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6.6. Zahlungen und sonstige Gutschriften unter Bezugnahme auf eine Mahnung (§ 214 Abs. 6 BAO)

BMF2024-0.234.99426.3.2024

Rz 739
Zahlungen und sonstige Gutschriften, die unter Bezugnahme auf eine zwingend vorgesehene oder freiwillige Mahnung (in der Regel mit Mahnschreiben; siehe Ausführungen zu § 227 BAO) erfolgen, sind in erster Linie auf die den Gegenstand der Mahnung bildenden Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen.

Rz 740
Im Vollstreckungsverfahren geleistete Beträge sind auf jene Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen, für die der Pfandrechtserwerb erfolgte, weil bei einer Verbuchung auf eine ältere (oder überhaupt andere) Abgabenschuldigkeit eine Vollstreckung, die zur zwangsweisen Einbringung einer bestimmten Abgabenschuldigkeit führen soll, dennoch fortgesetzt werden müsste.

Rz 741
Zu den gemäß § 214 Abs. 6 BAO zu verrechnenden Zahlungen gehören nicht nur solche, die der Abgabepflichtige zur Vermeidung einer Pfändung an den Vollstrecker leistet, sondern auch Erlöse aus der Verwertung von Pfandgegenständen oder Überweisungen durch Gerichte in gerichtlichen Vollstreckungsverfahren.

Rz 742
Zahlungen eines Drittschuldners dürfen nur auf jene Abgaben, die Gegenstand der Forderungspfändung sind, verrechnet werden (VwGH 5.4.1989, 88/13/0204).

Rz 743
§ 214 Abs. 6 BAO ist außerhalb der Verrechnung der Verwertungserlöse von Pfandobjekten auf jene Fälle sinngemäß anzuwenden, in denen nach Eintritt der Einhebungsverjährung auf Grund des § 238 Abs. 4 BAO eine Entrichtung noch in Betracht kommt.

Rz 744
In analoger Anwendung des § 214 Abs. 6 BAO sind auf Grund eines Sicherstellungsauftrages hinterlegte Beträge (§ 232 Abs. 4 lit. d BAO), die vorläufig in Verwahrung genommen wurden, nach Festsetzung der Abgaben, die Gegenstand des Sicherstellungsauftrages waren, auf diese zu verrechnen.

6.7. Zahlungen eines Gesamtschuldners (§ 214 Abs. 7 BAO)

Rz 745
§ 214 Abs. 7 BAO soll in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung gemäß § 213 Abs. 4 BAO allfällige negative Folgen einer kumulativen Verrechnung für den einzelnen Abgabepflichtigen hintanhalten.

Rz 746
Die Regelung des § 214 Abs. 7 BAO unterscheidet sich von jener des § 214 Abs. 4 BAO dadurch, dass im Rahmen des § 214 Abs. 4 BAO ein Recht auf Erteilung einer Verrechnungsweisung für bestimmte Abgaben besteht, während § 214 Abs. 7 BAO vorsieht, dass der Abgabepflichtige im Weg einer Widmung verfügen kann, auf wessen Rechnung bestimmte Zahlungen zu verrechnen sind.

Rz 747
Eine Verrechnung iSd § 214 Abs. 7 BAO setzt voraus, dass aus dem Zahlungsbeleg ersichtlich ist, für wessen Rechnung die Zahlung erfolgt. Innerhalb der vom § 214 Abs. 7 BAO betroffenen Abgabenschuldigkeiten gelten die allgemeinen Verrechnungsgrundsätze, vor allem jene des § 214 Abs. 1 BAO.

Nicht ausreichend ist es, eine Widmung in der Form zu verfügen, dass der Abgabepflichtige lediglich seinen Namen auf dem Zahlungsbeleg angibt.

§ 214 Abs. 7 letzter Satz ermöglicht jedoch, eine - ausdrückliche - Widmung der Zahlung für Rechnung eines (bestimmten) Gesamtschuldners innerhalb von drei Monaten mit den gleichen Wirkungen wie im Fall einer irrtümlich unterlassenen Verrechnungsweisung (siehe Rz 732 bis Rz 738) nachzuholen.

Rz 748
In Fällen, in denen für einen Teil der von einem Abgabepflichtigen geschuldeten Abgaben eine persönliche abgabenrechtliche Haftung geltend gemacht wird und daher gemäß § 7 BAO ein Gesamtschuldverhältnis entsteht, kann eine Dokumentation der Widmung in der Weise erfolgen, dass der Haftende auf dem Zahlungsbeleg auf den Haftungsbescheid verweist. Unterbleibt diesfalls irrtümlich eine Widmung, kann sie binnen drei Monaten nachgeholt werden.

Rz 749
Eine Widmung gemäß § 214 Abs. 7 BAO kann auch ein noch nicht in Anspruch genommener Haftungspflichtiger erteilen.

Rz 750
Soweit den Gegenstand einer Verrechnung nach § 214 Abs. 7 BAO darstellende Zahlungen auf einem sich später (zB im Zuge einer Beschwerdeerledigung) als überhöht erweisenden Leistungsgebot (Abgaben- oder Haftungsbescheid) beruhen, sind sie aus der zusammengefassten Verbuchung der Gebarung herauszulösen, was durch Umbuchung auf ein gesondertes Konto geschieht, auf dem dann ein (gemäß § 215 BAO zu verwendendes bzw. gemäß § 239 BAO rückzahlbares) Guthaben ausgewiesen ist; das Ziel des Gesetzesauftrages kann allerdings auch durch eine unmittelbare Rückzahlung ohne vorherige Umbuchung erreicht werden.

Rz 751
Für die Entrichtung der nach erfolgter Umbuchung oder Rückzahlung wieder auflebenden Abgabenschuldigkeiten steht dem Abgabepflichtigen eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe der Umbuchung oder Rückzahlung zu (§ 210 Abs. 5 BAO). Eine allfällige Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt erst mit dem ungenützten Ablauf der Nachfrist gemäß § 210 Abs. 5 BAO ein.

Rz 752
Auf Abgabenschuldigkeiten, die infolge einer Umbuchung gemäß § 214 Abs. 7 BAO oder einer direkt erfolgten Rückzahlung (siehe Rz 750) wieder aufleben, ist § 227 BAO mit Ausnahme des Abs. 4 anzuwenden (§ 228 erster Satz BAO). Eine Mahnung ist jedoch nicht erforderlich, wenn dem Abgabepflichtigen spätestens eine Woche vor dem Ablauf der Nachfrist gemäß § 210 Abs. 5 BAO eine Buchungsmitteilung zugesendet wurde.

6.8. Besondere Verrechnungsvorschriften (§ 214 Abs. 8 BAO)

Rz 753
Durch Bescheide, insbesondere Abgabenbescheide, ausgelöste sonstige Gutschriften sind in erster Linie auf die den Gegenstand des Bescheides betreffenden verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen.

Beispiele:

1. Trotz älterer im Rückstand enthaltener Abgabenschuldigkeiten ist eine sonstige Gutschrift auf Grund einer Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für ein bestimmtes Jahr auf diese zu verrechnen.

2. USt-Vorauszahlungen wurden festgesetzt und die Entscheidung über eine gegen den Festsetzungsbescheid gerichtete Beschwerde führt zu einer über die aus dem angefochtenen Bescheid resultierende Nachforderung hinausgehenden Gutschrift. Die aus der Beschwerdeerledigung entstehende Gutschrift ist ungeachtet allfälliger sonstiger älterer Abgabenschuldigkeiten zunächst auf die aus dem angefochten gewesenen Bescheid resultierende Nachforderung und, soweit noch ein Teil der Gutschrift verbleibt, auf allenfalls im Rückstand enthaltene, dasselbe Kalenderjahr betreffende ältere verbuchte und noch nicht abgestattete Schuldigkeiten an USt-Vorauszahlungen zu verrechnen.

Rz 754
Wenn die Änderung oder Aufhebung eines Bescheides zu einer Gutschrift führt, die nicht zur Gänze gemäß § 214 Abs. 8 BAO verrechnet werden kann, findet die weitere Verrechnung nach den Vorschriften des § 214 Abs. 1 und 3 BAO statt.

Rz 755
Durch die Regelung des § 214 Abs. 8 BAO soll weitgehend vermieden werden, dass auf Null gestellte Abgaben, wenn auch nur aus Verrechnungsgründen, im Rückstand erhalten bleiben.

Rz 756
Gutschriften iSd § 214 Abs. 8 BAO sind ausschließlich solche, die aus Abgabenbescheiden resultieren; in diesem Zusammenhang kommen somit insbesondere Zahlungen und Gutschriften, die sich aus einer Umsatzsteuervoranmeldung ergeben, sowie Abschreibungen gemäß § 235 BAO und § 236 BAO nicht in Betracht (siehe jedoch Rz 758 und Rz 759).

Rz 757
Der Begriff "Abgabenbescheid" im § 214 Abs. 8 BAO ist allerdings extensiv in dem Sinn auszulegen, dass in diesem Zusammenhang Gutschriften auslösende Bescheide gemäß § 202 BAO sowie etwa auch Beschwerdevorentscheidungen im Zusammenhang mit Haftungsbescheiden und Bescheide, mit denen ausgesprochen wird, dass eine Veranlagung unterbleibt, darunterfallen. Dies gilt auch zufolge § 93a BAO für Erkenntnisse, die Gutschriften auslösen.

Rz 758
Eine Gutschrift gemäß § 214 Abs. 8 BAO kann auch vorliegen, wenn etwa ein bestimmter Betrag als Umsatzsteuervorauszahlung gebucht wurde und eine Umsatzsteuerfestsetzung gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 einen geringeren Betrag ergibt.

Rz 759
Führt eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung iSd § 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994 zu einer saldowirksamen Gutschrift, so hat die Verrechnung, dem Wesen einer Berichtigung entsprechend, in erster Linie auf die rückständige Umsatzsteuer desselben Voranmeldungszeitraumes zu erfolgen.

Rz 760
Wird anlässlich der Erlassung eines Abgabenbescheides die bisherige Vorschreibung (das Vorsoll) als Gutschrift dargestellt, so handelt es sich dabei dennoch um keine sonstige Gutschrift iSd § 214 Abs. 8 BAO. Demgemäss ist nur die aus einem Abgabenbescheid resultierende Rückstandsminderung als Gutschrift iSd § 214 Abs. 8 BAO zu berücksichtigen.

Rz 761
Eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) sowie eine Aussetzung der Einbringung (§ 231 BAO) stehen der uneingeschränkten Anwendung des § 214 Abs. 8 BAO nicht entgegen.

Rz 762
Ergibt sich auf Grund einer Entscheidung über die Bescheidbeschwerde eine Gutschrift betreffend eine den Gegenstand der Aussetzung der Einhebung bildende Abgabe, so erfolgt deren Verrechnung zunächst auf die ausgesetzt gewesenen Beträge; Gleiches gilt, soweit durch eine spätere Entscheidung dem Beschwerdebegehren entsprochen und die Beschwerde als gegenstandslos erklärt wird (§ 261 BAO). In allen anderen Fällen sind Gutschriften zunächst auf die nicht von der Aussetzung der Einhebung betroffenen Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen.

Bezüglich der Vorgangsweise betreffend die Verrechnung von Gutschriften in Fällen der Aussetzung der Einbringung siehe Rz 1505.

6.9. Übersicht über die wichtigsten Durchbrechungen der Verrechnungsregelungen des § 214 Abs. 1 BAO

Rz 763

Randzahlen 764 bis 799: derzeit frei

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