Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und bildet die Grundlage für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren (Exekutionstitel).
Der Rückstandsausweis ist - im Gegensatz zum Sicherstellungsauftrag - kein Bescheid und daher nicht rechtsmittelfähig (
OGH 22.10.1992, 8 Ob 632/92;
VwGH 12.8.2002, 99/17/0258). Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde (
VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141). Er bestätigt den Bestand und die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld (
VwGH 27.11.2000, 2000/17/0100). Er entfaltet seine Wirkung erst im Vollstreckungsverfahren, das zugleich die Möglichkeit seiner verwaltungsbehördlichen Überprüfung eröffnet (VfGH 16.3.1983, B 199/82,
B 460/82), und zwar auch dann, wenn aufgrund des Rückstandsausweises gerichtlich Exekution geführt wird (
§ 35 Abs. 2 EO). Einwände gegen den Exekutionstitel (Rückstandsausweis) sind nach
§ 15 AbgEO und im Fall der Strittigkeit bescheidmäßig nach
§ 13 AbgEO zu behandeln (
VwGH 9.3.1990, 85/17/0116).
Der Rückstandsausweis ist eine aus dem Abgabenkonto abgeleitete Aufstellung über die Zahlungsverbindlichkeiten. Er ist ein Auszug der Rechnungsbehelfe der ausstellenden Verwaltungseinrichtung, eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Verrechnung, abgeleitet aus dem Rechenwerk der Behörde (
VwGH 10.6.2002, 2002/17/0063;
VwGH 12.8.2002, 99/17/0258). Im Falle eines abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens sind die Rechte, die dem Abgabenschuldner zur Geltendmachung behaupteter Unrichtigkeiten des Rückstandsausweises oder des Fehlens der Vollstreckbarkeit der Abgabenschuld zustehen, im
§ 15 AbgEO umschrieben (
VwGH 10.6.2002, 2002/17/0063). Im Exekutionstitel und damit im Rückstandsausweis unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten sind von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen (
§ 15 Abs. 1 AbgEO).
Die Ausstellung eines Rückstandsausweises setzt neben dem Eintritt der Vollstreckbarkeit voraus, dass
- keine Hemmung der Einbringung (§ 230 BAO) vorliegt (unabhängig davon, ob von vornherein keine Hemmung bestanden hat oder ob eine zunächst eingetretene Hemmung weggefallen ist),
- keine Aussetzung der Einbringung (§ 231 BAO) vorliegt,
- § 242 BAO nicht anzuwenden ist und
- keine anderen gesetzlichen Bestimmungen (zB § 85 VfGG oder § 30 VwGG) der Vollstreckung entgegenstehen.
Für eine Abgabenschuldigkeit kann gegebenenfalls wiederholt ein Rückstandsausweis ausgestellt werden.
Für die Bezeichnung des Abgabenschuldners (Haftungspflichtigen) gilt Folgendes:
- Bei natürlichen Personen: Name (voller Vor- und Zuname) und Anschrift des Abgabenschuldners. Betreibt dieser unter einer von seinem bürgerlichen Namen abweichenden Bezeichnung ein Gewerbe, so ist dessen ungeachtet der Rückstandsausweis auf den bürgerlichen Namen auszustellen. Zusätze zur Verdeutlichung, wie Berufsbezeichnung (zB "N.N., eingetragen unter der Fa. A.B.", bei im Firmenbuch eingetragenen Einzelkaufleuten; "N.N., Inhaber des Gasthofes zur Linde", bei nicht im Firmenbuch eingetragenen Gewerbetreibenden) sowie Zusätze wie etwa "sen." und "jun." sind empfehlenswert.
- Bei juristischen Personen wie zB Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Vereinen: die der Eintragung im maßgeblichen Register (Firmenbuch) oder dem Vereinsstatut entsprechende Bezeichnung sowie der Sitz; bei inländischen Zweigniederlassungen aus
- Bei offenen Gesellschaften (OG) und bei Kommanditgesellschaften (KG)
- Bei Gesamtschuldverhältnissen kraft Gesetzes (insbesondere bei jenen nach § 6 BAO, zB GesBR): Name, Beruf und Anschrift der Gesamtschuldner, gegen die Exekution geführt werden soll.
- Bei Verlassenschaften:
- vor der Einantwortung: "Verlassenschaft nach ...", unter Angabe von Name, letzter Anschrift und Todestag des Verstorbenen.
- nach der Einantwortung: Name, Anschrift des oder der Erben, gegen den oder die Exekution geführt werden soll, unter Bezugnahme auf den Erblasser.
Der Abgabepflichtige, gegen den Exekution geführt werden soll, ist so genau zu bezeichnen, dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist.
Hat der Abgabepflichtige mehrere Anschriften, so genügt die Anführung einer Anschrift im Rückstandsausweis; die Nennung einer Anschrift bedeutet jedoch nicht, dass nur an der im Rückstandsausweis bezeichneten Anschrift Exekution geführt werden darf. Die Anschrift dient lediglich als Identifizierungsmerkmal.
Etwaige gesetzliche Vertreter (Eltern minderjähriger Kinder, Insolvenzverwalter) sind im Rückstandsausweis anzuführen; die Anführung von Organvertretern juristischer Personen ist jedoch nicht erforderlich.
Gegen jemanden, der zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist, kann weder finanzbehördlich noch gerichtlich Exekution geführt werden.
Gegen eine natürliche Person, eine juristische Person sowie gegen eine OG und KG ist somit eine Exekutionsführung zulässig. In diesen Fällen ist eine genaue Firmenbezeichnung erforderlich. Gegen eine GesBR als solche ist eine Exekutionsführung unzulässig.
In Fällen, in denen mangels zivilrechtlicher Rechtsfähigkeit eines Steuerrechtssubjektes gegen dieses nicht Exekution geführt werden kann, hat der Rückstandsausweis auf die einzelnen Gesellschafter (Mitglieder) zu lauten.
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses kraft Gesetzes (insbesondere
§ 6 BAO) kann der Rückstandsausweis auch auf mehrere Gesamtschuldner lauten. Dies trifft für jene Abgaben zu, die diese Personen zur ungeteilten Hand schulden. In Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung mit der Gebarung der vom Gesamtschuldverhältnis nicht umfassten Abgaben gemäß
§ 213 Abs. 4 BAO wäre es nicht zulässig, zur zwangsweisen Hereinbringung einer Abgabenschuldigkeit, die nur einer der Gesamtschuldner schuldet, beide Gesamtschuldner im Rückstandsausweis zu bezeichnen.
Besteht kein Gesamtschuldverhältnis, sondern lediglich eine Mitschuldnerschaft aufgrund eines anteiligen Schuldverhältnisses, wie etwa bei einer bedingten Erbserklärung, so dürfen diese mehreren Mitschuldner nicht in einem Rückstandsausweis genannt werden.
Der Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, entspricht der Rückstandsaufgliederung, wie sie sich aus der Gebarung auf dem Abgabenkonto des Abgabepflichtigen nach den Verrechnungsvorschriften des
§ 214 BAO ergibt.
Beispiel:
Die Rückstandsaufgliederung weist für die Einkommensteuer eines Jahres mehrere Beträge auf, nämlich vier Vorauszahlungs-Teilbeträge, eine Abschlusszahlung und eine weitere Nachforderung als Folge einer Wiederaufnahme des ESt-Verfahrens.
Ist im Weg eines Abgaben- oder Haftungsbescheides ein Leistungsgebot ergangen, so kann der Rückstandsausweis nur auf jene Personen lauten, an die der Bescheid ergangen ist und denen gegenüber er wirksam wurde (
§ 97 Abs. 1 BAO;
VwGH 28.3.1985, 84/16/0070).
Bei Selbstbemessungsabgaben kann ein Rückstandsausweis ohne Festsetzung der Abgabe durch die Abgabenbehörde auf Grund des vom Abgabepflichtigen der Abgabenbehörde bekanntgegebenen Betrages ausgestellt werden.
Der Rückstandsausweis hat den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel).
Die Zustellung eines Rückstandsausweises an die Partei ist nicht vorgesehen (
VwGH 14.11.1990, 87/13/0012, 0013;
VwGH 9.11.2011, 2009/16/0175). Eine Einsichtnahme, insbesondere im Weg der Akteneinsicht, ist gegebenenfalls zulässig. Der Abgabepflichtige kann auf Grund der Kenntnis des Inhalts des Rückstandausweises allenfalls Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung gemäß
§ 13 AbgEO erheben (VfGH 16.3.1983, B 199/82, B 460/82Slg 9673). Über Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit von Rückstandsausweisen ist bescheidmäßig nach
§ 13 AbgEO abzusprechen (
VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141). Ein Rückstandsausweis ist rechtswidrig, wenn die Vollstreckbarkeit nicht (mehr) vollstreckbarer Abgabenschuldigkeiten bestätigt wird, zB wenn Schuldigkeiten bereits getilgt sind oder wenn Einhebungsverjährung eingetreten ist (
VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141).
Im Hinblick auf den Rechtshilfevertrag Österreich-Deutschland, BGBl. Nr. 249/1955, sind Fragen wie die Kenntnis des Rückstandsausweises durch den Abgabepflichtigen oder Zustellmängel der Überprüfung und Beurteilung nach Art. 11 des Vertrages durch die Behörde des ersuchten Staates entzogen, weil diese Behörde an die in der Rückstandsanzeige enthaltene Entscheidung über die bestehende Vollstreckbarkeit und Unanfechtbarkeit im Verein mit der beigefügten Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit bestätigt wird, gebunden ist (
VwGH 31.10.2000, 2000/15/0092).