Unter dem Begriff "Abschreibung von Abgaben" iSd BAO sind die
Löschung und die
Nachsicht zu verstehen. Hinsichtlich anderer Fälle von Abschreibungen siehe Rz 1607.
Durch die verfügte Abschreibung erlischt der Abgabenanspruch.
Die Abschreibung (Löschung und Nachsicht) erfolgt mit Bescheid (
VwGH 30.6.1986, 84/15/0058).
Gemäß
§ 294 BAO kann die Löschung oder die Nachsicht einer Abgabe widerrufen werden. Ein Widerruf kommt insbesondere in Betracht, wenn auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht die Uneinbringlichkeit (im Fall der Löschung) oder Unbilligkeit der Einhebung (im Fall der Nachsicht) angenommen wurde oder später Vermögen neu entsteht. Dadurch lebt der Abgabenanspruch mit der ursprünglichen Fälligkeit wieder auf; für die Zahlung, die aufgrund des Widerrufes zu leisten ist, steht aber eine Frist von einem Monat zu (
§ 235 Abs. 3 und
§ 236 Abs. 3 BAO). Während dieser Frist ist eine Hemmung der Einbringung gegeben (
§ 230 Abs. 2 BAO).
Eine Löschung oder eine Nachsicht ist insoweit zu widerrufen, als der Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid, mit dem die von der Abschreibung betroffene Abgabe festgesetzt worden ist, später aufgehoben (zB durch den VwGH) oder zu Gunsten des Abgabepflichtigen geändert (zB durch eine Maßnahme gemäß
§ 295 BAO) wurde.
Die Löschung oder die Nachsicht hat das Erlöschen des Abgabenanspruches als solchen zur Folge und kommt allen Mitschuldnern zu Gute (
VwGH 17.12.1992, 91/16/0075;
VwGH 24.3.1994, 92/16/0103). Bei Gesamtschuldverhältnissen ist somit vor Verfügung der Abschreibung zu prüfen, ob die jeweiligen Voraussetzungen bei allen Gesamtschuldnern vorliegen, und zwar unabhängig davon, ob diese bereits mit Leistungsgebot herangezogen worden sind. Das gilt auch dann, wenn Haftungspflichtige noch nicht in Anspruch genommen worden sind (
VwGH 2.7.2002, 99/14/0284). Liegen die maßgeblichen Voraussetzungen für eine Maßnahme gemäß
§ 235 oder
§ 236 BAO auch nur bei einem Gesamtschuldner oder Haftenden nicht vor, so ist eine Abschreibung im Hinblick auf das damit verbundene Erlöschen des Anspruches verfehlt (
VwGH 24.3.1994, 92/16/0103); in Betracht käme jedoch eine Entlassung aus der Gesamtschuld (
§ 237 BAO).
Da Abschreibungen auf Abgabenkonten zu Gutschriften führen, setzen sie entsprechende Lastschriften (kontomäßige Vorschreibungen) voraus. Es bedarf somit hinsichtlich bescheidmäßig festzusetzender Abgaben eines vorangehenden Abgaben- oder Haftungsbescheides; bei Selbstbemessungsabgaben ist eine entsprechende Vorschreibung (Lastschrift) auf dem Abgabenkonto erforderlich, und zwar entweder aufgrund des Ergebnisses der Selbstbemessung oder aufgrund eines Bescheides (insbesondere gemäß
§ 201 oder
§ 202 BAO).
Voraussetzung für die Löschung ist die absolute und voraussichtlich dauernde Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld. Nur fällige Abgabenschuldigkeiten können gelöscht werden. Wenn auch bei bescheidmäßig festgesetzten Abgaben die Rechtskraft des Abgabenbescheides nicht Voraussetzung für eine Löschung ist, so erscheint es in der Regel dennoch nicht zweckmäßig, Abgabenschuldigkeiten vor Eintritt der Rechtskraft zu löschen.
§ 235 Abs. 1 BAO ist ausschließlich von Zweckmäßigkeitsüberlegungen getragen, bei uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten erfolglose Einbringungsmaßnahmen aus verwaltungsökonomischen Gründen zu vermeiden (
VwGH 15.9.1999, 94/13/0044).
Die Rechtswirkungen der Abschreibung gemäß
§ 235 BAO erfassen alle Mitschuldner (
VwGH 17.12.1992, 91/16/0075).
Die Abschreibung von Abgaben durch Löschung ist nur von Amts wegen vorzunehmen und liegt im Ermessen der Behörde. Dem Abgabepflichtigen steht kein Rechtsanspruch auf die Löschung zu (VwGH 21.11.2007, 2007/13/008629.4.2010,
2006/15/0278Die Vorschriften über die Löschung finden gemäß
§ 172 Abs. 1 und
§ 185 Abs. 5 FinStrG auf die im Finanzstrafverfahren verhängten Geldstrafen und Wertersätze und die sonstigen in diesem Verfahren anfallenden Geldansprüche sinngemäß Anwendung. Bei im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren verhängten Geldstrafen und Wertersätzen ist die Löschung sowohl von der Erfolglosigkeit der Einbringungsmaßnahmen als auch davon abhängig, dass der Vollzug einer etwaigen Ersatzfreiheitsstrafe voraussichtlich auf Dauer unmöglich ist. In diesem Zusammenhang ist die Reihenfolge des
§ 28 Abs. 7 FinStrG zu beachten.
Wurde die Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt, so gilt die Strafe als entrichtet; in diesen Fällen erfolgt somit keine Löschung gemäß
§ 235 BAO, sondern eine Abschreibung eigener Art.
Die Löschung einer Abgabenschuldigkeit erfolgt in der Annahme auch künftiger Uneinbringlichkeit, somit nicht in Sanierungsabsicht (VwGH 14.12.1962, 1500/62).
Ausreichende persönliche oder sachliche Haftungen stehen einer Löschung entgegen; die vorübergehende Uneinbringlichkeit bzw. die begründete Vermutung, dass die Einbringung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgreich sein wird, können zu einer Aussetzung der Einbringung gemäß
§ 231 BAO führen.
Die Löschung von Abgabenschuldigkeiten kann niemals zu einem Guthaben führen, weil die Löschung bereits getilgter Abgaben ausgeschlossen ist.
Eine Löschung ist nur zulässig, wenn bei den bereits mit einem ein Leistungsgebot beinhaltenden Bescheid in Anspruch Genommenen Vollstreckungsmaßnahmen
- erfolglos versucht wurden oder offenkundig aussichtslos sind und
- auf Dauer aussichtslos erscheinen.
Kommen für eine Abgabenschuldigkeit bisher noch nicht in Anspruch genommene Gesamtschuldner oder Haftende in Betracht, so ist weitere Voraussetzung für eine Löschung, dass diesen gegenüber Vollstreckungsmaßnahmen auf Dauer aussichtslos erscheinen.
Die Nachfrist des
§ 235 Abs. 3 BAO gilt im Analogieweg auch, wenn Nachsichtsbescheide durch
§ 299 BAO oder einen anderen Verfahrenstitel aufgehoben werden.