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22.4.2.2 Sonderfragen zum Einkünftetatbestand

BMF2023-0.871.8196.5.2021

Rz 6629
Ein "Vorvertrag" (oder ähnliche Vereinbarungen) ist ein Vertrag, dessen Gegenstand die Verpflichtung zum Vertragsabschluss zu einem späteren Zeitpunkt ist. Bei Kaufverträgen ist im Zweifel allerdings nicht der Abschluss eines Vorvertrages anzunehmen, sondern der Abschluss des unmittelbaren Verpflichtungsgeschäftes, weil die wesentlichen Vertragsinhalte (Kaufgegenstand und Preis) mit denen des intendierten Hauptvertrages ident sein müssen (OGH 13.7.1993, 4Ob519/93).

Der Zeitpunkt des förmlichen Abschlusses des Kaufvertrages ist dann nicht maßgebend, wenn schon vorher ein Tatbestand verwirklicht wurde, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Vertragsteile vorwegnimmt (VwGH 17.12.1965, 2372/64; VwGH 23.2.1971, 1753/70; VwGH 20.11.1997, 96/15/0256).

Erfolgt die Nutzung einer Eigentumswohnung auf Basis eines Anwartschaftsvertrages (zum Erwerb des Wohnungseigentums), führt der Abschluss dieses Vertrages zur Anschaffung der Wohnung, auch wenn der förmliche Abschluss des Kaufvertrages erst später erfolgt (VwGH 9.11.1988, 87/13/0096). Im Unterschied dazu führt der Abschluss eines Mietvertrages mit Kaufoption nicht zur Anschaffung der Wohnung (zum Anschaffungszeitpunkt bei Kaufoptionen siehe Rz 6623).

Rz 6630
In wirtschaftlicher Betrachtungsweise macht es bei der Ermittlung der Einkünfte keinen Unterschied, ob dem Veräußerer die wirtschaftlichen Vorteile vom Erwerber oder von Dritten (am Zustandekommen des Veräußerungsgeschäftes interessierten) Personen gewährt werden (VwGH 28.11.2000, 97/14/0032).

Rz 6631
Vom Tatbestand des § 30 EStG 1988 sind grundsätzlich auch ausländische Grundstücke betroffen. Auch bei diesen Grundstücken ist zu unterscheiden, ob diese bei einer gedanklichen Veräußerung zum 31.3.2012 nach § 30 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 steuerhängig gewesen wären oder nicht (bei dieser Prüfung ist nicht relevant, ob nach dem anzuwendenden DBA Österreich ein Besteuerungsrecht zukommt).

Da bei am 31.3.2012 beschränkt Steuerpflichtigen die Veräußerung eines ausländischen Grundstücks mangels Nennung in § 98 EStG 1988 nicht steuerbar war, war das Grundstück auch nicht steuerhängig. Daher können die Einkünfte nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 ermittelt werden, wenn ein bislang beschränkt Steuerpflichtiger mit einem ausländischen Grundstück, das er bereits am 31.3.2012 in seinem Vermögen hatte, nach dem 31.3.2012 nach Österreich zuzieht und in der Folge das Grundstück veräußert (siehe auch Rz 6654).

Kommt bezüglich ausländischer Grundstücke auf Grund eines DBA die Befreiungsmethode zur Anwendung, sind die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung nicht im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen, weil die Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen auf Grund des besonderen Steuersatzes keine progressionserhöhende Wirkung entfalten. In diesem Fall ist auch keine besondere Vorauszahlung durch den Veräußerer zu entrichten. Wird von der Regelbesteuerungsoption Gebrauch gemacht oder unterliegt die Grundstücksveräußerung gemäß § 30a Abs. 3 oder Abs. 4 EStG 1988 nicht dem besonderen Steuersatz, sind die Einkünfte aus der Veräußerung des ausländischen Grundstückes für den Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

Kommt bezüglich ausländischer Grundstücke auf Grund eines DBA die Anrechnungsmethode zur Anwendung, sind die Einkünfte entsprechend des inländischen Rechts der Besteuerung zu unterwerfen und die auf diese Einkünfte entfallende ausländische Steuer ist anzurechnen. Für solche Einkünfte ist mangels Anwendbarkeit des Regimes der ImmoESt eine besondere Vorauszahlung zu leisten, sofern nicht die Ausnahmen von der besonderen Vorauszahlung gemäß § 30b Abs. 4 und 5 EStG 1988 zur Anwendung kommen.

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