VwGH 2013/01/0032

VwGH2013/01/003220.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft KG in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung, vom 1. Februar 2013, Zl. MA 35/IV - J 10/2013, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §20 Abs1;
StbG 1985 §20 Abs3;
StbG 1985 §20 Abs1;
StbG 1985 §20 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der damit vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, beantragte am 15. November 2005 bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. März 2007, rechtskräftig seit 30. April 2007, wurde dem Beschwerdeführer die Verleihung für den Fall zugesichert, dass er binnen zwei Jahren den Nachweis über das Ausscheiden aus dem serbischen Staatsverband erbringe. Am 29. Juni 2009 legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde den Bescheid vom 28. November 2007 über seine Entlassung aus dem serbischen Staatsverband vor.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts W vom 11. März 2008 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 142 Abs. 1, 143 (2. Fall) StGB (Raub und schwerer Raub) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juni 2011, wurde der Zusicherungsbescheid vom 19. März 2007 widerrufen und das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 26. November 2012, B 984/11 aufgehoben; nach der Begründung dieses Erkenntnisses war der Beschwerdefall in Ansehung der mit Erkenntnis des VfGH vom 29. September 2011, G 154/10, erfolgten Aufhebung des § 20 Abs. 2 StbG, BGBl. Nr. 311/1985 idF BGBl. I Nr. 37/2006, einem Anlassfall im Sinne des Art 140 Abs. 7 B-VG gleichzuhalten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 20 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, lautete in der - im Zeitpunkt der Erlassung des Zusicherungsbescheides (bis 31. Oktober 2012) geltenden - Fassung BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG aF) auszugsweise:

"20. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist einem Fremden zunächst für den Fall zuzusichern, dass er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates nachweist, wenn

  1. 1. er nicht staatenlos ist;
  2. 2. weder die § 10 Abs. 6 noch die §§ 16 Abs. 2 oder 17 Abs. 4 Anwendung finden und

    ihm die Zusicherung das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ermöglicht wird oder erleichtert werden könnte.

(2) Die Zusicherung ist zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

(3) Die Staatsbürgerschaft, deren Verleihung zugesichert wurde, ist zu verleihen, sobald der Fremde

1. aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ausgeschieden ist oder

2. nachweist, dass ihm die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen nicht möglich oder zumutbar waren.

(4) …

(5) …"

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 idF. BGBl. I Nr. 16/2013 (StbG), lauten:

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

2. er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;

7. sein Lebensunterhalt nicht hinreichend gesichert ist und

§ 20. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist einem Fremden zunächst für den Fall zuzusichern, dass er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates nachweist, wenn

(2) Die Zusicherung ist zu widerrufen, wenn der Fremde mit Ausnahme von § 10 Abs. 1 Z 7 auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

(3) Die Staatsbürgerschaft, deren Verleihung zugesichert wurde, ist zu verleihen, sobald der Fremde

1. aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ausgeschieden ist oder

2. nachweist, dass ihm die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen nicht möglich oder zumutbar waren.

In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen

§ 64a. (1) …

(17) … § 20 Abs. 2 tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft. …"

2. Der Beschwerdeführer, der sich in seinem Recht auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verletzt erachtet, bestreitet die erwähnte strafgerichtliche Verurteilung nicht, macht aber im Wesentlichen geltend, dass die belangte Behörde § 20 Abs. 2 StbG nicht hätte anwenden dürfen, weil er im Zeitpunkt der Erlassung des Zusicherungsbescheides die Verleihungsvoraussetzungen erfüllt habe; auf diesen Zeitpunkt komme es an. Eine Prüfung der Voraussetzungen des § 10 StbG (im Entscheidungszeitpunkt) hätte daher nicht erfolgen dürfen.

Mit diesem Vorbringen wird eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt.

3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt der Zusicherungsbescheid ohne weiteres mit Ablauf von zwei Jahren außer Geltung, wenn der Einbürgerungswerber nicht innerhalb dieser Frist das Ausscheiden aus dem Staatsverband des bisherigen Heimatstaates nachweist. Der Lauf dieser Frist beginnt mit Rechtskraft des Zusicherungsbescheides. Es handelt sich um eine materiell-rechtliche, nicht erstreckbare Frist. Entscheidend ist, dass der Nachweis binnen zwei Jahren erbracht wird, in diesem Fall gilt der Zusicherungsbescheid auch noch nach Ablauf der Frist.

Die Zusicherung ist also in ihrer Gültigkeit von vornherein dadurch bedingt, dass der Einbürgerungswerber innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist entweder das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates (oder dessen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit nachweist. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, hat die Behörde - ohne auf den vorangegangenen Zusicherungsbescheid eingehen zu müssen und unter Zugrundelegung des allenfalls in der Zwischenzeit geänderten Sachverhaltes - über den Verleihungsantrag zu entscheiden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2011, Zl. 2007/01/0942, mwN; siehe zum Ganzen auch Thienel, Österreichische Staatsbürgerschaft II, 1990, S. 270 f).

Der Beschwerdeführer hat den Nachweis über das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates unstrittig nicht innerhalb der ab 30. April 2007 laufenden zweijährigen Frist (sondern erst am 29. Juni 2009) erbracht.

Nach dem oben Gesagten ist der Zusicherungsbescheid daher nach Ablauf der Frist von zwei Jahren ex lege außer Kraft getreten.

Da somit der Zusicherungsbescheid seit 1. Mai 2009 nicht mehr dem Rechtsbestand angehörte, geht der mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Widerruf der Zusicherung ins Leere.

Insofern erweist sich das Beschwerdevorbringen, wonach die belangte Behörde nicht nach § 20 Abs. 2 StbG hätte vorgehen dürfen, fallbezogen zwar im Ergebnis als zutreffend, der Beschwerdeführer konnte durch den "Widerruf" eines nicht (mehr) dem Rechtsbestand angehörenden Zusicherungsbescheides allerdings nicht in seinen Rechten verletzt werden.

4. Die Abweisung des Verleihungsansuchens erfolgte aufgrund des (zwischenzeitig eingetretenen) Verleihungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG zu Recht.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 20. März 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte