Der Abrechnungsbescheid stellt eine Entscheidung im Einhebungsverfahren dar. Durch den antragsabhängigen Abrechnungsbescheid wird über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (
§ 213 BAO) sowie darüber entschieden, ob und inwieweit eine bestimmte Zahlungsverpflichtung durch die Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist (
VwGH 27.1.2000, 97/15/0191;
VwGH 16.9.2003, 2000/14/0162). Somit dient der Abrechnungsbescheid der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte bezüglich der Verrechnung von Zahlungen und sonstigen Gutschriften (
VfGH 18.12.1980, B 404/79;
VwGH 30.4.2003, 2002/16/0245). Ist der Abgabepflichtige der Meinung, dass die Durchführung der Abgabenverrechnung unzutreffend ist, so kann er seine Auffassung durch einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides iSd
§ 216 BAO durchsetzen (
VwGH 24.4.2002, 99/16/0082). Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig. Das Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid hat sich damit zu befassen, ob die Anlastung der Abgabenfestsetzungen (nicht deren Rechtmäßigkeit an sich) und die entsprechenden Gutschriften in der kontomäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben (
VwGH 27.11. 2000, 2000/17/0090). Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Zweifel in den strittigen Punkten, so soll durch den Abrechnungsbescheid eine beide Teile bindende Klärung geschaffen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH darf die Rechtmäßigkeit einer wirksamen Abgabenfestsetzung - hinsichtlich derer der Rechtsschutz durch deren Bekämpfbarkeit gewährleistet ist - im Abrechnungsbescheidverfahren nicht mehr geprüft werden. Dieses Verfahren hat sich vielmehr lediglich damit zu befassen, ob die Abgabenfestsetzungen und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, somit wirksam gezahlt, verrechnet, aufgerechnet, erlassen oder die Einhebung verjährt ist. Hingegen wird durch das Abrechnungsbescheidverfahren eine bescheidmäßig erfolgte Abgabenfestsetzung nicht berührt; dies auch dann nicht, wenn die Festsetzung materiell- oder verfahrensrechtlich zu Unrecht erfolgte. Die Abgabenbehörde kann sich im Abrechnungsbescheid hinsichtlich bescheidmäßig festgesetzter Abgaben nur auf rechtswirksame Bescheide stützen, ohne dabei das rechtmäßige Zustandekommen oder das rechtmäßige Bestehen dieser Bescheide überprüfen zu dürfen (
VwGH 23.1.1996, 93/14/0089).
Im Abrechnungsbescheidverfahren geht es um die Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin und nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung. Es kann also auch die Prüfung und die Darlegung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid wird auch - und das vornehmlich - darüber entschieden, ob auf Grund der Verrechnung eine bestimmte Verpflichtung erloschen ist, als wirksam getilgt, gezahlt, aufgerechnet, überrechnet oder umgebucht, erlassen (abgeschrieben) oder verjährt zu gelten hat, also vor allem, ob rechnungsmäßig richtig vollzogen ist, was sich im Bereich des tatsächlichen Zahlungsverkehrs ereignet hat. Die Begründung der Zahlungsverpflichtung ist hingegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheides, sie wird vorausgesetzt (
VwGH 12.11.1997, 96/16/0285).
Ein Antrag gemäß
§ 216 BAO unterliegt gemäß
§ 85a BAO der Entscheidungspflicht. Die Verletzung der Entscheidungspflicht kann mit Säumnisbeschwerde (
§ 284 BAO) geltend gemacht werden.
Die zeitliche Grenze für den Antrag auf Abrechnungsbescheid stellt die Frist von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres der betreffenden Verbuchung oder Nichtbuchung dar.
Das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines Tilgungstatbestandes hat die Partei im Abgabenabrechnungsverfahren zu behaupten und zu konkretisieren (VwGH 14.3.1986, 85/17/0048).
Der Antragsteller hat die Pflicht, die Meinungsverschiedenheit über Tilgungstatbestände zu konkretisieren (
VwGH 21.3.1995, 95/14/0008;
VwGH 5.7.1999, 99/16/0115).
Mitteilungen über Kontenbewegungen kommt kein Bescheidcharakter zu. Sie berühren daher zwar nicht den Anspruch auf Abrechnungsbescheid, doch können sie - ebenso wie die Einsichtnahme in das Abgabenkonto (Akteneinsicht gemäß
§ 90 BAO oder
§ 90a BAO) - zur Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde beitragen.
Ob Umbuchungen oder Überrechnungen gemäß
§ 215 BAO rechtmäßig sind, ist im Verfahren gemäß
§ 216 BAO zu entscheiden (
VwGH 19.12.1986, 86/15/0058).
Ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto ist nur im Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides auszutragen (
VwGH 22.3.2000, 99/13/0098;
VwGH 31.10.2000, 98/15/0113). Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Gutschriften die Abgabenbehörde durchführen hätte müssen, können ebenfalls Gegenstand eines Abrechnungsbescheides sein (
VwGH 26.5.1999, 99/13/0067;
VwGH 21.5.2001, 2001/17/0043).
Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftungsschuldner und der Abgabenbehörde darüber, in welchem Ausmaß durch die Herabsetzung der Kapitalertragsteuer noch eine Haftungsverpflichtung des Gesellschafters gegeben ist, wird auf Antrag mit Abrechnungsbescheid entschieden (
VwGH 25.4.2001, 2001/13/0001). Der Haftungspflichtige ist zur Stellung eines Antrages auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides legitimiert (
VwGH 16.9.2003, 2000/14/0162).
Für einen erfolglos geltend gemachten in der Umsatzsteuervoranmeldung angemeldeten Überschuss ist auf das Rechtsinstitut des
§ 216 BAO hinzuweisen (
VwGH 12.9.2001, 2001/13/0178).
Im Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid ist die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung oder eines Haftungsbescheides nicht mehr zu prüfen (
VwGH 5.12.1991, 89/17/0186;
VwGH 20.7.1999, 99/13/0071). In einer an den VwGH gerichteten Revision gegen die Abgabenvorschreibung besteht für Einwendungen gegen die Abgabenverrechnung kein Raum (
VwGH 24.4.2002, 99/16/0082).
Es ist ein untauglicher Versuch, im Weg der Bekämpfung des Abrechnungsbescheides nachzuholen, was zuvor in einem anderen Verfahren versäumt worden ist (
VwGH 19.6.1985, 82/17/0149).
Die Bestimmung des
§ 216 BAO bietet nach der Judikatur des VwGH die Möglichkeit, die Richtigstellung unrichtiger Gebarungsvorgänge zu bewirken (VwGH 26.9.1985, 85/14/0127).
Hingegen ist über die Reihenfolge der Verbuchung der Abgabenbescheide sowie die Verrechnung im Allgemeinen nicht mit Abrechnungsbescheid abzusprechen, sondern zB darüber, ob hinsichtlich bestimmter Abgabenschuldigkeiten der Tilgungstatbestand erfüllt ist (
VwGH 30.4.2003, 2002/16/0245). Dem Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides muss daher ein konkretes, auf jeweilige Gebarungsvorgänge Bezug nehmendes und entsprechend begründetes Parteivorbringen zu Grunde liegen.
Wurde ein Abgabenbescheid, der die Grundlage für die Ausstellung eines Rückstandsausweises (
§ 229 BAO) gebildet hat, nicht wirksam bekanntgegeben (
§ 97 BAO), so kommen im Vollstreckungsverfahren - und zwar im Hinblick auf
§ 35 Abs. 2 EO auch im gerichtlichen - allenfalls Einwendungen gemäß
§ 13 Abs. 1 AbgEO in Betracht. Dessen ungeachtet ist diesfalls auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, im Weg eines Antrages auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides die Überprüfung der Richtigkeit der Gebarungsvorgänge zu veranlassen, was gegebenenfalls die Einstellung der Vollstreckung zur Folge haben könnte.
Der Abrechnungsbescheid dient der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte; im Verfahren gemäß
§ 216 BAO ist für den Abspruch, welche auf dem Abgabenkonto gebuchten Zahlungsverpflichtungen bzw. Gutschriften Masseforderungen bzw. Insolvenzforderungen seien, kein Raum (VwGH 20.5.2010, 2005/15/016321.11.2013,
2011/15/0188§§ 19 und
20 IO 99/16/0115;
VwGH 29.1.2004, 2000/15/0046).
Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren und nicht im Rückzahlungsverfahren zu klären (
VwGH 19.10.1999, 98/14/0143;
VwGH 25.6.2009, 2007/16/0121).
Im Verhältnis zu einem Haftungspflichtigen hat hinsichtlich der Funktion des Abrechnungsverfahrens nach
§ 216 BAO nichts anderes zu gelten als im Verhältnis gegenüber einem Erstschuldner (
VwGH 22.3.2000, 99/13/0181).
Randzahlen 870 bis 899: derzeit frei