European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2003:0080OB00262.02S.0522.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Anträge der zweitbeklagten Partei und des Zweit‑Nebenintervenienten auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen werden gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Die Beklagten waren Mitglieder des Aufsichtsrates einer Bank AG, über deren Vermögen nach Anordnung der Geschäftsaufsicht am 15. 10. 1998 am 27. 10. 1998 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt. Der Erstbeklagte übte seine Funktion seit 1992, seit Ende 1997 als Vorsitzender des Aufsichtsrats, aus und legte diese mit 24. 4. 1998 schriftlich zurück. Der Zweitbeklagte war vom 25. 2. 1994 bis zu seiner Abberufung in der außerordentlichen Hauptversammlung vom 30. 12. 1997 Mitglied des Aufsichtsrats der nunmehrigen Gemeinschuldnerin sowie dessen Vorsitzender.
Aus den Jahresabschlüssen je zum 31. 12. der Jahre 1993, 1994, 1995, 1996 und 1997 stellte das Erstgericht folgende Daten der Gemeinschuldnerin fest:
Bericht ü. Prüfung des
Jahresabschlusses 31.12.1993 31.12.1994
Jahresgewinn öS 14,085.886,26 öS 18,011.915,71
Barreserve öS 30,356.316,52 öS 88.669.435,53
Guthaben bei
Banken öS 114,626.175,11 öS 80,777.561,70
Verpflichtungen
gegenüber Banken öS 41,858.829,35 öS 64.522.496,15
Verpflichtungen
gegenüber Nichtbanken öS 50,103.757,32 öS 56,344,803,06
Personalaufwand öS 14,012.227,73 öS 16,012.163,46
Sachaufwand öS 13,614.101,81 öS 18,054.240,41
Wechselstuben 15 18
Bericht ü. Prüfung
des Jahresabschlusses 31.12.1995 31.12.1996
Jahresgewinn öS 20,329.984,06 öS 20,377.929,48
Barreserve öS 147,944.168,31 öS 200,579.595,94
Guthaben bei
Banken öS 94.468.566,89 öS 193.535.209,36
Verpflichtungen
gegenüber Banken öS 145,191.509,46 öS 291,627.309,96
Verpflichtungen
gegenüber Nichtbanken öS 54,982.264,77 öS 37,815,228,31
Personalaufwand öS 26,333,111,22 öS 32,766.412,36
Sachaufwand öS 32,420.280,08 öS 39,468.492,97
Wechselstuben 24 27
Bericht ü. Prüfung
des Jahresabschlusses 31.12.1997
Jahresgewinn öS 7,520.619,50
Barreserve öS 217.804.509,09
Guthaben bei Banken öS 319,155.030,29
Verpflichtungen
gegenüber Banken öS 309,393.821,97
Verpflichtungen
gegenüber Nichtbanken öS 132.073.460,00
Personalaufwand öS 34,426.119,67
Sachaufwand öS 46,956.386,88
Wechselstuben 27.
In der Aufsichtsratssitzung vom 15. 9. 1993, an welcher auch der Zweitbeklagte als Vorsitzender teilnahm, legte der Vorstand ein Konzept vor, welches die Errichtung von bis zu 25 Filialen in Großstädten und Tourismuszentren des EWR vorsah. Das Konzept ging kalkulatorisch von einem Kassenliquiditätsbedarf von durchschnittlich ATS 3 Mio aus.
Während der Aufsichtsratstätigkeit der beiden Beklagten führte die nunmehrige Gemeinschuldnerin gegen die Republik Österreich einen Prozess über Schadenersatzansprüche wegen Nichterteilung der Devisenhändlerermächtigung durch die Österreichische Nationalbank. In den Aufsichtsratssitzungen wurden auch bestehende Probleme mit Kreditlinien bei Großbanken besprochen. Es gab große Zurückhaltung bei den Kreditvergaben durch diese Banken. Die Kreditlinien waren in der Regel kurzfristig fällig und die Kreditzinsen relativ hoch. In der Aufsichtsratsitzung vom 25. 9. 1996 berichtete der Vorstand, dass es durch die Prozessführung der Gemeinschuldnerin gegen die Republik Österreich immer wieder zu einer negativen "Stimmungsmache" gegenüber der Gemeinschuldnerin komme. Im Zusammenhang mit einem (Zwischen‑)Urteil des Obersten Gerichtshofes in diesem Rechtsstreit forderte eine Großbank ihren Kredit von ATS 150 Mio von der Gemeinschuldnerin zurück. Auch eine weitere Bank wollte den bislang eingeräumten Kreditrahmen von ATS 15 Mio nicht weiter gewähren.
In der Aufsichtsratsitzung vom 23. 6. 1997 teilte der Vorstandsvorsitzende mit, dass es keine Geldflüsse zwischen einem Fußballklub und der Bank AG gegeben habe.
Mit seiner am 14. 12. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 7,267.283,42 sA schuldig zu erkennen. Er stützte sein Begehren im Wesentlichen darauf, dass die Gemeinschuldnerin in Wahrheit bereits seit dem Jahr 1993 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei. Die Beklagten hätten in ihrer Funktion als Aufsichtsratsmitglieder sorgfaltswidrig nicht rechtzeitig auf die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Bank AG gedrungen, wodurch zumindest ein Schade in Höhe des Klagsbetrags eingetreten sei. Hätten die Beklagten die auch im Hinblick auf den notwendigen Bargeldbestand für die Wechselstuben von ATS 20 Mio unerklärlich hohen Barmittel und kurzfristig realisierbare Bankguthaben im Gesamtbetrag von ATS 380 Mio hinterfragt, wäre entweder zutage getreten, dass die Barreserven gar nicht bestehen und dass daher die Bank AG insolvenzrechtlich relevant überschuldet sei oder es wären die Reserven zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes verwendet worden, anstatt teure Kredite aufzunehmen oder unwirtschaftliche Anleihen zu begeben. Den Barreserven und Guthaben bei Banken seien lediglich ATS 291 Mio an Verbindlichkeiten gegenüber Banken gegenübergestanden, sodass eine Überdeckung von über ATS 90 Mio bestanden habe. Es sei daher ebenso verfehlt gewesen, in der Aufsichtsratsitzung vom 3. 3. 1997 eine von der Bank AG aufzulegende Anleihe mit einem Volumen bis zu ATS 250 Mio zu bewilligen als auch über die Rückzahlung eines fälligen Kredits von ATS 150 Mio einen (verlorenen) Prozess zu führen. Die als "Zentralkasse" unter "Barreserven" zuletzt per 31. 12. 1997 ausgewiesenen ATS 193,3 Mio seien offensichtlich körperlich nicht vorhanden gewesen, sodass anlässlich einer Prüfung zur Herstellung eines zählbaren Kassenstandes Bankabhebungen in der Höhe von ATS 108 Mio durchgeführt werden mussten. Mit dem Wechselstubengeschäft der Gemeinschuldnerin seien zwar prinzipiell Gewinne erzielt worden, allerdings habe der Vorstandsvorsitzende namens der zu Einlagengeschäften nicht berechtigten Bank AG Gelder entgegengenommen, wodurch Verluste entstanden seien. Die Beklagten hätten aus den ihnen vorliegenden Bilanzen und aus den ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen und Informationen unter Zugrundlegung weiterer Untersuchungen, zu denen sie verpflichtet gewesen wären, jedenfalls seit Vorlage der Bilanz 1993 und auch später während der gesamten Dauer ihrer Tätigkeit als Aufsichtsratmitglieder erkennen können und müssen, dass die nunmehrige Gemeinschuldnerin insolvenzrechtlich überschuldet und/oder zahlungsunfähig gewesen sei. Weil die Beklagten keine zweckentsprechenden Maßnahmen gesetzt hätten, sei es erst am 27. 10. 1998 zur Konkurseröffnung gekommen, wodurch dem Vorstandsvorsitzenden die Möglichkeit gegeben worden sei, weitere strafbare Handlungen zu setzen und weiter verlustbringende Geschäfte zu betreiben. Dadurch sei ein Betriebsverlust bzw eine Verringerung des Vermögens der Gemeinschuldnerin eingetreten, der weit mehr als den Klagsbetrag ausmache. Die Beklagten hätten auch erkennen müssen, dass die ihnen vorgelegten Bilanzen unrichtig gewesen seien.
Die Beklagten und die Nebenintervenienten wendeten im Wesentlichen ein, die wirtschaftliche Situation der Bank AG sei sowohl von den Bankprüfern als auch von Wirtschaftsprüfungskanzleien stets positiv dargestellt worden, es hätten keinerlei Anzeichen für eine nicht ordnungsgemäße Gebarung oder das Vorliegen von Insolvenzgefahr bestanden. Im Zusammenhang mit der Klagsführung durch die Großbank wegen Rückzahlung eines Kredits von ATS 150 Mio seien umfangreiche Prüfungen und Gutachten in Auftrag gegeben worden, die der Gemeinschuldnerin allesamt eine sehr gute Liquidität bescheinigt hätten. Zu Schwierigkeiten mit den kreditgewährenden Banken sei es nicht wegen wirtschaftlicher Probleme, sondern auf Grund des Streits mit der Österreichischen Nationalbank wegen der unberechtigten Nichterteilung der Devisenhandelsberechtigung gekommen. Das Halten einer hohen Barreserve bzw von kurzfristig realisierbaren Bankguthaben sei aus strategischen Gründen erfolgt, weil dadurch die Abhängigkeit von kreditierenden Banken und die Gefahr einer allfälligen Streichung von Finanzierungslinien gering gehalten habe werden können. Die hohe Liquidität habe im Wesentlichen der weiteren Diversifikation des Geschäftsbetriebes gedient sowie dem Bestandschutz der Bank AG. Unter diesem Aspekt sei auch die Einlassung in den Rechtsstreit mit der Großbank zu sehen, weil dadurch dokumentiert worden sei, dass sich die Bank AG im Stadium der Bedrängung durch die Österreichische Nationalbank und der Einflussnahme dieser Institution auf Kreditinstitute zur Wehr setze. Der Vorstandsvorsitzende, der Alleineigentümer der Bank gewesen sei, habe die nachteiligen Nettozinsaufwendungen ausdrücklich in Kauf genommen. Das Halten einer Barreserve und deren Höhe sei kein aufsichtsratspflichtiges Geschäft, zudem seien die Reserven von den gesetzlich berufenen Kontrollorganen niemals beanstandet worden. Der vom Kläger genannte Barbestand von ATS 750.000 pro Wechselstube sei völlig unzureichend, ein besonderes Missverhältnis zwischen Liquiditätsbedarf und Überliquidität habe nicht bestanden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass aus dem Vorbringen des Klägers abzuleiten sei, Ursache des Konkurses der Gemeinschuldnerin seien unzulässige Geschäfte und strafbare Handlungen des Vorstandsvorsitzenden gewesen. Der Aufforderung des Gerichts, aufzuschlüsseln, wann welche Beträge aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin entnommen worden seien, sei der Kläger nicht nachgekommen. Sein Vorbringen sei insoweit unbestimmt geblieben. In Anbetracht der insbesondere um den Jahreswechsel gegebenen Bankschließtage und der auch dann zu erhaltenden Liquidität der Wechselstuben sowie des möglichen Abbruchs der Geschäftsbeziehungen zu konkurrierenden Banken sei der Aufsichtsrat nicht verhalten gewesen, auf die Rückzahlung der Verbindlichkeiten zu drängen. Die Begebung der Anleihe habe den Sinn gehabt, die Kreditverbindlichkeiten gegenüber diesen Banken in weiterer Folge zu substituieren. Die Entscheidung des Vorstandes, in harter Konkurrenzsituation möglichst hohe Liquidität zu halten, habe vernünftiger kaufmännischer Vorsicht entsprochen. Die behauptete mögliche zufällige Aufdeckung strafbarer Handlungen des Vorstandsvorsitzenden aus Anlass der vom Kläger geforderten genaueren Untersuchung der Liquiditätserfordernisse der Gemeinschuldnerin sei darüber hinaus nicht vom Schutzzweck der Pflicht des Aufsichtsrats, betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Geschäftsführung zu kontrollieren, erfasst. In Anbetracht der dargestellten Liquiditätssituation erscheine auch das "Ausreizen" der Zahlungsfristen gegenüber dem Finanzamt als Mittel zur Finanzierung der Liquidität unbedenklich, wenn nicht geradezu geboten. Angesichts der Berichte der Abschlussprüfer und der Gewinnsituation der Gemeinschuldnerin habe sich der Aufsichtsrat auf die Jahresabschlüsse und die Berichte des Vorstands verlassen dürfen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Jahresrechnungsabschluss bilde zusammen mit dem Geschäftsbericht, dem Vorschlag für die Gewinnverteilung und dem Prüfbericht des Abschlussprüfers eine wesentliche Grundlage für die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat. Während der Abschlussprüfer die Gesetz‑ und Satzungsmäßigkeit des Jahresabschlusses und des Lageberichts zu prüfen habe, habe der Aufsichtsrat darüber hinaus auch die Bilanzpolitik bzw die Geschäftsführungsmaßnahmen zu beurteilen. Sofern kein besonderer Grund zu Bedenken vorliege, dürfe sich der Aufsichtsrat bezüglich der Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses auf das Prüfungsergebnis des Abschlussprüfers verlassen, wenn er auf Grund des Berichts oder sonstiger Umstände die Überzeugung gewonnen habe, dass unparteiisch und gewissenhaft geprüft worden sei. Dass im zu beurteilenden Fall Bedenken gegen die zahlreich tätigen Gutachter und Prüfer bestehen hätten müssen, sei nicht behauptet worden. Der Aufsichtsrat habe sich daher auf Grund der unbedenklichen Prüfergebnisse mit der Bilanzpolitik der Geschäftsführung auseinanderzusetzen gehabt, insbesondere mit Fragen der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der Geschäftsführung. Gehe man davon aus, dass nicht nur die Jahresabschlüsse durch Wirtschaftsprüfer und die Bankaufsicht geprüft worden seien, sondern auch Prüfungen durch die Österreichische Nationalbank, das Finanzministerium und weitere Wirtschaftsprüfungskanzleien mit stets positivem Ergebnis erfolgt seien, bleibe nur der Schluss, dass das Erkennen der wahren Situation überdurchschnittliche Fähigkeiten und Untersuchungen erfordert hätte, die aber von den Beklagten im Lichte der ihnen bekannten Prüfgutachten nicht verlangt werden könnten. Nach den unbekämpft gebliebenen Tatsachenfeststellungen habe die Gemeinschuldnerin in den Jahren 1993 bis 1996 stetig steigende Jahresgewinne ausgewiesen und sei die Anzahl der Wechselstuben um 15 auf insgesamt 27 gewachsen. Die Aufnahme von Fremdmitteln erscheine im Hinblick auf die (zunächst) angestrebte Expansionspolitik unbedenklich, weil naturgemäß Barreserven und Guthaben bei Banken zur Bewirtschaftung und Sicherung der Liquidität der Wechselstuben erforderlich gewesen seien. Im Jahr 1995 seien sowohl die Verpflichtungen gegenüber Banken als auch die Barreserven signifikant angestiegen, allerdings sei damit die Eröffnung weiterer sechs Filialen einhergegangen. Der Vorstandsvorsitzende, der de facto Alleineigentümer der Bank gewesen sei, habe offenkundig Finanzverluste zur (vermeintlichen) Verwirklichung der expansiven Geschäftspolitik in Kauf genommen. Das von den Beklagten vorgetragene Argument, die Begebung einer Anleihe sei unter dem Blickwinkel beschlossen worden, dass es strategisch opportun erscheine, mit diesem Instrument die Kredite der Banken ‑ zu günstigeren Konditionen ‑ zu substituieren, sei nicht nur vom Kläger unwidersprochen geblieben, sondern erscheine zudem mit Rücksicht auf die anstehende Kreditlinienkürzung plausibel. Der wirtschaftliche Zusammenbruch der nunmehrigen Gemeinschuldnerin sei nicht unmittelbar in der Kreditmittel beanspruchenden Unternehmens‑ bzw Finanzierungspolitik gelegen, sondern in verschwiegenen und aus den Jahresabschlüssen und Bilanzen nicht erkennbaren Spekulationsgeschäften und Malversationen des Vorstandsvorsitzenden, dessen strafrechtlich relevante Gebarung auch nicht ansatzweise zu vermuten gewesen sei. Sei aber nach der damaligen Sachlage das Halten einer hohen Barreserve bei gleichzeitiger Ausnützung hoher Kreditlinien eine vertretbare Geschäftsführungsmaßnahme gewesen, was vom Berufungssenat zugrunde gelegt werde, sei eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten zu verneinen. Die schlüssigen Überlegungen des Erstgerichts über den Liquiditätsbedarf der Wechselstuben, insbesondere während der Weihnachtsfeiertage, seien vom Kläger in der Berufung nicht widerlegt worden. Zudem habe der Kläger nicht dargelegt, warum der vom Vorstand bereits 1993 genannte Kassenliquiditätsbedarf von durchschnittlich ATS 3 Mio je Wechselstube als unrichtig eingeschätzt werden müsste. Es sei weiters hervorzuheben, dass der Vorstandsvorsitzende zuletzt im Wege einer Privatstiftung in Wahrheit wirtschaftlicher Alleineigentümer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gewesen sei. Er habe am besten über deren wirtschaftliche Lage Bescheid gewusst und hätte sich weder Ratschlägen noch Beanstandungen gebeugt. Es sei überaus wahrscheinlich, dass er auch die Wirkungen einer allfälligen Abberufung bzw Neubestellung des Vorstandes durch Einwirken auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrates unterlaufen bzw in seinem Sinne hätte beeinflussen können. Derartig weitgehende Maßnahmen des Aufsichtsrats seien jedoch schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil aus den unbedenklichen Prüfberichten kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen gewesen sei, dass die dort ausgewiesenen Barreserven bzw Guthaben bei Banken nicht oder nicht mehr vorhanden gewesen bzw hoch spekulative Anlagen durchgeführt worden seien. Unter Zugrundelegung der Richtigkeit der in den Jahresabschlüssen und Bilanzen enthaltenen Daten sei keine Gefährdung des Bestandes des Unternehmens vorgelegen. Es müsse daher stark angezweifelt werden, dass ein allfälliger Schaden bei dem vom Kläger geforderten rechtmäßigen Verhalten unterblieben wäre.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers macht keine Rechtsfragen von dem im § 502 Abs 1 ZPO genannten Gewicht geltend, weshalb sie unzulässig ist.
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung können Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden, in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).
Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner Entscheidung 1 Ob 144/01k = GesRZ 2002, 86 = RdW 2002, 342 = WBl 2002, 325 = ZIK 2002, 92, sehr ausführlich mit Fragen der Haftung des Aufsichtsrats auseinandergesetzt. Durch dieses eine GesmbH betreffende Erkenntnis wurde auch klargestellt, dass die dort entwickelten Grundsätze im Wesentlichen ebenso für die Haftung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft Geltung haben. Hier wie dort gründet der Masseverwalter seinen Schadenersatzanspruch auf den durch die behauptete Konkursverschleppung bzw die ungerechtfertigte Unternehmensfortführung eingetretenen Betriebsverlust. Der Umfang des Aufgabengebiets des Aufsichtsrats wurde in der genannten Entscheidung als geringer als jenes der Geschäftsführer definiert. Er beschränke sich im Wesentlichen auf die vergangenheitsbezogene und vorausschauende Überwachung der Geschäftsführung, die Wahrnehmung der Pflichten in der Krise des Unternehmens, die Veranlassung der Geschäftsführer bei Zutreffen der Voraussetzungen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, sowie die Prüfung des Jahresabschlusses. Auch die vom Aufsichtsrat zu erwartende Tätigkeit sei wesentlich geringer als jene von Geschäftsführern. Das Gesetz gehe von einer nebenberuflichen Tätigkeit aus, mit (nunmehr) wenigstens vier Sitzungen im Jahr. Der Aufsichtsrat sei weder Vorgesetzter der Geschäftsführer noch ein "Supergeschäftsführungsorgan". Die Geschäftsführung bleibe stets den Geschäftsführern vorbehalten und es komme dem Aufsichtsrat im Regelfall ihnen gegenüber kein Weisungsrecht zu (nichts anderes gilt für die Aktiengesellschaft, für welche die Mindestanzahl der abzuhaltenden Sitzungen im § 94 Abs 3 AktG normiert ist und § 95 AktG die Aufgaben und Rechte des Aufsichtsrats definiert, zu welchen das Weisungsrecht nicht zählt [EvBl 1978/4]).
Wie in der genannten Entscheidung weiters dargestellt wird, könne aus der Verweisung des die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder betreffenden § 99 AktG auf § 84 AktG und der dort gebrauchten Wendung der "Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" keine Ausweitung der Pflichten des Aufsichtsratsmitglieds einer Aktiengesellschaft gegenüber jenem einer GesmbH (dort gemäß §§ 33, 25 Abs 1 GmbHG "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes") abgeleitet werden. Hauptaufgabe der Aufsichtsratsmitglieder beider juristischer Personen sei es, die Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands bezüglich Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit wahrzunehmen. Sie richte sich gegen Mängel der Geschäftsführung; vor allem durch Verletzung dieser Überwachungspflicht könnten sich die Mitglieder des Aufsichtsrats ersatzpflichtig machen. Sie hätten für den Mangel jener Sorgfalt einzustehen, die man nach Lage der Dinge von einem ordentlichen Aufsichtsratsmitglied, also von einem Menschen, der in geschäftlichen und finanziellen Belangen ein größeres Maß an Erfahrung und Wissen als ein durchschnittlicher Kaufmann und die Fähigkeit besitze, schwierige, rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft zu beurteilen. Die Mitglieder des Aufsichtsrats müssten zumindest über die Fähigkeit, die Vorgänge in diesem Unternehmen sachgerecht zu beurteilen, verfügen. Alle Mitglieder des Aufsichtsrats seien von einem erhöhten objektiven Sorgfaltsmaßstab, der sich in der praktischen Anwendung von jenem des § 1299 ABGB kaum abhebe, betroffen.
Zwar hafte das Mitglied des Organs auch bei nur leichter Fahrlässigkeit, seine Haftung sei aber keine Erfolgshaftung. Nicht jedes gewagte Geschäft könne ihm als Verschulden zugerechnet werden. Damit, dass eine Maßnahme für das Unternehmen auch ungünstig ausfallen könne, müsse immer gerechnet werden. Dies liege im Wesen des geschäftlichen Risikos, das das Unternehmen und nicht deren gesetzlicher Vertreter persönlich zu tragen habe. Die unrichtige Beurteilung der Folgen eines bestimmten Verhaltens beruhe noch nicht auf Fahrlässigkeit, sofern nur die Beurteilung selbst nicht auf Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfalt zurückzuführen sei. Der Fehlschlag unternehmerischer Entscheidungen sei nicht schon an sich pflichtwidrig, würde dem Organ doch sonst das Unternehmerrisiko aufgebürdet, das stets bei der Gesellschaft bleibe; nur die Verletzung der Pflicht zu branchen‑, größen‑ oder situationsadäquatem Bemühen könne dem Organ als Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Das Unternehmerrisiko, insbesondere also das Risiko, dass sich Maßnahmen infolge unvorhersehbarer Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als nachteilig erweisen oder dass sorgfältig erstellte Prognosen nicht zutreffen, habe die Gesellschaft und nicht das Organmitglied zu tragen. Die Prüfung pflichtwidrigen Verhaltens habe sich deshalb an der Sicht ex ante zu orientieren.
Wie aus § 70 Abs 1 AktG abzuleiten sei, seien auch die Interessen der Öffentlichkeit, der Arbeitnehmer und der Gläubiger in die Entscheidung, was dem Unternehmenswohl diene, einzubeziehen. Auch die Mitglieder des Aufsichtsrats haben widerstreitende Interessen in Wahrnehmung pflichtgemäßen Ermessens und unter eigener Verantwortung gegeneinander abzuwägen. Nur eklatanter Ermessensmissbrauch könne unter diesem Gesichtspunkt haftbar machen.
Diese allgemeinen Überlegungen zum Umfang der Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder haben auch die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrundegelegt. Die Anwendung auf den konkreten Einzelfall ist ‑ wie noch darzustellen sein wird ‑ auch nicht unter grober Verkennung von Sinn und Gehalt dieser Rechtssätze erfolgt, die eine Korrektur durch den Obersten Gerichtshof erforderlich machte.
Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 8 Ob 141/99i = SZ 73/157 = RdW 2001, 81 = ZIK 2001, 36 = ÖBA 2001, 560 ausgeführt, dass der Bericht über die Abschlussprüfung eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Tätigkeit des Vorstandes durch den zu seiner Kontrolle, seiner Bestellung und Abberufung zuständigen Aufsichtsrat bilde, und daher auch den Zweck habe, eine vorsätzliche unrichtige Rechnungslegung des Vorstandes zum Schaden der Gesellschaft aufzudecken und damit eine weitere Schädigung der geprüften Gesellschaft durch weiteres rechtswidriges Verhalten des Vorstands zu verhindern. Bereits damit ist der Rechtsansicht des Revisionswerbers, der Aufsichtsrat habe den Jahresabschluss (neuerlich) selbständig zu prüfen, der Boden entzogen, sodass nur der Vollständigkeit halber darauf zu verweisen ist, dass die im zitierten Erkenntnis vertretene Ansicht in der Lehre gut verankert ist. So führt Strasser (in Jabornegg/Strasser, KommzAktG4 §§ 95 bis 97 Rz 55) unter anderem aus, die im § 96 Abs 1 AktG vorgeschriebene Prüfung sei der Sache nach eigentlich eine Nachprüfung. Die Aufsichtsratsmitglieder könnten bei dieser Nachprüfung von dem durch die Abschlussprüfung, die auf Prüfungen durch Sachverständige und eigenverantwortliche Revisoren beruhe, ermittelten Ergebnis ausgehen, sofern sich keine gegenteiligen Indizien zeigten und kein Anlass bestehe, Rechnungspositionen bis auf den Grund nachzugehen. Von den Aufsichtsratsmitgliedern werde durch § 96 Abs 1 AktG nicht verlangt, dass sie die bereits von Fachleuten vorgenommene Abschlussprüfung in aller Tiefe und Breite wiederholen, sie müssten sich aber über die Ordnungsmäßigkeit und fachliche Unbedenklichkeit des Jahresabschlusses und seines Beiwerks ein eigenes Bild machen, um beurteilen zu können, ob der Jahresabschluss vom Aufsichtsrat gebilligt und damit gemäß § 125 Abs 2 AktG ohne Einschaltung der Hauptversammlung festgestellt werden könne. In gleichem Sinn argumentiert der Autor (aaO Rz 11) auch hinsichtlich des Wahrheits‑ und Vollständigkeitsgehalts des Vorstandsberichts. Nur bei offensichtlich unvollständigen oder wahrheitswidrigen oder widersprüchlichen Informationen oder Berichten des Vorstands sei der Aufsichtsrat verpflichtet, durch entsprechende Nachfragen, Vorhalte und Beharren auf Aufklärung und/oder Ergänzung einer Sache auf den Grund zu gehen. Offensichtlich im Sinne der Begründung einer Nachfragepflicht des Aufsichtsrats sei ein Berichtsfehler dann, wenn er einer Person auffallen müsse, die jene Fähigkeiten aufweise, die ein Aufsichtsratsmitglied haben solle.
Auf gleichem Standpunkt stehen bei vergleichbarer Rechtslage (§ 171 dAktG) Lehre und Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland. So lehrt Hüffer (Aktiengesetz2 § 171 Rz 9) unter Hinweis auf Judikaturzitate, es hieße die objektiven Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Aufsichtsratsmitglieder misszuverstehen, wenn man eine zweite Abschlussprüfung fordern wollte. Die Prüfung durch den Aufsichtsrat weiche qualitativ von der Abschlussprüfung ab. Die Sachkunde eines Abschlussprüfers brauche sich das Aufsichtsratsmitglied nicht zuzueignen. Seine Aufgabe sei es vielmehr, den Bericht des Abschlussprüfers durchzuarbeiten, sich ein Urteil über die innere Plausibilität zu bilden, Unverständlichkeiten nachzugehen und das Urteil des Abschlussprüfers an der eigenen Lebens‑ und Geschäftserfahrung zu messen. Ebenso argumentiert Hoffmann‑Becking (in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd 42 § 44 Rz 15), der dem Aufsichtsrat zugesteht, er könne auf Grund der Prüfung durch den Abschlussprüfer davon ausgehen, dass ‑ soweit der Prüfbericht keine Beanstandungen enthalte ‑ das Zahlenwerk des Jahresabschlusses ordnungsgemäß aus den Büchern der Gesellschaft entwickelt worden ist und die Gebote einer ordnungsgemäßen Buchführung und Bilanzierung beachtet wurden. Seien keine Bedenken ersichtlich, so seien über das Stadium und die Auswertung des Prüfungsberichts hinaus keine Prüfungshandlungen des Aufsichtsrats, auch keine Stichproben im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit des Abschlusses erforderlich. Nicht anders sieht dies Carsten P. Claussen (in Kölner KommzAktG Bd 2 § 171 Rz 5), nach dem der Aufsichtsrat, hat er keine Veranlassung zu irgendwelchen Bedenken, davon ausgehen kann, dass Abschluss und Prüfung sorgfältig erstellt und richtig sind.
Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers ist somit wesentliches Hilfsmittel für die eigenständige Prüfung durch den Aufsichtsrat, die auch die Zweckmäßigkeit der vom Vorstand bei der Aufstellung des Jahresabschlusses getroffenen bilanzpolitischen Entscheidungen umfasst. Der Aufsichtsrat hat also insbesondere zu prüfen, ob der Vorstand von den bilanzrechtlich bestehenden Ermessensspielräumen zB bei der Ausübung von Bilanzierungs‑ und Bewertungswahlrechten, bei der Festlegung der Abschreibungsmethoden und bei der Bemessung von Rückstellungen oder Wertberichtigungen, sachgemäß Gebrauch gemacht hat (Hoffmann‑Becking aaO Rz 14). Die Beurteilung der Zweckmäßigkeit muss sich am Unternehmensinteresse ausrichten, für das der Bestand des Unternehmens und seine dauerhafte Rentabilität im Unterschied zur kurzfristigen Gewinnmaximierung prägend sind. Soweit es um Ausschüttungs‑ bzw Thesaurierungspolitik geht, sind ermessensleitende Gesichtspunkte unter Konkretisierung des Unternehmensinteresses das Selbstfinanzierungsinteresse der Aktiengesellschaft, das Dividendeninteresse der Aktionäre und die langfristige Position der Gesellschaft am Kapitalmarkt (Hüffer aaO Rz 8). Insoweit ist wieder auf den im eingangs zitierten Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs zugebilligten Ermessensspielraum bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zu verweisen.
Wie ebenfalls in der Entscheidung 1 Ob 144/01k ausgeführt, ordnet der für Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 99 AktG sinngemäß anzuwendende § 84 Abs 2 AktG für das Verschulden an der Schädigung der Gesellschaft ausdrücklich die Beweislastumkehr an. Demgemäß hat der klagende Masseverwalter jedenfalls den Eintritt eines Schadens und die Kausalität des beanstandeten Verhaltens der belangten Organmitglieder zu beweisen und auch Tatsachen vorzutragen, von denen ein Schluss auf die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Aufsichtsratsmitglieds gezogen werden kann (siehe auch SZ 71/108; 1 Ob 228/99g). Auf Grund des nun bereits ausführlich dargestellten Umfangs der die Mitglieder des Aufsichtsrats treffenden Pflichten wäre es daher Aufgabe des Klägers gewesen, primär darzustellen, die Beklagten hätten auf Grund der ihnen vorliegenden Jahresabschlüsse und Prüfberichte sowie der ihnen sonst zugänglichen Unterlagen und Äußerungen des Vorstandsvorsitenden Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Bilanz und der Solvenz der Bank AG haben müssen. Die trotz der Höhe der eingetretenen Verluste zweifellos einzelfallbezogene Beurteilung der Vorinstanzen, Anhaltspunkte für derartige von Aufsichtsratsmitgliedern wahrzunehmende Bedenken seien nicht gegeben gewesen, ist nicht zu beanstanden:
Wie bereits dargestellt, durften die Beklagten die Berichte der Abschlussprüfer ihren Überlegungen zugrundelegen, wurden damit doch den Jahresabschlüssen jeweils uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt und vermochte auch der Kläger keine sich aus den Prüfberichten selbst ergebende Mängel oder Bedenklichkeiten zu behaupten. Im Wesenskern zusammengefasst gründet der Kläger seine Annahme, den Beklagten hätte die Unrichtigkeit der Bilanzen schon seit dem Jahre 1993 auffallen müssen, neben bereits vom Berufungsgericht zutreffend verneinten Randindizien, wie etwa die vom Vorstandsvorsitzenden über ausdrückliche Befragung der Aufsichtsratsmitglieder verneinte Finanzierung eines Fußballklubs, auf die hohen Liquiditätsreserven in Form von Bargeld und jederzeit realisierbaren Bankeinlagen. Dazu ist vorerst darauf zu verweisen, dass die Aufsichtsratsmitglieder keinerlei Veranlassung hatten, die physische Präsenz der in den Bilanzen ausgewiesenen Bargeldbestände persönlich zu überprüfen, weil einerseits bei der anzuwendenden ex ante‑Betrachtung massive kriminelle Handlungen des Vorstandsvorsitzenden der Bank AG nicht zu ahnen waren und andererseits die Prüfberichte die stichprobeweise Überprüfung der Kassastände verschiedener Wechselstuben auswiesen, die jweils ohne Beanstandungen verliefen. Auch hinsichtlich der Forderungen gegenüber Kreditinstituten fanden die Abschlussprüfer nach stichprobenweiser Einsichtnahme in die Kontoauszüge keine Bedenklichkeiten.
Es mag wohl zutreffen, dass gerade diese hohen Liquiditätsreserven Dreh‑ und Angelpunkt der Malversationen des Vorstandsvorsitzenden waren. Mussten die Aufsichtsratsmitglieder aber keine Bedenken am tatsächlichen Vorhandensein dieser Reserven hegen, waren sie nur mehr aufgerufen, die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahmen gemessen am Unternehmensinteresse zu prüfen, wobei ‑ wie bereits dargestellt ‑ eine Interessensabwägung nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen war. Insoweit hier die Vorinstanzen grobe Ermessensfehler als nicht gegeben erachteten, kann ihnen der Oberste Gerichtshof grundsätzlich nicht entgegentreten. Ergänzend zur Begründung im angefochtenen Urteil ist in diesem Zusammenhang auf folgende weitere Daten der Bilanzen der Jahre 1994 bis 1997 zu verweisen. Danach ist das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, welches im Jahr 1994 ATS 30,328.290,89 betrug, im Jahr 1995 auf ATS 33,573.251,15, im Jahr 1996 auf ATS 44,137.280,23 und im Jahr 1997 auf ATS 55,039.846,09 gestiegen. Die Provisionserträge, welche offenkundig überwiegend aus dem Betrieb der Wechselstuben bezogen wurden, betrugen im Jahr 1994 ATS 60,272.019,86, im Jahr 1995 ATS 83,796.539,98, im Jahr 1996 ATS 127,669.269,46 und im Jahr 1997 ATS 160,981.601,18. Der Jahresgewinn betrug 1994 bis 1996 zwischen ATS 18 Mio und ATS 20,4 Mio und brach im Jahr 1997 auf rund ATS 7,5 Mio ein. Auch der Kläger vermag nicht zu behaupten, die Beklagten hätten konkrete Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Zahlen der genannten Bilanzen unrichtig gewesen seien. Durften die Beklagten aber diese Daten ihren Überlegungen zugrundelegen, ergab sich trotz des steigenden Finanzierungsaufwands jedenfalls eine hohe Rentabilität der Wechselstuben und insgesamt das Vorliegen eines gewinnbringenden Unternehmens. Bei dieser Sachlage kann aber in der Annahme der Vorinstanzen, den Aufsichtsratsmitgliedern falle Pflichtwidrigkeit nicht zur Last, weil sie davon ausgehen durften, der Vorstandsvorsitzende als Mehrheits‑ bzw (im Umweg über die Privatstiftung) Alleinaktionär nehme aus Gründen langfristiger Unternehmensstrategie Gewinnminderungen in Kauf, keine grobe Fehlbeurteilung gesehen werden.
Die Revision ist zurückzuweisen.
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