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Protokoll über die Bundeseinkommensteuertagung 2004

BMF010203/105-IV/6/0419.11.20042004Protokoll über die Bundeseinkommensteuertagung 2004

Zur Erzielung einer bundeseinheitlichen Vorgangsweise fand im Juni 2004 die jährliche so genannte Bundeseinkommensteuertagung des Bundesministeriums für Finanzen gemeinsam mit den Finanzämtern statt, bei der in der Praxis auftauchende Zweifelsfragen in den Bereichen Einkommensteuer behandelt werden.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einkommensteuerprotokoll

1. § 1 Abs. 1 bzw. § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhaberei-VO (Punkt 15a.2.3 lit. a LRL)

Vorliegen von "Quasi-Wohnungseigentum"

Sachverhalt:

Im Zuge einer derzeit anhängigen Prüfung eines Bauherrnmodells mit zwanzig Miteigentümern ist entscheidungsrelevant, ob Quasiwohnungseigentum gegeben ist. Nach Punkt 15a.2.3 lit. a LRL hängt dies u. a. davon ab, ob Vereinbarungen vorliegen, die eine künftige Begründung von Wohnungseigentum vorbereiten.

In den vorgelegten Vereinbarungen ist die übliche Vertragsklausel enthalten, dass die Miteigentümer für den Zeitraum bis Erzielung eines Gesamtüberschusses auf die Begründung von Wohnungseigentum verzichten. Weiters wird im Fall einer zukünftigen Begründung von Wohnungseigentum "bereits jetzt die unwiderrufliche wechselseitige Zustimmung zur Wohnungseigentumsbegründung gegeben." Diese vertragliche Anbahnung der Wohnungseigentumsbegründung ist wegen der o. a. Einschränkung (nicht vor Erreichen eines Gesamtüberschusses) für sich gesehen nicht steuerschädlich.

Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass zwar grundsätzlich alle Rechte und Pflichten auf die jeweiligen Rechtsnachfolger übergehen, nicht jedoch der Verzicht auf Begründung von Wohnungseigentum. Dieser gilt nämlich für Rechtsnachfolger im Ablebensfall nicht. Mit anderen Worten, Rechtsnachfolger im Ablebensfall sind an den Verzicht auf Wohnungseigentum nicht gebunden, können also die (w. o. angeführt) angebahnte Wohnungseigentumsbegründung verlangen und auch durchsetzen. Ob im Eintrittsfall nur für die "Erbenwohnung" Wohnungseigentum begründet werden wird oder auch für die anderen Wohnungen ist dem Vertrag nicht explizit zu entnehmen.

Zur vom Prüfer aufgeworfenen Frage der eventuellen Steuerschädlichkeit dieser Klausel iSd Punkt 15a.2.3 lit. a der LRL wegen "Vorbereitung für eine künftige Begründung von Wohnungseigentum" legte der steuerliche Vertreter eine einen gleichgelagerten Fall betreffende Anfragenbeantwortung der FLD Wien (ESt/023-16/V/98 vom 22. 4. 98) vor, wonach in einem solchen Fall "die Tätigkeit unter § 1 Abs 1 L-VO zu subsumieren sei, wenn die Wohnungseigentumsbegründung nur für die Erben von verstorbenen Miteigentümern möglich ist." Vom FA Salzburg-Stadt erging etwas später eine fast wortgleiche Einzelauskunft (15. 6. 99).

Die beiden Einzelauskünfte dürften, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht sein.

Fragestellung:

Bestehen Bedenken, wenn im Sinne der vorliegenden Auskünfte vorgegangen wird und das Bauherrnmodell als unter § 1 Abs 1 L-VO fallend anerkannt wird?

Soll dies davon abhängig gemacht werden, dass - wenn ein solcher Fall eintritt - lt. Vertrag nur für die "Erbenwohnung" Wohnungseigentum begründet werden würde (bzw. zivilrechtlich begründbar ist)?

Bei der steuerlichen Liebhabereibeurteilung kommt es entscheidend darauf an, ob es gelingt, innerhalb eines "überschaubaren Zeitraumes" einen Gesamterfolg aus der Betätigung zu erzielen. Bei der "Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten" (§ 1 Abs. 2 Z 3 L-VO) einerseits und bei der "entgeltlichen Gebäudeüberlassung" (§ 2 Abs. 3 L-VO) andererseits ist dieser Zeitraum durch die L-VO bindend vorgegeben (20 bzw. 23 Jahre im ersteren Fall und 25 bzw. 28 Jahre in letzterem Fall).

Sind die Rechte der Miteigentümer so gestaltet, dass sich daraus eine konkrete wirtschaftliche Zuordnung einzelner Wohneinheiten zu einzelnen Miteigentümern ergibt, kann dies gemäß Punkt 15a.2.1. LRL zur Annahme einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs 2 L-VO führen. Dies liegt dann vor, wenn der Miteigentumsanteil mit einem Nutzungsrecht an einer bestimmten Wohneinheit derart verbunden ist, dass dieses Nutzungsrecht eine dem Wohnungseigentum ähnliche Stellung verschafft, die unter anderem dann anzunehmen ist, wenn Vereinbarungen vorliegen, die für eine künftige Begründung von Wohnungseigentum sprechen bzw. eine solche vorbereiten.

Für eine künftig erfolgende Begründung bzw. Vorbereitung von Wohnungseigentum spricht, wenn sich die Miteigentümer im Miteigentumsvertrag verbindlich verpflichten, Wohnungseigentum zu begründen oder wenn den Miteigentümern ein klagbarer Anspruch auf Begründung von Wohnungseigentum eingeräumt wird und ein Vorwegverzicht auf das Erheben von Einsprüchen vereinbart ist (Punkt 15a.2.3. LRL).

Im gegenständlichen Fall wird von jedem der Miteigentümer bis zur Erzielung des Gesamtüberschusses auf die Begründung von Wohnungseigentum verzichtet, wobei dieser Verzicht jedoch die jeweiligen Rechtsnachfolger im Ablebensfall nicht bindet. Die zu beurteilende Rechtsfrage geht dahin, ob eine auf Grundlage einer derartigen Vertragsgestaltung erfolgende Vermietung als "entgeltliche Gebäudeüberlassung" oder als Bewirtschaftung eines "Mietwohngrundstückes mit qualifizierten Nutzungsrechten"("Quasi-Wohnungseigentum") zu qualifizieren ist.

Die Liebhabereibeurteilung knüpft an die Möglichkeit zur Erzielung eines Gesamtgewinnes oder -überschusses innerhalb eines absehbaren Zeitraumes an. Maßgebend sind somit Umstände, die sich innerhalb dieses Zeitraumes ereignen. Ereignisse, die sich nach Erzielung eines Gesamterfolges einstellen, können andererseits für die Liebhabereibeurteilung nicht (mehr) maßgeblich sein, weil sie zu einem Zeitpunkt eintreten, zu dem die Frage des Vorliegens von Liebhaberei nicht mehr relevant ist. Eine Vertragsgestaltung, die die Begründung von Wohnungseigentum erst nach Erzielung eines Gesamtüberschusses erlaubt, kann daher für die Liebhabereibeurteilung (schlichten) Miteigentümern keine Wohnungseigentümern ähnliche Stellung verleihen.

Dieser Ausschluss trifft allerdings im gegenständlichen Fall den eintrittsberechtigten Erben des jeweiligen Miteigentümers nicht, für den somit auch schon vor Erreichen des Gesamtüberschusses die Begründung von Wohnungseigentum möglich ist.

Abweichend von der Regelung des WEG 1975, wonach schlichtes Miteigentum und Wohnungseigentum nebeneinander möglich war, ist gem. § 3 Abs 2 WEG 2002 nunmehr die Begründung von Wohnungseigentum nur dann zulässig, wenn es sich auf alle Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten der Liegenschaft bezieht. Nach dem WEG 2002 kann der eintretende Erbe somit für die anderen die gesamthafte Wohnungseigentumsbegründung herbeiführen.

Die Möglichkeit der Wohnungseigentumsbegründung vor Erreichen des Gesamtüberschusses stellt ein wesentliches Indiz für das Vorliegen von "Quasi-Wohnungseigentum" dar. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Möglichkeit dem Steuerpflichtigen selbst oder nur seinem Erben offen steht, da der Steuerpflichtige in letzterem Fall die Möglichkeit der Wohnungseigentumsbegründung durch den Erben in Kauf nimmt und sich solcherart das Verhalten des Erben zurechnen lassen muss. Es liegt daher im gegenständlichen Fall für sämtliche Miteigentümer eine Vermietung von "Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten" ("Quasi-Wohnungseigentum", § 1 Abs. 2 Z 3 L-VO) vor.

Im Hinblick darauf, dass im Vertrauen auf anders lautende - die Rechtslage nach dem WEG 1975 betreffende - Beurteilungen durch die Finanzverwaltung in bereits abgeschlossenen Verträgen vielfach kein auch den Erben betreffender Verzicht auf die Wohnungseigentumsbegründung aufgenommen wurde, vertritt das Bundesministerium fü Finanzen folgende Ansicht:

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Materie:

Steuer

betroffene Normen:

EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einkommensteuerprotokoll

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