VwGH 2009/09/0075

VwGH2009/09/007512.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1/9, gegen den am 26. Februar 2009 verkündeten und am 22. April 2009 schriftlich ausgefertigten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, Zl. UVS-07/A/40/5791/2008- 29, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G-KEG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W am 13. Juli 2007 um 13.30 Uhr in W die türkischen Staatsangehörigen BA und MS als Friseur (beide Ausländer seien bei Friseurtätigkeiten betreten worden) beschäftigt habe, obwohl für diese keine der näher genannten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden über ihn zwei Geldstrafen und zwar hinsichtlich BA von EUR 6.300,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen und 18 Stunden) und hinsichtlich MS von EUR 3.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stützte sich die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Wiedergabe der Angaben der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen auf folgende Feststellungen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der (Beschwerdeführer) war zur Tatzeit unbeschränkt haftender Gesellschafter und damit zur Vertretung nach außen Berufener der G-KEG (künftig als KEG bezeichnet) mit Sitz in W. Herr BA war zur Tatzeit Kommanditist der KEG. Herr BA ist türkischer Staatsangehöriger und ist im Jahr 1999 als Asylwerber nach Österreich eingereist. Herrn BA wurde kein Asyl gewährt und war er zur Tatzeit nicht mit einer EWR-Bürgerin verheiratet. Herr BA hielt sich wiederholt (cirka zwei bis drei mal pro Woche) im Geschäftslokal der KEG in W, …, auf. Am Tattag (dem 13.7.2007) war Herr BA in diesem Geschäftslokal und entfernte in dem Moment, in dem die Kontrollorgane das Lokal betraten, bei einem Kunden mit einer Bürste die abgeschnittenen Haare. Üblichweise hat sich Herr BA im Geschäft mit den Kunden unterhalten und hat fallweise Haare weggekehrt. Ein Feststellungsbescheid des AMS nach § 2 Absatz 4 zweiter Satz AuslBG lag bezüglich Herrn BA zur Tatzeit nicht vor und war ein solcher auch nicht beantragt worden. Herr MS war zur Tatzeit türkischer Staatsangehöriger und war am 13.7.2007 nicht mit einer EWR-Bürgerin verheiratet. Ein Arbeitstitel lag weder für Herrn BA noch für Herrn MS vor. Letztgenannter war allerdings seitens der KEG zur Sozialversicherung angemeldet."

Diese Feststellungen würden - so die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung - auf der unbedenklichen Aktenlage und den Aussagen des Beschwerdeführers sowie der in der Berufungsverhandlung befragten Zeugen gründen. BA habe bei seiner zeugenschaftlichen Befragung angegeben, ein penibler Mensch zu sein und daher bei Bedarf im Friseurgeschäft am Boden liegende Haare weggekehrt zu haben. Er habe auch eingeräumt, zum Kontrollzeitpunkt bei einem Kunden die bereits geschnittenen Haare abgebürstet zu haben. Dies sei auch vom Zeugen MS bestätigt worden. Nach der Aktenlage und nach der Aussage von BA sei für ihn kein Feststellungsbescheid nach § 2 Absatz 2 (gemeint wohl: 4) AuslBG beantragt (und daher ein solcher Bescheid auch nicht erlassen) worden.

Zur rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde nach Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Beschäftigung von BA (die unrechtmäßige Beschäftigung von MS wurde in der Berufung zugestanden) zunächst Folgendes aus:

"Herr BA unterliegt als türkischer Staatsangehöriger dem AuslBG. Keiner der Ausnahmetatbestände des § 1 leg. cit trifft auf ihn zu. Da Herr BA als Asylwerber nach Österreich eingereist ist und daher kein bewilligter Zuzug nach Österreich vorlag, ist das Assoziationsabkommen der Europäischen Gemeinschaft mit der Türkei (und somit auch der Beschluss 1/80 des Assoziationsausschusses) nicht anwendbar. Mangels europarechtlicher Komponente ist § 2 Absatz 4 zweiter Satz AuslBG einschlägig. Diese Bestimmung stellt eine gesetzliche Vermutung dahin-gehend auf, dass eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG auch dann vorliegt, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Beschäftiger des Herrn BA war die G-KEG, also eine Personengesellschaft. Herr BA erbrachte in einem Geschäftslokal dieser Gesellschaft für diese Arbeitsleistungen (Wegkehren von am Boden liegenden Haaren, Abbürsten von Kunden), die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis (Friseurhilfskraft) erbracht werden. Die Kriterien der Regelvermutung sind erfüllt. Es ist daher von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des AuslBG auszugehen.

Diese gesetzliche Vermutung kann nur durch einen Bescheid des AMS widerlegt werden, in dem festgestellt wird, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter (hier: Herrn BA) tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen (vgl § 2 Absatz 4 AuslBG). Ein solcher Feststellungsbescheid lag zur Tatzeit nicht vor und war auch nicht beantragt worden."

Unter Zugrundelegung dessen erachtete die belangte Behörde die inkriminierten Tatbestände sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Nach § 2 Abs. 4 AuslBG liegt eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere auch dann vor, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes (Z. 1) oder ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25% (Z. 2) Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag binnen drei Monaten fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen.

2. Soweit der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbringt, dass BA im Zeitpunkt der Kontrolle lediglich kurzfristig ausgeholfen und keinesfalls vor oder nach der Betretung Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbracht habe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, wendet er sich erkennbar gegen die Beweiswürdigung und die daraus resultierenden Feststellungen der belangten Behörde zu den Tätigkeiten von BA.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Allein mit den erwähnten Beschwerdebehauptungen kann die Schlüssigkeit der Erwägungen der belangten Behörde, welche unter Heranziehung der Angaben von BA, wonach dieser "bei Bedarf im Friseurgeschäft am Boden liegende Haare weggekehrt habe", zum Ergebnis kommt, dass er fallweise (und somit nicht nur zum Zeitpunkt der Betretung sondern wiederholt) diese (Hilfs)Tätigkeiten eines Friseurs verrichtet habe, nicht erschüttert werden.

Dasselbe gilt für die nachvollziehbare Argumentation der belangten Behörde zur Negativfeststellung bezüglich einer Antragstellung hinsichtlich bzw. Vorliegen eines Feststellungsbescheides nach § 2 Absatz 4 zweiter Satz AuslBG:

Wenn der Beschwerdeführer dagegen lediglich (erstmals) vorbringt, (selbst) einen solchen Antrag gestellt zu haben, so handelt es sich um eine unzulässige Neuerung, womit auch die dazu von ihm gerügte Unterlassung seiner Einvernahme durch die belangte Behörde keinen zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel darstellen kann.

Bei der gegebenen Sachlage begegnet es somit insgesamt keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde auch im Fall von BA das Vorliegen einer Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 AuslBG bejaht und im Weiteren die inkriminierten Verwaltungsübertretungen als erfüllt gesehen hat.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 12. Juli 2011

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