und Glücksspiel aufgrund der Kompetenzverteilung und der daraus resultierenden Betrachtung der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 GSpG anhand des Umfanges bzw der Bedeutung des Zufallsmoments.
Daher ist auch bei der Beurteilung von virtuellen Hunde- und Pferdewetten der Umfang des Zufallsmoments für die Abgrenzung Glücksspiel oder Sportwette maßgeblich und ist im Einzelfall zu beurteilen, ob der Wettende/Spieler seine Kenntnisse betreffend die Umstände bei der sportlichen Veranstaltung erbringen kann und ob diese Kenntnisse im Hinblick auf den Ausgang des jeweiligen sportlichen Ereignisses das Zufallselement überwiegen.
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Die Argumentation [der Bf.], dass die Wettkunden die Form und Leistungsstärke der einzelnen Teilnehmer ähnlich wie bei realen Sportveranstaltungen ermitteln können würden, ändert nichts daran, dass die Entscheidung, wie ein Ergebnis bzw. eine Kombination eintritt, letztlich von einem Zufallszahlengenerator abhängt.
Es kann daher keine berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang getroffen, sondern letztlich nur auf Grund einer irrationalen Einstellung auf das Ergebnis gehofft werden. Dieses Setzen auf ein Ergebnis, welches der Wettende/Spieler in keiner Weise steuern kann bzw. wo er sich nicht einmal kausale Gesetzmäßigkeiten soweit zunutze machen könnte um den Spielverlauf zu prognostizieren, erfüllt daher die Voraussetzungen einer vorwiegenden Zufallsabhängigkeit iSd oben beschriebenen normativen Ansatzes.
Eine Wette iZm der Wiedergabe eines virtuellen Rennens ist nicht eine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltungen. Diese Wiedergabe stellt aber nicht eine sportliche Veranstaltung, sondern eine Abfolge elektronischer Funktionen dar. Daher sind solche Wetten, ob sie sich nun auf die Aufzeichnung von Hunde- oder Pferderennen beziehen oder aber auf den Ausgang von Glücksspielen, immer Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 des GSpG.
Eine Wette auf ein solches aufgezeichnetes oder virtuelles Ereignis hat nicht das aufgezeichnete oder virtuelle Ergebnis eines Wettkampfes zum Gegenstand. Ob der WSachverständigerHustige gewinnt oder verliert, hängt bei einer solchen Wette nicht vom Zutreffen eines vermuteten Ausgangs einer sportlichen Veranstaltung, sondern davon ab, welches der virtuellen Ereignisse vom Server nach Wettannahmeschluss ausgewählt und wiedergegeben wird.
Nach dem Ermittlungsverfahren steht entgegen dem Vorbringen eindeutig fest, dass virtuelle Rennen, nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Hunderennen, gezeigt wurden und auf deren Ergebnis „gewettet“ wird.“
Das Finanzamt zitierte die Passage aus den Greyhound Rules der X Homepage und schloss daraus:
„Virtuelle Rennen stellen daher – auf Grund derselben Funktionsweise wie sämtliche Varianten von aufgezeichneten Rennen – Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG dar.“
Das Finanzamt legte einen Ausdruck „Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com, Abfrage vom 20.6.2013, in englischer Sprache bei. Diese Spielbedingungen werden auszugsweise wiedergegeben:
„Die Virtuellen Greyhoundrennen von X finden in F und E statt. Die darauf abgegebenen Wetten finden auf der Grundlage dieser Spielbedingungen statt.
Von den Virtuellen Hunden (Greyhounds) sind jeweils sechs Hunde in jedem Rennen, man kann auswählen, ob man lieber ein Rennen oder einen Hürdenlauf möchte, jedes Rennen dauert ungefähr 30 Sekunden und die Rennen finden bei Sonne, Wolken oder in der Nacht statt.
Es gibt verschiedene Gewinnmöglichkeiten, die auf weiteren Seiten beschrieben wurden.
Nach der Hauptspielregel:
- Beginnt jedes Rennen mit einer Einleitung, in welcher eine Liste mit den Hunden mit ihren Nummern und Auszeichnungen eingespielt wird. Darauf folgt das Rennen.
- Bedingt durch die Eigenschaft des Streamings bei Einspielung des Videos kann es sein, dass Ton und Bild nicht synchron ausgestrahlt werden, was aber keinerlei Auswirkungen auf das Ergebnis hat.
- Wenn das Rennen zu Ende ist, wird die Wiederholung des Zieleinlaufes der Hunde ausgestrahlt und darauf eine Aufstellung der ersten drei Finalisten gezeigt.
- Wir bemühen uns, Ihre Wette unmittelbar nach Beendigung des Rennens zu bearbeiten, aber bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass eine kurze Verzögerung nicht auszuschließen ist.
- Nachdem das Ergebnis gezeigt wurde, wird die Einleitung des nächsten Rennens gezeigt. Jedes Ergebnis wird auf der website nur kurz gezeigt.
- Wenn ein Rennen gestartet ist, werden die Wettmöglichkeiten für das nächste Event angezeigt.
Das Virtual Racing ist eine computergenerierte Präsentation, bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet. Der Zufallsgenerator wurde überprüft und mit Zertifikat versehen.
Für den Fall, dass ein Rennen nicht startet oder das Ergebnis nicht festgemacht werden kann wird das Rennen für ungültig erklärt und der Betrag wird zurückgezahlt entsprechend den Geschäftsbedingungen.
Wenn unentschiedene Wetten innerhalb von 90 Tagen nicht entschieden werden, wird der Wetteinsatz an den Spieler zurückerstattet.
Maximaler Wetteinsatz sind 25.000 brit. Pfund. “
1.8. Berufungs/Beschwerdeergänzung der Bf. vom 17.9.2013 – und Vorlage zweier Gutachten:
- „ SachverständigerH “ Statistisch-mathematisches Gutachten über Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen vom 31.5.2013 und
- SachverständigerH“ Statistisch-mathematisches Gutachten über Geschicklichkeit oder Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen vom 8.8.2013
In dieser Ergänzung legte die Bf. zwei Gutachten zum Beweis vor, dass der Zufall bei den gegenständlichen Wetten nur eine untergeordnete Rolle spiele, weswegen schon aus diesem Grund kein die Glücksspielabgabe begründender Tatbestand vorliege.
Zum Vorlagebericht erwiderte die Bf., dass § 33 TP 17 GebG ganz allgemein Wetten besteuere und nicht nur Sportwetten. Sonstige Wetten – wie sie die Bf. durchführe - unterlägen aber nicht der Glücksspielabgabe. Den weiteren Ausführungen des Finanzamtes könne nicht gefolgt werden. Mit keinem der zitierten höchstgerichtlichen Erkenntnisse werde über virtuelle Rennen entschieden, deren Ausgang allein in der Zukunft liege und keinem der Beteiligten bekannt sei und von diesen auch in keiner Form beeinflusst werden könne. Bedauerlicher Weise werde sogar vom VwGH in den jüngsten Erkenntnissen immer wieder vernachlässigt, dass es abgesehen von Wetten auf sportliche Ereignisse auch noch erlaubte andere Wetten gäbe, die keine Glücksspiele seien. Die Bf. verwies auf VwGH 25.9.2012, 2011/17/0296 und vertrat dazu, dass der Gesetzgeber 1949 durch das Sporttotogesetz und 1952 durch das Pferdetotogesetz sowie durch § 7 GSpG (Toto) bestimmte – aber eben nicht alle - Wetten als Glücksspiele erfasst habe.
Im Übrigen habe die Bf. zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass es sich bei den gegenständlichen Wetten um Sportwetten handle. Die gegenständlichen Wetten seien „sonstige Wetten“ die weder dem Glücksspielgesetz noch der Glücksspielabgabe unterlägen. Zu den Ausführungen des Finanzamtes zur Verwendung von Zufallsgeneratoren bei der Herstellung der virtuellen Rennen werde auf die beiden beigeschlossenen mathematischen Gutachten verwiesen.
Die Bf. legte vom Gutachten vom 8.8.2013 nur die Zusammenfassung von acht Seiten vor und bot an, dieses wegen des Gesamtumfanges von 97 Seiten via E-Mail zu übermitteln.
1.8.1. „SachverständigerH“ Statistisch-mathematisches Gutachten über Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen vom 31.5.2013 (10 Seiten)
Das Gutachten wird auszugsweise wiedergegeben:
Einleitend wird festgestellt, dass das Gutachten von der Firma B GmbH, die die Software vertreibt, mit welcher ua. elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen von österreichischen Vermittlungsfilialen zum Buchmacher C s.a. vermittelt werden, in Auftrag gegeben wurde.
Mit diesem Privatgutachten sollte die Frage geklärt werden, ob die Vorhersagbarkeit der Sieger bei diesen elektronisch erzeugten Hunde/Pferderennen durch Geschicklichkeit bzw. Beobachtung vom Wettteilnehmer beeinflusst werden kann oder ob die Vorhersagbarkeit dieser Rennen für die Wettteilnehmer ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. („SachverständigerH“, Gutachten 31.5.2013, 2).
Die Rennen werden von dritter Seite elektronisch bereitgestellt und erzeugt. („SachverständigerH“, Gutachten 31.5.2013, 3). Die Hunderennen finden mit 1082 Hunden statt, die statistisch ausgewertet werden und zwar mit jeweils 47 und 817 Wettrennen. „Statistisch wurde nachgewiesen, dass die Rennergebnisse nicht vom Zufall abhängen, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit signifikant abweichen. Es können mit entsprechendem Geschick die Gewinnchancen entsprechend der Erfahrung des Wettteilnehmers (Beobachtung der Rennergebnisse bzw. Beachtung der vom Buchmacher angebotenen Quoten) deutlich vom Mittelwert abweichen.“ („SachverständigerH“, Gutachten 31.5.2013, 5). „Die Vorhersagbarkeit der Wetten auf die gegenständlichen elektronisch erzeugten Hunde/Pferderennen ist nicht ausschließlich oder überwiegend von Zufall abhängig.“ („SachverständigerH“, Gutachten 31.5.2013, 6)
Auf den Seiten 7 bis 10 findet sich die Anlage zum Gutachten. Der Gutachter stellte eine Wahrscheinlichkeitsrechnung für Würfelergebnisse von 290 Würfelwerten auf, bei welchen die T-Wert Statistik 1,559 unter 11,07 liegt („SachverständigerH“, Gutachten 31.5.2013, 7-8), wendete den so genannten „Chi-quadrat-test“ mit dem Wert von 11,07 für 1081 Hunde an und kam zu dem Schluss, dass ein Großteil der ausgewerteten Hunde den Wert der T-Wert Statistik um 2,71 bis 7,88 überschreitet. („SachverständigerH“, Gutachten 31.5.2013, 9-10 samt Auswertungen der namentlich benannten Hunde auf mehreren Seiten).
1.8.2. „SachverständigerH“ Statistisch-mathematisches Gutachten über Geschicklichkeit oder Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen vom 8.8.2013
Mit diesem Privatgutachten sollte die Frage geklärt werden, ob die Vorhersagbarkeit der Sieger bei diesen elektronisch erzeugten Hunde/Pferderennen durch Geschicklichkeit bzw. Beobachtung vom Wettteilnehmer beeinflusst werden kann oder ob die Vorhersagbarkeit dieser Rennen für die Wettteilnehmer ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Ferner sollte geklärt werden, ob es eine Erfolgsstrategie gäbe, die zumindest den Einsatz des riskierten Kapitals verspreche. Ferner sollten jene Strategien beurteilt werden, die langfristig einen Ertrag deutlich über dem riskierten Kapital ermöglichten. („SachverständigerH“, Gutachten 8.8.2013, 2).
Es bestehen für die Virtuellen Rennen – ebenso wie bei „natürlichen“ Rennen - vereinfacht drei Gruppen von Hunden bzw. Pferden, nämlich Top-Performer, die in 75% der Fälle die Ränge 1-3 belegen, Underdogs, jene Hunde und Pferde, die in 75% der Fälle die Ränge 4-6 oder mehr belegen und Mittelmaß, das sind jene Hunde bzw. Pferde, die weder in Gruppe 1 oder Gruppe 2 liegen. Die Ergebnisse des einzelnen Hundes bzw. Pferdes schwankt innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß. Diese Schwankungen werden bei elektronisch erzeugten Rennen innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß mittels eines Zufallsgenerators simuliert. Damit kommen die elektronisch erzeugten Rennen den „natürlichen“ Rennen mehr als nahe, da diese „natürlichen“ Rennen weit größere Schwankungen innerhalb der gleichen Gruppen ausweisen, weil Einflüsse des Wetters und der Tagesverfassung des einzelnen Tieres erheblich sein können. („SachverständigerH“, Gutachten 8.8.2013, 4).
Der Gutachter kam zu folgender Zusammenfassung: Bei den vom Auftraggeber vorgelegten elektronisch erzeugten Rennen wurden sowohl Informationen über die Ergebnisse der letzten vier Rennen des teilnehmenden Hundes/Pferdes, der Startbahn, des Datums des Rennens und der vorhergehenden Rennen und anderer Rahmenbedingungen (wie Trainer etc.) für die Wettteilnehmer zur Verfügung gestellt. Die verwendeten Zufallsgeneratoren geben den Teilnehmern sogar bessere Wettchancen als die echten Sportrennen. Weiters besteht eine bekannte und publizierte Strategie, die den langfristigen Kapitalerhalt (nach Kosten) sichert, da der Teilnehmer auf verschiedene Ausgänge zugleich setzen kann. Weichen die von den Buchmachern angebotenen Quoten nicht allzu sehr von den echten Wahrscheinlichkeiten (die aus der Erfahrung abgeschätzt werden können) ab (dh. unter 15%), so kann ein Spieler mit Erfahrung langfristig Gewinne erzielen und sein Kapital erhöhen. Durch verbesserte Verfahren erzielt man nach internationalen Studien 15% - 18% des eingesetzten Kapitals. Betragen die Kosten insgesamt weniger als 15% (Steuern und Buchmacheranteil) so erzielt man bei optimaler Strategie langfristig einen stabilen Gewinn. Dies wird auch durch den (österr. wie deutschen) Steuergesetzgeber anerkannt, weil er die gewerbsmäßigen Spieler mit hohen Erträgen als Gewerbetreibende betrachtet und den Gewinn besteuert. Damit unterliegen die vorgelegten elektronisch erzeugten Hunde-/Pferderennen als Wetten nicht dem Glücksspielgesetz.“ („SachverständigerH“, Gutachten 8.8.2013, 7).
2. Beweisaufnahmen
Das Bundesfinanzgericht nahm Einsicht in die Akten des Finanzamtes, sowie in die von der Bf. vorgelegten Gutachten:
- Gutachten des SachverständigerG über „das Wettkassensystem der Bges.m.b.H. zum Abschluss oder Vermittlung von Wetten zur Fa. C s.a.“ vom 30.7.2012
- „SachverständigerH“ Statistisch-mathematisches Gutachten über Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen vom 31.5.2013 und
- SachverständigerH“ Statistisch-mathematisches Gutachten über Geschicklichkeit oder Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde/Pferderennen vom 8.8.2013.
Wie die Bf. bereits in ihrer Beschwerdeschrift angeboten hat, übersendete sie mit E-Mail vom 10.12.2014 diese statistisch mathematischen Gutachten über Geschicklichkeit oder Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde- und Pferderennen samt Beilagen, ds
Wayne Snyder , „Horse Racing: Testing the Efficient Markets Model“, The Journal of Finance, Vol, XXXIII, No 4, Sept. 1978, p 1109-1118.
Mukhtar M. Ali , „Probability models on horse-race outcomes“, Journal of Applied Statistics, Vol 25, No 2, 1998, p 221-229.
Victor S. Lo and John Bacon –Shone, „Pobability and Statistical Models für Racing,“ Journal of Quantitative Analysis in Sports, Vol 4 [2008], Iss. 2, Art, p 1-12.
Victor S. Lo „Probability and Optimization Models for Racing,“ Powerpointpräsentation
Noah Silverman , „A Hierarchical Bayesian Analysis of Horse Racing“ The Journal of Prediction Markets (2012) 61, 1-13.
Stefen Lessman, Ming-Chien Sung, Jonnie E.V. Johnson „Adapting Least-square Support Vector Regression Models to Forecast the Outcome of Horseraces“, The Journal of Prediction Markets (2007) 1,3, 169-187.
Als Beweis dafür, dass die Schwankungsbreite der Ergebnisse bei elektronisch erzeugten Rennen geringer ist als bei „natürlichen Rennen“, mit welchen sich diese Artikel befassten.
Die Bf. überreichte mit E-Mail vom 9.1.2015 eine Stellungnahme zum Vorhalt zur Vorbereitung der Senatsverhandlung:
„Es wird auf das gesamte bisherige Vorbringen verwiesen, insbesondere darauf, dass es sich gegenständlich um Wetten handelt, die nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen, und somit die Bedeutung des Zufalls keine Rolle spielt.
Ungeachtet dessen wurde durch die vorgelegten Gutachten aber auch nachgewiesen, dass der Zufall bei den gegenständlichen Wetten eine nur untergeordnete Rolle spielt. Es „regiert“ nicht die ,Fülle des Zufalls‘ sondern die ,Fülle der Geschicklichkeit‘.
Der Begriff des Zufallsgenerators wird vom Finanzamt hier insofern überstrapaziert um den Eindruck zu erwecken, dass die Vorhersage der Ergebnisse der Rennen durch Geschicklichkeit nicht beeinflussbar wäre. Es sei nochmals darauf verwiesen, dass die vorgelegten Gutachten eindeutig darlegen, dass dem nicht so ist. Tatsache ist, dass es eben unterschiedliche Arten der Funktionsweise von sogenannten „Zufallsgeneratoren“ gibt. Es sei auch darauf hingewiesen, dass es gerade unumgänglich notwendig ist, dass hier eine gewisse Zufallskomponente „künstlich“ eingebaut ist, sonst wären die Ergebnisse der Rennen ja praktisch „vorprogrammiert“ und würden von vornherein feststehen. Damit könnte dem Wettbetrug damit Tür und Tor geöffnet werden.
Im Übrigen sind auch bei realen Rennen die schwankenden Ergebnisse der natürlichen Tiere nicht mit Spezialwissen, etwa ob der Hund oder das Pferd vorher wenig gegessen hat oder nicht, vorhersagbar. Wie das Rennen tatsächlich ausgeht, das bestimmt letztendlich auch hier der Zufall. Gewettet wird ja gerade, weil der Ausgang der Wette auch mit noch so umfassendem Spezialwissen nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann.
Die vorgelegten Gutachten zeigen aber auch eindeutig auf, dass die Ergebnisse der gegenständlichen virtuellen Rennen sogar besser vorhersagbar sind als bei realen Rennen.
Die genannten Zusatzinformationen wie „am Vortag wenig gegessen“ sind überdies für den Durchschnitts-Wettkunden, auch wenn er noch so interessiert ist, so gut wie nicht erhältlich und gehen schon sehr nahe in Richtung „unerlaubte Insiderinformation“ und Wettbetrug. “
Die Stellungnahme wurde dem Finanzamt mit E-Mail am 9.1.2015 weitergeleitet.
Am 12.1.2015 fand die mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Die Bf. hat zwar einen Fristsetzungsantrag (VwGH Fr 2014/16/0003) nur bezüglich der Beschwerde betreffend Glücksspielabgaben Jänner 2011 (RV/7101560/2013) gestellt. Da die Beschwerden bezüglich Glücksspielabgaben Februar 2011 bis Dezember 2012 im Wesentlichen gleichlautend sind, erklärt die Bf., dass diese in die mündliche Verhandlung miteinbezogen werden sollen. Sowohl die Bf. als auch das Finanzamt verwiesen im Großen und Ganzen auf ihr bisheriges Vorbringen. Das Finanzamt ersuchte, die Beschwerde abzuweisen, die Bf. ersuchte, der Beschwerde stattzugeben.
3. Festgestellter Sachverhalt
Die Bf. vermittelt Wettteilnehmer an den Buchmacher Cs s.a. Die erforderlichen EDV-Geräte samt Software mietet die Bf. von der Firma B GmbH. (Finanzamt, Niederschrift über die Nachschau vom 6.2.2013, 2). Das Finanzamt überprüfte am 10.12.2012 das Wettangebot der Bf. und stellte fest, dass auch Virtuelle Hunde- und Pferderennwetten gespielt wurden.
Diese Virtuellen Hunde- und Pferderennwetten wurden nach Sachverhaltsdarstellung der steuerlichen Vertretung der Bf. von der Firma X angeboten und können im Internet unter ???.com abgerufen werden. (Finanzamt, Niederschrift über die Nachschau vom 6.2.2013, 3). X ist ein englischer Buchmacher, der diese virtuellen Rennen herstellt und darauf selbst Wetten anbietet und abschließt. (G, Gutachten 6). Laut Gutachter erstellt die C s.a., der Buchmacher, zu dem die Bf. vermittelt, zu diesen virtuellen Rennen jeweils eigene Quoten, zu denen sie Wetten auf den Ausgang der Rennen abschließt. Die C s.a. wettet bei diesen Rennen nur auf Sieger. (G, Gutachten 37). Die eigenen Quoten der C s.a: hohe Quoten reduziert sie oft, teilweise übernimmt sie die Quoten. (G, Gutachten 10). Die Quoten kommen vom Buchmacher teilweise erst kurz vor dem Start des Rennens und werden über einen eigenen Quotenfernseher den Wettteilnehmern angezeigt. (G, Gutachten 10, 22, Text zu Abb. 18 Wetteingabemaske für das Echtpferderennen (Schwarz), G, Gutachten 26, Text zu Abb. 25).
Die Wettabgabe geht so vor sich: Die Abgabe der Wetten auf den Ausgang der Virtuellen Hunde/Pferderennen ist ausschließlich am Wettschalter der Bf. möglich. D.h. der Wettteilnehmer muss den Filialmitarbeiter mit der Vermittlung der Wette beauftragen. Dieser gibt die Wette in das EDV-System händisch ein. Der Vermittler erhält den Wetteinsatz für den Buchmacher und händigt dem Wettteilnehmer sein Wettticket aus. Auf diesem Wettticket ist Einsatz, möglicher Gewinn, Zeit des Ticketausdruckes, Inhalt der Wette und der Buchmacher, zu dem die Wette vermittelt wurde, vermerkt. Wird das Wettticket vom Buchmacher als gewonnen bestätigt, so bezahlt der Vermittler im Namen und Auftrag des Buchmachers den Wettgewinn an den Wettteilnehmer. Alle gewonnenen Wetttickets müssen für die Auszahlung von einem Mitarbeiter der Bf. in die Wettanlage zur Abrechnung eingegeben werden. (G, Gutachten 6; Finanzamt , Niederschrift über die Nachschau vom 6.2.2013, 3).
Virtuelle Hunde/Pferderennen sind Rennen, die von computeranimierten Tierdarstellungen (seltener grafische, die im Papiermodus als „Zeichentrickfilme“ bezeichnet werden, sondern meistens von realen Vorlagen wie z.B. Fotos oder Scans bearbeitete Animationen), die mit Namen, Trainer und Form versehen, nach mathematischen Funktionen im Computer durchgeführt werden. Das heißt, es handelt sich nicht um „natürliche“ Tiere, sondern um artifiziell geschaffene Tierdarstellungen, die mit Namen individualisiert werden (das entspräche im Papiermodus „Zeichentrickfiguren“). Die Rennen finden ebenfalls nicht „natürlich“ statt, sondern d as Virtual Racing ist laut „Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com , Abfrage des Finanzamtes vom 20.6.2013 „eine computergenerierte Präsentation bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet .“
Es bestehen für die Virtuellen Rennen artifiziellen Tierdarstellungen – ebenso wie bei „natürlichen“ Rennen - vereinfacht drei Gruppen von Hunden bzw. Pferden, nämlich Top-Performer, die in 75% der Fälle die Ränge 1-3 belegen, Underdogs, jene Hunde und Pferde, die in 75% der Fälle die Ränge 4-6 oder mehr belegen und Mittelmaß, das sind jene Hunde bzw. Pferde, die weder in Gruppe 1 oder Gruppe 2 liegen. Die Ergebnisse des einzelnen Hundes bzw. Pferdes schwanken innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß. Die Ergebnisse, die die jeweilige virtuelle Tierdarstellung in den letzten vier Rennen erreicht hat, werden als "Form" bezeichnet, die wie bei den „natürlichen“ Tieren durch eine vierstellige Zahl dargestellt wird. Wurde das „natürliche“ oder „virtuelle“ Tier im 4-letzten Renner Fünfter, dann Vierter, dann Erster und in seinem letzten Rennen Zweiter, so lautet die Zahl: 5412. (G, Gutachten 10). Diese Schwankungen werden bei elektronisch erzeugten Rennen innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß mittels eines Zufallsgenerators simuliert. („SachverständigerH“, Gutachten 8.8.2013, 4). Das heißt, die vierstellige Zahl, die die Form der virtuellen Tierdarstellung wiedergibt, wird jeden Tag um 7:30 für jede virtuelle Tierdarstellung vom Computer vergeben. (Bf., Sach- und Rechtslage vom 20.9.2012).
Nach den Spielbedingungen der Firma X im Internet finden z.B. di e Virtuellen Greyhoundrennen in F und E statt. Von den Virtuellen Greyhounds sind jeweils sechs Hunde in jedem Rennen, man kann auswählen, ob man ein Rennen oder einen Hürdenlauf möchte, jedes Rennen dauert ungefähr 30 Sekunden und die Rennen finden bei Sonne, Wolken oder in der Nacht statt, d.h. auch die Wetterlage wird vom Computer simuliert. Maximaler Wetteinsatz sind 25.000 brit. Pfund. („Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com, Abfrage des Finanzamtes vom 20.6.2013). Diese virtuellen Hunde/Pferderennen finden im Vier-Minuten-Takt statt. Vor dem jeweiligen Beginn werden die teilnehmenden virtuellen Hunde- bzw. Pferde mit Namen und Startnummern vorgestellt. Angezeigt wird einerseits die angebotene Quote der jeweils teilnehmenden virtuellen Hunde- bzw. Pferde, andererseits aber auch die "Form" der jeweiligen teilnehmenden virtuellen artifiziellen Hunde- bzw. Pferdedarstellung. (G, Gutachten 9; „Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com, Abfrage des Finanzamtes vom 20.6.2013).
Die Auswahl der einzelnen künftigen virtuellen Rennen steht für die nächsten zwei Stunden fest. Wettteilnehmer können sich darüber informieren und sich die zukünftigen virtuellen Rennen der nächsten zwei Stunden vom Wettvermittler ausdrucken lassen. Laut Bf. werde dies bei einigen Stammkunden regelmäßig auch so durchgeführt. (G, Gutachten 10).
4. Rechtliche Erwägungen
4.1. Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG idF BGBl. I 2010/54 ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz.
Gemäß § 59 Abs. 3 GSpG haben die Schuldner der Abgaben nach § 57 und § 58 diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonat (Fälligkeitstag) an das Finanzamt .... zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. .... Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige.....
Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG idgF unterliegen Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird, der Gebühr. Im Inland abgeschlossene Wetten, die nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen ... 2 vH. Gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG gilt eine Wette auch dann als im Inland abgeschlossen, wenn sie vom Inland in das Ausland vermittelt (§ 28 Abs. 3) wird... Gemäß § 33 TP 17 Abs. 3 GebG ist die Wettgebühr nach Abs. 1 Z 1, auch wenn eine Urkunde nicht errichtet wird, ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten…..
4.2. Spiel und Wette im bürgerlichen Recht und bei den im Gebühren- und Glücksspielgesetz geregelten Rechtsverkehrsteuern
Vorweg sei bemerkt, dass das Glücksspielgesetz einen ordnungspolitischen Teil (z.B. das Monopol) und einen abgabenrechtlichen Teil, z.B. die Glücksspielabgaben gemäß §§ 57 ff GSpG umfasst. (vgl. Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 19892 24). In vorliegender Entscheidung geht es darum, ob der von der Bf. verwirklichte steuerlich bedeutsame Sachverhalt entweder in die Rechtsgeschäftsgebühr des Gebührengesetzes 1957 oder unter den (ebenfalls als Rechtsverkehrsteuer konzipierten) abgabenrechtlichen Teil des Glücksspielgesetzes fällt. Im Speziellen ist fraglich, ob Wetten auf die „Virtuellen Rennen von artifiziellen Tierdarstellungen“ steuerrechtlich gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG mit 2% oder gemäß § 57 Abs. 1 GSpG als Glücksspiele mit 16% jeweils vom Einsatz der Abgabenpflicht unterliegen.
Wo Steuergesetze – wie § 33 TP 17 GebG vom „Rechtsgeschäft Wette“ bzw. § 57 Abs. 1 GSpG iVm § 1 Abs. 1 GSpG von Spiel spricht – Begriffe verwenden, die dem Zivilrecht entnommen sind, ist zu prüfen, ob dem Gesetzesausdruck, der synonym ist mit einem Begriff des Zivilrechts, nicht ein vom Zivilrecht abweichender wirtschaftlicher Sinn beizumessen ist. Die vom Steuergesetzgeber verwendeten Begriffe des Zivilrechts sind teleologisch an dem Zweck des Steuergesetzes auszurichten und damit vielfach in Abweichung vom zivilrechtlichen Verständnis nach ihrem im Lichte der spezifisch steuerrechtlichen Wertungen maßgeblichen wirtschaftlichen Gehalt zu interpretieren. (Tipke/Lang 21, dSteuerrecht § 5 Rz 70). So sprach der Verwaltungsgerichthof im Erkenntnis VwGH 27.4.2012, 2008/17/0175 zum Glücksspielbegriff des Glücksspielgesetzes aus, dass die zivilrechtliche Begriffsbildung nicht von entscheidender Bedeutung ist, sondern maßgeblich ist, wie die Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 1 GSpG zu verstehen ist.
Im Folgenden wird dargestellt, dass die Rechtsverkehrsteuern in Form der Glücksvertragsgebühren gemäß § 33 TP 17 GebG und in Form der Glücksspielabgaben gemäß § 57 GSpG die zivilrechtliche rechtsgeschäftliche Grundlage der Glücksverträge zwar übernehmen, aber eine eigene Unterscheidung zwischen Wette und Glücksspiel treffen.
Das Glücksspielgesetz enthält mit der Glücksspielabgabe abgabenrechtliche Regelungen, es regelt aber nicht das Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes, sondern setzt dies in § 1 Abs. 1 GSpG voraus. Der Begriff Spiel ist nicht im Glücksspielgesetz definiert, sondern Spiel ist der entgeltliche Glücksvertrag iSd § 1267 ABGB. (Manfred Burgstaller, Grundfragen des Glücksspielstrafrechts, RZ 2004, 214).
§ 1269 ABGB zählt unter den Glücksverträgen ieS die Wette (§ 1270 ABGB), das Spiel (§ 1272 ABGB) und das Los (§ 1273 ABGB) auf, deren Gegenstand die Hoffnung einer bedingten Leistung ist (Wolff in Klang 2, V, 984; Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts II/12, 1928, 613, 615, a.A. Hasberger/Busta, Top die Wette gilt. Internetsportwetten nach österreichischem und europäischem Recht, MR 2005, 49, vgl. UFS 7.10.2011, RV/0743-W/11). Ein Spiel (§ 1272 ABGB) ist ein zumindest zweiseitiger verbindlicher Vertrag. Der Spielvertrag kommt durch ein Angebot und die Übergabe des Einsatzes durch den Spielteilnehmer zustande. (Bydlinski, Zivilrechtsfragen des „kleinen“ Automatenglücksspiels, ÖJZ 2008, 699; Strejcek/Bresich (Hg.), Glücksspielgesetz-Kommentar2, 2011 § 2, RZ 9). Die „Gegenleistung“ die sich der Spieler für die Hingabe seines Geldes erwartet, ist die Hoffnung auf eine Gewinnchance. Es kann aber auch sein, dass er nichts bekommt und seinen Einsatz verliert.
Eine Wette iSd § 1270 ABGB liegt vor, wenn eine Leistung für den Fall zugesagt wird, dass sich eine Behauptung über ein beiden Vertragsteilen noch unbekanntes Ereignis als zutreffend erweist. Jedes Spiel ist gemäß § 1272 ABGB eine Art von Wette, weshalb die für Wetten festgesetzten Rechte auch für Spiele gelten. Das bürgerlich-rechtliche Rechtsgeschäft Spiel spannt sich über sämtliche Erscheinungsformen des Spiels, sowohl über Geschicklichkeits-, als auch Glücksspiele, dazu gehören z.B. sportliche Wett“spiele“ wie Fußballspiel, Boxwettkampf, Wettlauf, Tennisturnier, aber auch um die Wette Kegelspielen, Armbrustschießen, Bridge, Schach, Roulette, Black Jack, Kartenpokerspiel und das Spiel in Losen. Dass ein Spiel auch der körperlichen oder geistigen Ertüchtigung dient, nimmt ihm nicht den Charakter des Spiels im Rechtssinne. (Stefula, Klang3 § 1270-1272 Rz 40).
Zur Frage, ob Spiel oder Wette der umfassendere Begriff ist, werden sowohl im Zivilrecht, als auch zum Glücksspielgesetz in der Literatur beide Meinungen vertreten.
Für das Zivilrecht hat die Unterscheidung keine Bedeutung. Stefula vertritt, dass die Wette der Oberbegriff, das Spiel der Unterbegriff ist (ebenso Hasberger/Busta, Top die Wette gilt. Internetsportwetten nach österreichischem und europäischem Recht, MR 2005, 49) , jedes Spiel ist eine spezielle Wette, aber nicht jede Wette auch ein Spiel, zum Wesen des Spiels gehört, dass die Spieler selbst eine Tätigkeit entfalten. (Stefula, Klang3 § 1270-1272 Rz 38, 44). Anders Ehrenzweig, es ist zwar jedes Spiel nach § 1272 ABGB eine Art von Wette, doch besser behandelt man umgekehrt den vielumfassenderen Begriff des Spiels als den weiteren, so dass die Wette als eine Art des Spiels erscheint. Spielzweck ist die Herbeiführung der „Spannung“, der sowohl beim Spiel als auch bei der Wette gegeben ist. (Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts II/12, 1928, 613, 615). Laut Wolff ist der Unterschied von Spiel und Wette für das österreichische Recht gleichgültig, „weil dieses jedes Spiel als „eine Art von Wette“ ansieht und keine besonderen Vorschriften dafür gibt…..Daher sind Rennwetten bei Totalisateur oder Buchmacher Spiel. Das ist insbesondere auch deshalb, weil der Buchmacher gegen alle Pferde „wettet“, also behaupten müsste, dass keines siegt…..Die Durchführung eines Spiels kann selbst Austragung einer Wette sein, so z.B. wenn A mit B wettet, dass er ihn im – entgeltlichen - Schachspiel besiegen werde…“. (Wolff in Klang III, 899ff; 906-907).
Das Glücksspielgesetz nimmt in § 1 Abs. 1 GSpG nur den Teil der bürgerlich-rechtlichen Glücksverträge ieS (Wette, Spiel, Los) in seinen Gegenstand auf, nämlich diese, bei welchen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Die Unterscheidung von Wette und Spiel ist zwar für das bürgerliche Recht gleichgültig, aber nicht für die Rechtsgeschäftsgebühren und die Abgaben nach dem Glücksspielgesetz (vor dem 1.1.2011 das Gesetz vom 28. Juli 1919 betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (StGBl. 388/1919 [GTBW-G]), da für die Frage ob § 33 TP 17 GebG oder § 57 GSpG zur Anwendung kommt, das Drehmoment die vorwiegende Zufallsabhängigkeit des Spielergebnisses ist. Grundsätzlich haftet jeder Wette über den Ausgang eines sportlichen Wettkampfes auch ein Zufallsmoment an, da gewisse Faktoren (z.B. Wetter, konkrete Mannschaftsaufstellung, Tagesform der Spieler etc.) auch bei Sachkenntnis und Erfahrung nicht vorhersehbar und somit als aleatorisch zu qualifizieren sind. Aus § 7 GSpG „Toto“ kann man schließen, dass das Glücksspielgesetz insofern den Spielbegriff als den gegenüber der Wette umfassenderen verwendet, da beim Sporttoto jedenfalls der Zufall überwiegt, weil Spieler die Spiele nicht auswählen können und die Quote nicht bekannt ist. ( Strejcek/Bresich (Hg.), Glücksspielgesetz-Kommentar2, 2011 § 7, RZ 3,4). Da § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG konkretisiert, dass Wetten, die nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen, wenn zumindest eine der am Rechtsgeschäft mitwirkenden Personen Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG ist, der Rechtsgeschäftsgebühr unterliegen, umfasst der Spielbegriff des Glücksspielgesetzes grundsätzlich auch Wetten. Der Meinung von Hasberger/Busta, Top die Wette gilt. Internetsportwetten nach österreichischem und europäischem Recht, MR 2005, 49, dass es sich bei Spiel und Wette nicht um idente Begriffe handelt, da Wette der Oberbegriff ist und Spiel eine Unterart der Wette, schließt sich das Bundesfinanzgericht unter Bezugnahme auf die Kommentarmeinungen von Wolf in Klang und Ehrenzweig nicht an.
4.3. Rechtsverkehrsteuerliche Zuordnung der Wetten auf „Virtuelle Hunde- und Pferderennen“ im Lichte des Berufungs/Beschwerdevorbringens
Nach Stefula, Klang3 § 1270-1272 Rz 38 liegt ein Spiel im Rechtssinn nur dann vor, wenn „um etwas gespielt wird“ der Sieger also einen Preis bekommen soll. Wie bei der Wette ist es also erforderlich, dass die Entscheidung ob der eine oder der andere gewinnt, von einem unbekannten Ereignis abhängt. Nicht maßgeblich ist wegen § 914 ABGB jedenfalls die Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien. (Stefula, Klang3 § 1270-1272 Rz 41).
Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet das, dass es nicht nur im Hinblick auf § 914 ABGB gleichgültig ist, ob die Bf. die Wetten auf die virtuellen Tierrennen als Wette oder als Spiel bezeichnet, denn auch beim Spiel wird um etwas gespielt.
Die Bf. führt zur Unterstützung ihres Berufungs/Beschwerdebegehrens an , dass es sich bei diesen Wetten auf virtuelle Hunde- oder Pferderennen schon deshalb nicht um Glücksspiele handeln kann, weil keiner der an der Wette Beteiligten (Wettkunde, Vermittler, Play monitor Vertriebsges.m.b.H., C s.a.) den Wettausgang durch eigenes spielendes Verhalten beeinflussen oder verändern kann. (G, Gutachten 39). Damit rekurriert sie auf Schwartz/Wohlfahrt , Kompetenzrechtliche Zuordnung von Gesellschaftswetten, ecolex 2002, 51, die aus § 1272 ABGB „Spiel ist eine Art von Wette“ schließen, dass es Wetten gibt, die keine Spiele sind. Der Unterschied liegt darin: Während die Spielteilnehmer versuchen, durch ihr spielendes Verhalten den Ausgang des Spiels zu beeinflussen, bleibt der Ausgang einer Wette dem Einflussbereich der Wettteilnehmer entzogen.
Dazu vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Ansicht: es besteht zwar derzeit kein Grund, anzuzweifeln, dass auf die gegenständlichen Wetten auf virtuelle Hunde- oder Pferderennen keiner der an der Wette Beteiligten (Wettkunde, Vermittler, Bges.m.b.H., C s.a.) den Wettausgang durch eigenes spielendes Verhalten beeinflussen oder verändern kann. Doch kann die Bf. für die Frage, ob rechtsverkehrsteuerlich Wette oder Spiel vorliegt, nichts für sich gewinnen.
Ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (z.B. VwGH 21.1.2010, 2009/17/0158; 17.2.2010, 2009/17/0237; VwGH 27.4.2012, 2008/17/0175; VwGH 25.9.2012, 2011/17/0299; VwGH 16.10.2014, 2013/16/0239 [zu UFS 22.11.2013, RV/0343-I/10]) der Ausgang von Wetten auf aufgezeichnete Hunde/Pferderennen ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig, dann liegt ein Glücksspiel iSd Glücksspielgesetzes vor. Hat der Wettende die Möglichkeit die Tiere nach ihrem Gesundheitszustand, nach ihrer Kondition usw. einzuschätzen, dann wurde eine nicht dem Glücksspielgesetz unterliegende Sportwette abgeschlossen. Auf die Rechtsverkehrsteuern bezogen bedeutet das, dass bei vorwiegender Zufallsabhängigkeit eines Glücksvertrages ein Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG vorliegt und bei Entgeltlichkeit und unternehmerischem Glücksspielangebot (= Ausspielung iSd § 2 GSpG) der Abschluss des Glücksvertrages die Glücksspielabgabepflicht gemäß § 57 Abs. 1 GSpG auslöst. Hat der Wettteilnehmer hingegen spezielle Kenntnisse, ist insoweit das aleatorische Moment zurückgedrängt, und der Glücksvertrag ist bei Entgeltlichkeit und unternehmerischem Glücksspielangebot der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 GebG zu unterziehen. Bemerkt wird, dass die zur Abgrenzung zwischen „Glücksspielabgaben nach dem Glücksspielgesetz oder Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 GebG obzitierten Erkenntnisse des VwGH bis auf VwGH 16.10.2014, 2013/16/0239 [zu UFS 22.11.2013, RV/0343-I/10] nicht zu diesen Abgaben ergingen.
Die Bf. wendet bezüglich dieser VwGH-Erkenntnisse wiederholt ein, dass diese zu einem anderen Sachverhalt als dem Gegenständlichen ergangen waren.
Damit ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die Bf. im Recht. Die obzitierten Erkenntnisse ergingen zu Wetten auf Hunde/Pferderennen, die einmal „natürlich“ stattgefunden haben und nun zufallsgeneriert ausgewählt wurden, zusätzlich änderte sich die Quote. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um in der Vergangenheit gefilmte Rennen, die nach Zufallsgenerator eingespielt werden, sondern um virtuelle Rennen von überwiegend computeranimierten Tierdarstellungen, die mit Namen, Startnummer, Form und Trainer versehen werden und bei welchen täglich die „Schwankungen der Tagesverfassung“ nach dem Zufallsprinzip im Computer festgelegt und Auswirkungen auf das Ergebnis, das eben der Computer festlegt, haben.
4.4. Das Erfordernis der vorwiegenden Zufallsabhängigkeit des § 1 Abs. 1 GSpG wird im Sinne der Einheitlichkeit der Steuerrechtsordnung analog zu anderen Verkehrsteuergesetzen ausgelegt.
Mit der Ergänzung zu ihrem Berufungs/Beschwerdevorbringen vom 5.9.2013 legte die Bf. zwei Gutachten zum Beweis vor, dass der Zufall bei den gegenständlichen Wetten nur eine untergeordnete Rolle spiele, weswegen schon aus diesem Grund kein die Glücksspielabgabe begründender Tatbestand vorliege. Nach den beiden Gutachten „SachverständigerH“ errechnete der Gutachter, dass bei den von der Bf. „elektronisch erzeugten Rennen“ sowohl Informationen über die Ergebnisse der letzten vier Rennen des teilnehmenden Hundes/Pferdes, der Startbahn, des Datums des Rennens und der vorhergehenden Rennen und anderer Rahmenbedingungen (wie Trainer etc.) für die Wettteilnehmer zur Verfügung gestellt wurden, womit die verwendeten Zufallsgeneratoren den Wettteilnehmern sogar bessere Wettchancen als die echten Sportrennen einräumen würden. Der Ausgang der Rennen sei vorwiegend prognostizierbar, das heißt daher in mehr als 50 von 100 Fällen richtig prognostizierbar. („SachverständigerH“, Gutachten 8.8.2013, 7). Aufgrund der „SachverständigerH“-Gutachten dürfte die Bf. der Meinung sein, dass das Tatbestandsmerkmal „vorwiegend“ in § 1 Abs. 1 GSpG bedeute, dass deutlich mehr als 50% Zufallselemente und wesentlich weniger als 50% Wissensanteile für die Glücksspieleigenschaft eines Spiels vorhanden sein müssten, was gerade bei „elektronisch erzeugten Rennen“ nicht zuträfe.
Dazu ist zu sagen: Laut VwGH 18.12.1995, 95/16/0047 liegt ein Zufall vor, wenn der Erfolg weder von einem zielbewussten Handeln oder der Geschicklichkeit oder allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn noch weitere Bedingungen dazutreten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen. (Vgl. UFS 22.11.2013, RV/0343-I/10). Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „ausschließliche oder vorwiegende Zufallsabhängigkeit“ verweist Manfred Burgstaller, Grundfragen des Glücksspielstrafrechts, RZ 2004, 214, auf Höpfel, Probleme des Glücksspielstrafrechts, ÖJZ 1978, 423, 424. Vorwiegende Zufallsabhängigkeit ist anzunehmen, wenn „nicht mehr eine berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang entwickelt, sondern letztlich nur auf Grund eines Hoffens, einer irrationalen Einstellung, auf dieses oder jenes einzelne Ergebnis des Spiels gesetzt werden kann“. Diese Auslegung wird auch von Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 1989 2 § 1 Rz 5-10, vertreten. Zufall ist dort, wo das Eintreten des Ereignisses durch keinen erkennbaren bzw. nachweisbaren Grund bewirkt wird. Demnach entspricht dieser Vorstellung von Zufall im Blick auf einen zu beurteilenden Geschehnisablauf nicht ein beliebiges Nebeneinander von "Zufallsbedingungen" und z. B. "Geschicklichkeitsbedingungen" in allen denkbarmöglichen mathematischen Verhältnisgrößen.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist der Text "ausschließlich" oder "vorwiegend vom Zufall abhängig" nicht so zu verstehen, dass hier eine Abwägung mit einem Ergebnis von z B. 53,7 % Zufallskomponente und 46,3 % Geschicklichkeitskomponente als Ziel tatbestandsgemäßer Ermittlungen Platz zu greifen hat. (vgl. UFS 13.12.2004, RV/0421-W/02; UFS 24.7.2007, RV/0369-W/02 ua.). Zufall im Blick auf ein Ereignis ist nur dort, wo es im Gesamten gesehen keinen nachweislichen Grund (Ursachen, wie zielbewusstes Handeln, Geschicklichkeit) zu erkennen gibt. Bei der Beurteilung, ob Zufall oder Geschicklichkeit kausiert, ist eine Tendenz in Ausrichtung Ausschließlichkeit zu erkennen. Entweder "regiert" in seiner Fülle der Zufall oder in seiner Fülle die Geschicklichkeit. Es kann sich bei dem, was den Unterschied zur "Ausschließlichkeit" ausmacht, nur um kleine, eher zu vernachlässigende "Größen" handeln, die dem Spiel in seiner Gesamtbeurteilung nicht seinen "Charakter" nehmen. Bemerkt wird, dass die Wortfolge „ausschließlich oder vorwiegend“ auch in anderen Verkehrsteuergesetzen Tatbestandsmerkmal ist, in § 2 Abs. 1 Z 4 KfzStG („Realverkehrsteuergesetz“) sind von der Kraftfahrzeugsteuer befreit „Omnibusse sowie Kraftfahrzeuge, die ausschließlich oder vorwiegend im Mietwagen oder Taxigewerbe verwendet werden“ und in § 2 Abs. 1 Z 7 KfzStG sind von der Kraftfahrzeugsteuer befreit „Zugmaschinen und Motorkarren, die ausschließlich oder vorwiegend in land- und fortwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden….“. Zu § 2 Abs. 1 Z 7 KfzStG stellten die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage klar, dass „vorwiegend“ im Sinne von „nahezu ausschließlich“ zu verstehen ist (Siehe UFS RV/0459-I/0531, 10.2006). Die Formulierung „ausschließlich oder vorwiegend“ wurde im Glücksspielgesetz einerseits mit Bedacht nicht nur auf seine ordnungspolitischen Funktionen, sondern auch aus Sicht der im Glücksspielgesetz geregelten Rechtsverkehrsteuern auf die Einheitlichkeit des Steuerrechtes getroffen, und andererseits im Hinblick darauf, dass sich der Zufall bei bestimmten (körper-)sportlichen Ereignissen zwischen 49% und 53% auswirkt, die sicherlich nicht vom Glücksspielgesetz erfasst werden sollten. (Internetplattform http.//gambling-institute.de/pokertexte, Kapitel: „Fußball ein Glücksspiel?“, 25. Jörn Quitzau/Henning Vöpel , Der Faktor Zufall im Fußball, Eine empirische Untersuchung für die Saison 2007/2008, HWWI Research, 2009, 15: „Als „Zufall“ müssen alle Einflussfaktoren gelten, die – anders als Qualität der Mannschaften, aktuelle Form, mentale Stärke, Verletzungen oder Sperren – in Bezug auf das Spielergebnis nicht prognostizierbar sind. Wäre der Spielausgang streng deterministisch, würde immer die bessere Mannschaft gewinnen. Tatsächlich aber werden Spiele durch unvorhersehbare Ereignisse beeinflusst. Je ausgeglichener die Mannschaften sind, desto eher sind diese Einflüsse spielentscheidend. In der (deutschen) Bundesliga beträgt der Einfluss des Zufalls auf den Spielausgang durchschnittlich 52,7% und in der Premier League 49,5%. Im Vergleich der jeweils ersten Fünf zeigt sich, dass die Spiele der Premier League mit 54,7% stärker vom Zufall beeinflusst werden als in der Bundesliga mit 53,5%“). Diese Darstellungen entsprechen im Übrigen den Ergebnissen, zu welchen die Autoren der Artikel und der Powerpointpräsentation kommen, die von der Bf. zum „SachverständigerH“ Gutachten am 10.12.2014 nachgereicht wurden. Auf die Ereignisabläufe in der Wirklichkeit wirkt eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die über die speziellen Kenntnisse hinaus das Ergebnis schwer prognostizierbar machen können.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist „ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig“ im Konnex mit dem Tatbestandsmerkmal „ein Spiel“ in § 1 Abs. 1 GSpG zu sehen. Das Ergebnis eines Einzelspiels muss ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Durch die Glücksspielgesetznovelle 2008 wurde § 1 Abs. 1 GSpG neu gefasst – statt der Mehrzahl „Glücksspiele“, wird die Einzahl verwendet, nämlich dass ein Glücksspiel ein Spiel ist, bei welchem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Damit synchronisierte der Glücksspielgesetzgeber die dem Glücksspielgesetz unterliegenden Spiele mit dem „Spielvertrag“ des ABGB, wonach immer das einzelne Rechtsgeschäft vom zeitlichen Beginn bis zum zeitlichen Ende betrachtet wird.
Auf die vorliegenden virtuellen Hunde/Pferderennen angewendet, zeigt sich für das Bundesfinanzgericht folgendes Bild: um bei den von der Bf. zitierten Gutachten „SachverständigerH“ zu bleiben, schwanken die Ergebnisse des einzelnen Hundes bzw. Pferdes innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß. Diese Schwankungen werden bei elektronisch erzeugten Rennen innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß mittels eines Zufallsgenerators simuliert. Damit kämen die elektronisch erzeugten Rennen den „natürlichen“ Rennen mehr als nahe, da diese „natürlichen“ Rennen weit größere Schwankungen innerhalb der gleichen Gruppen ausweisen, weil Einflüsse des Wetters und der Tagesverfassung des einzelnen Tieres erheblich sein können. („SachverständigerH“, Gutachten 8.8.2013, 4).
Vergleicht man eine computeranimierten Tierdarstellung mit einem „natürlichen“ Tier, das zu einem Rennen oder Hürdenlauf gegen andere „natürliche“ Tiere antreten soll, werden zu dem „natürlichen“ Tier bestimmte Informationen wie Startnummer, Trainer, Form, mitgeteilt. Jeder Wetteilnehmer kann – vielleicht aus persönlichen Interessen – darüber hinaus einiges über das „natürliche“ Tier wissen, vielleicht Alter und Züchtung, z.B. Wiedereinstieg nach einer Verletzung oder das Tier war bereits beim Training in ausgezeichneter Form, handelt es sich um das Debüt dieses Tieres bzw. wie viele ausgebildete Rennhunde dieses Rennhundestalls sind in den letzten Jahren immer wieder unter den „Top-Ten“ gewesen. Das heißt, ein Wettteilnehmer kann durchaus über die vom Wettanbieter gegebene Information hinaus weiteres Wissen haben. Der Wettteilnehmer kann um die Tagesverfassung eines „natürlichen“ Hundes oder Pferdes wissen. Abgabenrechtlich sind Wetten auf solche Rennen ein Fall des § 33 TP 17 Abs. 1 GebG.
Bei diesen gegenständlichen virtuellen Tierrennen werden Tierdarstellungen artifiziell im elektronischen Modus - wie Zeichentrickfiguren im Papiermodus - erzeugt. Die schwankenden Ergebnisse der „natürlichen“ Tiere werden bei den computeranimierten Tierdarstellungen innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß mittels eines Zufallsgenerators simuliert. Diese Schwankungen werden täglich um 7:30 elektronisch „aktiviert“. Damit sind die Schwankungen aus Sicht des Wettteilnehmers zufällig und nicht mit Spezialwissen vorhersagbar. Ist dem Wetteilnehmer die Tagesverfassung des „natürlichen“ Hundes/Pferdes bekannt, geht es dem Hund/dem Pferd schlecht oder gut oder es geht ihm sehr gut, d.h. wird er nur Platz 2 oder 3 erreichen oder ist das Tier in Bestform, verfügt er bei den virtuellen Tierrennen über derartige Informationen nicht. Bei elektronisch eingegebenen Schwankungen nützt ein Hintergrundwissen über „fiktive“ Tiere nichts, die Schwankungen sind aus Sicht des Wettteilnehmers zufällig.
Die Erkennbarkeit einer Leistungsfähigkeit, die Prognostizierbarkeit eines Verhalten eines bzw. mehrerer lebendigen Tiere in einer realen Umgebung im Spannungsverhältnis zwischen Geschick und Glück ist mit der Erkennbarkeit der Leistungsfähigkeit einer artifiziellen Tierdarstellung in einer virtuellen Umgebung nicht vergleichbar, zumal im letzteren Fall auf Grund der Willkürlichkeit der vom Programmersteller geschaffenen Gesetzmäßigkeiten (Parameter, Gewichtungen etc.) nicht in gleicher Weise empirisch diagnostizierbare natürlichen Gesetzmäßigkeiten vorliegen, die mit entsprechendem Geschick erfassbar wären. Im letzteren Fall könnten wohl Eigenschaften der artifiziellen Tierdarstellungen oder bestimmte Gegebenheiten der virtuellen Umgebung offengelegt werden und so die Zufallskomponente scheinbar verdrängt werden. Dabei handelt es sich aber dann wohl um den Buchmachern und den Spielteilnehmern gleichermaßen bekannte Umstände, die bloß einen Einfluss auf die Quote haben. Auf die Ereignisabläufe im Computer wirken weniger Einflussfaktoren als in der Wirklichkeit, wodurch der Eindruck einer verminderten Komplexität und damit auch Zufälligkeit entstehen mag. Tatsächlich laufen die Einflussfaktoren „Trainer, Form und Wetter“ ebenfalls über den Zufallsgenerator, wodurch der Zufall „in seiner Fülle“ bestehen bleibt. Es mag sein, dass die Wettteilnehmer, die gute Kenntnisse über die virtuellen Rennen haben, häufiger die Wette gewinnen, doch nehmen einzelne Geschicklichkeitsmomente dem Spiel nicht den Charakter eines Glücksspiels iSd § 1 Abs. 1 GSpG (vgl. VwGH 26.2.2001, 99/17/0215).
Damit ist das Ergebnis aus Sicht des Wettteilnehmers zufällig und nicht mit spezieller „Kenntnis und Wissen“ vorhersagbar. Die Simulation des Zufallsgenerators fließt ohne Umweg in das Ergebnis ein. Das Ereignis findet im Computer statt. Insgesamt wird auf etwas Fiktives gewettet. Den virtuellen Tierdarstellungen werden zwar Name, Startnummer, Trainer und Form zugeteilt. Aus der Form weiß der Wettteilnehmer aber nur, wie der Computer den virtuellen Hund oder das virtuelle Pferd in den letzten vier Rennen abschneiden ließ, über seine Tagesverfassung – spricht welche „Schwankungen“ der Computer eingegeben hat, die sich auf das Ergebnis auswirken, weiß er nichts. Das Ergebnis ist damit zumindest vorwiegend vom Zufall abhängig.
Zur Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht erwiderte die Bf., dass § 33 TP 17 GebG ganz allgemein Wetten besteuere und nicht nur Sportwetten. Sonstige Wetten – wie sie die Bf. durchführe - unterlägen aber nicht der Glücksspielabgabe. Im Übrigen habe die Bf. zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass es sich bei den gegenständlichen Wetten um Sportwetten handle. Die gegenständlichen Wetten seien „sonstige Wetten“ die weder dem Glücksspielgesetz noch der Glücksspielabgabe unterlägen.
Dazu vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Meinung: Der Bf. wird darin Recht gegeben, das § 33 TP 17 Abs. 1 GebG nicht nur Sportwetten besteuert, sondern „entgeltliche Wetten mit unternehmerischer Mitwirkung“, soweit sie nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen. Richtig ist auch, dass nicht alle Wetten dem Glücksspielgesetz unterliegen.
Es seien die Beispiele von Stefula, Klang3 § 1270-1272 Rz 6 herangezogen, wonach „Ereignis iSd § 1270 ABGB auch virtueller Art sein [kann], bspw ein Pferderennen am Computer; hier entscheidet das zufallsgenerierte Computerprogramm, welches Pferd gewinnt. Auch eine Unterlassung kann Gegenstand der Wette sein, so wenn A wettet, dass B nicht imstande sei, einen ganzen Tag lang nicht in den Spiegel zu schauen.“
Hier ist wieder zu sehen, dass bürgerlich-rechtlich beide Glücksverträge Wetten sind. Aus Sicht des § 33 TP 17 GebG sieht das anders aus. Das virtuelle Pferderennen am Computer, weil von Seiten des Wettteilnehmers kaum zufallsminimierendes Wissen eingebracht werden kann, ist „rechtsverkehrsteuerlich“ keine Wette gemäß § 33 TP 17 GebG, sondern es unterliegt als vorwiegend vom Zufall abhängig, den Glücksspielabgaben. Der zweite Fall wäre eine sonstige Wette iSd Bf., die schon mangels Entgeltlichkeit und unternehmerischer Beteiligung weder der Rechtsgebühr, noch den Glücksspielabgaben unterliegt.
Die vorwiegende Zufallsabhängigkeit - das Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 1 GSpG „vorwiegend“ wird im Sinne der Einheitlichkeit der Steuerrechtsordnung analog zu anderen Verkehrsteuergesetzen, wie § 2 Abs. 1 Z 7 KfzStG als „nahezu ausschließlich“ ausgelegt. Auch in der Literatur ist der mathematisch-statistische Ansatz 49/51 überholt (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 1989 2 § 1, RZ 5).
Im Gegensatz zu den Sachverhalten, die bisher den VwGH-Erkenntnissen zur Vergnügungssteuer und zum Glücksspielstrafrecht zugrunde lagen, erfolgt hier keine zufällige Auswahl von bereits stattgefunden habenden „natürlichen“ Rennen, sondern virtuelle Tierdarsteller werden artifiziell im elektronischen Modus geschaffen und mit Eigenschaften wie Startnummer, Trainer, Form uä ausgestattet. Die Tagesverfassung der animierten Tierdarstellungen wird einmal pro Tag vom Computer zufallsgeneriert festgelegt und als Form mit einer vierstelligen Zahl mitgeteilt. Tatsächliche Tagesverfassungen der virtuellen Tiere sind dem Wettteilnehmer aber nicht bekannt und können ihm nicht bekannt sein. Dann lässt der Computer seine sechs Tierdarsteller in einem Rennen oder Hürdenlauf gegeneinander antreten und zufallsgeneriert das Ereignis eintreten. Das heißt, hier wird eine Wette auf das Ergebnis eines virtuellen Rennens abgeschlossen und auf ein zukünftiges –zufälliges - Ereignis gewettet.
Die rechtsverkehrsteuerlich Unterscheidung zwischen Spiel und Wette orientiert sich daran, ob Kenntnisse vorhanden sind, die das aleatorische Moment dieser Glücksverträge zurückdrängen. In den vorliegenden Virtuellen Tierrennen werden für die einzelnen animierten Tierdarstellungen jeden Tag fiktive Formschwankungen eingegeben, doch im Gegensatz zu „natürlichen“ Hunde- oder Pferderennen kennt der Wettteilnehmer die Hintergründe dieser Schwankungen (Top-Form, Wiedereinstieg nach einer Verletzung, Debüt, gute oder schlechte Tagesverfassung) nicht, damit steht das Zufallselement im Vordergrund. Es mag sein, dass im „natürlichen“ Rennen nicht nur durch die individuelle Tagesverfassung der Tiere, sondern z.B. durch Wind- oder Temperaturverhältnisse am Austragungsort die Schwankungen größer sind, aber der Wettteilnehmer kann über diese Hintergründe ein Wissen haben. Ein Teil der Witterungen Sonne, Wolken, Nacht sind ja nach der Spielregel von „Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com, Abfrage des Finanzamtes vom 20.6.2013 ebenfalls in das virtuelle Rennen integriert.
5. Zusammenfassung
Um die Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen rechtsverkehrsteuerlich entweder dem § 57 GSpG oder dem § 33 TP 17 GebG zuteilen zu können, kommt es darauf an, ob das Ergebnis vorwiegend zufallsabhängig oder durch Geschicklichkeit wie spezielle Kenntnisse und Wissen zustande kommt.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um Wetten auf in der Vergangenheit gefilmte Rennen von „natürlichen“ Hunden oder Pferden, die nach Zufallsgenerator eingespielt werden, sondern um Wetten auf virtuelle Rennen von im elektronischen Modus animierten Tierdarstellungen, die mit Namen, Startnummer, Form und Trainer versehen werden und bei welchen täglich die „Schwankungen der Tagesverfassung“ nach dem Zufallsprinzip im Computer festgelegt und Auswirkungen auf das Ergebnis, das eben der Computer festlegt, haben. Der Wettteilnehmer kann sich zwar ein Bild von der jeweiligen virtuellen Tierdarstellung machen, was seine vergangenen Erfolge (vierstellige Formzahl), seine Startnummer und seinen Trainer betrifft, er kann aber nichts über seine aktuelle Verfassung (Top-Form, Wiedereinstieg nach einer Verletzung, Debüt, gute oder schlechte Tagesverfassung, Alter), in der ein „natürliches“ Tier zum Wettrennen antreten würde, wissen. Doch das Ergebnis hängt vom Computerprogramm ab. Nach dem „Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com, Abfrage des Finanzamtes vom 20.6.2013, heißt es, dass das Virtuel Racing eine computergenerierte Präsentation ist, bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet.
Die von § 1 Abs. 1 GSpG geforderte vorwiegende Zufallsabhängigkeit wird im Sinne der Einheitlichkeit der Steuerrechtsordnung analog zu anderen Verkehrsteuergesetzen (§ 2 KfzStG) ausgelegt, nämlich als „nahezu ausschließlich“, und ist im Kontext mit „vom Zufall abhängig“ zu lesen, was bedeutet - das ist der Anschlussgedanke an das ausgedünnte „ich gebe, damit du gibst“ des Rechtsgeschäftes Spielvertrag, - dass „sich eine nicht mehr berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang entwickelt, sondern letztlich nur auf Grund eines Hoffens, einer irrationalen Einstellung, auf dieses oder jenes einzelne Ergebnis des Spiels gesetzt werden kann“ (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 1989 2 § 1, RZ 5 unter Bezugnahme auf Höpfel, Probleme des Glücksspielstrafrechts, ÖJZ 1978, 421). Wetten auf Virtuelle Hunde- oder Pferderennen sind daher rechtsverkehrsteuerlich ein Spiel, das sowohl auf Unterhaltung als auch auf Gewinn gerichtet ist, Spielzweck ist die Herbeiführung der „Spannung“. (Vgl. UFS 28.12.2012, RV/3510-W/11 Wettgebühren; UFS 5.4.2013RV/1194‑W/12, RV/2231-W/12 ua., RV/3470-W/12 ua. Glücksspielabgabe; UFS 7.10.2011, RV/0743-W/11 § 33 TP 17 GebG aF zu Kartenglücksspiel). Auf die Bezeichnung des Glücksspielvertrages als Wette durch die Bf. kommt es gemäß § 914 ABGB nicht an.
Zur Frage „Glücksspiel“ und Berufsspieler, die im Gutachten „SachverständigerH“ vom 8.8.2013 angeschnitten wird, wird bemerkt, dass sich damit die Entscheidung UFS 7.10.2011, RV/0743-W/11 auseinandersetzte, wonach die Berufsspieler nicht aufgrund besonderer Fähigkeiten und Denkleistungen im Rahmen der Spielregeln des Kartenglücksspiels oder besonderer Kenntnisse des psychologischen Taktierens tatsächlich am Kartenglücksspiel verdienen, sondern dadurch dass sie mit „low limit“ Spielern durch vergleichsweise hohe Einsätze den hohen ökonomischen Druck verwenden, unter dem diese Spieler stehen, das Spiel vorzeitig zu verlassen. Das heißt, ob ein Spiel ein Glücksspiel ist, ist innerhalb der Spielregel zu beurteilen.
6. Schlussfolgerung
„Virtuelle Hunde- oder Pferderennen“ sind Rennen, die von artifiziellen Tierdarstellungen, die durch Namen, Trainer und Form individualisiert und meistens von realen Vorlagen wie z.B. Fotos oder Scans bearbeitete und seltener grafische Animationen sind – letztere werden im Papiermodus als „Zeichentrickfilme“ bezeichnet - aufgrund mathematischer Funktionen im Computer, bei welchen nach den Spielbedingungen ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet, durchgeführt werden. Da das Ergebnis dieser Rennen vom Computerprogramm abhängt, - nach dem „Virtual Sports: Greyhound Rules- X.“ ???/???/???.com, Abfrage des Finanzamtes vom 20.6.2013, heißt es, dass das Virtuel Racing eine computergenerierte Präsentation ist, bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet – sind f ür Zwecke der im Gebühren- und Glücksspielgesetz geregelten Rechtsverkehrsteuern diese Wetten auf „Virtuelle Hunde- oder Pferderennen“ nicht als „Wette“ (dann gebührenpflichtig gemäß § 33 TP 17 GebG), sondern als vorwiegend zufallsabhängiges Glücksspiel zu qualifizieren.
Die von der Bf. im Zeitraum Jänner 2011 bis Dezember 2012 angebotenen „Wetten auf virtuelle Rennen von artifiziellen Tierdarstellungen“ unterliegen daher gemäß § 57 Abs. 1 GSpG den Glücksspielabgaben.
Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
7. Zulassung der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision zulässig, da es zu § 57 Abs. 1 GSpG im Zusammenhang mit virtuellen Tierrennen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt.
Wien, am 19. Jänner 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Glücksspiel |
betroffene Normen: | § 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
Verweise: | VwGH 21.01.2010, 2009/17/0158 |