VwGH 89/17/0186

VwGH89/17/01865.12.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch den im Wege der Verfahrenshilfe beigegebenen Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 29. Juni 1989, Zl. MDR-M 15/89, betreffend Abrechnung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §216;
LAO Wr 1962 §163;
BAO §216;
LAO Wr 1962 §163;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. April 1986, Zl. 85/17/0041, verwiesen.

Der Beschwerdeführer betreibt in Wien eine gewerbliche Wäscherei. Auf Grund seines Antrages vom 23. November 1988 erteilte ihm der Magistrat der Stadt Wien einen Abrechnungsbescheid mit Datum vom 28. November 1988 betreffend die Verrechnung der Wasser- und Abwassergebühren im Zeitraum 1983 bis 2. November 1988.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dies unter Bezugnahme auf § 163 WAO mit der Begründung, daß im Abrechnungsbescheidverfahren die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mehr geprüft werden könne. In diesem Verfahren sei vielmehr lediglich zu prüfen, ob die Anlastungen der Abgabenfestsetzung und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden hätten. Informativ führte die belangte Behörde in der Begründung dieses Bescheides nach Kalenderjahren gegliedert wörtlich noch folgendes aus:

"I. Kalenderjahr 1984:

Soweit der Berufungswerber den per Fälligkeit

15. April 1984 ausgewiesenen Betrag von S 54.491,-- als zweifelhaft ansieht, ist zu bemerken, daß dieser auf dem Gebührenbescheid vom 9. März 1984 beruht, der von der Abgabenberufungskommission in ihrer Sitzung vom 27. November 1984 bestätigt wurde (Berufungsbescheid zur Zahl MDR-M 36/84). Das nunmehrige Vorbringen ist auch deshalb erstaunlich, da der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. April 1986, Zl. 85/17/0041, die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat. Der ausgewiesene Betrag von

S 54.491,-- setzt sich wie folgt zusammen:

 

Abrechnungsbetrag: S 28.708,--

Teilzahlungsbetrag (Wassergebühr): S 14.249,--

Teilzahlungsgebühr (Abwassergebühr): S 11.543,--

S 54.491,--

 

Mit der weiteren - unrichtigen - Behauptung, daß durch eine Berufungsvorentscheidung vom 25. Juli 1984 es zu einem viermaligen Abfall von S 25.783,-- auf S 19.611,-- gekommen sei, hat sich die Abgabenberufungskommission bereits in ihrer Sitzung vom 25. November 1985 im Berufungsbescheid zur Zahl MDR - M 28/85 anläßlich der Anfechtung eines Säumniszuschlages von insgesamt S 925,-- auseinandergesetzt. Sie hat in ihrer Entscheidung u.a. ausgeführt:

'Die Berufungsbehauptung, daß durch die Berufungsvorentscheidung vom 30. August 1984 (richtig: vom 25. Juli 1984) die Vorauszahlung von S 25.783,-- auf S 19.611,-- pro Jahr herabgesetzt worden seien, ist insofern aktenwidrig, als lediglich FÜR DIE FÄLLIGKEIT 15. APRIL 1984 eine solche Herabsetzung erfolgt ist. Somit beruht die Schlußfolgerung des Berufungswerbers, daß sich ein Guthaben deshalb ergebe, da der festgesetzte Teilzahlungsbetrag von S 25.784,-- viermal um den Betrag von S 6.172,-- (Differenz von S 25.783,-- und S 19.611,--) zu vermindern gewesen wäre, auf einer unrichtigen Voraussetzung und ist demzufolge verfehlt.'

Die Behauptung, daß ihm für 1984 S 78.444,-- vorzuschreiben gewesen wären, verkennt überdies die Funktion des Abrechnungsbescheides. Für das Kalenderjahr (Fälligkeit) 1984 erfolgten folgende Festsetzungen (ohne Nebengebühren):

 

Fälligkeit Betrag

 

15. Jänner 1984 S 19.936,--

15. April 1984 S 54.491,--

15. Juli 1984 S 19.611,--

15. Oktober 1984 S 19.611,--

S 113.649,--

(Differenz per 15.4.1984 - S 6.172,--

S 25.783,-- - S 19.611,--) S 107.477,--

 

Daraus ist zu ersehen, daß die vom Berufungswerber für das Kalenderjahr 1984 angeführten Zahlungen von insgesamt S 95.736,-- zu gering sein mußten. Somit kann das behauptete Guthaben nicht vorliegen, und gehen die darauf gestützten Einwände gegen die Verrechnung der Zahlungen von jeweils S 6.000,-- ins Leere.

 

II. Kalenderjahr 1985:

 

Für das Kalenderjahr 1985 erfolgten folgende Festsetzungen (ohne Nebengebühren):

 

Fälligkeit Betrag

 

15. Jänner 1985 S 19.611,--

15. April 1985 S 28.516,--

15. Juli 1985 S 22.535,--

15. Oktober 1985 S 22.535,--

S 93.197,--

 

Da der Berufungswerber nach seiner eigenen Aufstellung lediglich S 77.000,-- gezahlt hat, konnte ein Guthaben nicht entstehen und sind die diesbezüglichen Einwände verfehlt. Wie zu Punkt I (Kalenderjahr 1984) dargelegt wurde, konnte mangels Guthabens eine Verrechnung des Betrages von S 18.000,-- (3 Zahlungen von S 6.000,--) für das Kalenderjahr 1985 nicht erfolgen.

 

III. Kalenderjahr 1986:

 

Für das Kalenderjahr 1986 erfolgten folgende Festsetzungen (ohne Nebengebühren):

 

Fälligkeit Betrag

 

15. Jänner 1986 S 22.535,--

15. April 1986 S 18.248,--

15. Juli 1986 S 21.560,--

15. Oktober 1986 S 21.560,--

S 83.903,--

 

Da der Berufungswerber nach seiner eigenen Darstellung lediglich einen Betrag von S 78.822,-- bezahlt hat, konnte ebenfalls kein Guthaben entstehen.

Nach § 161 Abs. 1 WAO SIND Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen, AUF

DIE DEM FÄLLIGKEITSTAG NACH ÄLTESTEN SCHULDIGKEITEN ZU

VERRECHNEN.

Soweit der Rechtsmittelwerber der Auffassung ist, daß es sich bei der angeführten Regelung um eine Ermessensbestimmung handelt, ist diese Meinung schon mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar.

Mit der Angabe des Zahlungszweckes kann der Abgabepflichtige die Vorschrift des § 161 Abs. 1 WAO nicht außer Kraft setzen. Durch einen Vergleich zwischen den Abgabenfestsetzungen und den von ihm geleisteten Zahlungen mußte der Berufungswerber erkennen, daß Rückstände bestehen und wie hoch diese sind. Weiters hätte er durch eine Kontoeinsicht bei der kontoführenden Dienststelle des Magistrates (Stadtkasse für den 1., 8., 9. Bezirk) feststellen können, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Beträge aushaften.

Weiters hat die Abgabenbehörde erster Instanz im angefochtenen Abrechnungsbescheid klar dargelegt, wie die Zahlungen des Berufungswerbers verrechnet wurden. Der Berufungswerber hat nicht konkret dargelegt, daß eine von ihm geleistete Zahlung nicht für ihn verrechnet worden ist.

 

IV. Kalenderjahre 1987 und 1988:

 

Für die Kalenderjahre 1987 und 1988 erfolgten folgende Festsetzungen (ohne Nebengebühren):

 

Fälligkeit Betrag

 

15. Jänner 1987 S 22.042,--

15. April 1987 S 11.913,--

15. Juli 1987 S 19.981,--

15. Oktober 1987 S 19.981,--

S 73.997,--

 

15. Jänner 1988 S 22.952,--

15. April 1988 S 36.925,--

15. Juli 1988 S 25.370,--

15. Oktober 1988 S 25.370,--

S 109.717,--

 

Somit besteht für die Kalenderjahre 1987 und 1988 eine Gesamtvorschreibung von S 183.714,--. Nach seiner Auffassung hat der Rechtsmittelwerber bis 31. Oktober 1988 insgesamt S 174.674,-- bezahlt.

Allerdings wurde die vom Berufungswerber per

30. November 1988 ausgewiesene Zahlung von S 5.996,40 und die per 29. Dezember 1988 ausgewiesene Zahlung von S 5.635,-- nicht berücksichtigt, da der Antrag auf Erlassung des Abrechnungsbescheides am 23. November 1988 gestellt wurde und somit nur die Verrechnung der bis dahin geleisteten Zahlungen zum Gegenstand haben konnte. Für die Kalenderjahre 1987 und 1988 kam es auf Grund der geleisteten Zahlungen zu keiner Festsetzung von Säumniszuschlägen, zumal die Fälligkeit 15. Jänner 1987 in die Ratenbewilligung vom 19. Jänner 1987 einbezogen wurde.

Was die Verrechnung der Zahlungen von S 5.996,40 und von S 5.635,80 anlangt, steht es dem Berufungswerber frei, durch Kontoeinsicht festzustellen, wie sie verrechnet wurden und für den Fall, daß seiner Auffassung nach eine unrichtige Verrechnung vorgenommen wurde, einen Abrechnungsbescheid zu beantragen. Eine Entscheidung durch die Abgabenberufungskommission ist nicht möglich, da die Verrechnung dieser Zahlung nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides war.

Die Berufung mußte daher erfolglos bleiben."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Unrichtigkeit der Abrechnung in seinen Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat gemäß § 163 WAO die Abgabenbehörde darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid).

Im Abrechnungsbescheidverfahren darf die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mehr geprüft werden, dieses Verfahren hat sich vielmehr lediglich damit zu befassen, ob die Anlastungen der Abgabenfestsetzung und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, d.h. wirksam gezahlt, verrechnet, aufgerechnet, erlassen oder verjährt ist (vgl. hiezu beispielsweise das zur WAO ergangene hg. Erkenntnis vom 15. April 1988, Zl. 85/17/0062, und das zur identischen Bestimmung des § 216

BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 18. April 1985, Zl. 84/16/0204).

Im Hinblick auf den eben beschriebenen Gegenstand des Abrechnungsbescheidverfahrens ist der angefochtene Bescheid zunächst nicht deswegen rechtswidrig, weil die belangte Behörde eine behauptete Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht als geeignet angesehen hat, eine Unrichtigkeit der Abrechnung aufzuzeigen.

Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, daß alle Zahlungen des Beschwerdeführers im Abrechnungszeitraum auf seinem Abgabenkonto zu seinen Gunsten erfaßt wurden. Strittig ist dagegen, ob diese seine Zahlungen entsprechend den auf den Zahlungsbelegen enthaltenen Verrechnungsweisungen oder auf den ältesten Rückstand (einschließlich Nebenansprüchen) zu verrechnen gewesen wären. Von zwei noch näher zu erörternden Punkten abgesehen, steht auch außer Streit, daß die bescheidmäßigen Abgabenfestsetzungen auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers zutreffend Niederschlag gefunden haben. Die Ausnahmen betreffen einmal eine Post von S 54.491,--, die der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren als "zweifelhaft" bezeichnete, und ein anderes Mal eine Post von S 6.172,--, die der Beschwerdeführer VIERMAL und nicht nur EINMAL als Abgabenabfall eingestellt sehen wollte.

Der Beschwerdeführer verweist zum Nachweis der Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides auch auf ein von ihm entwickeltes Abgabenzahlungssystem, bei dem die Zahlungen - abweichend von den gesetzlichen Fälligkeitstagen - jeweils unmittelbar nach Ablauf eines Monates auf Grund eigener Wasserzählerablesungen geleistet werden.

Zu diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist folgendes zu bemerken:

Was zunächst die Verrechnungsweisungen des Beschwerdeführers auf Zahlungsbelegen anlangt, so waren diese nach den Bestimmungen des § 161 WAO unbeachtlich; denn ein solches Weisungsrecht besteht gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nur hinsichtlich von Zahlungen und sonstigen Gutschriften, die

a) sich auf Schuldigkeiten beziehen, deren Höhe nach den Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst bemessen wurde, oder

  1. b) die Abfuhr einbehaltener Abgabenbeträge betreffen oder
  2. c) in der gemäß § 158 Abs. 1 lit. i vorgesehenen Form erfolgen oder

    d) im Abgabenstrafverfahren verhängte Geldstrafen betreffen.

Im Hinblick darauf, daß es sich bei den auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers verrechneten Wasser- und Abwassergebühren sowie Nebenansprüchen hiezu nicht um selbst zu bemessende Abgaben handelt, liegt somit der Tatbestand der lit. a nicht vor. Da offenkundig auch nicht der Tatbestand einer der übrigen literae dieser Gesetzesstelle erfüllt ist, durften die Zahlungen des Beschwerdeführers nicht entsprechend seinen Verrechnungsweisungen verrechnet werden, sondern kam zwingend nach der Grundregel des Abs. 1 leg. cit. nur die Verrechnung auf die jeweils dem Fälligkeitstag nach älteste Schuldigkeit in Betracht.

Die dem Beschwerdeführer zweifelhaft bzw. unerklärlich erscheinende Belastung mit einem Betrag von S 54.491,-- beruht, wie die belangte Behörde unter entsprechender Aufgliederung im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, auf dem auch schon im hg. Vorerkenntnis vom 18. April 1986, Zl. 85/17/0041, erwähnten Gebührenbescheid vom 9. März 1984.

Aus dem Abrechnungsbescheid ist ersichtlich, daß die Herabsetzung des Teilzahlungsbetrages an Wasser- und Abwassergebühren durch die Berufungsvorentscheidung vom 25. Juli 1984 zu einem einmaligen Abfall von S 6.172,-- (Differenz von S 25.783,-- und S 19.611,--) per 15. April 1984, in weiterer Folge aber auch zu verminderten Festsetzungen in Höhe von S 19.611,-- geführt hat. Die Verrechnung auf dem Abgabenkonto entspricht damit dem Spruch der in Rede stehenden Berufungsvorentscheidung.

Anders als der Beschwerdeführer meint, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch auf die "Nebengebühren und bezahlten Raten" gehörig Bedacht genommen.

Das vom Beschwerdeführer geübte Zahlungssystem weicht in zeitlicher Hinsicht vom gesetzlichen Zahlungssystem ab und ist daher allenfalls für eine grobe Kontrolle der abgabenbehördlichen Festsetzungen über eine längere Zeit, nicht aber zum Nachweis der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geeignet.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

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