VwGH 2010/09/0225

VwGH2010/09/02254.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerden des 1. Dipl.-Ing. WP, 2. Ing. HP,

3. Ing. GW, alle in L, alle vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner-Straße 11, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, alle vom 5. Oktober 2010, 1.) Zl. VwSen- 252511/8/Py/Hue/Hu, 2.) Zl. VwSen-252517/5/Kü/Hue/Ba,

3.) Zl. VwSen-252518/5/Kü/Hue/Ba, betreffend Bestrafungen wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28a Abs3 idF 2006/I/099;
AuslBG §28a Abs4 idF 2006/I/099;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs3;
VStG §9 Abs4;
VwRallg;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28a Abs3 idF 2006/I/099;
AuslBG §28a Abs4 idF 2006/I/099;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs3;
VStG §9 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat jedem der Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.236,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangen erstangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 2010/09/0225) wurde der Erstbeschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Bauleiter und gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragter für den räumlichen Zuständigkeitsbereich Baustelle X. der H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG, mit Sitz in L.

verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von dieser als Arbeitgeberin von 5. Mai 2009 bis zumindest 3. Juni 2009 der näher bezeichnete türkische Staatsbürger A.M. als Arbeiter - am 3. Juni 2009 mit der Verlegung von Eisen auf der Baustelle X. in L. gegen Entgelt - EUR 1.500,-- monatlich - beschäftigt worden sei, obwohl für ihn keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen seien. Der Erstbeschwerdeführer habe der Bestellung als verantwortlich Beauftragter am 23. April 2009 zugestimmt und sei für die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes auf der oa. Baustelle zuständig gewesen.

Mit den im Instanzenzug ergangenen zweit- und drittangefochtenen Bescheiden (hg. Zlen. 2010/09/0226, 2010/09/0227) wurden der Zweit- sowie der Drittbeschwerdeführer für schuldig erkannt, sie hätten als handelsrechtliche Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Personen der H. Geschäftsführungs GmbH, mit Sitz in L., die unbeschränkt haftender Gesellschafterin der H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG, mit Sitz in L. sei, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von der H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG als Arbeitgeber von 25. April 2009 bis 4. Mai 2009 dieser türkische Staatsbürger - am 3. Juni 2009 mit der Verlegung von Eisen auf einer näher bezeichneten Baustelle in L. gegen Entgelt von EUR 1.500,-- monatlich - beschäftigt worden sei, obwohl für ihn keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen seien.

Die belangte Behörde folgerte, dass die drei Beschwerdeführer § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz verletzt hätten. Über die Beschwerdeführer wurde jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,-- (im Nichteinbringungsfall jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden) verhängt.

In der Begründung ihrer Bescheide führte die belangte Behörde aus, dass es fest stehe und unbestritten sei, dass der türkische Staatsbürger A.M. in der Zeit vom 25. April 2009 bis 3. Juni 2009 von der Firma H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG beschäftigt worden sei, obwohl dessen Beschäftigungsbewilligung am 24. April 2009 abgelaufen sei.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer mit Wirkung vom 5. Mai 2009 rechtswirksam als verantwortlicher Beauftragter im Sinne der Bestimmung des § 28a Abs. 3 AuslBG für die H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG bestellt worden sei und ab diesem Zeitpunkt für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG auf der Baustelle X. und für die Beschäftigung des Ausländers A.M. verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gewesen sei. Am 5. Mai 2009 sei nämlich das Schreiben des Unternehmens vom 23. April 2009, mit welchem der Erstbeschwerdeführer zum verantwortlichen Beauftragten für diese Baustelle bestellt worden sei, bei der zuständigen Abgabenbehörde eingelangt.

Der Zweit- sowie der Drittbeschwerdeführer seien als handelsrechtliche Geschäftsführer des gegenständlichen Unternehmens ab der unternehmensinternen Abbestellung des Peter L. am 23. April 2009 bis einschließlich 4. Mai 2009 die zur Vertretung nach außen berufenen und somit im Sinne des § 9 VStG verantwortlichen Organe gewesen.

Dass die Beschwerdeführer an den jeweiligen Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe, hätten diese - so die belangte Behörde - nicht glaubhaft machen können. Unter Zugrundelegung der bei den Beschwerdeführern jeweils vorliegenden Milderungsgründe (Unbescholtenheit, die Anmeldung des Ausländers beim Sozialversicherungsträger, Tatsachengeständnis) und dem Fehlen von Erschwernisgründen hätten die Mindeststrafen gemäß § 20 VStG um die Hälfte reduziert werden können.

Eine Verhandlung hätte die belangte Behörde nicht durchführen müssen, weil die Beschwerdeführer in ihren Berufungen ersucht hätten, "nochmals anhand der gegebenen Aktenlage die Angelegenheit zu beurteilen", dies sei als Verzicht auf eine Verhandlung zu werten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden, die weitgehend übereinstimmendes Vorbringen enthalten, auf Grund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und nach Vorlage der Akten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde erwogen:

§ 9 VStG in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 3/2008 lautet auszugsweise:

"§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

…"

§ 28a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1978, in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2006 lautet auszugsweise:

"…

(3) Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung, für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst rechtswirksam, nachdem bei der zuständigen Abgabenbehörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangen der Behörde gemäß § 9 Abs. 2 VStG.

(4) Der Arbeitgeber hat den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach Abs. 3 der zuständigen Abgabenbehörde unverzüglich schriftlich mitzuteilen."

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass der türkische Staatsangehörige M.A. in der Zeit vom 25. April 2009 bis 3. Juni 2009 von der H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG beschäftigt worden ist, obwohl für diesen Zeitraum keine Bewilligung bzw. Bestätigung gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG vorgelegen ist. Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer waren in dem ihnen vorgeworfenen Tatzeitraum unstrittig als handelsrechtliche Geschäftsführer der H. Geschäftsführungs GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der H. Baugesellschaft m.b.H. & Co KG ist, zur Vertretung der zweitgenannten Gesellschaft berufen.

Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer monieren, dass für die gegenständliche Baustelle ursprünglich Peter L. zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 28 Abs. 3 AuslBG bestellt worden sei. Dies sei mit Schreiben vom 25. September 2007 der zuständigen Abgabenbehörde angezeigt worden. Am 23. April 2009 sei nun der Erstbeschwerdeführer zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 28a Abs. 3 AuslBG bestellt worden, welche Bestellung mit Schreiben vom 23. April 2009 der zuständigen Abgabenbehörde angezeigt worden sei. Dieses Schreiben sei am 5. Mai 2009 bei der zuständigen Abgabenbehörde eingelangt. Bis zu diesem Zeitpunkt sei daher Peter L. verantwortlicher Beauftragter gewesen. Ein früherer Widerruf der Bestellung von Peter L. zum verantwortlichen Beauftragten sei aber nicht erfolgt, sodass dieser - wenn überhaupt - für die dem Zweit- bzw. dem Drittbeschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung verantwortlich gewesen wäre.

Auch in ihrer Berufung haben die - im Verwaltungsverfahren nicht vertretenen - zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien darauf hingewiesen, dass zeitlich vor dem Erstbeschwerdeführer bezüglich der gegenständlichen Baustelle Peter L. verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 28a Abs. 3 AuslBG gewesen sei.

Nach § 28a Abs. 3 AuslBG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung des AuslBG erst rechtswirksam, nachdem bei der zuständigen Abgabenbehörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Gemäß § 28 Abs. 4 AuslBG hat der Arbeitgeber den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach Abs. 3 der zuständigen Abgabenbehörde unverzüglich mitzuteilen. Dies bedeutet aber nicht, dass auch die Beendigung der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst mit dieser Mitteilung wirksam würde (vgl. zu den mit § 28a Abs. 3 und 4 AuslBG gleichartigen Bestimmung des § 23 Abs. 1 und 3 des Arbeitsinspektionsgesetzes ergangene hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/11/0066). Der an § 9 VStG anknüpfende § 28a Abs. 3 AuslBG stellt nämlich lediglich ein zusätzliches Erfordernis für das Wirksamwerden einer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2012, Zl. 2009/09/0265), gilt aber nicht für dessen Abberufung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 9 VStG in seinem Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 93/10/0064, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass gemäß § 9 VStG der verantwortliche Beauftragte nur eine Person sein könne, die bestimmte Voraussetzungen erfülle. Schon daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen nicht nur im Bestellungszeitpunkt, sondern während der gesamten Rechtsstellung als verantwortlicher Beauftragter vorliegen müssten. Zu diesen Voraussetzungen gehöre der internen Akt der Bestellung und der Nachweis der Bestellung gegenüber der Behörde. Werde nur eine dieser Voraussetzungen aufgehoben, so ende auch die Stellung als verantwortlicher Beauftragter.

Im vorliegenden Fall wurde der Erstbeschwerdeführer am 23. April 2009 einerseits zum Bauleiter auf der Baustelle X. sowie zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 28a Abs. 3 AuslBG für deren Bereich bestellt. Die Funktion des Peter L., dem auf der gegenständlichen Baustelle ab diesem Zeitpunkt keine Anordnungsbefugnis im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG mehr zukam, endete daher mit dem Verlust seiner internen Bestellung und seiner internen Anordnungsbefugnis. Dies hatte zur Folge, dass mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für den betreffenden Bereich bis zum Wirksamwerden der Bestellung des Erstbeschwerdeführers am 5. Mai 2009 der Zweitbeschwerdeführer sowie der Drittbeschwerdeführer als handelsrechtliche Geschäftsführer für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG verantwortlich waren (vgl. zum Ganzen nochmals das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/11/0066, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Entgegen den Beschwerdeausführungen geht aus den Sprüchen der Straferkenntnisse eindeutig hervor, dass die Beschwerdeführer für die Unterlassung der Einholung bzw. der Verlängerung der arbeitsmarktbehördlich erforderlichen Bewilligungen für den beschäftigten Ausländer bestraft worden sind.

Die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien monieren, dass sie dem angefochtenen Erkenntnis entgegen § 44a VStG nicht entnehmen könnten, wann sie die vermeintliche Verwaltungsübertretung begangen haben sollen. Damit zeigen sie jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Bei der Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG iVm § 3 Abs. 1 AuslBG handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdeliktes, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert ist. Erst mit Beendigung der deliktischen Unterlassung endet daher das strafbare Verhalten. Tatsächlich ist bei Unterlassung der Einholung der arbeitsmarktbehördlich erforderlichen Bewilligungen davon auszugehen, dass das deliktische Verhalten mit der Aufnahme der Beschäftigung beginnt und mit Ende der Tätigkeit beendet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0163).

Wenn die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten einen Wechsel in der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung bewirkt und durch seine Zustimmung der Beauftragte an die Stelle des bzw. der zur Vertretung nach außen Berufenen tritt (siehe Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 134 ff zu § 9 VStG), bedeutet dies für den Fall des Dauerdeliktes, bei dem die Tathandlung schon zuvor begonnen wurde, dass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des zur Vertretung nach außen Berufenen im Zeitpunkt der wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten endet und beim Beauftragten beginnt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2004/05/0113).

Die Beschwerdeführer machen noch geltend, dass das betriebliche Kontrollsystem zur Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG jedenfalls wirksam und effizient gewesen sei und nur durch eine Verkettung unglückseliger Umstände, die nicht vorhersehbar gewesen seien, die Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung für A.M. unterblieben sei. Die belangte Behörde wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, - auch zu diesem Thema - eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Mit diesem Hinweis weisen die Beschwerdeführer auf eine den angefochtenen Bescheiden anhaftende Rechtswidrigkeit hin:

§ 51e VStG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 lautet auszugsweise:

Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)

§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung

zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht,

daß der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder

abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer

Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche

Beurteilung behauptet wird oder

2. sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe

richtet oder

3. im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht

übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen

Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt

hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in

der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist

Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer

Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer

Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien

zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten läßt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

Wie sich aus dem oben wiedergegebenen Wortlaut der Berufung der Beschwerdeführer ergibt, haben sie zwar die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht beantragt; ein Verzicht darauf liegt allerdings auch nicht ausdrücklich vor. Die belangte Behörde hat vielmehr offenkundig im Hinblick auf die in erster Instanz ausgesprochene Strafhöhe gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinen Erkenntnissen vom 18. Juni 2003, B 1312/02, Slg. Nr. 16.894, und vom 24. Februar 2004, B 931/03, Slg. Nr. 17121, unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, das in § 51e Abs. 3 VStG dem unabhängigen Verwaltungssenat eingeräumte Ermessen, ob er eine mündliche Verhandlung durchführe, sei dergestalt auszulegen, dass die Unterlassung der Antragstellung auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung dann nicht zum Nachteil und zum Verlust prozessualer Rechte der Partei führen kann, wenn diese zum Zeitpunkt der Einbringung ihrer Berufung nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, weil die Antragstellung (wie auch der schlüssige Verzicht auf ein Recht) die Kenntnis dieses Rechts voraussetze. Dieser Auffassung des Verfassungsgerichtshofes hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2008, Zl. 2006/09/0110, vom 29. September 2010, Zl. 2010/10/0168, und vom 18. Oktober 2011, Zl. 2010/02/0099).

Dass die Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren als nicht anwaltlich vertretene Berufungswerber in ihrer erkennbar nicht nur auf die Strafhöhe eingeschränkten und damit sachverhaltsbezogenen Berufung keinen ausdrücklichen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt haben, berechtigte daher die belangte Behörde nicht zu der Annahme, dass damit bereits ein konkludenter Verzicht auf die in Strafsachen grundsätzlich garantierte mündliche Verhandlung abgegeben worden wäre, zumal weder im erstinstanzlichen Straferkenntnis noch im Berufungsverfahren eine Belehrung über die Antragstellung stattgefunden hat; es deuten auch sonst keine Umstände darauf hin, dass die Beschwerdeführer von der Möglichkeit einer Antragstellung hätten wissen müssen. Zu Unrecht hat daher die belangte Behörde - auch unter dem Aspekt des § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG - von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Daher waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 4. Oktober 2012

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