OGH 7Ob65/04s; 5Ob33/05x; 10Ob34/06g; 6Ob272/06b; 6Ob227/06k; 6Ob151/07k; 6Ob192/07i; 3Ob111/08g; 1Ob95/08i; 6Ob210/08p; 1Ob31/09d; 3Ob1/09g; 1Ob39/10g; 4Ob205/09i; 4Ob195/10w; 8Ob5/11k; 4Ob123/11h; 6Ob44/11f; 8Ob44/12x; 7Ob115/11d; 3Ob50/13v; 5Ob103/13b; 9Ob50/17v; 8Ob126/17p; 8Ob6/20w; 6Ob80/21i (RS0119014)

OGH7Ob65/04s; 5Ob33/05x; 10Ob34/06g; 6Ob272/06b; 6Ob227/06k; 6Ob151/07k; 6Ob192/07i; 3Ob111/08g; 1Ob95/08i; 6Ob210/08p; 1Ob31/09d; 3Ob1/09g; 1Ob39/10g; 4Ob205/09i; 4Ob195/10w; 8Ob5/11k; 4Ob123/11h; 6Ob44/11f; 8Ob44/12x; 7Ob115/11d; 3Ob50/13v; 5Ob103/13b; 9Ob50/17v; 8Ob126/17p; 8Ob6/20w; 6Ob80/21i23.6.2021

Rechtssatz

Der Anwendungsbereich des § 25c KSchG soll sich auf solche Mitschuldner beschränken, die einer materiell fremden Verbindlichkeit (Übernahme einer Haftung für Rechnung eines anderen und im fremden Interesse) beitreten. Personen, die gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit als echte Mitschuld eingehen, sind nicht erfasst. In wessen Interesse die Übernahme einer Verbindlichkeit liegt, ist aus der Sicht des Schuldners zu beurteilen. Kommt die Kreditaufnahme auch dem Mithaftenden zugute, liegt keine fremde Verbindlichkeit im Sinne des § 25c KSchG vor.

Normen

KSchG §25

7 Ob 65/04sOGH26.05.2004
5 Ob 33/05xOGH10.05.2005
10 Ob 34/06gOGH13.06.2006

Auch; Beisatz: Eine materiell fremde Schuld ist dadurch charakterisiert, dass dem Interzedenten, der die Schuld bezahlt hat, ein Regressanspruch gegenüber dem (materiellen) Schuldner zusteht. § 25c KSchG geht für die Interzession vom „Beitritt" zu einer fremden Verbindlichkeit aus, während das Eingehen einer „eigenen" Verbindlichkeit nicht unter den Wortlaut fällt. (T1)<br/>Beisatz: Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin erkennbar keine (materiell) eigene Schuld gegenüber der Bank eingehen, sondern den Kredit zugunsten des Unternehmens ihres Ehegatten aufnehmen wollte. Auch wenn in einem solchen Sonderfall der einzige Schuldner wegfällt, ist daher - in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - § 25c KSchG analog auch auf eine Situation wie die vorliegende anzuwenden, wenn lediglich diejenige Person, die erkennbar (materiell) nur eine Interzession eingehen will, den Kreditvertrag mit der Bank abschließt, während der nicht kreditwürdige materielle Hauptschuldner aus dem Kreditverhältnis „draußen bleibt". (T2)

6 Ob 272/06bOGH30.11.2006

Auch

6 Ob 227/06kOGH09.11.2006

Auch; Beisatz: Hier: Der Beklagte träumte Inhaber eines eigenen Unternehmens zu werden. Voraussetzung für die Übernahme der Gesellschaftsanteile des ursprünglichen Alleingesellschafters war aber dessen Haftungsentlassung durch die Klägerin. Diese verlangte wiederum die selbstschuldnerische Mithaftung des Beklagten. Hätte er eine derartige Erklärung abgelehnt, hätte sich sein Traum vom eigenen Unternehmen nicht erfüllt. Daher erfolgte die Interzession aber im eigenen Interesse des Beklagten. (T3)

6 Ob 151/07kOGH13.07.2007

Auch; Beisatz: Hier: Keine Anwendung des § 25c KSchG, da der Erstbeklagte durch die Aufnahme eines eigenen Kredites, dessen Valuta er in der Folge der Gemeinschuldnerin zur Abwendung der Insolvenz zur Verfügung stellte, seine Einkommensquelle als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin sichern wollte. (T4)

6 Ob 192/07iOGH07.11.2007

Auch

3 Ob 111/08gOGH03.09.2008

Vgl; Beisatz: Hier: Sonderfall, in dem die Beklagte alleinige Hauptschuldnerin eines Kredits wurde, mit den Kreditmitteln aber teilweise bereits bestehende Schulden des Ehemannes beziehungsweise gemeinsame Schulden abgedeckt wurden - im Umfang der erfolgten Begleichung einer materiell fremden Schuld Anwendung des § 25c KSchG bejaht. (T5)<br/>Bem: Berücksichtigung der Kritik an der Entscheidung 7 Ob 89/04w. (T6)<br/>Veröff: SZ 2008/125

1 Ob 95/08iOGH16.09.2008

Auch; Beis ähnlich wie T3

6 Ob 210/08pOGH06.11.2008

Auch; Beisatz: Interzedenten sind Personen, die eine Haftung für Rechnung eines anderen und im fremden Interesse auf sich nehmen (7 Ob 65/04s; 5 Ob 33/05x; 6 Ob 192/07i ua). (T7)

1 Ob 31/09dOGH26.02.2009

Beisatz: Ein gemeinsamer, ein Eigeninteresse des Mithaftendenden begründender Zweck ist auch dann anzunehmen, wenn der Kredit zur Finanzierung der gemeinsamen Lebenshaltungskosten verwendet wird. (T8)

3 Ob 1/09gOGH23.06.2009

Teilweise abweichend; Beisatz: Ein bloßes Eigeninteresse des Haftenden reicht noch nicht aus, eine Interzession zu verneinen. Dies vor allem deshalb, weil das Mäßigungsrecht nach § 25d KSchG ua auf die Berücksichtigung des Nutzens des Interzedenten aus der Leistung des Gläubigers abstellt (Abs 2 Z 3 leg cit), sodass also dieser Nutzen (das Interesse) nicht schon der grundsätzlichen Qualifikation als Interzession schaden kann. (T9)<br/>Beisatz: Für die Unterscheidung, ob eine Interzession oder aber eine diese ausschließende echte Mitschuld vereinbart wurde, kommt es immer auf die Auslegung der Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem die Haftung Übernehmenden an, wobei der Umstand, dass die Kreditaufnahme auch dem Mithaftenden zugute kommt, ein Indiz für den Vertragswillen zur Übernahme einer echten Mitschuld sein kann. (T10)<br/>Veröff: SZ 2009/83

1 Ob 39/10gOGH20.04.2010

Auch

4 Ob 205/09iOGH20.04.2010

Vgl aber; Beisatz: Ablehnung der Ansicht, dass ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Beitretenden eine Interzession ausschließe. (T11)<br/>Beisatz: Ausschlaggebend für das Vorliegen einer Interzession iSv § 25c KSchG ist ausschließlich die Frage, ob der Dritte die Haftung für eine materiell fremde Schuld übernimmt. Dafür ist das dem Gläubiger bekannte oder leicht erkennbare Innenverhältnis zwischen dem ursprünglichen und dem hinzutretenden Schuldner maßgebend. Eine materiell fremde Schuld liegt vor, wenn dem zahlenden Interzedenten ein Regressanspruch gegen den ursprünglichen Schuldner zusteht. (T12)<br/>Veröff: SZ 2010/38

4 Ob 195/10wOGH18.01.2011

Vgl; Beis wie T12; Beisatz: Hier: Vereinbarte Mithaftung eines Dritten für Pflegegebühren gegenüber dem Rechtsträger eines Krankenhauses. (T13)

8 Ob 5/11kOGH22.02.2011

Auch; Beis wie T12 nur: Eine materiell fremde Schuld liegt vor, wenn dem zahlenden Interzedenten ein Regressanspruch gegen den ursprünglichen Schuldner zusteht. (T14)<br/>Beisatz: Entscheidend ist, dass der Interzedent typischerweise damit rechnen kann, die Schuld - zumindest wegen seines Regressanspruchs - letztlich materiell nicht tragen zu müssen. (T15)

4 Ob 123/11hOGH09.08.2011

Vgl; Beis ähnlich wie T8; Beisatz: Hier: Der Kredit sollte der Finanzierung jenes Betriebes dienen, mit welchem der überwiegende Teil des Lebensunterhaltes der Familie bestritten werden sollte. (T16)

6 Ob 44/11fOGH21.12.2011

Vgl; Beisatz: Bei Verbindlichkeiten, die die Haftenden gemeinsam und im gemeinsamen Interesse als „echte Mitschuldner“ eingehen, sind die Interzessionsregeln nicht anzuwenden, wenn dem Kreditgeber das Innenverhältnis zwischen mehreren für den Kredit haftenden weder bewusst noch erkennbar ist. (T17)<br/>Beisatz: Hier: Gemeinsam benütztes Auto. (T18)

8 Ob 44/12xOGH24.04.2012

Auch; Beis wie T15

7 Ob 115/11dOGH30.05.2012

Ähnlich; Beis wie T2; Beisatz: Eine analoge Anwendung des § 25c KSchG scheitert, wenn für den Gläubiger und den Dritten im Zeitpunkt des Schuldbeitritts offenkundig ist, dass ein Regressanspruch gegenüber dem Hauptschuldner zwar faktisch besteht, in Wahrheit aber wegen dessen Vermögenslosigkeit nicht durchsetzbar sein wird und damit für den Interzedenten offenkundig ist, dass er die Schuld auch materiell selbst tragen muss. (T19)

3 Ob 50/13vOGH17.07.2013

Auch; Beis ähnlich wie T5; Beis ähnlich wie T9; Beis ähnlich wie T10; Beis ähnlich wie T12; Beis ähnlich wie T16

5 Ob 103/13bOGH21.02.2014

Auch

9 Ob 50/17vOGH30.10.2017

Auch; Beis wie T12; Beis wie T14; Beis wie T15

8 Ob 126/17pOGH20.12.2017

Beis wie T1; Beis wie T12; Beis wie T14; Beis wie T15; Beis ähnlich wie T19

8 Ob 6/20wOGH14.04.2020

Vgl; Beis wie T14; Beis wie T15; Beis wie T19; Beisatz Hier: Der unterhaltspflichtige Elternteil rechnet typischerweise nicht damit, die für sein einkommensloses, noch bei ihm wohnendes 20-jähriges Kind im Zusammenhang mit der AHS-Matura aufgewendeten Ausbildungskosten – zumindest wegen eines Regressanspruchs gegen das Kind – letztlich materiell nicht tragen zu müssen. (T20)<br/>Beisatz: Das bedeutet keine generelle Aushöhlung des Verbraucherschutzes „für Eltern im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften ihrer Kinder in Verbindung mit § 25c KSchG“, weil Eltern bei der Übernahme von Bürgschaften und Haftungen für Verbindlichkeiten ihrer volljährigen Kinder in anders gelagerten Konstellationen sehr wohl (dem Gläubiger auch erkennbare und damit dessen Warnpflichten auslösende) Regressansprüche zustehen können, deren mangelnde Durchsetzbarkeit nicht – wie hier – von vornherein offenkundig ist. (T21)

6 Ob 80/21iOGH23.06.2021

Beisatz wie T12; Beisatz wie T14<br/>Anm: Veröff: SZ 2021/60

Dokumentnummer

JJR_20040526_OGH0002_0070OB00065_04S0000_001

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