6.1. Verrechnung in Fällen zusammengefasster Verbuchung der Gebarung (§ 214 Abs. 1 BAO)
In den Fällen der zusammengefassten Verbuchung der Gebarung werden Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit nicht Ausnahmeregelungen (siehe § 214 Abs. 2 bis 4 und 6 bis 8 BAO) Anderes bestimmen, grundsätzlich auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten verrechnet. Gegebenenfalls hat jedoch an die Stelle des Fälligkeitstages der davon abweichende zuletzt maßgebliche gesetzlich zustehende (zB gemäß § 210 Abs. 4 BAO oder § 212a Abs. 7 BAO) oder durch Bescheid zuerkannte (zB gemäß § 212 Abs. 3 BAO) Zahlungstermin zu treten. Im Übrigen siehe auch Rz 48 bis Rz 50.Sind mehrere Abgabenschuldigkeiten am selben Tag zahlbar (unabhängig davon, ob es sich um Fälligkeitstage oder um davon abweichende Zahlungstermine handelt) und reicht ein zu verrechnender Betrag zur Tilgung aller gleichzeitig zu entrichtenden Abgabenschuldigkeiten nicht aus, so hat die Verrechnung auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten und bei demselben Fälligkeitstag auf die früher verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu erfolgen. Eine Aliquotierung dieser Beträge und somit eine anteilige Zuordnung zu den einzelnen Abgabenschuldigkeiten wird nicht vorgenommen.§ 214 Abs. 1 BAO stellt die Verrechnung ausdrücklich auf bereits verbuchte Abgabenschuldigkeiten ab. Eine einmal durchgeführte Verrechnung kann grundsätzlich von später eintretenden Umständen nicht mehr berührt werden. Eine Umwidmung bereits verrechneter Zahlungen oder sonstiger Gutschriften auf erst später der Abgabenbehörde bekannt gewordene Abgabenschuldigkeiten ist somit grundsätzlich ausgeschlossen.Abweichend von diesem Grundsatz erfolgen Umwidmungen jedoch insbesondere in folgenden Fällen:- Berichtigung einer irrtümlich erteilten Verrechnungsweisung (§ 214 Abs. 5 erster Unterabsatz BAO).
- Nachholung einer irrtümlich unterlassenen Verrechnungsweisung (§ 214 Abs. 5 zweiter Unterabsatz und Abs. 7 letzter Satz BAO).
- Eine Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB wirkt ungeachtet des Zeitpunktes ihrer Durchführung auf den Tag zurück, an dem Forderung und Gegenforderung einander erstmals fällig gegenüberstanden (siehe Rz 130).
- Umbuchungen und Überrechnungen von Guthaben wirken auf den im § 211 Abs. 1 lit. g BAO angeführten Tag zurück, auch wenn die Durchführung später erfolgt.
- Gutschriften auf Grund von Umsatzsteuervoranmeldungen wirken in der Regel gemäß § 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994 auf einen vor dem Buchungstag liegenden Zeitpunkt zurück.
- Wurde eine entrichtete Abgabenschuldigkeit in eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) einbezogen, so führt dies insoweit zur Tilgung anderer Abgabenschuldigkeiten oder zur Entstehung eines Guthabens.
- Im Insolvenzverfahren kommt den Aufrechnungsvorschriften der IO Vorrang vor den Verrechnungsvorschriften des § 214 BAO zu (vgl. zB VwGH 21.11.2013, 2011/15/0188 - Rz 151 bis Rz 157).
6.2. Fälligkeit bei zusammengefasster Festsetzung von Abgaben (§ 214 Abs. 2 BAO)
Die grundsätzlichen Verrechnungsregelungen des § 214 Abs. 1 BAO erfahren durch § 214 Abs. 2 BAO eine Ausnahme, welche den verrechnungstechnischen Besonderheiten Rechnung trägt, die sich bei bescheidmäßiger Festsetzung von nach Maßgabe der Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst zu berechnenden Abgaben ergeben. Die Festsetzung kann gemäß § 201 Abs. 4 BAO innerhalb derselben Abgabenart mehrere Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid umfassen (zB Umsatzsteuervorauszahlungen). § 214 Abs. 2 BAO bezieht sich auf die Fälle des § 201 Abs. 4 BAO, welche Bestimmung gemäß § 202 Abs. 1 BAO auch im Zusammenhang mit der Selbstberechnung einer Abgabe durch einen abgabenrechtlich Haftungspflichtigen sinngemäß anzuwenden ist (zB Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer). § 214 Abs. 2 BAO fingiert, dass verrechnungstechnisch (nicht auch schuldrechtlich) für alle zusammengefasst festgesetzten Abgabenschuldigkeiten der Fälligkeitstag der jüngsten dieser Abgabenschuldigkeiten als Fälligkeitstag gilt.Beispiel:
Bei Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers für Lohnsteuer Jänner bis April gilt verrechnungstechnisch der 15. Mai als Fälligkeitstag.