OGH 8Ob15/95 (RS0082749)

OGH8Ob15/9530.8.2022

Rechtssatz

Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist aufgrund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen, wie etwa der Übernahme der materiellen und immateriellen Aktiva und des Großteils der Belegschaft, des Überganges der Kundschaft, des Grades der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und der Dauer einer eventuellen Einstellung dieser Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Übergang (EuGHSlg 1986, 1119). Kein Betriebsübergang liegt vor, wenn lediglich Arbeitnehmer von einem Betrieb zum anderen wechseln, ohne dass gleichzeitig die organisatorische und wirtschaftliche Einheit in die diese arbeitsmäßig eingebunden waren, mitübergeht.

Normen

AVRAG §3 Abs1

8 Ob 15/95OGH12.10.1995

Veröff: SZ 68/187

8 ObA 91/97hOGH28.08.1997

Veröff: SZ 70/171

9 ObA 73/97vOGH22.10.1997

Vgl auch; Beisatz: Der EuGH stellt sohin primär nicht auf den Übergang einer organisatorischen, sondern (weitergehend) einer wirtschaftlichen Einheit unter Identitätswahrung ab. (T1) <br/>Veröff: SZ 70/219

9 ObA 55/98yOGH10.06.1998

Auch; nur: Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist aufgrund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen, wie etwa der Übernahme der materiellen und immateriellen Aktiva und des Großteils der Belegschaft, des Überganges der Kundschaft, des Grades der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und der Dauer einer eventuellen Einstellung dieser Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Übergang. (T2)<br/>Beis wie T1; Beisatz: Dabei ist im Sinne eines beweglichen Systems eine Gesamtbewertung der einzelnen vorliegenden Tatbestandsmerkmale vorzunehmen, zumal der Betriebsübergang in einem sehr weiten Sinn zu verstehen ist. Diese sind unter anderem: Übernahme der materiellen und immateriellen Betriebsmittel, des Großteils der Belegschaft, Ähnlichkeit der vor und nach der Übernahme verrichteten Tätigkeit, Übergang der Kundschaft, Fortführung der wirtschaftlichen Einheit, Übertragung einer organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung usw. (T3) <br/>Veröff: SZ 71/100

9 ObA 193/98tOGH07.10.1998

Vgl auch; nur T2; Beis wie T1; Beis wie T3; Beisatz: Die Übernahme nicht aller Arbeitnehmer steht der Annahme eines Betriebsüberganges nicht entgegen. (T4)<br/>Beisatz: Eine bloß vorübergehende Betriebsunterbrechung durch Renovierungs- und Umbaumaßnahmen steht einem Betriebsübergang nicht entgegen. (T5)<br/>Beisatz: Ein Betriebsübergang ist auch dann zu bejahen, wenn der übernommene Betrieb im "neuen Betrieb" nur mehr einen Teilbetrieb darstellt. (T6)<br/>Beisatz: Auch "herabgewirtschaftete" Betriebe sind vom Übergang gemäß § 3 Abs 1 AVRAG nicht ausgeschlossen. (T7)

9 ObA 153/98kOGH23.12.1998

Vgl auch; Beisatz: Nach dem neuen Art 1 Abs 1 lit b der Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. 6. 1998, womit die RL 77/187/EWG geändert wurde, gilt als Übergang im Sinne der Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit. (T8) Veröff: SZ 71/216

9 ObA 140/99zOGH29.09.1999

Auch; nur T2; Beisatz: Diese Umstände sind nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden. (T9)<br/>Beisatz: Das Phänomen der "Übertragung" ist in einem weiten Sinn zu sehen und verlangt weder Veräußerung noch Eigentumswechsel. (T10)

8 ObA 244/99mOGH07.10.1999

Auch; nur T2; Beis ähnlich wie T3

8 ObA 143/98gOGH21.10.1999

Auch; nur T2; Beis ähnlich wie T3; Beisatz: Die Übertragung einer Funktion allein wäre unzureichend. (T11)<br/>Beisatz: Hier: Das wesentliche Merkmal für die Betriebsidentität war die Übertragung des Kundenstockes mit den meisten "freien Mitarbeitern", die einen erheblichen Teil der Akquisitionstätigkeit verrichten. (T12)

9 ObA 213/99kOGH17.11.1999

Vgl auch; Beisatz: Die rechtliche Konstruktion, die dem Betriebsinhaberwechsel zugrundeliegt, darf nämlich nicht zur Umgehung der Zwecke des AVRAG führen. (T13)<br/>Veröff: SZ 72/180

8 ObS 219/99kOGH27.01.2000

Auch; Beis wie T3; Beis wie T7; Beis ähnlich wie T8

8 ObS 91/00sOGH30.03.2000

Vgl auch

9 ObA 272/00sOGH25.04.2001

Vgl auch; nur: Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist aufgrund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen. (T14)<br/>Beis wie T13

8 ObA 7/01iOGH25.06.2001

Auch; Beisatz: Die Beurteilung der Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, hat unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien zu erfolgen, und zwar 1.) die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, 2.) der Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie etwa der Gebäude und beweglichen Güter, sowie der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Überganges 3.) der Übergang von wesentlichen Teilen der Belegschaft auf den neuen Inhaber 4.) der etwaige Übergang von Kunden und Kundenbeziehungen 5.) der Grad der Ähnlichkeit der vor und nach Übergang verrichteten Tätigkeiten und 6.) die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Entscheidung über das Vorliegen eines Überganges hat dann unter gemeinsamer Bewertung all dieser Teilaspekte zu erfolgen. (T15)

9 ObA 97/02hOGH05.06.2002

Auch; nur T2; Beis wie T3; Beis wie T9

9 ObA 232/02mOGH13.11.2002

Auch; Beis wie T15; Beis wie T3; Beisatz: Hier: Die Art des zu beurteilenden Betriebs (Trafik) bringt es mit sich, dass bei der Abwägung der für die Annahme eines Betriebsübergangs maßgeblichen Kriterien die Übernahme der Belegschaft in ihrer Bedeutung in den Hintergrund tritt und auch ohne eine solche Übernahme ein Betriebsübergang zu bejahen ist, sofern die anderen aufgezählten Kriterien stark ausgeprägt sind und daher insgesamt davon auszugehen ist, dass im Wesentlichen die bisherige wirtschaftliche Einheit fortgeführt wird. (T16)<br/>Beis wie T5 nur: Eine bloß vorübergehende Betriebsunterbrechung steht einem Betriebsübergang nicht entgegen. (T17)

8 ObA 41/03tOGH26.06.2003

Beis wie T1; Beis ähnlich wie T3; Beisatz: Der Begriff des Betriebsüberganges lässt sich nicht auf rechtsgeschäftliche Verfügungen reduzieren. (T18)

9 ObA 17/03wOGH24.09.2003

Auch; nur T2; Beis wie T1; Beis wie T3; Veröff: SZ 2003/110

8 ObA 122/03dOGH23.01.2004

Auch; Beis wie T15; Beisatz: Dem Kriterium der unterschiedlichen Tätigkeiten in Betrieben beziehungsweise den unterschiedlichen Produktionsmethoden und Betriebsmethoden kommt deshalb erhebliches Gewicht zu, da sich daraus ergibt, welche Bedeutung dem Übergang der materiellen und immateriellen Betriebsmittel sowie der Belegschaft jeweils zuzumessen ist. So sind bei bestimmten Arten von Betrieben, etwa im Reinigungsgewerbe, eben typischerweise nur die Belegschaft und deren Organisation wesentlich, nicht aber die materiellen Betriebsmittel- Reinigungsmittel etc. (T19)

8 ObA 43/04pOGH22.12.2004

nur: Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist aufgrund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen, wie etwa der Übernahme der materiellen und immateriellen Aktiva und des Großteils der Belegschaft, des Überganges der Kundschaft, des Grades der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit. (T20)<br/>Beis wie T1; Beis wie T3; Beisatz: Für die Annahme eines Betriebsüberganges kommt es weiters darauf an, dass der Betriebsinhaber wechselt. (T21)

8 ObA 63/04dOGH30.05.2005

nur T2; Beis wie T3; Beisatz: Die Beurteilung, ob ein Betriebsübergang im Sinne der Richtlinie 77/187/EWG , die durch die Richtlinie 98/50/EG neu gefasst wurde und nunmehr in die Richtlinie 2001/23/EG übergegangen ist, vorliegt, hängt - ebenso wie die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der die Betriebsübergangsrichtlinie umsetzenden Bestimmung des § 3 Abs 1 AVRAG - davon ab, ob eine wirtschaftliche Einheit unter Identitätswahrung übergegangen ist. (T22)

9 ObA 154/05wOGH24.10.2005

nur: Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist aufgrund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen. (T23)<br/>Beis wie T18; Beisatz: Dabei kommt es nicht auf die rechtliche Konstruktion oder die rechtsgeschäftlichen Verfügungen (hier: „Subunternehmervertrag") an. (T24)<br/>Beis wie T19 nur: So sind bei bestimmten Arten von Betrieben, etwa im Reinigungsgewerbe, eben typischerweise nur die Belegschaft und deren Organisation wesentlich, nicht aber die materiellen Betriebsmittel- Reinigungsmittel. (T25)

9 ObA 49/07gOGH09.05.2007

Vgl auch

8 ObA 64/07fOGH22.11.2007

Auch; Beis wie T15; Beisatz: Von den bisher entschiedenen Fällen unterscheidet sich der vorliegende Fall im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens eines „Betriebsteilübergangs" bei einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen, haben Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen doch beinahe definitionsgemäß kaum Arbeitnehmer in ihrem „eigenen Betrieb" im Sinne einer organisatorischen Einheit beschäftigt, sondern sind diese Arbeitnehmer eben an andere Arbeitgeber als Beschäftigter (entleihende Unternehmen) überlassen. Fraglich war daher, wie und ob das „zweiaktige Prüfungsschema" - Vorliegen einer organisatorischen Einheit beim alten Arbeitgeber/Vorliegen einer organisatorischen Einheit mit im Wesentlichen identen „Betriebsmitteln und Erscheinungsbild" beim neuen Betriebsinhaber - übertragen werden kann. (T26)<br/>Bem: Zum dazu gestellten Vorabentscheidungsersuchen und der Antwort des EuGH siehe RS0120413. (T27)

8 ObA 61/07iOGH22.11.2007

Auch; Beis wie T15

8 ObS 5/08fOGH02.09.2008

nur T2; Bem: Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs siehe RS0124146. (T28)

9 ObA 22/09iOGH29.04.2009

Beis wie T3; Beisatz: Für die Beurteilung eines Betriebsübergangs ist auf den jeweiligen Betrieb abzustellen, so dass etwa bei bestimmten Arten von Betrieben, wie etwa im Reinigungsgewerbe, die Belegschaft und deren Organisation wesentlicher sein kann, als die materiellen Betriebs- oder Reinigungsmittel. (T29)<br/>Beisatz: Hier: Die Herausgabe einer neu gestalteten Gratiszeitung durch die Beklagte, sei es auch unter ähnlicher Marke, bewirkt mangels Übergangs wesentlicher Elemente, wie redaktioneller Zeitungsgestaltung und Anzeigenakquisition sowie des Zeitungsvertriebs noch keinen Betriebsübergang im Sinn des § 3 AVRAG. (T30)

2 Ob 16/09fOGH25.06.2009

Vgl auch; Vgl Beis wie T1; Auch Beis wie T21; Auch Beis wie T22

9 ObA 121/09yOGH22.10.2010

Auch; nur ähnlich T2; Beis wie T3; Veröff: SZ 2010/139

8 ObA 41/10bOGH22.02.2011

Auch; nur T14; Beis wie T3; Veröff: SZ 2011/21

9 ObA 144/11hOGH22.08.2012

Vgl auch; nur ähnlich T14; nur ähnlich T23; Beisatz: Hier: Nachträgliche Aufhebung des Unternehmenskaufvertrags. (T31)

8 ObS 2/12wOGH24.10.2012

Auch

9 ObA 49/14tOGH25.06.2014

Vgl; Beis ähnlich wie T3

9 ObA 119/14mOGH27.11.2014
8 ObA 50/15hOGH30.07.2015

Auch

9 ObA 136/16iOGH19.12.2016

Auch; Beis wie T3; Beisatz: Der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber stellt für sich genommen keinen Betriebsübergang dar. Ein Betriebs-(teil-)übergang liegt in diesen Fällen dann vor, wenn entweder der neue Auftragnehmer einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Belegschaftsteil übernommen hat oder in Branchen, in denen es nicht wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, weil die Tätigkeit in erheblichem Umfang Material und Einrichtungen erfordert, der zweite Unternehmer die zuvor vom ersten Unternehmer benutzten und beiden nacheinander vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten wesentlichen materiellen und für die betreffende Tätigkeit unverzichtbaren Betriebsmittel benutzt. (T32)

9 ObA 17/18tOGH24.07.2018

Auch; Beis wie T3; Beis wie T14; Beis wie T23; Nur: Kein Betriebsübergang liegt vor, wenn lediglich Arbeitnehmer von einem Betrieb zum anderen wechseln, ohne dass gleichzeitig die organisatorische und wirtschaftliche Einheit in die diese arbeitsmäßig eingebunden waren, mitübergeht. (T33)

9 ObA 81/19fOGH23.07.2019

Auch; nur T23; Beis wie T3; Beis wie T5; Beis wie T13; Beis wie T17; Beisatz: Die Übernahme der Laufkundschaft ist ein wesentliches Indiz für einen Betriebsübergang, auch wenn keine Kundendaten übertragen wurden. (T34)

8 ObA 82/21yOGH30.08.2022

Beis wie T1; Beis wie T3; Beis wie T4; nur T23; Beisatz: Das Fehlen eines Übergangs materieller Betriebsmittel und Personalverwaltungsressourcen, die in jedem anderen Personalverleihunternehmen bereits vorhanden und für die Erbringung der charakteristischen Leistung ohne entscheidender Bedeutung sind, ändert per se nichts an einem Betriebsübergang. (T35)<br/>Beisatz: Die organisatorische Einheit ist in der in ihrem Arbeitsvertrag mit dem früheren Überlasser beim Beschäftigen zusammengefasster und ausschließlich bei diesem einsetzbarer (Exklusivitätsklausel) Gruppen von Arbeitnehmern zu sehen, welche die maßgeblichen Faktoren des mit „Payrolling“ befassten Betriebsteils des früheren Überlassers darstellen. (T36)<br/>Beisatz: Hier: Atypische Arbeitskräfteüberlassung (Payrolling). (T37)

Dokumentnummer

JJR_19951012_OGH0002_0080OB00015_9500000_004