VwGH 89/15/0124

VwGH89/15/012427.8.1990

X-GesmbH gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 5. September 1989, Zl. 565/2-8/E-1989, betreffend Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile zum 1. Jänner 1986:

Normen

BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §13 Abs2;
BewG 1955 §71 Abs1;
BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §13 Abs2;
BewG 1955 §71 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Gesellschafter der beschwerdeführenden GmbH waren bis zum Jahre 1985 NA, OA sen. und PA sen.. Das Stammkapital betrug seit dem Jahre 1968 3,9 Mio S.

Mit Schenkungsverträgen vom 18. Juli 1985 wurden nach den Feststellungen der belangten Behörde folgende Veränderungen vorgenommen:

PA sen. schenkte die Hälfte seines Anteiles von 1,3 Mio S, somit S 650.000,--, an PA jun.; NA schenkte QA seinen Anteil von 1,3 Mio S; OA sen. schenkte von seiner Beteiligung in Höhe von 1,3 Mio S die Hälfte, mithin S 650.000,--, OA jun..

Mit Abtretungsverträgen vom 3. März 1986 wurden zum Nominale folgende Eigentumsübertragungen vorgenommen:

OA sen. an PA jun. S 650.000,--

OA jun. an QA S 572.000,--

OA jun. an PA jun. S 78.000,--.

Mit 3. März 1986 sind somit nach den Feststellungen der belangten Behörde OA sen. und OA jun. ausgeschieden, wobei dieser seinen am 18. Juli 1985 erworbenen Anteil bereits am 3. März 1986 wieder veräußert hat. Die nunmehrigen Gesellschafter sind QA (S 1,872.000,--), PA sen. (S 650.000,--) und PA jun. (S 1,378.000,--). Von diesen Beteiligungen hat QA S 1,300.000,-- von NA unentgeltlich und S 572.000,-- von OA jun. zum Nominale erworben. PA jun. hat S 650.000,-- von PA sen. unentgeltlich und S 650.000,-- von OA sen. sowie S 78.000,-- von OA jun. entgeltlich erworben. PA sen. verbleibt nach den Feststellungen der belangten Behörde mit S 650.000,-- als einziger "Altgesellschafter" im Unternehmen.

Das Finanzamt ermittelte den gemeinen Wert der Anteile an der beschwerdeführenden GmbH zum 1. Jänner 1986 unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten mit S 169,-- je S 100,-- des eingezahlten Stammkapitales im Schätzungswege.

Die Beschwerdeführerin begehrte mit Berufung die Feststellung eines Wertes von S 100,-- je S 100,-- des Stammkapitales. Mit Abtretungsverträgen vom 3. März 1986 seien Anteile an der Gesellschaft in Höhe von S 1,300.000,-- zum Nominale käuflich abgetreten worden. Im angefochtenen Bescheid sei die Abfertigungsrücklage beim Vermögen nur zur Hälfte und ertragsteuerlich überhaupt nicht berücksichtigt worden. Weiters sei auch bei Feststellung des Einheitswertes das Pauschaldelcredere unberücksichtigt geblieben. Zudem seien die Ertragsaussichten des Unternehmens rückläufig, wie der Jahresabschluß 1986 zeige. Schließlich sei eine Schätzung des gemeinen Wertes nur dann vorzunehmen, wenn sich dieser aus Verkäufen nicht ableiten lasse. Im Beschwerdefall sei aber unmittelbar nach dem Bewertungsstichtag ein Drittel des Gesellschaftskapitales zum Nominale veräußert worden, weshalb diese Preise der Bewertung zu Grunde zu legen seien.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Im Beschwerdefall handle es sich um eine Familiengesellschaft, bei der eine Anteilsabtretung nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter erfolgen könne. In den Jahren 1985 und 1986 habe in der Gesellschaft ein Gesellschafterwechsel stattgefunden, den man als "Generationswechsel" bezeichnen könnte, da die Anteilsmehrheit in jüngere Hände gelangt sei. Dieser Übergang sei teils unentgeltlich (S 2,600.000,--), teils entgeltlich (S 1,300.000,--) erfolgt. Sinn dieser Transaktionen sei es offensichtlich gewesen, die Anteile in der Großfamilie zu halten. Bei den Anteilsabtretungen vom 3. März 1986 handle es sich inhaltlich um Kaufverträge, deren Gegenstand der Eigentumsübergang der Anteile zum Nennwert gewesen sei. Fraglich sei allerdings, ob diese Verkäufe einen Anhaltspunkt für die Ermittlung des gemeinen Wertes bilden könnten. Dies wäre dann der Fall, wenn sie im normalen Wirtschaftsverkehr unter gewöhnlichen Verhältnissen und frei von persönlichen oder außergewöhnlichen Momenten zustande gekommen wären. Dies müsse im Beschwerdefall verneint werden. Die Verkäufe könnten nicht isoliert betrachtet werden, sondern seien als Teil der gesamten Transaktion zu sehen. Diese habe offensichtlich auf eine Neuverteilung des Anteilsbesitzes innerhalb der Verwandtschaft gezielt. Der Kaufpreis sei nicht von der Erzielung einer möglichst hohen Gegenleistung bestimmt worden, was allein schon deshalb nicht möglich gewesen wäre, weil jede Anteilsabtretung von den übrigen Gesellschaftern habe genehmigt werden müssen, eine Verfügungsbeschränkung, die sich im Beschwerdefall zwangsläufig auf die Höhe des Preises habe auswirken müssen, für die Findung eines objektiven, nämlich gemeinen Wertes aber unerheblich sei. Für die Zielsetzung (Neuverteilung des Anteilsbesitzes) sei es geradezu naheliegend gewesen, die Abtretungen zum Nominale vorzunehmen, Ausdruck des gemeinen Wertes könnten diese aber nicht sein. Die Abtretungen schieden daher als Weg zur Findung des gemeinen Wertes aus. Dieser sei vielmehr im Schätzungsweg zu ermitteln.

Zur Gewährleistung einer einheitlichen Vorgangsweise habe der Bundesminister für Finanzen Richtlinien erlassen ("Wiener Verfahren"), die zwar lediglich eine interne Verwaltungsanweisung darstellten, jedoch ein taugliches Hilfsmittel für die Feststellung des gemeinen Wertes bildeten. Das Schätzungsverfahren versuche, aus dem Einheitswert des Betriebsvermögens und aus dem körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn durch Außerachtlassung steuerlicher Vorschriften und Berücksichtigung wirtschaftlicher Momente das wirtschaftliche Vermögen und den wirtschaftlichen Gewinn zu ermitteln, um daraus den Vermögenswert und den Ertragswert als Grundlagen des gemeinen Wertes der Anteile abzuleiten. Hiebei würden - dem Wesen einer Schätzung entsprechend - bewußt verschiedene Vergröberungen in Kauf genommen. So würden bei Ermittlung des Vermögenswertes die Betriebsgrundstücke nicht mit den Verkehrswerten, sondern mit den wesentlich niedrigeren Einheitswerten angesetzt und werde vom errechneten Vermögenswert generell ein Abschlag von 20 % gewährt, weil erfahrungsgemäß bei Veräußerung eines Unternehmens dem Vermögen weniger Bedeutung beigemessen werde als dem Ertrag. Weiters solle dieser Abschlag anstelle der bei der Ertragswertermittlung rechnerisch meist nur schwer feststellbaren normalen Abschreibungen solcher Wirtschaftsgüter treten, die nach Durchführung vorzeitiger Abschreibungen und der dadurch bedingten verkürzten Nutzungsdauer nicht mehr abgeschrieben werden könnten. Ferner werde bei Berechnung des Ertragswertes vom durchschnittlichen Jahresertrag eine Kürzung von 15 % vorgenommen, weil die Gesellschaften nicht immer in der Lage seien, ihren Gewinn zur Gänze auszuschütten. Bei Ermittlung des Ertragswertes seien vorzeitige Abschreibungen und Absetzungen für geringwertige Wirtschaftsgüter hinzuzurechnen, jedoch lediglich mit 40 %, weil die Belastung dieses wirtschaftlichen Mehrertrages durch die darauf entfallenden Steuern abgegolten werden solle. Diese Kürzung erfolge generell mit 60 % ohne Rücksicht auf die tatsächliche Steuerbelastung im Einzelfall. Schließlich sei allgemein eine Kapitalverzinsung von 8 % anzunehmen.

Dieses Schätzungsverfahren stelle lediglich ein Hilfsmittel für eine gleichmäßige - und daher möglichst steuergerechte - Wertermittlung dar. Da es sich hiebei nur um eine Verwaltungsanweisung handle, brauche der Abgabepflichtige diese Schätzungsrichtlinien grundsätzlich nicht gegen sich gelten lassen. Er könne eine andere Schätzungsmethode beantragen; diese müsse allerdings der Vorschrift des § 13 BewG 1955 entsprechen. Werde jedoch vom Abgabepflichtigen diese vereinfachte Bewertungsmethode ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt, dann könne er sie wohl nicht in einzelnen Punkten generell ablehnen. Es müßte dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung widersprechen, wenn der Abgabepflichtige nur jene Bestimmungen anzuerkennen brauche, die für ihn einen Vorteil brächten - etwa die oben angeführten, ohne konkreten Nachweis zu gewährenden Abschläge -, hingegen von anderen "Unterstellungen" dieser Schätzungsmethode abweichen könnte. Anders läge der Fall, wenn es sich um eine Annahme des Bewertungsverfahrens handeln würde, die zwar in der Regel, nicht aber beim Abgabepflichtigen zutreffe und daher keine generelle Abweichung von dem ansonsten anerkannten Bewertungsvorgang darstelle. Der Abgabepflichtige könne eine anerkannte Wertermittlungsmethode nicht einseitig nur in jene Richtung einer Korrektur unterwerfen, die zu einem geringeren Wertansatz führe, und zugleich die sich aus diesem Bewertungssystem ergebenden, meist sogar häufigeren Ungenauigkeiten in umgekehrter Richtung unberücksichtigt lassen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1981, Zl. 17/2231/79).

Das Finanzamt sei bei Feststellung des gemeinen Wertes von der Steuerbilanz ausgegangen und habe die auf bewertungsrechtlichen Sondervorschriften beruhenden Zurechnungen beim Einheitswert des gewerblichen Betriebes wieder eliminiert (Hälfte der Abfertigungsrücklage), das Pauschaldelcredere jedoch nicht anerkannt, weil eine Schuld zum Stichtag noch nicht entstanden gewesen sei. Diese Vorgangsweise entspreche dem Wiener Verfahren und dem Gesetz. Daß eine wesentliche Verschlechterung der Ertragslage des Unternehmens zu erwarten gewesen sei, hätte erst später angenommen werden können und sei nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag noch nicht prognostizierbar gewesen.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 2 BewG 1955 ist für Aktien, für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genußscheine, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Läßt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Streit besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zunächst darüber, ob sich der gemeine Wert der Anteile an der beschwerdeführenden Gesellschaft aus Verkäufen ableiten läßt. Dies aber ist nur der Fall, wenn die Verkäufe im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen sind und keine gemäß § 10 Abs. 2 BewG 1955 nicht zu berücksichtigenden ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse vorlagen (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1964, Zl. 1204/63, und vom 24. Mai 1982, Zl. 17/3137/79).

Die belangte Behörde stellte nun fest, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Familiengesellschaft handelt. Diese Feststellung ist unter dem Gesichtspunkt der nach § 10 Abs. 2 BewG 1955 nicht zu berücksichtigenden PERSÖNLICHEN VERHÄLTNISSE auch dann zulässig, wenn einer der Gesellschafter im Verhältnis zu zwei anderen Gesellschaftern (nur) Großonkel war, wie dies die Beschwerde einwendet. Ohne Einwand blieb die Feststellung der belangten Behörde, daß die eingangs erwähnten Übertragungen von Gesellschaftsanteilen in ihrer Gesamtheit einem Generationswechsel innerhalb der Familiengesellschaft (Beschwerdeführerin) gedient haben. Bei dieser Sachlage läßt die Folgerung der belangten Behörde, die Übertragung der Geschäftsanteile am 3. März 1986 zum Nominale sei nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen und es ließe sich daher aus diesen "Verkäufen" nicht im Sinne des § 13 Abs. 2 BewG 1955 der gemeine Wert der Anteile ableiten, keine Rechtswidrigkeit erkennen. Dies gilt umsomehr, als die Beschwerdeführerin nie auch nur behauptete, daß die Angemessenheit des Nominales als "Kaufpreis" vor der Abtretung in irgendeiner Weise unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten untersucht worden wäre.

Es war somit geboten, den gemeinen Wert unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft (Beschwerdeführerin) zu schätzen.

Die belangte Behörde nahm diese Schätzung nach dem Wiener Verfahren 1972 vor, das im Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 10. Mai 1973, Zl. 252.873-IIa/Bi/1973, AÖFV Nr. 172/73 (berichtigt AÖFV Nr. 219/73) seinen Niederschlag fand (der Erlaß des Bundesministers für Finanzen wird im folgenden nur noch als "Erlaß" bezeichnet) und bei Twaroch-Frühwald-Wittmann, Kommentar zum Bewertungsgesetz2, Erlässe A 19 ff, wiedergegeben ist. An dieses Verfahren bzw. an diesen Erlaß sind zwar mangels gehöriger Kundmachung und auch mangels eines normativen Gehaltes weder die Beschwerdeführerin noch der Verwaltungsgerichtshof (und auch nicht die Abgabenbehörde) gebunden (Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1979, B 345/77, Slg. Nr. 8613, sowie des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 1978, Zl. 745/77, Slg. Nr. 5236/F, vom 24. Mai 1982, Zl. 17/3137/79, und vom 9. Juni 1986, Zl. 84/15/0159). Dennoch bietet das Wiener Verfahren 1972 eine Schätzungsmethode für jene Schätzung, die nach dem zweiten Satz des § 13 Abs. 2 BewG 1955 zur Ermittlung des gemeinen Wertes vorzunehmen ist (hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1987, Zl. 85/15/0131). Der Verwaltungsgerichtshof hegt aus der Sicht des Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die Schätzungsmethode des Wiener Verfahrens 1972, zumal auf dieser Methode auch die Überlegungen der Beschwerdeführerin beruhen.

§ 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 - und ihm folgend das Wiener Verfahren 1972 - sieht eine Schätzung unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft vor. Beide Schätzungskomponenten sind im Beschwerdefall umstritten.

Bezüglich des Gesamtvermögens ist fraglich, in welchem Maße Abfertigungsansprüchen gegen die Beschwerdeführerin Rechnung zu tragen und ob ein "Pauschaldelcredere" zu berücksichtigen ist.

Die ABFERTIGUNGSANSPRÜCHE ihrer Arbeitnehmer zum 1. Jänner 1986 bezifferte die Beschwerdeführerin gegenüber dem Finanzamt mit S 2,439.935,--. In der Beschwerde geht ihr Begehren erkennbar dahin, diesen Betrag zur Gänze als Abfertigungsrücklage (Passivpost) in die Vermögensberechnung einzusetzen. Sie übersieht dabei, daß die Abfertigungsansprüche der Abfertigungsrücklage nicht gleichgesetzt werden können. Sind doch die Abfertigungsansprüche regelmäßig nicht schon am Bewertungsstichtag, sondern - wenn überhaupt - erst später zu befriedigen. Diese Umstände verbieten es, die Abfertigungsansprüche in vollem Umfang in die Vermögensberechnung als Passivpost einzustellen, wie denn auch bei der Vermögensermittlung, die für den gemäß § 4 Abs. 1 bzw. § 5 EStG 1972 gebotenen Betriebsvermögensvergleich zu erfolgen hat, eine Rücklage für künftige Abfertigungen nur im Ausmaß bis zu 50 v.H. des Betrages gebildet werden kann, der den Arbeitnehmern bei Auflösung des Dienstverhältnisses am Bilanzstichtag als Abfertigung auf Grund gesetzlicher Anordnung oder auf Grund eines Kollektivvertrages bezahlt werden müßte (§ 14 Abs. 1 EStG 1972). Die Beschwerdeführerin vermochte keinerlei Umstände ins Treffen zu führen, die im Rahmen des Gesamtvermögens im Sinne des § 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 eine höhere Berücksichtigung der Abfertigungsansprüche als mit 50 v.H. gerechtfertigt hätten.

Bezüglich des schon im Verwaltungsverfahren als Passivpost geltend gemachten "PAUSCHALDELCREDERE" traf die belangte Behörde keine Feststellungen darüber, welcher Art diese Passivpost ist. Sollte es sich beim "Pauschaldelcredere" im Sinne des allgemeinen kaufmännischen Sprachgebrauches um einen pauschalen Abschlag für zu befürchtende Forderungsausfälle handeln, wie er in den Bilanzen in Form von Wertberichtigungen oder Rückstellungen zum Ansatz kommt (siehe z.B. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, Seite 161 vorletzter Absatz), so wäre eine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Gesamtvermögens im Sinne des § 13 Abs. 2 BewG 1955 nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Es handelt sich beim "Delcredere" zwar nur um eine - durch den tatsächlichen Forderungsausfall - aufschiebend bedingte Vermögensminderung (Passivpost), doch sind bei der Schätzungsmethode nach dem Wiener Verfahren 1972 aufschiebend bedingte Vermögensminderungen nicht vom Abzug ausgeschlossen, wie dies die bei diesem Verfahren ausdrücklich als abzugsfähig erklärten Garantierückstellungen und Abfertigungsrücklagen zeigen (siehe Abschnitt 4 des Erlasses sowie das hg. Erkenntnis vom 30. März 1981, Zl. 17/1398/78, Slg. Nr. 5569/F). Wenn im "Pauschaldelcredere" am Bewertungsstichtag ERNSTHAFT drohende Forderungsausfälle - wenn auch pauschal - ihren Niederschlag gefunden hätten, wäre das Gesamtvermögen dadurch, daß auch Forderungen einbezogen werden, mit deren (vollem) Eingang nicht zu rechnen ist, unrichtig ermittelt. In diesem Fall könnte, wie dem angefochtenen Bescheid entgegenzuhalten ist, in der Berücksichtigung des "Pauschaldelcrederes" keine generelle Abweichung von dem ansonsten anerkannten Bewertungsvorgang des Wiener Verfahrens 1972, nach dem aufschiebend bedingten Vermögensminderungen Rechnung getragen werden kann, erblickt werden. In der Frage des "Pauschaldelcrederes" blieb der Sachverhalt somit ergänzungsbedürftig.

Zu den ERTRAGSAUSSICHTEN verwies die Beschwerdeführerin in der Berufung auf den gleichzeitig eingereichten Jahresabschluß 1986, aus dem ersichtlich sei, daß die Ertragslage rückläufig wäre; künftige schlechte Ertragsaussichten seien jedoch zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde meint im angefochtenen Bescheid dazu, es hätte erst später angenommen werden können, daß eine wesentliche Verschlechterung der Ertragslage des Unternehmens zu erwarten gewesen sei, nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag sei die Verschlechterung noch nicht prognostizierbar gewesen.

Auch in diesem Punkt erscheint der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt. Wenn auch eine ausführlichere Begründung der Berufung wünschenswert gewesen wäre, kommt in ihr doch hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß die Beschwerdeführerin die rückläufige Ertragslage schon zum Bewertungsstichtag für prognostizierbar hielt, da vernünftigerweise nur unter dem Blickwinkel des Bewertungsstichtages (31. Dezember 1985, siehe § 71 Abs. 1 BewG 1955) und nicht mehr unter dem Blickwinkel des bereits vorliegenden Jahresabschlusses 1986 von KÜNFTIGEN Ertragsaussichten gesprochen werden konnte. Die Möglichkeit einer Prognose über die Ertragsentwicklung 1986 ist zum Bewertungsstichtag 31. Dezember 1985 umsoweniger von der Hand zu weisen, als die Beschwerdeführerin, wie sich aus ihrem von der Gegenschrift unwidersprochenen Beschwerdevorbringen ergibt, nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 31. Oktober bilanziert, sodaß zum 31. Dezember 1985 bereits zwei Monate jenes Wirtschaftsjahres vergangen waren, für das der "Jahresabschluß 1986" erstellt worden war.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß nach jener Schätzungsmethode, deren sich die belangte Behörde selbst bedient (Wiener Verfahren 1972), zwar die zukünftigen Ertragsaussichten aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahreserträge (Erträge der drei letzten Wirtschaftsjahre vor dem Ermittlungszeitpunkt) zu ermitteln sind. Wenn sich aber zur Zeit der Durchführung des Bewertungsverfahrens bereits das Ergebnis des Wirtschaftsjahres überblicken läßt, in das der Ermittlungszeitpunkt fällt, ist dieses Ergebnis in die Durchschnittsberechnung einzubeziehen (Punkt 5 des Erlasses).

Zu Recht beruft sich die Beschwerde auch auf das Erkenntnis vom 6. März 1978, Zl. 745/77, Slg. Nr. 5236/F, in dem der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck brachte, daß zwar gemäß § 71 Abs. 1 BewG 1955 von den Wertverhältnissen zum 31. Dezember (hier 1985) auszugehen ist, woraus folgt, daß auch die Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist. Dies schließt nach dem Erkenntnis Slg. Nr. 5236/F indes nicht aus, daß die wirtschaftliche Entwicklung, wie sie sich tatsächlich nach dem Stichtag gestaltet hat, in Zweifelsfällen als Anhaltspunkt für die Bewertung am Stichtag verwendet wird, sofern die Entwicklung nicht einen außergewöhnlichen, am Stichtag nicht vorhersehbaren Verlauf genommen hat.

Im Beschwerdefall ermittelte das Finanzamt folgende, die Ertragsaussichten kennzeichnende (wirtschaftliche) Ertragswerte:

1983 S 733.642,--

1984 S 738.409,--

1985 S 115.628,--.

Wegen des Ertragsabfalles im Jahre 1985 kann bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung von einem Zweifelsfall gesprochen werden. Der weitere Ertragsabfall im Wirtschaftsjahr 1986 - laut Beschwerde auf S 78.176,-- - stellt sich nach der Entwicklung von 1984 auf 1985 keineswegs als außergewöhnlicher, am Stichtag nicht vorhersehbarer Verlauf dar. Auch aus der Sicht des Erkenntnisses Slg. Nr. 5236/F schiene es sohin angezeigt, im Sinne des Berufungsvorbringens auf die wirtschaftliche Entwicklung des Wirtschaftsjahres 1986 Bedacht zu nehmen, wobei nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde in diesem Fall zu einem anderen Bescheid käme.

Auf Grund der zum Teil berechtigten Verfahrensrüge war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Der angefochtene Bescheid war lediglich in einfacher Ausfertigung vorzulegen (§ 28 Abs. 5 VwGG) und lediglich mit S 60,-- zu vergebühren (Beilagengebühr für zwei Bögen).

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