§ 214 Abs. 4 erster Unterabsatz BAO sieht abweichend von den Grundsätzen der Abs. 1, 2 und 3 vor, dass bestimmte Zahlungen dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekanntgegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen sind. Ferner sind dem § 214 Abs. 4 zweiter Unterabsatz BAO zufolge Gutschriften, soweit sie im Zusammenhang mit einer in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Selbstbemessung oder Einbehaltung von Abgaben entstehen, in Fällen einer entsprechenden auf der Gutschriftsanzeige erteilten Verrechnungsweisung auf Schuldigkeiten der im § 214 Abs. 4 erster Unterabsatz BAO angeführten Art zu verrechnen.
Bei Erteilung einer Verrechnungsweisung ist es als ausreichend anzusehen, wenn auf dem Zahlungsbeleg oder der Gutschriftsanzeige ein Hinweis auf ein gleichzeitig eingebrachtes Anbringen vorhanden ist, das die Verrechnungsweisung enthält. Für Verrechnungsweisungen sieht das Gesetz keinerlei Formerfordernis vor. Es genügt, wenn der Wille des Abgabepflichtigen aus seiner Weisung eindeutig zu erkennen ist (
VwGH 9.11.1994, 91/13/0221).
§ 214 Abs. 4 BAO bezieht sich nur auf Verrechnungsweisungen ein und desselben Abgabepflichtigen hinsichtlich eines bestimmten (für ihn eröffneten) Abgabenkontos (
VwGH 29.11.1994, 94/14/0094). Bezüglich der Berichtigung oder Nachholung einer Verrechnungsweisung siehe § 214 Abs. 5 und (bei Gesamtschuldverhältnissen) Abs. 7 BAO.
Die Möglichkeit einer wirksamen Verrechnungsweisung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die in Betracht kommende Abgabe Gegenstand einer Zahlungserleichterung ist.
Weist eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung iSd § 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994 einen höheren Überschuss aus als eine für denselben Voranmeldungszeitraum früher eingereichte Voranmeldung, so ist eine Verrechnungsweisung höchstens im Ausmaß der Überschusserhöhung zulässig.
§ 214 Abs. 4 BAO ist in den Fällen des
§ 212a Abs. 8 BAO der letztgenannten Bestimmung zufolge sinngemäß anzuwenden. Die Möglichkeit einer gezielten Entrichtung besteht auch nach
§ 214 Abs. 7 BAO.
Das Verrechnungsweisungsrecht des
§ 214 Abs. 4 lit. a BAO bezieht sich auf alle Abgabenschuldigkeiten, somit sowohl auf Selbstberechnungsabgaben und Abfuhrabgaben als auch auf mit Bescheid festgesetzte Abgaben.
Verrechnungsweisungen betreffen Zahlungsansprüche und sind somit bezüglich Vorauszahlungen je Fälligkeitszeitpunkt zulässig. Eine Verrechnungsweisung für ein bestimmtes Einkommensteuervorauszahlungsviertel ist daher zulässig, selbst wenn ein Einkommensteuervorauszahlungsviertel mit einer früheren Fälligkeit noch nicht entrichtet ist.
Sind mehrere Einkommensteuernachforderungen offen, so bezieht sich das Verrechnungsweisungsrecht auf jede einzelne Nachforderung. Wird eine Verrechnungsweisung für die Einkommensteuer eines bestimmten Jahres erteilt, so ist nach den Grundsätzen des
§ 214 Abs. 1 BAO zu verrechnen.
§ 214 Abs. 4 lit. a BAO ist auch anwendbar
Eine Verrechnung entsprechend dem der Abgabenbehörde bekanntgegebenen Verwendungszweck setzt voraus, dass die Abgabe, die gezielt entrichtet werden soll, ziffernmäßig konkretisiert ist. Eine Verrechnungsweisung, wonach etwa die aus der Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Jänner resultierende Gutschrift in der Höhe von 1.000 Euro für die Abdeckung der noch bekanntzugebenden Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Februar verwendet werden soll, ist unwirksam. Eine "Reservierung" für die Tilgung einer erst später zu konkretisierenden Abgabe ist somit unzulässig.
Eine Verrechnung auf Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, darf nur nach Maßgabe des
§ 212a Abs. 8 BAO erfolgen; dieser Bestimmung zufolge dürfen zur Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, Zahlungen, sonstige Gutschriften (
§ 213 Abs. 1 BAO) sowie Guthaben (
§ 215 Abs. 4 BAO) nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden, wobei
§ 214 Abs. 4 BAO sinngemäß anzuwenden ist, wenn bei Bekanntgabe des Verwendungszweckes auf den Umstand der Aussetzung der Einhebung der zu entrichtenden oder zu tilgenden Abgabenschuldigkeit ausdrücklich hingewiesen wurde.
Würde eine Zahlung (oder sonstige Gutschrift) nicht gemäß
§ 214 Abs. 4 lit. a BAO gezielt, sondern gemäß
§ 214 Abs. 1 BAO auf andere Abgabenschuldigkeiten verrechnet werden, so könnte die sich aus
§ 29 FinStrG ergebende Straffreiheit verwirkt sein, weil nicht die verkürzten Abgaben entrichtet wären. Wird in den Fällen einer Selbstanzeige die Abgabe vor ihrer Festsetzung unter Inanspruchnahme des Weisungsrechtes entrichtet, so ist der Betrag zunächst in Verwahrung zu nehmen und anlässlich der Festsetzung (gezielt) auf das Abgabenkonto umzubuchen.
§ 214 Abs. 4 lit. b BAO stellt zusätzlich zu
§ 213 Abs. 3 letzter Satz BAO sicher, dass Zahlungen, die der Abgabepflichtige zur Abdeckung von im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren verhängten Geldstrafen und Wertersätzen oder sonstigen hiebei angefallenen Geldansprüchen verwenden will, entsprechend verrechnet werden.
Randzahlen 725 bis 728: derzeit frei
Eine einmal durchgeführte Verrechnung bleibt grundsätzlich von später eintretenden Ereignissen oder zu Tage gekommenen Umständen unbeeinflusst (siehe Rz 704); eine Ausnahme hievon ist § 214 Abs. 5 BAO, wonach für den Fall, dass bei einer Verrechnungsweisung iSd § 214 Abs. 4 BAO irrtümlich eine unrichtige Abgabenart oder ein unrichtiger Zeitraum angegeben oder irrtümlich eine Verrechnungsweisung nicht erteilt wurde, bestimmte Rechtsfolgen der irrtümlich erteilten oder unterlassenen Verrechnungsweisung auf Antrag aufzuheben oder nicht herbeizuführen sind. Dies gilt gemäß § 214 Abs. 7 BAO auch dann, wenn in den Fällen des § 213 Abs. 4 BAO ein nicht alle zusammengefasst verbuchten Abgaben schuldender Abgabepflichtiger eine auf ihn lautende Zahlungswidmung irrtümlich unterlassen hat.
Der Anwendungsbereich des
§ 214 Abs. 5 BAO bezieht sich auf alle nach
§ 214 Abs. 4 und
7 BAO zulässigen Verrechnungsweisungen und Zahlungswidmungen.
Die Zulassung der Berichtigung einer Umsatzsteuervoranmeldung (§ 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994) schließt nicht die Möglichkeit der Berichtigung einer früher erteilten Verrechnungsweisung ein (siehe auch Rz 712 bis Rz 724).
Einem Antrag gemäß
§ 214 Abs. 5 BAO kann eine die Einbringung hemmende Wirkung zuerkannt werden (
§ 230 Abs. 4 BAO).
Auf Aufhebung oder Nichtherbeiführung der Rechtsfolgen des Irrtums besteht ein Anspruch im Fall einer Antragstellung binnen drei Monaten ab Erteilung der unrichtigen Verrechnungsweisung bzw. im Fall der irrtümlich unterlassenen Verrechnungsweisung ab dem Zeitpunkt der maßgeblichen Entrichtung.
Da, von Nebengebühren im Zusammenhang mit einem Vollstreckungsverfahren abgesehen, alle Rechtsfolgen der unrichtigen bzw. unterlassenen Verrechnungsweisung zu beseitigen sind, ist eine Berichtigung der Verbuchung der Gebarung und damit auch eine rückwirkende Änderung der Verrechnung entrichteter Beträge vorzunehmen.
Ein allfälliger Säumniszuschlagsbescheid ist aufzuheben.
Ein etwaiger Terminverlust iSd
§ 230 Abs. 5 BAO ist in den Fällen des
§ 214 Abs. 5 BAO rückgängig zu machen; von Terminverlustfolgen ist abzusehen. Eine vom Terminverlust betroffene Zahlungserleichterungsbewilligung lebt ohne neuerliche Antragstellung wieder auf.
Beispiel:
Als Folge der Nichteinhaltung einer im Zahlungserleichterungsbescheid enthaltenen Bedingung tritt Terminverlust ein, wenn anlässlich der am Fälligkeitstag geleisteten Zahlung im Ausmaß einer selbstberechneten USt-Vorauszahlung die Erteilung einer Verrechnungsweisung gemäß § 214 Abs. 4 lit. a BAO unterbleibt und somit der Betrag - entgegen der Erwartung des Abgabepflichtigen - gemäß § 214 Abs. 1 BAO verrechnet wird. Daher führt die spätere Lastschrift der USt-Vorauszahlung zu einer Rückstandserhöhung und löst die Festsetzung eines Säumniszuschlages aus. Auf Antrag ist der Säumniszuschlagsbescheid aufzuheben, weil der Säumniszuschlag bei Erteilung der Verrechnungsweisung nicht festgesetzt worden wäre. Weiters ist eine Berichtigung der Verbuchung der Gebarung und damit auch der Verrechnung vorzunehmen.
Die Möglichkeit der Antragstellung nach
§ 214 Abs. 5 BAO bezieht sich auch auf Fälle einer irrtümlich für einen zu geringen Betrag erteilten Verrechnungsweisung.
Beispiel:
Am 15. April 2014 werden 9.000 Euro entrichtet. Die Verrechnungsweisung auf dem Zahlungsbeleg für die USt-Vorauszahlung für Februar 2014 wird für einen Betrag von 2.000 Euro erteilt. 7.000 Euro werden nach § 214 Abs. 1 BAO auf eine am 22. April 2014 fällige ESt-Schuld verrechnet. Vor Ablauf der Dreimonatsfrist erkennt der Abgabepflichtige, dass er bei Erteilung der Verrechnungsweisung insoweit geirrt hat, als er einen USt-Betrag von 5.000 Euro mit Verrechnungsweisung entrichten wollte. Bei rechtzeitiger Antragstellung ist der Abgabepflichtige von Einbringungsmaßnahmen abgesehen so zu stellen, als ob er ursprünglich eine Verrechnungsweisung über 5.000 Euro erteilt hätte. Die Berichtigung der Verbuchung der Gebarung führt zu einem teilweise Wiederaufleben der ESt-Schuld im Umfang von 3.000 Euro, für deren Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat zusteht (§ 210 Abs. 5 BAO).
Der Umstand, dass einem Antrag gemäß
§ 214 Abs. 5 BAO entsprochen wurde, hat auf die Kosten des Vollstreckungsverfahrens gemäß
§ 26 AbgEO (Pfändungs-, Versteigerungsgebühren und Barauslagenersätze) keinen Einfluss.
Wurde einem Antrag gemäß
§ 214 Abs. 5 BAO stattgegeben, so bedeutet dies, dass für die hievon betroffenen Abgaben, soweit sie zeitgerecht entrichtet wurden, keine Säumnis vorliegt; dies ist auch bei Anwendung des
§ 217 Abs. 5 BAO (Sechsmonatsfrist) zu beachten.