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22.4.3 Steuerbefreiungen (§ 30 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 Z 33 EStG 1988)

BMF2023-0.871.81913.3.2024

22.4.3.1 Hauptwohnsitzbefreiung

22.4.3.1.1 Eigenheim, Eigentumswohnung

Rz 6632
Eigenheime und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden fallen nicht unter die Steuerpflicht nach § 30 EStG 1988, wenn sie dem Veräußerer durchgehend

  • seit der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung), mindestens aber seit zwei Jahren (1. Tatbestand) oder
  • für mindestens fünf Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung (2. Tatbestand)

als Hauptwohnsitz gedient haben, und in beiden Fällen der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

Gegenüber der Hauptwohnsitzbefreiung im Rahmen des Spekulationstatbestandes bis 31.3.2012 sind folgende Änderungen gegeben:

  • Hauptwohnsitzzeiten als "Wohnungseigentumsbewerber" zählen bereits mit (siehe Rz 6640).
  • Eine verlängerte Toleranzfrist von einem Jahr (bisher etwa sechs Monate) für die Begründung und die Aufgabe des Hauptwohnsitzes (siehe Rz 6641).
  • die Fünfjahresfrist (2. Tatbestand, siehe Rz 6642),
  • das Erfordernis der Aufgabe des Hauptwohnsitzes im Rahmen der Veräußerung (siehe Rz 6643),
  • die Voraussetzung, dass der Veräußerer selbst das Hauptwohnsitzerfordernis erfüllt (siehe Rz 6644).

Rz 6633
Die Begriffe "Eigenheim" und "Eigentumswohnung" sind nach der Legaldefinition des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 auszulegen. Demnach ist

  • ein Eigenheim ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen,
  • eine Eigentumswohnung eine Wohnung iSd Wohnungseigentumsgesetzes (es muss daher zumindest im Zeitpunkt der Veräußerung der Wohnungseigentumsvertrag iSd § 3 Abs. 1 Z 1 WEG 2002 abgeschlossen worden sein) oder eine vergleichbare ausländische Wohnung,

wenn mindestens 2/3 der Gesamtnutzfläche eigenen Wohnzwecken dienen; unschädlich ist es aber, wenn mehr als 1/3 der Gesamtnutzfläche von nahen Angehörigen oder fremden Dritten unentgeltlich für Wohnzwecke genutzt werden. Zur Gesamtnutzfläche zählen nur Räume, die betrieblich genutzt werden oder die bewohnbar ausgestattet sind.

Als Eigenheim kann nur ein Wohnhaus angesehen werden, das dazu geeignet ist, ganzjährige Wohnbedürfnisse zu befriedigen. Die Eignung zu diesem Zweck ist nach den tatsächlichen Verhältnissen unter Heranziehung der Verkehrsauffassung zu beurteilen. Weiters kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Wohnhaus vorliegt, auf dessen bauliche Gestaltung und die auf Grund seiner Ausstattung bestehende objektive Eignung, dieses dauernd zu bewohnen, und nicht so sehr auf eine vollständige Einrichtung an (VwGH 19.9.1989, 88/14/0179). Ein ehemaliges Hotel - auch wenn es teilweise als Hauptwohnsitz benutzt wurde - stellt daher kein Eigenheim dar.

Eine Eigentumswohnung iSd § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 bzw. iSd WEG 2002 liegt nicht vor, wenn mit bloßem ideellem Miteigentum nur eine Benützungsvereinbarung einer Wohnung verbunden ist (siehe VwGH 22.11.2017, Ra 2017/13/0002).

Schädlich ist beispielsweise die Nutzung für betriebliche Zwecke, als häusliches Arbeitszimmer im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte oder die Vermietung für fremde Wohnzwecke (VwGH 27.8.1991, 90/14/0240), wenn diese insgesamt mehr als 1/3 der Nutzfläche umfasst. Dies gilt auch dann, wenn diesbezüglich aufgrund einer ertragsteuerlichen Beurteilung als Liebhaberei keine Einkunftsquelle vorliegt.

Es ist für die Anwendbarkeit der Befreiung nicht erforderlich, dass entsprechende Sonderausgaben geltend gemacht worden sind oder geltend gemacht hätten werden können. Die Eigenschaft als Eigenheim muss während des gesamten unten näher erläuterten Zeitraumes der Nutzung als Hauptwohnsitz gewahrt sein (siehe dazu Rz 6639). Dies gilt jedoch nicht für eine Eigentumswohnung; hier ist es ausreichend, wenn eine solche zum Zeitpunkt der Veräußerung vorliegt (VwGH 24.1.2018, Ra 2017/13/0005; zu den Auswirkungen einer Parifizierung siehe auch Rz 6640). Für die Hauptwohnsitzbefreiung nach dem 1. Tatbestand ist auch das (wirtschaftliche) Eigentum des Veräußerers während der gesamten Behaltedauer erforderlich (siehe Rz 6639; siehe demgegenüber Rz 6642 zum 2. Tatbestand).

Rz 6633a
Bei land- und forstwirtschaftlichen Anwesen, bei welchen das Wohngebäude an das Wirtschaftsgebäude (Stall, Tenne) angebaut ist und mit diesem eine bauliche Einheit darstellt, ist bei einem für Wohnzwecke genutzten Anteil von mindestens 20% der Gesamtnutzfläche (siehe dazu Rz 566 iVm Rz 559) trotz baulicher Verbindung in folgenden Fällen von einem eigenen Wohngebäude auszugehen:

  • An ein bestehendes Wirtschaftsgebäude wurde ein Wohngebäude angebaut - Verbindungstüren oder ein als Verbindung dienender Vorraum sind dabei unschädlich.
  • Wohngebäude und Wirtschaftsgebäude wurden zusammen neu errichtet, aufgrund der baulichen Gestaltung ist aber trotz der baulichen Verbindung nach außen hin erkennbar, dass kein einheitliches Gebäude vorliegt - Verbindungstüren oder ein als Verbindung dienender Vorraum sind dabei unschädlich.
    • Eine Feuermauer zwischen Wohn- und Wirtschaftsgebäude,
    • eine Verschachtelung von Wohn- und Wirtschaftsräumen (zB im Erdgeschoß Wirtschaftsräume, im Obergeschoß Wohnräume) ist nicht gegeben und
    • die Zweckwidmung, inwieweit Wohnräume oder Wirtschaftsräume vorliegen, ist aufgrund objektiver Kriterien eindeutig gegeben und auch nach außen hin erkennbar.

    Wohngebäude und Wirtschaftsgebäude wurden zusammen in einem Gebäudeblock errichtet (einheitliches Dach, einheitliche Fassade) - trotz dieser baulichen Gestaltung ist von zwei verschiedenen Gebäuden auszugehen, wenn folgende Trennung zwischen Wohn- und Wirtschaftsgebäude vorliegt:

Das bedeutet, dass die Zwei-Drittel-Grenze für eigene Wohnzwecke nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 in diesen Fällen bei der Beurteilung des Eigenheimes außer Acht zu lassen ist, da von einem eigenen Wohngebäude auszugehen ist. Die Hauptwohnsitzbefreiung ist daher bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen für das Wohngebäude zu gewähren. Für betrieblich und privat genutzte Grundstücke siehe Rz 6634d.

Rz 6633b
Wird ein als Hauptwohnsitz genutztes Eigenheim samt Grundstück in zeitlicher Nähe anteilig an zwei verschiedene Erwerber veräußert, wobei der eine Erwerber nur Grund und Boden erwirbt, kommt die Hauptwohnsitzbefreiung aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs der beiden Veräußerungsvorgänge sowohl für die Veräußerung des Grund und Boden-Teils als auch für die Veräußerung des Gebäudes mit dem restlichen Grund und Boden zur Anwendung; dabei ist aber die 1.000 m²-Grenze zu beachten (siehe Rz 6634 f).

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