Normen
BWG 1993 §40 Abs1 Z1;
BWG 1993 §40 Abs2a Z3;
BWG 1993 §40 Abs2a;
BWG 1993 §98 Abs1;
PaßG 1992 §10a idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §15;
BWG 1993 §40 Abs1 Z1;
BWG 1993 §40 Abs2a Z3;
BWG 1993 §40 Abs2a;
BWG 1993 §98 Abs1;
PaßG 1992 §10a idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §15;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beide Beschwerdeführer sind Geschäftsleiter einer Bank, welche ein gemäß § 4 Bankwesengesetz (BWG) konzessioniertes Kreditinstitut ist. Bei diesem eröffnete der Kunde W. am 22. Mai 1998 ein Konto; er wurde zu diesem Zeitpunkt vom Erstbeschwerdeführer als Sachbearbeiter betreut. Der Kunde wies damals einen bis 2. Dezember 2001 gültigen Reisepass vor, von dem eine Kopie angefertigt wurde.
Am 16. Jänner 2009 beantragte der Kunde W. bei derselben Bank für sein in Deutschland gegründetes Einzelunternehmen ein weiteres Girokonto und wurde dabei wiederum vom Erstbeschwerdeführer betreut. Der Aufforderung zur Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises konnte er damals nicht nachkommen, weshalb sich der Erstbeschwerdeführer die bereits bei den Unterlagen der Bank befindliche Kopie des Reisepasses ausheben ließ. Dieser Vorgang wiederholte sich am 11. März 2009 anlässlich der Eröffnung eines Wertpapierdepots des Kunden W. für sein Unternehmen. Am 11. August 2009 wurde schließlich vom Kunden W. dem Kreditinstitut ein aktueller amtlicher Lichtbildausweis vorgelegt. Der Erstbeschwerdeführer kennt den Kunden W. seit seinem 10. Lebensjahr persönlich. Beide sind Mitglieder eines bestimmten Vereins.
Das von der Bank verwendete EDV-System führt zu einer Meldung, wenn die erfassten Ablaufdaten der von den Kunden vorgelegten Lichtbildausweise überschritten werden. Für diesen Fall sind die Mitarbeiter der Bank angewiesen, sich von den Kunden einen aktuellen Lichtbildausweis vorlegen zu lassen.
Mit den angefochtenen Bescheiden bestätigte die belangte Behörde die Straferkenntnisse der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) vom 14. März 2011, mit welchen den Beschwerdeführern zur Last gelegt wurde, es als Geschäftsleiter eines gemäß § 1 BWG konzessionierten Kreditinstitutes gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die Bank gegen die Verpflichtung gemäß § 40 Abs. 2a Z 3 BWG Gewähr zu leisten, dass die Dokumente, Daten oder Informationen über den Kunden W. stets aktualisiert werden, dadurch verstoßen habe, dass für die oben genannten Kontoeröffnungen im Jahr 2009 ein nicht mehr gültiger Ausweis zur Identifizierung des Kunden herangezogen worden sei. Die Beschwerdeführer hätten dadurch § 98 Abs. 1 BWG in Verbindung mit § 40 Abs. 2a Z 3 BWG unter Heranziehung von § 9 VStG verletzt, weshalb ihnen gemäß § 21 VStG eine Ermahnung erteilt worden sei.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BWG hätten die Kreditinstitute vor Begründung einer dauernden Geschäftsbeziehung die Identität eines Kunden durch persönliche Vorlage seines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen und zu überprüfen. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob der Kunde eines Kreditinstitutes dem anwesenden Kundenbetreuer oder gar dem Geschäftsleiter persönlich bekannt sei, zumal nicht gewährleistet werden könne, dass der betreffende Kunde stets von diesem Mitarbeiter der Bank betreut werde. Zudem verlange § 40 Abs. 2a Z 3 BWG die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, was in erster Linie dazu diene, die jeweiligen Dokumente, Daten und Informationen über den Kunden stets aktuell zu halten und um allfällig auftretende zusätzliche Risikoindikatoren rechtzeitig zu erkennen. Davon erfasst sei insbesondere die Aktualität der Angaben und Nachweise zur Feststellung der Identität des Kunden. Diese Sorgfaltspflicht des Kreditinstitutes solle der Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen und könne nur durch Vorlage eines gültigen Lichtbildausweises erfüllt werden. Da der Reisepass des Kunden W. bereits im Jahr 2001 abgelaufen sei, wäre das Kreditinstitut jedenfalls gehalten gewesen, sich bei Eröffnung des Girokontos und des Wertpapierdepots im Jahr 2009 aktualisierte Dokumente vorlegen zu lassen. Hinzu komme, dass das Schriftbild der Signatur des Kunden in den genannten Eröffnungsanträgen nicht mehr jenem seiner Unterschrift im Reisepass entsprochen habe, sodass für das Kreditinstitut eine Identifizierungspflicht des Kunden in Form der Vorlage eines aktuellen Lichtbildausweises bestanden habe. Da der Erstbeschwerdeführer den Kunden W. anlässlich der Eröffnung des Girokontos und des Wertpapierdepots zur Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises aufgefordert habe, werde offenbar, dass ihm die Pflicht zur (neuerlichen) Dokumentation der Identität des Kunden nach § 40 BWG bewusst gewesen sei. Beiden Beschwerdeführern komme der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, erschwerende Umstände seien nicht hervorgekommen. Da die Beschwerdeführer bislang keine Schuldeinsicht gezeigt hätten, sei der Ausspruch einer Ermahnung notwendig gewesen, um sie künftig von Verwaltungsstraftaten gleicher Art wirksam abzuhalten.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und den Antrag gestellt, die Beschwerde unter Zuspruch der Kosten für den Vorlageaufwand als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 40 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2a BWG (in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2007) lauten:
"Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung
§ 40. (1) Die Kredit- und Finanzinstitute haben die Identität eines Kunden festzustellen und zu überprüfen:
1. vor Begründung einer dauernden Geschäftsbeziehung;
Spareinlagengeschäfte nach § 31 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes und Geschäfte nach § 12 Depotgesetz gelten stets als dauernde Geschäftsbeziehung;
…
Die Identität eines Kunden ist durch persönliche Vorlage seines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen. Als amtlicher Lichtbildausweis in diesem Sinn gelten von einer staatlichen Behörde ausgestellte Dokumente, die mit einem nicht austauschbaren erkennbaren Kopfbild der betreffenden Person versehen sind, und den Namen, das Geburtsdatum und die Unterschrift der Person sowie die ausstellende Behörde enthalten; bei Reisedokumenten von Fremden muss das vollständige Geburtsdatum dann nicht im Reisedokument enthalten sein, wenn dies dem Recht des ausstellenden Staates entspricht. Bei juristischen Personen und bei nicht eigenberechtigten natürlichen Personen ist die Identität der vertretungsbefugten natürlichen Person durch Vorlage ihres amtlichen Lichtbildausweises festzustellen und die Vertretungsbefugnis anhand geeigneter Bescheinigungen zu überprüfen. Die Feststellung der Identität der juristischen Person hat anhand von beweiskräftigen Urkunden zu erfolgen, die gemäß dem am Sitz der juristischen Personen landesüblichen Rechtsstandard verfügbar sind. Von den vorstehenden Bestimmungen darf nur in den Fällen gemäß Abs. 8 und § 40a abgewichen werden. Von den Kriterien des amtlichen Lichtbildausweises können einzelne Kriterien entfallen, wenn auf Grund des technischen Fortschritts andere gleichwertige Kriterien eingeführt werden, wie beispielsweise biometrische Daten, die den entfallenen Kriterien in ihrer Legitimationswirkung zumindest gleichwertig sind. Das Kriterium der Ausstellung durch eine staatliche Behörde muss jedoch immer gegeben sein.
…
(2a) Kredit- und Finanzinstitute haben weiters
1. den Kunden aufzufordern die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers des Kunden bekannt zu geben und dieser hat dieser Aufforderung zu entsprechen sowie haben sie risikobasierte und angemessene Maßnahmen zur Überprüfung von dessen Identität zu ergreifen, sodass sie davon überzeugt sind zu wissen, wer der wirtschaftliche Eigentümer ist; im Falle von juristischen Personen oder von Trusts schließt dies risikobasierte und angemessene Maßnahmen ein, um die Eigentums- und die Kontrollstruktur des Kunden zu verstehen,
2. risikobasierte und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Informationen über Zweck und Art der angestrebten Geschäftsbeziehung einzuholen,
3. risikobasierte und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um eine kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich einer Überprüfung der im Verlauf der Geschäftsbeziehung abgewickelten Transaktionen, durchzuführen, um sicherzustellen, dass diese mit den Kenntnissen der Institute über den Kunden, seine Geschäftstätigkeit und sein Risikoprofil, einschließlich erforderlichenfalls der Herkunft der Geld- oder Finanzmittel, kohärent sind, und Gewähr zu leisten, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen stets aktualisiert werden."
§ 2 Abs. 1 erster Satz Passgesetz 1992 (PassG) in der Stammfassung lautet:
"Ausreise und Einreise
§ 2. (1) Österreichische Staatsbürger (Staatsbürger) bedürfen zur Ausreise aus dem Bundesgebiet und zur Einreise in dieses eines gültigen Reisedokumentes (Reisepaß oder Paßersatz), soweit nicht etwas anderes durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird oder internationalen Gepflogenheiten entspricht."
§ 10a PassG in der Fassung BGBl. I Nr. 44/2006 lautet:
"Vorlage- und Meldepflicht
§ 10a. (1) Mit Ausstellung eines Reisepasses ist, sofern nicht § 10 Anwendung findet, ein früher ausgestellter im Besitz des Paßinhabers befindlicher Reisepaß derselben Art, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, der nunmehrigen Ausstellungsbehörde zur Entwertung vorzulegen.
(2) Gelangt ein verlorener oder entfremdeter Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, wieder in den Besitz des Passinhabers, so hat er dies der Behörde unverzüglich zu melden; wurde ihm bereits ein neuer Reisepass ausgestellt, hat er anlässlich dieser Mitteilung den wieder in seinen Besitz gelangten Reisepass der Behörde zur Entwertung vorzulegen."
§ 15 Abs. 1 und 2 PassG in der Fassung BGBl. I Nr. 6/2009
lauten:
"Paßentziehung
§ 15. (1) Ein Reisepaß, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, ist zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
(2) Ein Reisepaß ist ferner zu entziehen, wenn
1. anläßlich einer paßbehördlichen Amtshandlung festgestellt wird, daß der Reisepaß nicht mehr die Identität des Paßinhabers wiedergibt, sofern es sich nicht um einen zeitlich nach der Passausstellung entstandenen Verlust von Gliedmaßen handelt,
2. eine Eintragung der Paßbehörde unrichtig oder unkenntlich ist,
3. das Lichtbild fehlt oder den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen läßt, oder
4. der Reisepaß verfälscht, nicht mehr vollständig (§ 3 Abs. 2) oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar ist."
§ 40 Abs. 1 BWG verlangte in der Stammfassung bei Anknüpfung einer dauernden Geschäftsbeziehung von den Kredit- und Finanzinstituten, die Identität eines Kunden festzuhalten. Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1130 BlgNr 18. GP, 142) begründeten dies damit, dass für spätere amtliche Nachforschungen wegen Geldwäscherei eine eindeutige Zuordenbarkeit von Transaktionen über Kreditinstitute zu den handelnden Personen erforderlich sei und hiezu schon beim ersten Kontakt anhand eines amtlichen Dokuments (Lichtbildausweis) die Nämlichkeit des Kunden festzustellen sei und dies unter Vermerk der Daten dieses Dokuments vom Kreditinstitut festzuhalten sei.
Mit BGBl. I Nr. 35/2003 wurde diese Bestimmung dahingehend präzisiert, dass die Identität des Kunden durch persönliche Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen sei. Die Materialien (32 BlgNR 22. GP, 3) begründen die Änderung mit den Anforderungen von Art. 3 Abs. 1 Geldwäscherichtlinie 91/308/EWG, der in der Fassung der Richtlinie 2001/97/EG ein beweiskräftiges Dokument verlange. Zwecks sicherer Identitätsfeststellung und Klarheit für die Anwender würden nun die erforderlichen Kriterien des Ausweisdokuments gesetzlich festgelegt. Jedenfalls zur Identifizierung geeignet sei etwa ein Reisepass. Nach Art. 4 der Geldwäscherichtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die dieser Richtlinie unterliegenden Institute und Personen für die etwaige Verwendung als Beweis bei Verfahren wegen Geldwäsche von den zur Feststellung der Identität verlangten Dokumenten eine Kopie oder Referenzangaben nach Beendigung der Beziehungen mit dem Kunden noch mindestens fünf Jahre aufbewahren.
Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (2002), sieht die in Art. 3 der Geldwäscherichtlinie normierte Pflicht zur Feststellung der Identität uneingeschränkt, also auch dann, wenn der Kunde bereits persönlich bekannt ist, um für später mögliche strafrechtliche Ermittlungen beweisfähige Unterlagen zur Verfügung zu haben. Dies könne durch Erstellung einer Kopie des Ausweises erfolgen oder durch Aufnahme der Identitätsmerkmale (Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnanschrift) sowie Art, amtliche Nummer und ausstellende Behörde des beweiskräftigen Dokuments (Rz 12 zu Art. 3 Geldwäscherichtlinie). Die Frage der Beweiskraft sei jedoch grundsätzlich nach nationalem Recht zu beurteilen. Nach dem Zweck der Richtlinie sei es erforderlich, dass es sich um ein amtliches Dokument handle, welches ein Foto enthalte (Rz 13 aaO). Außer bei - hier nicht relevanten - einzelnen größeren Transaktionen genüge ein einmaliges Identifizierungsverlangen des Kreditinstituts (Rz 16 aaO).
Kreisl (Die Identifikation des Kunden nach der BWG-Novelle 2003/35, ecolex 2003, 950) und Schopper (Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Neue Sorgfaltspflichten nach § 40 BWG, RdW 2003, 421) sehen auf Grund der geänderten Rechtslage das Festhalten der Identität des Kunden auf Grund der persönlichen Kenntnis über seine Person als nicht mehr ausreichend an und beurteilen die vom österreichischen Gesetzgeber verlangten Mittel zur Feststellung der Identität des Kunden als über das Regelungsziel der Richtlinie 2001/97/EG hinausgehend.
Der mit BGBl. I Nr. 108/2007 neu eingefügte Abs. 2a des § 40 BWG schreibt Kreditinstituten in Z 3 unter anderem vor, Gewähr zu leisten, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen stets aktualisiert werden. Nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (286 BlgNR 23. GP, 5) solle mit dem neu eingefügten Abs. 2a Art. 8 Abs. 1 lit. b, c und d der Richtlinie 2005/60/EG umgesetzt werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Kredit- und Finanzinstitute die Gelegenheit eines persönlichen Kontakts mit dem Kunden zur Aktualisierung ihrer Kenntnisse über den Kunden, seine Geschäftstätigkeit und sein Risikoprofil nützen sollten. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. d der genannten RL umfassen die Sorgfaltspflichten der Institute gegenüber Kunden sowohl die Durchführung einer kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich einer Überprüfung der im Verlauf der Geschäftsbeziehung abgewickelten Transaktionen, um sicherzustellen, dass diese mit den Kenntnissen des Instituts über den Kunden, seine Geschäftstätigkeit und sein Risikoprofil, einschließlich erforderlichenfalls der Quelle der Mittel, kohärent sind, als auch die Gewährleistung, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen stets aktualisiert werden.
Nach Bozkurt/Grubhofer (Kredit- und Finanzinstitute, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, ÖBA 2006, 242) und N. Raschauer/Wessely (Unternehmenspflichten zur präventiven Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität am Beispiel des Bankenrechts, ZFR 2007, 70) sind durch die Neuregelung des § 40 Abs. 2a Z 3 BWG die Dokumente, Daten oder Informationen zwecks Identitätsfeststellung des Kunden laufend zu aktualisieren. Auch Blume in Dellinger, Bankwesengesetz, Rz 108 zu § 40 BWG zählt zu den zur Überwachung einer Geschäftsbeziehung gemäß § 40 Abs. 2a Z 3 BWG gehörenden Gesichtspunkten unter anderem die Aktualität der Angaben und Nachweise, insbesondere jener zur Feststellung der Identität des Kunden.
Nach dem Rundschreiben der FMA vom 3. Juli 2008 (in der Fassung der letzten Änderung am 11. November 2010 zur Feststellung und Überprüfung der Identität, Rz 31) können Reisepässe und Personalausweise, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, ausnahmsweise zur Identifizierung herangezogen werden, wenn sie unbedenklich sind.
Zur Beurteilung der Frage, ob bei Eröffnung des zweiten Girokontos und des Wertpapierdepots des Kunden W. vom Kreditinstitut die Sorgfaltspflichten nach § 40 Abs. 2a Z 3 BWG, nämlich Gewähr zu leisten, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen stets aktualisiert werden, eingehalten wurden, ist das Verhalten des Erstbeschwerdeführers und dessen Zurückgreifen auf die schon vorhandene Kopie des früher verwendeten Reisepasses auch im Licht des PassG zu sehen. Nach dessen § 2 Abs. 1 bedürfen Österreicher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet und zur Einreise in dieses eines gültigen Reisedokumentes wie etwa eines Reisepasses. Dieser wird gemäß § 11 Abs. 1 PassG mit einer Gültigkeitsdauer von zehn Jahren ausgestellt, in welchem Zeitraum dieses Dokument daher jedenfalls die genannte Berechtigung des Inhabers nachweisen kann. Die in § 10a PassG normierten Vorlage- und Meldepflichten sowie die Passentziehung gemäß § 15 PassG betreffen nur Reisepässe, die nicht länger als fünf Jahre abgelaufen sind. Diesen Regelungen liegt zugrunde, dass nach dem Europarats-Abkommen, BGBl. 175/1958 Reisepässe, die seit weniger als fünf Jahren abgelaufen sind, für bestimmte Staaten weiter verwendet werden können (vgl. Fuchs/Keplinger, Passgesetz2, Anmerkung 12 zu § 2 PassG). Der belangten Behörde kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie zur Beurteilung des Identitätsnachweises durch einen Reisepass lediglich auf die Gültigkeitsdauer des Reisepasses abstellt.
Aus den genannten Bestimmungen des PassG ergibt sich zwar, dass länger als fünf Jahre abgelaufene Reisepässe keine gültigen Reisedokumente mehr darstellen, jedoch wird ihnen damit noch nicht deren Eignung zum Identitätsnachweis genommen. Vielmehr ergibt sich aus dem Umstand, dass länger als fünf Jahre abgelaufene Reisepässe nicht mehr zu entziehen, vorzulegen oder deren Wiedererlangen nach Verlust zu melden sind, dass sie der Inhaber behalten darf, diese Dokumente weiterhin von Bedeutung sein können und damit auch als Identitätsausweis dienen können (vgl. in diesem Sinn auch Fuchs/Keplinger, Anmerkung 4 zu § 15 PassG aaO).
Eine zur Verhinderung der Geldwäsche oder Terrorismusbekämpfung relevante Änderung der Identitätsdaten wurde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt, sodass es zweckmäßig war, den Kunden W. bei Eröffnung der weiteren Konten nach einem amtlichen Lichtbildausweis zu fragen. Die Vorlage eines solchen Dokuments war aber nach den dargelegten Grundsätzen nicht zwingend erforderlich, um die Informationen über die Person des Kunden auf den neuesten Stand zu bringen, weil es solche Änderungen nicht gab. Die Abweichungen im Schriftbild der Signatur des Kunden W. wurden zwar festgestellt, doch zog die belangte Behörde daraus nicht den Schluss, dass es sich daher um eine andere Person handle. Aktuelle Unterschriften des Kunden W. lagen nach den Feststellungen ohnedies auf Grund der neuen Anträge auf Kontoeröffnung vor, sodass diese Schriftbilder für eine allfällige Strafverfolgung wegen Geldwäsche oder Terrorismus zur Verfügung gestanden wären.
Zusammengefasst ergibt sich, dass die Identität des Kunden W. auf Grund des vor Begründung der dauernden Geschäftsbeziehung persönlich vorgelegten amtlichen Lichtbildausweises (Reisepass) feststand und keine Identitätsmerkmale existierten, deren Aktualisierung erforderlich gewesen wäre. Ein Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderung der kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung nach § 40 Abs. 2a Z 3 BWG lag daher nicht vor, sodass der äußere Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht erfüllt wurde. Eine bloße Verletzung der in den angefochtenen Bescheiden festgestellten bankinternen Anweisung an die Mitarbeiter, sich von Kunden nach Überschreiten des Ablaufdatums einen aktuellen Lichtbildausweis vorlegen zu lassen, was - wie oben schon gesagt - zweckmäßig, aber - wie der hier zu beurteilende Einzelfall zeigt - nicht immer erforderlich ist, stellt keinen von den Verwaltungsstrafbehörden zu ahndenden Tatbestand dar.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 9. September 2013
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