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ARTIKEL 29 Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen – Protokoll

Aktuelle FassungIn Kraft seit 25.9.2018

ARTIKEL 29

Rechtshilfe

(1) Die Vertragsparteien leisten einander so weit wie möglich Rechtshilfe bei Ermittlungen, Verfolgungsmaßnahmen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit im Einklang mit Artikel 14 dieses Protokolls umschriebenen Straftaten.

(2) Bei Ermittlungen, Verfolgungsmaßnahmen und Gerichtsverfahren in Bezug auf die Straftaten, für die eine juristische Person nach Artikel 15 dieses Protokolls in der ersuchenden Vertragspartei zur Verantwortung gezogen werden kann, wird Rechtshilfe im größtmöglichen Umfang geleistet, den einschlägige Gesetze, Verträge und sonstige Übereinkünfte der ersuchten Vertragspartei zulassen.

(3) Um die nach diesem Artikel zu leistende Rechtshilfe kann zu folgenden Zwecken ersucht werden:

  1. a) Abnahme von Zeugenaussagen oder anderen Erklärungen,
  2. b) Zustellung gerichtlicher Schriftstücke,
  3. c) Durchsuchung und Beschlagnahme sowie Einfrieren,
  4. d) Untersuchung von Gegenständen und Inaugenscheinnahme von Örtlichkeiten,
  5. e) Überlassung von Informationen, Beweismitteln und Sachverständigengutachten,
  6. f) Überlassung von Originalen oder beglaubigten Abschriften einschlägiger Schriftstücke und Akten, einschließlich Regierungs-, Bank-, Finanz-, Firmen- oder Geschäftsunterlagen,
  7. g) Ermittlung oder Weiterverfolgung von Erträgen aus Straftaten, Vermögensgegenständen, Tatwerkzeugen oder anderen Sachen zu Beweiszwecken,
  8. h) Erleichterung des freiwilligen Erscheinens von Personen in der ersuchenden Vertragspartei und
  9. i) Hilfe jeder anderen Art, die nicht im Widerspruch zum innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei steht.

(4) Dieser Artikel berührt nicht die Verpflichtungen aus einem anderen zwei- oder mehrseitigen Vertrag, der die Rechtshilfe ganz oder teilweise regelt oder regeln wird.

(5) Die Absätze 6 bis 24 gelten, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit, für Ersuchen, die aufgrund dieses Artikels gestellt werden, wenn die betreffenden Vertragsparteien nicht durch einen Vertrag oder ein zwischenstaatliches Abkommen über Rechtshilfe gebunden sind. Sind die Vertragsparteien durch einen solchen Vertrag oder ein solches zwischenstaatliches Abkommen gebunden, so gelten die entsprechenden Bestimmungen des Vertrags oder des zwischenstaatlichen Abkommens, sofern die Vertragsparteien nicht vereinbaren, stattdessen die Absätze 6 bis 24 anzuwenden. Den Vertragsparteien wird dringend nahegelegt, diese Absätze anzuwenden, wenn sie die Zusammenarbeit erleichtern.

(6) Die Vertragsparteien bestimmen jeweils eine zentrale Behörde, die verantwortlich und befugt ist, Rechtshilfeersuchen entgegenzunehmen und sie entweder zu erledigen oder ihren jeweils zuständigen Behörden zur Erledigung zu übermitteln. Hat eine Vertragspartei eine besondere Region oder ein besonderes Hoheitsgebiet mit einem unterschiedlichen Rechtshilfesystem, so kann sie eine gesonderte zentrale Behörde bestimmen, welche dieselbe Aufgabe für diese Region oder dieses Hoheitsgebiet wahrnimmt. Die zentralen Behörden stellen die rasche und ordnungsgemäße Erledigung oder Übermittlung der eingegangenen Ersuchen sicher. Übermittelt die zentrale Behörde das Ersuchen einer zuständigen Behörde zur Erledigung so fordert sie diese zur raschen und ordnungsgemäßen Erledigung des Ersuchens auf. Jede Vertragspartei notifiziert dem Leiter des Sekretariats des Übereinkommens die für diesen Zweck bestimmte zentrale Behörde zum Zeitpunkt des Beitritts zu diesem Protokoll beziehungsweise zum Zeitpunkt der Annahme, Genehmigung, förmlichen Bestätigung oder Ratifikation dieses Protokolls. Die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen und allen damit zusammenhängenden Mitteilungen findet zwischen den von den Vertragsparteien bestimmten zentralen Behörden statt. Diese Vorschrift lässt das Recht einer Vertragspartei unberührt, zu verlangen, dass solche Ersuchen und Mitteilungen auf diplomatischem Weg und in dringenden Fällen, wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren, soweit es möglich ist, über geeignete internationale Organisationen an sie gerichtet werden.

(7) Ersuchen werden schriftlich oder, soweit möglich, mit jedem Mittel, mit dem ein Schriftstück erzeugt werden kann, in einer für die ersuchte Vertragspartei annehmbaren Sprache und in einer Weise gestellt, die dieser Vertragspartei die Feststellung der Echtheit erlaubt. Die für jede Vertragspartei annehmbare Sprache oder annehmbaren Sprachen werden dem Leiter des Sekretariats des Übereinkommens zum Zeitpunkt des Beitritts zu diesem Protokoll beziehungsweise zum Zeitpunkt der Annahme, Genehmigung, förmlichen Bestätigung oder Ratifikation dieses Protokolls notifiziert. In dringenden Fällen und wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren, können Ersuchen mündlich gestellt werden; sie müssen jedoch umgehend schriftlich bestätigt werden.

(8) Ein Rechtshilfeersuchen enthält folgende Angaben:

  1. a) die Bezeichnung der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht,
  2. b) Gegenstand und Art der Ermittlung, der Verfolgung oder des Gerichtsverfahrens, auf die oder das sich das Ersuchen bezieht, sowie Namen und Aufgaben der Behörde, welche die Ermittlung, die Verfolgung oder das Gerichtsverfahren durchführt,
  3. c) eine zusammenfassende Sachverhaltsdarstellung, außer bei Ersuchen um Zustellung gerichtlicher Schriftstücke,
  4. d) eine Beschreibung der erbetenen Rechtshilfe und Einzelheiten über bestimmte Verfahren, die auf Wunsch der ersuchenden Vertragspartei angewendet werden sollen,
  5. e) soweit möglich, Identität, Aufenthaltsort und Staatsangehörigkeit jeder betroffenen Person,
  6. f) den Zweck, zu dem die Beweismittel, Informationen oder Maßnahmen erbeten werden, und
  7. g) die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts betreffend die Straftat und die entsprechende Sanktionierung.

(9) Die ersuchte Vertragspartei kann ergänzende Angaben anfordern, wenn dies für die Erledigung des Ersuchens nach ihrem innerstaatlichen Recht erforderlich erscheint oder die Erledigung erleichtern kann.

(10) Ein Ersuchen wird nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei und, soweit dieses Recht dem nicht entgegensteht, nach Möglichkeit entsprechend den im Ersuchen bezeichneten Verfahren erledigt.

(11) Die ersuchende Vertragspartei übermittelt oder verwendet von der ersuchten Vertragspartei erhaltene Informationen oder Beweismittel nicht ohne deren vorherige Zustimmung für andere als in dem Ersuchen bezeichnete Ermittlungen, Verfolgungsmaßnahmen oder Gerichtsverfahren. Dieser Absatz hindert die ersuchende Vertragspartei nicht daran, in ihrem Verfahren Informationen oder Beweise offenzulegen, die einen Beschuldigten entlasten. In diesem Fall unterrichtet die ersuchende Vertragspartei, bevor sie diese Informationen offenlegt, die ersuchte Vertragspartei und konsultiert diese auf Verlangen. Ist ausnahmsweise keine vorherige Unterrichtung möglich, so setzt die ersuchende Vertragspartei die ersuchte Vertragspartei unverzüglich von der Offenlegung in Kenntnis.

(12) Die ersuchende Vertragspartei kann verlangen, dass die ersuchte Vertragspartei das Ersuchen und seinen Inhalt vertraulich behandelt, soweit die Erledigung des Ersuchens nichts anderes gebietet. Kann die ersuchte Vertragspartei der verlangten Vertraulichkeit nicht entsprechen, so setzt sie die ersuchende Vertragspartei umgehend davon in Kenntnis.

(13) Soweit möglich und mit den wesentlichen Grundsätzen des innerstaatlichen Rechts vereinbar, kann eine Vertragspartei, wenn eine in ihrem Hoheitsgebiet befindliche Person von den Justizbehörden einer anderen Vertragspartei als Zeuge oder Sachverständiger vernommen werden muss, auf Ersuchen dieser anderen Vertragspartei erlauben, dass die Vernehmung über eine Videokonferenz stattfindet, falls das persönliche Erscheinen der betreffenden Person im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei nicht möglich oder nicht wünschenswert ist. Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass die Vernehmung von einer Justizbehörde der ersuchenden Vertragspartei in Gegenwart einer Justizbehörde der ersuchten Vertragspartei durchgeführt wird.

(14) Die Rechtshilfe kann verweigert werden,

  1. a) wenn das Ersuchen nicht in Übereinstimmung mit diesem Artikel gestellt wird,
  2. b) wenn die ersuchte Vertragspartei der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, ihre Sicherheit, ihre öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen,
  3. c) wenn es den Behörden der ersuchten Vertragspartei nach ihrem innerstaatlichen Recht untersagt wäre, die Maßnahme, um die ersucht wurde, in Bezug auf eine vergleichbare Straftat zu ergreifen, die Gegenstand von Ermittlungen, Verfolgungsmaßnahmen oder Gerichtsverfahren unter ihrer eigenen Gerichtsbarkeit wäre,
  4. d) wenn das Ersuchen ein Straftat betrifft, die in der ersuchten Vertragspartei mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Formen des Freiheitsentzugs von höchstens zwei Jahren bedroht ist, oder wenn nach Auffassung der ersuchten Vertragspartei die Gewährung der Rechtshilfe eine der Schwere der Straftat nicht angemessene Belastung ihrer Ressourcen darstellen würde, oder
  5. e) wenn es dem Rechtshilferecht der ersuchten Vertragspartei zuwiderliefe, dem Ersuchen stattzugeben.

(15) Die Verweigerung der Rechtshilfe ist zu begründen.

(16) Die Vertragsparteien dürfen die Rechtshilfe nach diesem Artikel nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern.

(17) Die Vertragsparteien können ein Rechtshilfeersuchen nicht mit der alleinigen Begründung ablehnen, dass die Straftat als eine Tat angesehen wird, die auch fiskalische Angelegenheiten berührt.

(18) Die Vertragsparteien können die Rechtshilfe nach diesem Artikel unter Berufung auf das Fehlen beiderseitiger Strafbarkeit verweigern. Die ersuchte Vertragspartei kann jedoch, wenn sie es für zweckmäßig hält, Rechtshilfe unabhängig davon leisten, ob das Verhalten nach ihrem innerstaatlichen Recht eine Straftat darstellen würde, soweit sie dies nach eigenem Ermessen beschließt.

(19) Die ersuchte Vertragspartei erledigt das Rechtshilfeersuchen so bald wie möglich und berücksichtigt dabei soweit wie möglich die von der ersuchenden Vertragspartei vorgeschlagenen Fristen, die vorzugsweise im Ersuchen begründet werden. Die ersuchte Vertragspartei beantwortet angemessene Nachfragen der ersuchenden Vertragspartei nach dem Stand der Bearbeitung des Ersuchens. Die ersuchende Vertragspartei setzt die ersuchte Vertragspartei umgehend davon in Kenntnis, wenn die erbetene Rechtshilfe nicht mehr notwendig ist.

(20) Die Rechtshilfe kann von der ersuchten Vertragspartei mit der Begründung aufgeschoben werden, dass sie laufende Ermittlungen, Verfolgungsmaßnahmen oder Gerichtsverfahren beeinträchtigt.

(21) Bevor die ersuchte Vertragspartei ein Ersuchen nach Absatz 14 ablehnt oder seine Erledigung nach Absatz 20 aufschiebt, konsultiert sie die ersuchende Vertragspartei, um festzustellen, ob die Rechtshilfe unter den von ihr als erforderlich erachteten Bedingungen geleistet werden kann. Nimmt die ersuchende Vertragspartei die Rechtshilfe unter diesen Bedingungen an, so muss sie sich an die Bedingungen halten.

(22) Die ersuchte Vertragspartei trägt die gewöhnlichen Kosten der Erledigung eines Ersuchens, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren. Sind oder werden bei der Erledigung eines Ersuchens erhebliche oder außergewöhnliche Aufwendungen erforderlich, so konsultieren die Vertragsparteien einander, um festzulegen, unter welchen Bedingungen das Ersuchen erledigt wird und auf welche Weise die Kosten getragen werden.

(23) Im Falle eines Ersuchens

  1. a) stellt die ersuchte Vertragspartei der ersuchenden Vertragspartei Abschriften von amtlichen Unterlagen, Schriftstücken oder Informationen zur Verfügung, die sich in ihrem Besitz befinden und die nach ihrem innerstaatlichen Recht der Allgemeinheit zugänglich sind, und
  2. b) kann die ersuchte Vertragspartei der ersuchenden Vertragspartei nach eigenem Ermessen Abschriften von amtlichen Unterlagen, Schriftstücken oder Informationen, die sich in ihrem Besitz befinden und die nach ihrem innerstaatlichen Recht nicht der Allgemeinheit zugänglich sind, ganz, teilweise oder unter den von ihr als angemessen erachteten Bedingungen zur Verfügung stellen.

(24) Die Vertragsparteien prüfen gegebenenfalls die Möglichkeit des Abschlusses zwei- oder mehrseitiger Übereinkünfte, die den Zwecken dieses Artikels dienen, ihn praktisch wirksam machen oder seine Bestimmungen verstärken.

Schlagworte

Regierungsunterlage, Bankunterlage, Finanzunterlage, Firmenunterlage

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2018

Gesetzesnummer

20010303

Dokumentnummer

NOR40207316

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