Normen
ASVG §35 Abs1;
ASVG §67 Abs1;
ASVG §67 Abs2;
ASVG §67 Abs3;
IO §151;
IO §164 Abs2;
KO §151;
KO §164 Abs2;
UGB §128;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §67 Abs1;
ASVG §67 Abs2;
ASVG §67 Abs3;
IO §151;
IO §164 Abs2;
KO §151;
KO §164 Abs2;
UGB §128;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind unbeschränkt (in der Terminologie des UGB vor Inkrafttreten des Handelsrechts-Änderungsgesetzes 2005 mit 1. Jänner 2007: persönlich) haftende Gesellschafter der S. OG. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 7. Jänner 2004 der Konkurs eröffnet. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse meldete Beitragsforderungen in der Höhe von EUR 18.973,71 an. Nachdem eine zwanzigprozentige Zwangsausgleichsquote angeboten worden war, sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden vom 26. Mai 2004 aus, dass die Beschwerdeführer als persönlich haftende Gesellschafter, die die wirtschaftliche Gefahr und den wirtschaftlichen Nutzen aus den Erträgen der Gesellschaft trügen, der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gemäß § 67 Abs. 3 ASVG jeweils EUR 14.837,34 zuzüglich Verzugszinsen schuldeten. Mit Beschluss des Landesgerichtes L vom 19. Oktober 2004 wurde der Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des am 30. Juni 2004 angenommenen Zwangsausgleichs (mit einer Quote von 20 %) aufgehoben.
Auf Grund der Haftungsbescheide vom 26. Mai 2004 wurde der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit Beschlüssen des Bezirksgerichtes K vom 29. September 2006 die Fahrnisexekution bewilligt. Die Beschwerdeführer erhoben daraufhin Einwendungen im Sinn des § 35 EO und beantragten die Feststellung, dass der Anspruch der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit dem auf Grund des Zwangsausgleichs nachgelassenen Betrag gehemmt und jegliche Exekution auf Grund der Haftungsbescheide vom 26. Mai 2004 unzulässig sei sowie dass die Exekutionsverfahren einzustellen seien.
Da die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse über diese Anträge nicht binnen sechs Monaten entschieden hatte, stellten die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Steiermark. Dieser gab mit Bescheid vom 28. November 2007 im Spruchpunkt I dem Devolutionsantrag statt. In der Sache sprach er im Spruchpunkt II aus, dass den Anträgen nach § 35 EO nicht Folge gegeben werde.
Gegen den Spruchpunkt II dieses Bescheides erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und nach deren Zurückweisung wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges mit Beschluss vom 20. Februar 2008, Zl. 2008/08/0005, und Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Berufung an die belangte Behörde.
Diese gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründend führte sie nach der Darstellung des Sachverhalts und des bisherigen Verfahrensgangs im Wesentlichen aus, dass die Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG keine allgemeine Haftung eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters für Schulden der Gesellschaft erzeuge, sondern einen speziellen Haftungstatbestand bilde. Diese besondere sozialversicherungsrechtliche Haftung gründe sich darauf, dass einer vom Dienstgeber verschiedenen Person Gewinne der Gesellschaft zugefallen seien und dadurch das Vermögen der Gesellschaft vermindert worden sei, oder darauf, dass einer vom Dienstgeber verschiedenen Person der wirtschaftliche Vorteil und der wirtschaftliche Nachteil aus dem Unternehmen endgültig zufalle. Im hier vorliegenden Verfahrensakt fänden sich zwar keine Feststellungen darüber, dass die Beschwerdeführer im Wege der Verteilung des erzielten Gewinnes Mittel entnommen hätten und im selben Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge unberichtigt geblieben wären. Es fänden sich auch keine Feststellungen darüber, dass den Beschwerdeführern der wirtschaftliche Vorteil und der wirtschaftliche Nachteil aus dem Unternehmen endgültig zugefallen wären. Allerdings seien beide Haftungsbescheide unbestritten rechtskräftig. Die Frage, ob einer der beiden Tatbestände des § 67 Abs. 3 ASVG tatsächlich erfüllt gewesen sei, müsse daher dahingestellt bleiben.
Wenn die Behörde einen Gesamtschuldner als unmittelbaren (Abgaben-)Schuldner kraft Gesetzes in Anspruch nehmen könne, bestehe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein eigenständiger Schuldgrund gegenüber dem Gesellschafter. Die in § 164 Abs. 2 KO nur gegenüber den Gesellschaftsgläubigern normierte Erstreckung der Ausgleichswirkungen greife in solchen Fällen nicht. Dies gelte auch im Fall der Beschwerdeführer, die auf Grund der Haftungsbescheide vom 26. Mai 2004 unmittelbar und unabhängig von ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung für die Beitragsschulden hafteten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn als rechtswidrig aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 164 Abs. 2 KO (seit 1. Juli 2010: IO) kommen die Rechtswirkungen des Ausgleichs (Sanierungsplans), soweit in diesem nichts anderes bestimmt ist, einem jeden unbeschränkt haftenden Gesellschafter einer eingetragenen Personengesellschaft gegenüber den Gesellschaftsgläubigern zustatten.
§ 67 Abs. 3 ASVG bestimmt, dass dann, wenn einem anderen als dem Dienstgeber die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes (der Verwaltung, des Haushaltes, der Tätigkeit) oder der erzielte Gewinn vorwiegend zufällt, beide zur ungeteilten Hand für die fällig gewordenen Beiträge haften.
2. § 164 Abs. 2 KO (IO) enthält hinsichtlich der unbeschränkt haftenden Gesellschafter von eingetragenen Personengesellschaften eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 151 KO (IO), dass die Rechte der Konkursgläubiger (Insolvenzgläubiger) gegen Bürgen oder Mitschuldner des (Gemein)schuldners sowie gegen Rückgriffsverpflichtete ohne ausdrückliche Zustimmung der Berechtigten durch den Ausgleich nicht beschränkt werden können. Durch § 164 Abs. 2 KO (IO) wird die Haftung des Gesellschafters einer eingetragenen Personengesellschaft durch Erfüllung des Ausgleichs (Sanierungsplans) der Gesellschaft überhaupt aufgehoben. Die Rechtswirkungen des Gesellschaftsausgleichs (Sanierungsplans) kommen, wenn darin nichts anderes bestimmt ist, einem jeden Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern zustatten. Das bedeutet, dass zunächst der von einem Insolvenzverfahren über sein Privatvermögen nicht betroffene unbeschränkt haftende Gesellschafter die Rechtswirkungen des Gesellschaftsausgleichs (Sanierungsplans) für sich in Anspruch nehmen kann. Wird die Forderung des Gesellschaftsgläubigers durch rechtzeitige Erfüllung der Ausgleichsverbindlichkeit (des Sanierungsplans) getilgt, bleibt dem Gesellschaftsgläubiger keine Möglichkeit, auf § 128 UGB zurückzugreifen und für seinen Forderungsausfall den Gesellschafter heranzuziehen. § 164 Abs. 2 KO nimmt somit den Gläubigern einer eingetragenen Personengesellschaft die Möglichkeit, für ihren Forderungsausfall auf die Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 UGB zu greifen. § 164 Abs. 2 KO (IO) erstreckt somit die Bereinigungswirkung des Ausgleichs (Sanierungsplans) nur auf die Haftung des lediglich auf die Funktion als Gesellschafter abstellenden § 128 UGB (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1999, Zl. 96/08/0385).
3. Von der Haftung nach § 128 UGB ist jedoch die Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG zu unterscheiden. Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass sie keine Haftung jener Personen begründet, für deren Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, weil diese Personen bereits durch § 35 Abs. 1 ASVG und die ergänzenden Bestimmungen des § 67 Abs. 1 und 2 ASVG erfasst werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 2001, Zl. 96/08/0026, und vom 14. September 2005, Zl. 2003/08/0119, VwSlg. 16.706 A). Vielmehr haftet nach den beiden Haftungstatbeständen des § 67 Abs. 3 ASVG zum einen derjenige "Nichtdienstgeber", dem die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes vorwiegend zufällt, zum anderen jener, dem der erzielte Gewinn vorwiegend zufällt. Die erste Alternative soll insbesondere einen Durchgriff durch "Strohmänner" ermöglichen, die zwar formell aus eigenem Recht über das betriebene Unternehmen disponieren, denen aber der wirtschaftliche Vorteil daraus ebenso wenig wie der wirtschaftliche Nachteil endgültig zufällt (vgl. abermals die Erkenntnisse vom 21. Februar 2001 und vom 14. September 2005). Der zweite Haftungstatbestand des § 67 Abs. 3 ASVG stellt hingegen darauf ab, dass der erzielte Gewinn dem "Nichtdienstgeber" vorwiegend zufällt, und knüpft daran dessen Mithaftung für die fällig gewordenen Beiträge. Unter dem Gewinn sind dabei die Überschüsse der Erträge über die Aufwendungen zu verstehen, bei einem Gewerbebetrieb der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben bzw. der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn, jeweils bezogen auf den Haftungszeitraum. Dass nur jener Nichtdienstgeber mithaftet, dem in der Haftungsperiode vorwiegend die Gewinne zugefallen sein müssen, kommt im Wortlaut des § 67 Abs. 3 ASVG dadurch deutlich zum Ausdruck, dass auf das Zufallen der "erzielten" Gewinne und nicht auf eingeräumte Gewinnchancen oder Gewinnmöglichkeiten (zB bei einer überwiegenden Gewinnbeteiligung bei Ausschluss einer Verlustbeteiligung) abgestellt wird. Für die Erfüllung des besonderen Tatbestandsmerkmales des "überwiegenden Zufallens des Gewinns" als Tatbestandsvoraussetzung der Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG (die zu der nach § 128 UGB bestehenden, gerichtlich geltend zu machenden Haftung hinzutritt, diese also nicht etwa zu Lasten der Gebietskrankenkasse einschränkt), reicht es aber nicht aus, dass der dem betreffenden Gesellschafter zukommende Gewinn auf Grund gesellschaftsrechtlicher Regeln seinem Kapitalkonto gutgebracht wurde. Der Zweck der Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG ist es nämlich, denjenigen in eine (vereinfacht mit Bescheid geltend zu machende) besondere sozialversicherungsrechtliche Haftung zu nehmen, der der Gesellschaft als Beitragsschuldner (wenngleich dies auf Grund des Gesellschaftsvertrages berechtigterweise geschehen wäre) im Wege der Verteilung des erzielten Gewinns (durch Buchung auf ein Privatkonto oder auf andere Weise) Mittel entnommen hat, während im selben Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge unberichtigt geblieben sind. Wesentlich ist also, dass bei der Gesellschaft durch das "Zufallen des Gewinns" an einen Gesellschafter auch eine Vermögensverminderung eingetreten ist. Wurde der Gewinn hingegen überwiegend auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters belassen, so stand er der Gesellschaft und in weiterer Folge ihrer Konkursmasse ohnehin zur Verfügung, sodass insoweit eine abweichende Vermögenszuordnung nicht vorgenommen wurde (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 14. September 2005, Zl. 2003/08/0119).
4. Es handelt sich daher bei der Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG um eine solche, die nicht allein auf Grund der Stellung als unbeschränkt haftender Gesellschafter eintritt; sie setzt vielmehr voraus, dass entweder (ausnahmsweise) die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes oder der erzielte Gewinn vorwiegend dem einzelnen Gesellschafter und nicht der Gesellschaft zufällt. Den nach § 67 Abs. 3 ASVG Haftungspflichtigen kommt daher auch nicht die allein für die Haftung auf Grund der Gesellschafterstellung geltende Bereinigungswirkung des Ausgleiches (Sanierungsplans) der Primärschuldnerin zugute (so zur Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1999, Zl. 96/08/0385, mwN).
5. Im Beschwerdefall hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse Haftungsbescheide nach § 67 Abs. 3 ASVG erlassen, die unbekämpft in Rechtskraft erwachsen sind, sodass ihre Rechtmäßigkeit nicht mehr zu prüfen ist. Der Inanspruchnahme eines Gesellschafters auf Grund der ihn nach § 67 Abs. 3 ASVG treffenden Haftung steht aber nach dem oben Gesagten die Annahme und Erfüllung eines Ausgleichs nicht entgegen. Durch den Ausgleich ist daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht die Befreiung von der Verbindlichkeit eingetreten, weshalb die belangte Behörde den gemäß § 35 Abs. 2 EO erhobenen Einwendungen zu Recht nicht stattgegeben hat.
6. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 19. Dezember 2012
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