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Wiener Verfahren 1996 - Berechnung in Euro sowie Klarstellungen

BMF08 1037/1-IV/8/015.2.20022002Wiener Verfahren 1996 - Berechnung in Euro sowie Klarstellungen

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 13 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 14 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 193 Abs. 4 HGB, Handelsgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
Art. 10 § 2 Abs. 1 1. Euro-JuBeG, 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, BGBl. I Nr. 125/1998
§ 10 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Schlagworte:

Wiener Verfahren 1996, Gemeiner Wert von Anteilen, andere Bewertungsverfahren, qualifizierte Beteiligungen, Paketabschlag, ertragsmindernde Umstände

Verweise:

VwGH 25.04.1996, 95/16/0011
VwGH 20.11.1985, 84/13/0220
VwGH 04.03.1987, 86/13/0045
VwGH 16.12.1998, 97/13/0054
VwGH 27.10.1980, 3447/78
VwGH 27.08.1990, 89/15/0124
VwGH 25.06.1997, 95/15/0117
VwGH 20.01.1992, 90/15/0085
VwGH 20.01.1992, 90/15/0110
BMF 13.11.1996, 08 1037/1-IV/8/96

3. Aus gegebenem Anlass werden weiters folgende Klarstellungen zum Wiener Verfahren 1996 getroffen:

3.1 Anwendung anderer Bewertungsverfahren

Der Abschnitt III des Erlasses vom 13. November 1996, 08 1037/1-IV/8/96 (Wiener Verfahren 1996) ist eine Methode zur Schätzung des gemeinen Wertes (§ 10 BewG 1955) von Aktien und Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wobei diese Schätzungsmethode die Vorschrift des § 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 zusätzlich berücksichtigt. Das Wiener Verfahren ist eine zwar nicht verbindliche, aber grundsätzlich geeignete Grundlage für die schätzungsweise Ermittlung des gemeinen Wertes unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten, mit dem Ziel ein möglichst wirklichkeitsnahes Ergebnis zu erzielen (VwGH 25.04.1996, 95/16/0011).

Es kann dabei vom Steuerpflichtigen jederzeit auch eine andere Art der Schätzung beantragt werden. Wenn dieses Ergebnis den tatsächlichen Verhältnissen näher kommt, ist die andere Bewertungsmethode anzuerkennen. Eine entsprechende Beurteilung ist das Ergebnis der Würdigung eines konkreten, unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Sachverhalts und obliegt daher ausschließlich dem Finanzamt oder der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Falle der Erlassung einer Berufungsentscheidung.

Ein solch anderes Bewertungsverfahren ist im Anwendungsbereich des § 13 BewG 1955 allerdings nur dann zur Ermittlung des gemeinen Wertes geeignet, wenn es die im § 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 zwingend verankerte Berücksichtigung von Gesamtvermögen und Ertragsaussichten beachtet. Dabei ist die Vorschrift des § 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 Bestandteil des allgemeinen Steuerrechts und gilt gemäß § 1 Abs. 2 BewG 1955 für alle bundesgesetzlich geregelten Abgabensachverhalte, soweit nicht in anderen Abgabengesetzen eine lex specialis in Form von besonderen Bewertungsvorschriften enthalten ist.

Keine besonderen Bewertungsvorschriften hinsichtlich der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit dem gemeinen Wert finden sich beispielsweise im

3.2 Bewertung von qualifizierten Beteilungen

Gemäß § 13 Abs. 3 BewG 1955 ist für die Bewertung qualifizierter Beteiligungen nicht die Summe der einzelnen Beteiligungen, sondern der gemeine Wert der Gesamtbeteiligung maßgebend. Dieser Wert der Gesamtbeteiligung errechnet sich aus der Summe des nach dem Wiener Verfahren ermittelten Wertes der Einzelbeteiligung zuzüglich eines Paketzuschlages. Die Vornahme eines Paketabschlages ist hingegen unzulässig (VwGH 20.11.1985, 84/13/0220 und VwGH 04.03.1987, 86/13/0045).

Ein Paketzuschlag ist ab einer Beteiligung denkbar, welche zur Ausübung von Minderheitsrechten berechtigt. Die Prüfung ob und in welcher Höhe ein solcher Paketzuschlag vorzunehmen ist, ergibt sich aus dem Ergebnis der Würdigung eines konkreten, unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Sachverhalts und obliegt daher ausschließlich dem Finanzamt oder der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Falle der Erlassung einer Berufungsentscheidung.

3.3 Berücksichtigung von ertragsmindernden Umständen

Der Ertragswert wird beim Wiener Verfahren 1996 aus in die Zukunft projizierten Vergangenheitswerten abgeleitet. Diese Methode ist grundsätzlich schlüssig. Es kann jedoch vorkommen, dass bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte zu untersuchen ist, ob die in einem Wirtschaftsjahr erzielten Ergebnisse für die Beurteilung zukünftiger Ergebnisse geeignet sind. Solche Anhaltspunkte sind allerdings Umstände, die eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabenpflichtigen auslösen (VwGH 16.12.1998, 97/13/0054). Dabei sind jedoch nur jene Umstände geeignet den Ertragswert zu beeinflussen, die zum Bewertungsstichtag zumindest erkennbar waren (VwGH 27.10.1980, 3447/78 und 27.08.1990, 89/15/0124).

Beispiel:

Bewertung zum 1. Jänner 2002. Im Mai 2002 bricht in Folge von Veränderungen der Rahmenbedingungen der Markt ein, was zu einer nachhaltigen Ertragseinbuße in einer Größenordnung von 30% führt. Mit diesem Markteinbruch hat zum 1. Jänner 2002 niemand ernsthaft gerechnet. Weiters verliert im Juni 2002 das Unternehmen zusätzlich einen Großkunden, was zu einer weiteren Verschlechterung der Ertragslage führt. Der Kunde hat zwar in der Vergangenheit öfters angekündigt zur Konkurrenz gehen zu wollen und hat sich auch fallweise bereits dort eingedeckt. Dieses Verhalten kann jedoch nicht als erkennbares Indiz für den endgültigen Verlust des Großkunden gewertet werden. Beide Umstände sind mangels Erkennbarkeit zum Bewertungsstichtag nicht zur Berücksichtigung einer Minderung des Ertragswertes geeignet.

Die Beurteilung einer solchen Erkennbarkeit ist dabei das Ergebnis der Würdigung eines konkreten, unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Sachverhalts und obliegt daher ausschließlich dem Finanzamt oder der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Falle der Erlassung einer Berufungsentscheidung.

3.4 Heranziehung von Verkäufen

Liegen Verkäufe von Anteilen vor, ist die Ermittlung des gemeinen Wertes unter Heranziehung dieser Verkäufe der Schätzung nach dem Wiener Verfahren vorzuziehen. Jedoch reicht ein einzelner Verkauf nicht aus (VwGH 25.06.1997, 95/15/0117). Für die Beurteilung, ob ein Veräußerungsvorgang als "Verkäufe" im Sinne des § 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 aufgefasst werden kann, ist maßgeblich, ob - insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung mehrerer Anbieter bzw. Interessenten - der Schluss gerechtfertigt erscheint, dass die unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage und des Ausgleiches widerstreitender Interessen mehrerer an den Verkaufsgeschäften Beteiligter gebildeten Kaufpreise einem "Marktpreis" nahe kommen. (VwGH 20.01.1992, 90/15/0085). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles unter Heranziehung objektivierter Maßstäbe zu entscheiden (VwGH 20.01.1992, 90/15/0110), wobei diese Beurteilung die Würdigung eines konkreten, unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Sachverhalts darstellt und daher ausschließlich dem Finanzamt oder im Falle der Erlassung einer Berufungsentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz obliegt.

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Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 13 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 14 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 193 Abs. 4 HGB, Handelsgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
Art. 10 § 2 Abs. 1 1. Euro-JuBeG, 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, BGBl. I Nr. 125/1998
§ 10 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Schlagworte:

Wiener Verfahren 1996, Gemeiner Wert von Anteilen, andere Bewertungsverfahren, qualifizierte Beteiligungen, Paketabschlag, ertragsmindernde Umstände

Verweise:

VwGH 25.04.1996, 95/16/0011
VwGH 20.11.1985, 84/13/0220
VwGH 04.03.1987, 86/13/0045
VwGH 16.12.1998, 97/13/0054
VwGH 27.10.1980, 3447/78
VwGH 27.08.1990, 89/15/0124
VwGH 25.06.1997, 95/15/0117
VwGH 20.01.1992, 90/15/0085
VwGH 20.01.1992, 90/15/0110
BMF 13.11.1996, 08 1037/1-IV/8/96

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