Normen
AuslBG §28 Abs1;
AVG §68 Abs1 impl;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
EMRK Art8 Abs2;
AuslBG §28 Abs1;
AVG §68 Abs1 impl;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 21. September 1999 illegal nach Österreich ein und stellte in der Folge einen Asylantrag, der mit erstinstanzlichem Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Jänner 2000 rechtskräftig abgewiesen wurde. Am 9. August 2000 stellte er einen weiteren Asylantrag, zog allerdings die (gegen die negative erstinstanzliche Entscheidung erhobene) Berufung am 19. März 2002 zurück, nachdem er am 5. März 2002 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hatte.
Im Hinblick auf diese Ehe erhielt der Beschwerdeführer eine Erstniederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher", gültig bis zum 17. Oktober 2003. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt, rechtskräftig seit 16. März 2004, wurde die Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 des Ehegesetzes für nichtig erklärt. Es wurden allerdings (vorerst) keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet, sondern dem Beschwerdeführer weitere Aufenthaltstitel erteilt, zuletzt eine "Niederlassungsbewilligung - beschränkt", gültig bis zum 21. Dezember 2006.
Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. Juli 2009 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass beim Arbeitsmarktservice Wien für den Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung als Friseurhilfskraft beantragt, dieser Antrag jedoch mit Bescheid vom 1. Dezember 2006 abgelehnt worden sei. In der Folge sei der Beschwerdeführer am 13. Juli 2007 im Zuge einer Kontrolle des zuständigen Finanzamtes Wien in einem näher bezeichneten Friseurgeschäft dabei betreten worden, wie er - laut Anzeige - "einen Kunden bedient, also eine Friseurtätigkeit ausgeübt" habe. Weiters verwies die belangte Behörde auf den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (vom 26. Februar 2009), mit dem das zur Vertretung der G KEG (die dieses Friseurgeschäft betrieben habe und bei der der Beschwerdeführer Kommanditist gewesen sei) nach außen berufene Organ wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z 1 iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) bestraft worden sei, weil die G KEG (u.a.) den Beschwerdeführer ohne eine gültige Beschäftigungsbewilligung als Friseur beschäftigt habe.
Ausgehend davon erachtete die belangte Behörde den Umstand, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Kontrolle am 13. Juli 2007 eine Tätigkeit ausgeübt habe, die er nach den Bestimmungen des AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, als erwiesen. Der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG sei somit eindeutig erfüllt. Das zugrunde liegende Fehlverhalten lasse auch die Annahme (iSd § 60 Abs. 1 FPG) als gerechtfertigt erscheinen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde und dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung der "Schwarzarbeit" zuwiderlaufe. Dabei nahm die belangte Behörde auch darauf Bedacht, dass der Beschwerdeführer ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis als Friseur(Hilfskraft) bereits zuvor (durch Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung beim Arbeitsmarktservice) angestrebt, aber legal nicht erreicht habe.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG verwies die belangte Behörde auf den langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer habe zeitweise über Aufenthaltstitel verfügt, aktuell sei sein Antrag auf Verlängerung der "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" noch anhängig. Familiäre Bindungen in Österreich seien nicht geltend gemacht worden. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe ein Kind, seine Angehörigen würden aber in der Türkei leben. Die belangte Behörde nahm zwar einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben an, dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung der "Schwarzarbeit") dringend geboten. Ergänzend verwies die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf mehrere (in den Jahren 2003 und 2004 erfolgte) rechtskräftige Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Verwaltungsübertretungen (nach dem Führerscheingesetz und der Gewerbeordnung). Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration sei dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt zunächst auf zwei Asylanträgen beruht habe, wobei der erste Antrag abgewiesen und der zweite zurückgezogen worden sei. Im Anschluss daran habe er sich seinen weiteren Aufenthalt in Österreich durch eine - in der Folge für nichtig erklärte - "Scheinehe" mit einer österreichischen Staatsbürgerin erschlichen. Seit dem 1. November 2007 scheine für den Beschwerdeführer laut Sozialversicherungsdatenauszug eine Meldung als gewerblich selbständig Erwerbstätiger auf, von einer nachhaltigen Integration in den heimischen Arbeitsmarkt könne keine Rede sein. Bei Abwägung der gegenläufigen Interessen kam die belangte Behörde zur Auffassung, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wiegen würden als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fern bleibe. Von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes könne - so die belangte Behörde weiter - auch nicht im Rahmen des Ermessens Abstand genommen werden. Schließlich erachtete sie noch die vorgesehene Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes mit näherer Begründung als gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Juli 2009 geltende Fassung.
Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 hat gemäß § 60 Abs. 2 Z 8 FPG zu gelten, wenn ein Fremder (u.a.) von einem Organ der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen.
Hinsichtlich der Betretung des Beschwerdeführers bei einer unerlaubten Tätigkeit am 13. Juli 2007 wird in der Beschwerde lediglich darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (mit dem das zur Vertretung der G KEG nach außen berufene Organ wegen Übertretung des AuslBG bestraft wurde) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei. Auf den Ausgang dieses Verfahrens kommt es mangels Präjudizialität nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 12. Oktober 2010, Zl. 2009/21/0111, mwN). Sonst wird der auch auf den Wahrnehmungen der Kontrollorgane vom 13. Juli 2007 beruhenden Annahme der belangten Behörde, eine unerlaubte Beschäftigung nach dem AuslBG sei erwiesen, in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde dementsprechend den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG als erfüllt ansah. Ergänzend ist anzumerken, dass die Beschwerde gegen den besagten, im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien mittlerweile mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0075, als unbegründet abgewiesen worden ist.
Der Beschwerdeführer vertritt aber die Auffassung, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sei im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt, dass die Beschäftigung vor zwei Jahren erfolgt sei und lediglich einen Tag angedauert habe. Auch sei er nunmehr (nachdem die G KEG im ersten Halbjahr 2008 gelöscht worden sei) Alleineigentümer der B A GmbH und gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG berechtigt, "für die Gesellschaft erwerbstätig zu sein". Aus diesen Gründen sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht ersichtlich. Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, das Fehlverhalten des Beschwerdeführers lasse die Annahme gerechtfertigt erscheinen, sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung. In diesem Zusammenhang durfte sie insbesondere auch berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer vor der Betretung bei der unerlaubten Beschäftigung erfolglos versucht hat, eine Beschäftigungsbewilligung als Friseurhilfskraft zu erlangen, und er sich von der Ablehnung dieses Antrags nicht davon hat abhalten lassen, eben diese Tätigkeit danach - illegal - auszuüben. An der deshalb gerechtfertigten Gefährdungsprognose der belangten Behörde vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Beschäftigung habe lediglich einen Tag gedauert, nichts zu ändern, zumal damit nicht dargetan wird, dass die Tätigkeit (hätte die Kontrolle nicht stattgefunden) nicht auf längere Zeit angelegt gewesen wäre. Im Übrigen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im bereits erwähnte Erkenntnis Zl. 2009/09/0075 verwiesen, wonach der Unabhängige Verwaltungssenat Wien "unter Heranziehung der Angaben" des Beschwerdeführers (bei seiner Befragung als Zeuge) von einer "fallweisen" Tätigkeit durch ihn ausging. Der Beschwerdeführer führt weiters ins Treffen, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass auch eine kurzfristige Tätigkeit für die KEG (an der er mehrheitlich beteiligt war) eine Übertretung des AuslBG darstellen würde. Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es auf die subjektive Sicht des Beschwerdeführers nicht ankommt, weil von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Fremden verlangt werden muss, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Aber auch mit dem Verweis auf die nunmehr gegründete B A GmbH zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde zutreffend bejahten Gefährdungsannahme nicht auf. Vor allem ist dem zu erwidern, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren kein dahingehendes Vorbringen erstattet, sondern lediglich - ohne weitere Ausführungen - im Dezember 2008 eine Liste der in seinem Unternehmen (der B A GmbH) beschäftigten Dienstnehmer vorgelegt hat. Darüber hinaus bietet der bloße Umstand der Gründung einer GmbH für sich genommen aber auch keine ausreichende Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer nicht neuerlich in Österreich unerlaubt einer Erwerbstätigkeit, die dem AuslBG unterliegt, nachgehen könnte (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2003/18/0168). Vor diesem Hintergrund ist es aber ungeachtet der seit der Betretung vergangenen Zeit von knapp zwei Jahren nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde eine Gefährdung iSd § 60 Abs. 1 FPG als gegeben erachtete.
Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die von der belangten Behörde nach § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung. Diesbezüglich verweist er insbesondere auf seinen ca. zehnjährigen Aufenthalt im Inland, der - "abgesehen von kurzen Unterbrechungen" - rechtmäßig gewesen sei. Weiters verfüge er über hervorragende Deutschkenntnisse und über intensive berufliche Bindungen, zumal er "langjährig selbständig erwerbstätig" sei.
Die belangte Behörde hat den langjährigen Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers ihrer Interessenabwägung zugrunde gelegt und ausgehend davon einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben angenommen. Zu Recht hat sie aber auch in Anschlag gebracht, dass der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen im Bundesgebiet geltend gemacht hat und seine Kernfamilie (seine Ehefrau und sein Kind) in der Türkei leben. Die aus der Aufenthaltsdauer abzuleitende Integration des Beschwerdeführers konnte nicht nur dadurch in ihrem Gewicht als gemindert angesehen werden, dass sein Aufenthalt zunächst auf zwei (offenbar unberechtigten) Asylanträgen beruhte, sondern vor allem auch dadurch, dass er in weiterer Folge eine so genannte Aufenthaltsehe einging und unter Berufung darauf einen Aufenthaltstitel erhielt. Soweit der Beschwerdeführer seinen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich und seine umfassende soziale Integration ins Treffen führt, fehlt es diesem Vorbringen an einer näheren Substantiierung. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet hat die belangte Behörde zu Recht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der "Schwarzarbeit" gegenübergestellt. Entgegen der Beschwerdeansicht ist es auch nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers ergänzend auch auf die von ihm begangenen Verwaltungsübertretungen Bedacht nahm.
Auch wenn der Beschwerde zuzugestehen ist, dass die Auseinandersetzung der belangten Behörde mit seinen Deutschkenntnissen bzw. seiner beruflichen Situation unterblieben ist bzw. eingehender hätte erfolgen können, führt dies nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, zumal die diesbezüglich geltenden gemachten Aspekte einer Integration fallbezogen nicht zu einer entscheidungserheblichen Verstärkung seiner Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet führen können. Es ist im Ergebnis letztlich nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die - lediglich sein Privat- und nicht auch sein Familienleben betreffenden - Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf den Beschwerdeführer nicht als schwerer wiegend ansah als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentlich Interesse an der Erlassung der gegenständlichen aufenthaltsbeendenden Maßnahme.
Die in der Beschwerde ins Treffen geführten Umstände hätten die belangte Behörde schließlich auch nicht dazu veranlassen müssen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens abzusehen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 31. Jänner 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)