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Protokoll über die Bundeseinkommensteuertagung 2004

BMF010203/105-IV/6/0419.11.20042004Protokoll über die Bundeseinkommensteuertagung 2004

Zur Erzielung einer bundeseinheitlichen Vorgangsweise fand im Juni 2004 die jährliche so genannte Bundeseinkommensteuertagung des Bundesministeriums für Finanzen gemeinsam mit den Finanzämtern statt, bei der in der Praxis auftauchende Zweifelsfragen in den Bereichen Einkommensteuer behandelt werden.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einkommensteuerprotokoll

6. § 6 Z 15 EStG 1988 (Rz 2608ff)

Ordentliche Kapitalherabsetzung nach Ablauf von zehn Jahren nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln

Sachverhalt:

Eine GmbH hat 1993 ihr Nennkapital von damals 500.000 S im Wege einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach den KapitalberichtigungsG BGBl 1967/171 auf 1,000.000 S erhöht. Für die Kapitalberichtigungen wurden 200.000 S aus der Kapitalrücklage und 300.000 S aus der Gewinnrücklage verwendet.

Im Jahre 2004 möchten die Gesellschafter der GmbH - beteiligt sind zu 50% die natürliche Person A (AK bis 2004 unverändert 250.000 S, nunmehr 18.169 €) und zu 50% die A-GmbH (BW 210.000 S nach Übertragung stiller Rücklagen iSd seinerzeitigen § 12 EStG 1988, nunmehr 15.262 €) - im Rahmen einer ordentlichen Kapitalherabsetzung das Nennkapital von (rd) 72.700 € auf 35.000 € herabsetzen und an die Gesellschafter rückzahlen.

Fragestellung:

Löst die Einlagenrückzahlung bei der Gesellschaftern Steuerpflicht aus?

a) Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wäre steuerlich dem Grunde nach als Ausschüttung an die Gesellschafter mit nachfolgender Wiedereinlage zu werten (Doppelmaßnahme). Um die damit im Jahr der Kapitalberichtigung verbundene Besteuerung natürlicher Personen gemäß § 97 EStG 1988 (Endbesteuerung) zu vermeiden, ist diese Ausschüttung gemäß § 3 Abs. 1 Z 29 EStG 1988 steuerfrei. Diese Steuerbefreiung kann sich dem Grunde nach nur auf den aus der Gewinnrücklage übertragenen Betrag beziehen. Die mitbeteiligte Körperschaft ist davon nicht betroffen, da die Ausschüttung unter die Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 Abs 1 KStG 1988 fällt. Der aus der Kapitalrücklage übertragene Betrag fällt nicht unter die Doppelmaßnahme, da nur eine Eigenkapitalverschiebung innerhalb der berichtigenden Gesellschaft vorliegt, die somit keine Einlagenrückzahlung iSd § 4 Abs 12 EStG 1988 auslöst und nicht unter die Regelungen des § 3 Abs. 1 Z 29 bzw des § 6 Z 15 und des § 32 Z 3 EStG 1988 fällt.

b) Die Ausschüttungs-Steuerbefreiung ist eine bedingte. § 32 Z 3 EStG 1988 sieht nämlich vor, dass im Falle einer Kapitalherabsetzung innerhalb von zehn Jahren nach einer Kapitalberichtigung mit Rückzahlung der Einlagen insoweit keine Einlagenrückzahlung iSd § 4 Abs 12 EStG 1988, sondern eine Ausschüttung vorliegt, die die KESt-Pflicht (Endbesteuerung) auslöst. Diese Ausschüttungsfiktion trifft nur natürliche Personen, bei Körperschaften liegt - wie oben erwähnt - die sachliche Befreiung des § 10 Abs 1 KStG 1988 vor. Siehe weiters Rz 6907ff EStR 2000.

c) § 6 Z 15 EStG 1988 sieht im Falle einer Kapitalberichtigung die "Spreizung" der Anschaffungskosten bzw Buchwerte der Anteile an der berichtigenden Gesellschaft vor. Im Verhältnis des ursprünglichen Nennkapitals zum erhöhten Nennkapital werden die Anschaffungskosten bzw Buchwerte abgestockt und die Abstockungsbeträge als Anschaffungskosten bzw Buchwerte der "Freianteile" (bei GmbH) oder "Gratisaktien" (bei AG) behandelt. Siehe weiters Rz 2608f EStR 2000.

Ausgangspunkt ist - wie oben dargestellt -, dass A im Jahr der Kapitalberichtigung Anschaffungskosten von 250.000 und die GmbH einen Buchwert von 210.000 hatte.

d) Nach Ablauf von zehn Jahren kann die Ausschüttungsfiktion nicht mehr wirksam sein. Punkt 3.2.1 des Einlagenrückzahlungserlasses (AÖF 1988/88) sieht vor, dass das Nennkapital-Subkonto ab dem elften Jahr um den aus der Gewinnrücklage übertragenen Betrag aufgestockt wird. § 6 Z 15 EStG 1988 regelt die Qualifikation der Anschaffungskosten bzw Buchwerte der Anteile nach Ablauf der Zehnjahresfrist nicht. Die ordentliche Kapitalherabsetzung nach Ablauf der Zehnjahresfrist mit Rückzahlung ist als Einlagenrückzahlung iSd § 4 Abs 12 EStG 1988 zu werten. Mangels Veränderung der Anschaffungskosten oder Buchwerte der Anteile kann sich daher ein Überhang des Rückzahlungsbetrages gegenüber den Anschaffungskosten bzw Buchwerten ergeben, der sowohl bei der natürlichen Person gemäß § 31 EStG 1988 als auch bei der Körperschaft gemäß § 7 Abs 2 KStG 1988 Steuerpflicht auslöst.

Die ordentliche Kapitalherabsetzung im Nominale von 37.700 € fällt mit 18.850 € auf A und mit 18.850 € auf die GmbH:

Die Anhebung der Anschaffungskosten bzw Buchwerte hätte zur endgültigen Nichtbesteuerung der umgewandelten Gewinne geführt. Die Steuerbefreiung des § 3 Abs 1 Z 29 EStG 1988 sollte nur die Sofortbesteuerung der Umwandlung von Gewinnen in Kapital verhindern, nicht aber zu einer endgültigen Nichtbesteuerung führen. § 6 Z 15 EStG 1988 idgF kann daher auch nicht dahingehend interpretiert werden, dass die Umwandlung in eine Einlage bei der Körperschaft als Einlage der Gesellschafter zu fingieren ist, die die Erhöhung der Anschaffungskosten bzw Buchwerte bewirkt.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einkommensteuerprotokoll

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