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Internationale Amtshilfemöglichkeit entbindet nicht von der Erfüllung der Offenlegungspflicht

BMF04 0101/31-IV/4/9724.7.19971997

EAS 1089

 

Wird im Zuge eines Betriebsprüfungsverfahrens festgestellt, dass ein österreichischer Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen mit der niederländischen Niederlassung eines japanischen Unternehmens unterhalten hat, wobei die aus den Niederlanden zugeflossenen Einnahmen nicht in die österreichischen Steuererklärungen aufgenommen worden sind, dann kann von Parteienseite kein rechtlich erhebliches Ansinnen an die Finanzverwaltung gestellt werden, sich die erforderlichen Erklärungsangaben auf dem Amtshilfeweg aus den Niederlanden zu beschaffen. Denn eine bestehende internationale Amtshilfemöglichkeit entbindet den Steuerpflichtigen nicht von der Erfüllung der ihn treffenden Offenlegungspflicht.

Wie bereits in EAS 909 ausgeführt wurde, vermindert eine in einem Doppelbesteuerungsabkommen oder einer anderen internationalen Rechtsgrundlage vorgesehene Amtshilfebestimmung nicht den Umfang der bei Auslandsbeziehungen bestehenden erhöhten Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen. Denn würde man anstelle der Inanspruchnahme dieser erhöhten Mitwirkungspflicht die Mitarbeit einer ausländischen Steuerverwaltung in Anspruch nehmen, würde man sonach die Sachverhaltsaufklärungsarbeit vom Inland in das Ausland abschieben, dann würde dies im Gegenteil sogar einen Verstoß gegen die internationalen Amtshilfegrundsätze darstellen (siehe z.B. Z 9 lit. a des OECD-Kommentars zu Art. 26, wonach stets die innerstaatlichen Informationsquellen vorrangig auszuschöpfen sind).

Abgesehen davon, dass es nach dem Vorhergesagten international unhaltbar wäre, nicht den Steuerpflichtigen selbst zur Bekanntgabe seiner niederländischen Einkünfte zu veranlassen, sondern diese Arbeit der niederländischen Steuerverwaltung aufzuerlegen, wäre dies auch ein schwerer Verstoß gegen fundamentale Grundsätze des österreichischen Abgabenverfahrens. Denn folgte man dem Ansinnen des Steuerpflichtigen, dann würden bei einer nicht ausreichend erfolgreichen Ermittlungstätigkeit der niederländischen Steuerverwaltung (die durch unvollständigen Informationsstand der österreichischen Finanzverwaltung möglicherweise mitverursacht sein kann) nur die jeweils in den Niederlanden tatsächlich aufgedeckten Zahlungsströme in Österreich erfasst werden, ohne dass der Steuerpflichtige und sein nunmehriger Berater das Risiko zu tragen hätten, wegen einer neuerlich falschen Steuererklärung entsprechend belangt zu werden. Die Inanspruchnahme des internationalen Amtshilfeverkehrs kann daher die Abgabe einer ordnungsgemäßen Steuererklärung (bzw. eine nachträgliche Richtigstellung einer unvollständigen Steuererklärung) durch den Steuerpflichtigen selbst nicht ersetzen.

Ob nach Abgabe der vollständigen Steuererklärung eine Überprüfung aller oder einzelner Angaben im Amtshilfeweg erfolgen soll, ist seitens der zuständigen Abgabenbehörde auf der Grundlage der einschlägigen Vorschriften über den internationalen Amtshilfeverkehr im Rahmen ihres Ermessens zu entscheiden.

24. Juli 1997 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

DBA NL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 191/1971

Schlagworte:

internationale Amtshilfe, Offenlegungspflicht, erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen, Mitwirkungsverpflichtung

Verweise:

Art. 26 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
EAS 909

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