Normen
AlVG 1977 §7 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
AlVG 1977 §7 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erklärte in einer von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aufgenommenen Niederschrift am 10. November 2009, sie könne keinen Aufenthaltstitel vorlegen. Der Beschwerdeführerin wurde sodann mitgeteilt, da sie keinen Aufenthaltstitel und keine arbeitsrechtliche Bewilligung habe, könne keine aktive Betreuung durch das Arbeitsmarktservice erfolgen.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 10. November 2009 wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes ab 1. Oktober 2009 eingestellt. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, die Beschwerdeführerin verfüge über keinen aktuellen Aufenthaltstitel und keine arbeitsrechtliche Bewilligung; sie stehe daher dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung und wandte ein, sie habe bis jetzt noch keine Antwort auf ihren Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheins vom 12. Oktober 2009 erhalten. Sie sei Kind einer österreichischen Familie und sei daher berechtigt, in Österreich zu arbeiten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei serbische Staatsbürgerin. Sie habe über einen Befreiungsschein, gültig vom 28. Oktober 2004 bis 27. Oktober 2009, verfügt. Ein Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheines sei nach den Unterlagen und EDV-Eintragungen des Arbeitsmarktservice nicht gestellt worden. Zuletzt sei die Beschwerdeführerin bis 25. August 2008 in einem Dienstverhältnis gestanden, ab 26. August 2008 habe die Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld bezogen.
Nach den Daten des Arbeitsmarktservice habe die Beschwerdeführerin im Juni 2003 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt. Die Aufenthaltsbehörde habe dazu am 29. Dezember 2009 mitgeteilt, dass es sich hiebei um einen Erstantrag handle. Der Antrag sei mit Bescheid des Bundesministers im Jahr 2007 abgewiesen worden; dagegen habe die Beschwerdeführerin Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht; dieses Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin habe bisher keinen Aufenthaltstitel bzw. keine Niederlassungsbewilligung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) bzw. nach dem Fremdengesetz besessen. Durch die Antragstellung alleine werde kein Aufenthalts- bzw. Bleiberecht in Österreich geschaffen. Die Beschwerdeführerin könne nicht die Rechtswirkungen eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrags gemäß § 24 NAG für sich in Anspruch nehmen; auch wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht durchgesetzt werden könne und die Beschwerdeführerin den Ausgang des Verfahrens in Österreich abwarten dürfe, entstehe dadurch kein Aufenthaltstitel an sich. Die Beschwerdeführerin habe auch vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice angegeben, keinen Aufenthaltstitel zu besitzen.
Die Beschwerdeführerin verfüge daher entgegen den Berufungsausführungen über keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Position zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung. Für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung müsse sie gemäß § 4 Abs. 3 Z 7 AuslBG über einen Aufenthaltstitel nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz (FPG) verfügen. Auch ein Befreiungsschein könne nach der seit 1. Jänner 2006 geltenden Rechtslage nur ausgestellt werden, wenn eine Niederlassungsbewilligung vorliege. Kinder von österreichischen Staatsbürgern seien grundsätzlich nur bis zum 18. Lebensjahr vom AuslBG ausgenommen, darüber hinaus müssten auch die Angehörigen über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen.
Die Beschwerdeführerin stehe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, da ihr in Ermangelung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne. Eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung sei aber nur dann zu gewähren, wenn auch eine unselbständige Beschäftigung aufgenommen werden könne.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1. Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. Nach § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer (unter anderem) eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG kann und darf eine Person eine Beschäftigung aufnehmen, die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.
2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid - einen Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheines gestellt. Das Arbeitsmarktservice habe sich auch nach Erhalt des Verlängerungsantrages telefonisch bei der Beschwerdeführerin gemeldet und habe eine Kopie des Antrages auf einen Aufenthaltstitel gefordert. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin eine Kopie der Bestätigung über die erfolgte Antragstellung (Aufenthaltstitel) an das Arbeitsmarktservice gesandt. Es sei daher unrichtig und beruhe auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren, wenn im angefochtenen Bescheid behauptet werde, es sei kein Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheines gestellt worden. Der Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheines habe aber bewirkt, dass der Befreiungsschein als verlängert gelte. Der Beschwerdeführerin sei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides das Ergebnis der Ermittlungen durch die belangte Behörde nicht zur Kenntnis gebracht worden. Wäre ihr diese Möglichkeit eingeräumt worden, hätte sie den rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheines dokumentieren können.
3. In der Gegenschrift verweist die belangte Behörde darauf, eine ergänzende Rückfrage bei der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe ergeben, dass es zutreffe, dass die Beschwerdeführerin am 13. Oktober 2009 (Eingangsdatum) einen Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheins gestellt habe. Bei Überprüfung des Antrags sei festgestellt worden, dass aktuell kein Aufenthaltsrecht vorliege. Der Beschwerdeführerin sei deshalb in Aussicht gestellt worden, dass ein negativer Bescheid ausgestellt werde, woraufhin die Beschwerdeführerin - im Hinblick auf die zu erwartenden Kosten - den Antrag am 3. November 2009 zurückgezogen habe. Demnach sei davon auszugehen, dass letztlich kein Antrag auf Verlängerung des Befreiungsscheins gestellt worden sei.
4. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/08/0211, ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber durch die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 erfolgte Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung vorgenommen. Die Novellierung des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG durch die AlVG-Novelle BGBl. I Nr. 102/2005 diente der Klarstellung der Verfügbarkeit zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe im Hinblick auf die vorgesehenen Neuordnungen im Aufenthaltsrecht. Durch diese Neuformulierung hat sich am Inhalt dieser Bestimmung nichts geändert, sodass das Vorliegen der aufenthaltsrechtlichen Berechtigung, eine unselbständige Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen zu dürfen, Voraussetzung für die Verfügbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG ist. Es kommt dabei nicht auf die subjektive Absicht des Betroffenen an, im Inland eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen, sondern darauf, dass seine Berechtigung zum Aufenthalt die Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme in rechtlicher Hinsicht abdeckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2006/08/0020).
Diese Verknüpfung zwischen Aufenthaltsberechtigung und Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung hat der Verfassungsgerichtshof auch mit seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2005, Zl. G 61/05, VfSlg. 17.648, im Hinblick auf die Fassung des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG durch BGBl. I Nr. 71/2003, als sachlich abgegrenzt und verfassungsrechtlich zulässig beurteilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2007, Zl. 2006/08/0306).
Im Sinne der hier maßgebenden Fassung des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG ist es sohin unumgänglich, dass ein entsprechender Aufenthaltstitel gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2010, Zl. 2008/08/0047).
Ein derartiger Aufenthaltstitel liegt im hier zu beurteilenden Fall nicht vor. Nach den - in der Beschwerde nicht bekämpften - Feststellungen der belangten Behörde handelt es sich betreffend den Aufenthaltstitel um einen Erstantrag. Die Stellung des Antrages führte daher - anders als ein Verlängerungsantrag (§ 24 Abs. 2 NAG bzw. § 24 Abs. 1 NAG idF BGBl. I Nr. 122/2009) - nicht dazu, dass ein Aufenthaltsrecht begründet (verlängert) würde. Auch die Bewilligung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 30 Abs. 2 VwGG kann in einem derartigen Verfahren kein Aufenthaltsrecht begründen.
Da sich die Beschwerdeführerin sohin nicht berechtigt im Bundesgebiet aufhielt, stand sie der Arbeitsvermittlung nicht iSd § 7 Abs. 2 AlVG zur Verfügung, sodass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte.
Es ist demnach auch nicht entscheidend, ob die Beschwerdeführerin - wie in der Beschwerde geltend gemacht - rechtzeitig einen Verlängerungsantrag hinsichtlich des Befreiungsscheins gestellt hatte (vgl. § 15a Abs. 2 AuslBG) bzw. ob - wie dies die belangte Behörde in der Gegenschrift einwendet (wobei freilich eine im Bescheid fehlende Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, Zl. 2008/08/0109) - dieser Antrag von der Beschwerdeführerin zurückgezogen worden war.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 22. Februar 2012
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