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6. Verrechnung von Gutschriften (§ 214 BAO)

BMF2024-0.234.99426.3.2024

Rz 700
§ 214 Abs. 1 BAO enthält grundsätzliche Vorschriften darüber, auf welche Abgabenschuldigkeiten Zahlungen oder sonstige Gutschriften zu verrechnen sind.

Rz 701
Die Verrechnungsvorschriften des § 214 BAO sind in allen Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung anzuwenden (siehe Ausführungen zu § 213 BAO).

6.1. Verrechnung in Fällen zusammengefasster Verbuchung der Gebarung (§ 214 Abs. 1 BAO)

Rz 702
In den Fällen der zusammengefassten Verbuchung der Gebarung werden Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit nicht Ausnahmeregelungen (siehe § 214 Abs. 2 bis 4 und 6 bis 8 BAO) Anderes bestimmen, grundsätzlich auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten verrechnet. Gegebenenfalls hat jedoch an die Stelle des Fälligkeitstages der davon abweichende zuletzt maßgebliche gesetzlich zustehende (zB gemäß § 210 Abs. 4 BAO oder § 212a Abs. 7 BAO) oder durch Bescheid zuerkannte (zB gemäß § 212 Abs. 3 BAO) Zahlungstermin zu treten. Im Übrigen siehe auch Rz 48 bis Rz 50.

Rz 703
Sind mehrere Abgabenschuldigkeiten am selben Tag zahlbar (unabhängig davon, ob es sich um Fälligkeitstage oder um davon abweichende Zahlungstermine handelt) und reicht ein zu verrechnender Betrag zur Tilgung aller gleichzeitig zu entrichtenden Abgabenschuldigkeiten nicht aus, so hat die Verrechnung auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten und bei demselben Fälligkeitstag auf die früher verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu erfolgen. Eine Aliquotierung dieser Beträge und somit eine anteilige Zuordnung zu den einzelnen Abgabenschuldigkeiten wird nicht vorgenommen.

Rz 704
§ 214 Abs. 1 BAO stellt die Verrechnung ausdrücklich auf bereits verbuchte Abgabenschuldigkeiten ab. Eine einmal durchgeführte Verrechnung kann grundsätzlich von später eintretenden Umständen nicht mehr berührt werden. Eine Umwidmung bereits verrechneter Zahlungen oder sonstiger Gutschriften auf erst später der Abgabenbehörde bekannt gewordene Abgabenschuldigkeiten ist somit grundsätzlich ausgeschlossen.

Rz 705
Abweichend von diesem Grundsatz erfolgen Umwidmungen jedoch insbesondere in folgenden Fällen:

Rz 706
Der letzte Satz des § 214 Abs. 1 BAO soll sicherstellen, dass im Interesse der Vermeidung von Willkür die Buchung stets in Übereinstimmung mit den Belegen erfolgt. Zu den sachlichen Gesichtspunkten, auf die hiebei Bedacht zu nehmen ist, zählen insbesondere die Bearbeitungsreihenfolge, die chronologische Reihenfolge der Erhebungszeiträume und die Maßgeblichkeit einer Abgabe für eine andere Abgabe (zB Stammabgabe und Nebenanspruch).

6.2. Fälligkeit bei zusammengefasster Festsetzung von Abgaben (§ 214 Abs. 2 BAO)

Rz 707
Die grundsätzlichen Verrechnungsregelungen des § 214 Abs. 1 BAO erfahren durch § 214 Abs. 2 BAO eine Ausnahme, welche den verrechnungstechnischen Besonderheiten Rechnung trägt, die sich bei bescheidmäßiger Festsetzung von nach Maßgabe der Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst zu berechnenden Abgaben ergeben. Die Festsetzung kann gemäß § 201 Abs. 4 BAO innerhalb derselben Abgabenart mehrere Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid umfassen (zB Umsatzsteuervorauszahlungen). § 214 Abs. 2 BAO bezieht sich auf die Fälle des § 201 Abs. 4 BAO, welche Bestimmung gemäß § 202 Abs. 1 BAO auch im Zusammenhang mit der Selbstberechnung einer Abgabe durch einen abgabenrechtlich Haftungspflichtigen sinngemäß anzuwenden ist (zB Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer). § 214 Abs. 2 BAO fingiert, dass verrechnungstechnisch (nicht auch schuldrechtlich) für alle zusammengefasst festgesetzten Abgabenschuldigkeiten der Fälligkeitstag der jüngsten dieser Abgabenschuldigkeiten als Fälligkeitstag gilt.

Beispiel:

Bei Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers für Lohnsteuer Jänner bis April gilt verrechnungstechnisch der 15. Mai als Fälligkeitstag.

6.3. Verbuchung der Gebarung bei Zahlungserleichterung und Aussetzung der Einhebung (§ 214 Abs. 3 BAO)

Rz 708
Bei Anwendung des § 214 Abs. 1 BAO sind dem § 214 Abs. 3 erster Unterabsatz BAO zufolge in Zahlungserleichterungsbewilligungen vorgesehene Zahlungstermine nur dann maßgeblich, wenn im Zeitpunkt der Zahlung oder sonstigen Gutschrift die Bewilligung wirksam ist oder ein Zahlungsaufschub iSd § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO (betreffend den Zeitraum zwischen Erlöschen einer Zahlungserleichterung infolge Terminverlustes und Ausstellung eines Rückstandsausweises) für die den Gegenstand der Bewilligung bildenden Abgaben besteht. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, so richtet sich die Verrechnung wieder nach den von der Zahlungserleichterung unabhängigen, für die einzelnen Abgabenschuldigkeiten maßgeblichen Terminen iSd § 214 Abs. 1 BAO.

Rz 709
Mit der Bestimmung des § 214 Abs. 3 erster Unterabsatz BAO soll erreicht werden, dass während der Laufzeit einer Zahlungserleichterung neu fällig werdende, nicht in diese einbezogene Abgabenschuldigkeiten entrichtet werden können, ohne dass eine Verrechnung auf ältere Schuldigkeiten erfolgt (VwGH 17.9.1986, 84/13/0208).

Rz 710
Die Anwendung des § 214 Abs. 3 erster Unterabsatz BAO setzt die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung voraus (VwGH 11.11.1980, 1120/77); die bloße Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens reicht hiefür nicht aus.

Rz 711
Bei Vorliegen eines noch unerledigten Aussetzungsantrages wird dem Rechts-schutzgedanken des § 212a BAO entsprechend eine Verrechnung gemäß § 214 Abs. 1 BAO zuerst auf jene Abgabenschuldigkeiten vorgenommen, die nicht Gegenstand des Aussetzungsantrages sind, auch wenn diese spätere Zahlungstermine als die vom Aussetzungsantrag umfassten haben. Hiedurch soll vermieden werden, dass hinsichtlich der vom Aussetzungsantrag nicht umfassten Abgaben Säumnisfolgen eintreten, obwohl Zahlungen und sonstige Gutschriften in Höhe dieser Abgaben bis zu deren Zahlungstermin erfolgen.

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