VfGH G61/05

VfGHG61/051.10.2005

Keine Verfassungswidrigkeit der Beschränkung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld auf Personen mit aufenthaltsrechtlicher Berechtigung zur Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung;

Zulässigkeit der Gestaltung eines Arbeitslosenversicherungsrechts in Hinblick auf das Risiko des Fehlens einer zumutbaren Beschäftigung;

Gleichbehandlung sachlicher und rechtlicher Hindernisse einer Arbeitsaufnahme gerechtfertigt; keine unsachliche Differenzierung aufgrund der Staatsangehörigkeit; sachliche Abgrenzung des versicherten Risikos

Normen

EMRK 1. ZP Art1
EMRK Art14
AlVG §7 Abs3 Z2
AuslBG §§4 Abs3 Z7
EMRK 1. ZP Art1
EMRK Art14
AlVG §7 Abs3 Z2
AuslBG §§4 Abs3 Z7

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt die Aufhebung der Z2 des §7 Abs3 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 idF BGBl. I Nr. 71/2003 mit Ausnahme des letzten Wortes ("und"). Diese Bestimmung lautet im Zusammenhang (bekämpfter Teil hervorgehoben):

"(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

...

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs3) und arbeitsfähig (§8), arbeitswillig (§9) und arbeitslos (§12) ist.

(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollekivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die aufenthaltsrechtlich berechtigt ist, eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des §34 Abs3 Z2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des §34 Abs4 FrG erfüllt."

Beim antragstellenden Gerichtshof ist zu 2003/08/0247 die Beschwerde eines sudanesischen Staatsangehörigen gegen einen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 15. September 2003 anhängig, der seinen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld unter Berufung auf die bekämpfte Gesetzesstelle ablehnt: Gegen den Beschwerdeführer sei ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden; mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 17. Juni 2003 sei ihm zwar ein Abschiebungsaufschub bis 31. Dezember 2003 gewährt worden, er verfüge aber über keinen Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz, der ihn berechtige, eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen oder auszuüben; er sei am Arbeitsmarkt nicht verfügbar. (Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass er seine Anspruchsberechtigung ausschließlich auf eine Beschäftigung in der Justizanstalt Suben stützt, wo er mit Einschluss angerechneter Untersuchungshaft zwischen 19. Juni 2001 und 30. Jänner 2003 wegen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz in Strafhaft war. Die Abschiebung wurde mangels eines gültigen Reisedokuments und fehlendem Heimreisezertifikats aufgeschoben.)

2. Der Verwaltungsgerichtshof legt dar, dass er die angegriffene Bestimmung anzuwenden habe, und trägt folgende Bedenken vor:

"3. Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sind durch die Eigentumsgarantie des Art1 erstes Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt (vgl. insbesondere das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 16. September 1996, Nr. 39/1995/545/631 [Gaygusuz gegen Österreich, JBl. 1997, 364 = ÖJZ 1996, 955] und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1998, G363/97 u.a., VfSlg. 15.129). Dies hat (u.a.) zur Konsequenz, dass der Gesetzgeber diese Rechte nach Art14 EMRK ohne Benachteiligung, die im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist, zu gewährleisten hat.

4. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes steht dies der Vollziehung in Gesetzen vorgesehener fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht im Wege, ebenso wenig einer Anknüpfung des Arbeitslosenversicherungsrechts am Fremdenrecht, soweit dies in sachlicher Weise erfolgt. Die in §7 Abs3 Z.1 AlVG geregelte Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, wonach sich der Arbeitslose zur Aufnahme und Ausübung einer Beschäftigung - zu ergänzen: im Inland - bereithalten muss, begegnet daher keinen Bedenken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0314, Slg. Nr. 15.063/A). Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob sich ein ausländischer Arbeitsloser freiwillig oder wegen Verlustes seiner inländischen Aufenthaltsberechtigung nicht nur vorübergehend ins Ausland begibt. In beiden Fällen steht er dem inländischen Arbeitsmarkt während der Dauer seiner Abwesenheit nicht zur Verfügung und kann daher auch nicht vermittelt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken, wenn das Gesetz denjenigen Arbeitslosen, der sich zwar tatsächlich im Inland aufhält, dies aber rechtlich nicht darf, der sich also - entgegen seinen Verpflichtungen - nicht ins Ausland zurückbegibt, dem zuerst genannten - sich gesetzeskonform verhaltenden - ausländischen Arbeitslosen gleichstellt, sofern es nach dem Gesetz zulässig ist, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen und zu vollstrecken, d. h. den Ausländer gegebenenfalls zwangsweise außer Landes zu schaffen.

Für den Fall der Durchsetzbarkeit des 'Auslandsaufenthaltes' wirkt die Staatsangehörigkeit auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld nur über das Aufenthaltsrecht, d.h. indirekt als bloßer Reflex aus einem anderen Rechtsgebiet, ein, sodass die Beachtung der aufenthaltsrechtlichen Situation keine unsachliche Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit, sondern eine sachliche Anknüpfung am zulässigen Inlandsaufenthalt als einer unmittelbaren Bedingung für die Möglichkeit einer Vermittlung auf dem inländischen Arbeitsmarkt darstellt (zum Sachlichkeitserfordernis vgl. im gegebenen Zusammenhang vor allem das bereits erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1998, Slg. Nr. 15.129).

5. Anders stellt sich die Situation jedoch hinsichtlich eines ausländischen Arbeitslosen dar, der sich zwar formell nicht im Inland aufhalten darf, dem gegenüber aber aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht gesetzt werden dürfen, z.B. weil er Abschiebungsschutz genießt. Besteht keine Möglichkeit, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen und zu vollstrecken, so dürfte der Ausschluss von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung mangels Aufenthaltsberechtigung gemäß §7 Abs3 Z. 2 AlVG auf eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit hinauslaufen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Arbeitslosengeld eine durch Beitragsleistungen auch der Versicherten (vgl. §2 Abs3 AMPFG) finanzierte Versicherungsleistung darstellt, deren Funktion auch darin besteht, für die arbeitslose Person und ihre Familie nach Verlust des Arbeitsplatzes einen Einkommensersatz bereitzustellen. Selbst wenn man vor dem Hintergrund der erwähnten Rechtsprechung des EGMR der Auffassung sein könnte, dass arbeitslosen Personen, die nach Verlust ihres Arbeitsplatzes aus fremdenrechtlichen Gründen (zunächst) keiner regulären Beschäftigung nachgehen dürfen, nicht zwingend Anspruch auf Arbeitslosengeld im selben Ausmaß und in derselben Dauer zustehen müsse wie jene Versicherten, die dem Arbeitsmarkt in dieser Hinsicht zur Verfügung stehen, sie also nicht in jeder Hinsicht mit Inländern gleichbehandelt werden müssten, so vermag nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der Gesichtspunkt des Fehlens der Berechtigung zur Teilnahme am allgemeinen Arbeitsmarkt doch nicht den gänzlichen Ausschluss solcher Fremder vom Bezug des Arbeitslosengeldes ungeachtet ihrer erworbenen Anwartschaften zu rechtfertigen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch das Bedenken, dass dieser Ausschluss überschießend ist und zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung zwischen Ausländern mit Berechtigung zur Teilnahme am inländischen Arbeitsmarkt und Ausländern, denen diese Berechtigung nicht zukommt, die jedoch nicht abgeschoben werden können, führt, die mit ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung nicht vereinbar ist.

6. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Slg. Nr. 15.063/A, das zu §7 AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996, ergangen ist, im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesfassung davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber mögliche andere als die dort aufgezählten Aufenthaltstitel nicht bedacht hat. Aus dem Blickwinkel des damals vorliegenden Falles bestand somit kein Hindernis, eine vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des EGMR nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes verfassungsrechtlich gebotene Ergänzung dieser Bestimmung dahin vorzunehmen, dass - vor dem Hintergrund der Zwecke der Arbeitslosenversicherung und der verfassungsrechtlichen Schranken, unter denen ihre beitragsfinanzierten Geldleistungen gesetzlich eingeschränkt oder aufgehoben werden dürfen - der Status eines Arbeitslosen, dessen Inlandsaufenthalt rechtlich nicht beendet werden darf, weil er Abschiebungsschutz nach der Genfer Konvention genießt oder weil er allenfalls unter Berücksichtigung des Art8 EMRK nicht außer Landes geschafft werden darf, einem Aufenthaltstitel im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinn (nämlich: im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verfügbarkeit) gleichzuhalten war.

Diese Argumentation war wesentlich auf die spezifische Formulierung und Entstehungsgeschichte der damals anzuwendenden Fassung des §7 AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996, gestützt. In der damaligen Fassung war dem §7 Abs2, welcher das Erfordernis normierte, dass der Antragsteller sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten darf, ein Klammerverweis auf Abs4 angefügt, in dem eine Reihe von Aufenthaltstiteln angeführt war.

7. Die im nunmehr vorliegenden Fall anzuwendende Fassung des §7 Abs3 Z. 2 AlVG (i.d.F. BGBl. I Nr. 71/2003) lässt hingegen für eine derartige verfassungskonforme Interpretation keinen Raum mehr. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes wollte der Gesetzgeber den Anspruch auf Arbeitslosengeld mit dieser Bestimmung in der vorliegenden Fassung generell auf Personen einschränken, welche - ohne Bezugnahme auf bestimmte Aufenthaltstitel - aufenthaltsrechtlich berechtigt sind, eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.

Der damit bewirkte Ausschluss von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung auch - wie im hier vorliegenden Fall - für Personen, gegen die keine Möglichkeit besteht, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu vollstrecken, läuft jedoch auf eine unsachliche Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit hinaus, die gegen Art1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK in Verbindung mit Art14 EMRK verstoßen dürfte, sodass der Verwaltungsgerichtshof den im Spruch genannten Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung des §7 Abs3 Z. 2 AlVG i.d.F. BGBl. I Nr. 71/2003 stellt."

3. Die Bundesregierung hält in ihrer Äußerung diesem Antrag Folgendes entgegen:

"1. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld ein vermögenswertes Recht im Sinn des Art1 1. ZP EMRK darstellt (vgl. VfSlg. 15.129/1998, 15.506/1999).

2. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe haben die Funktion, während der Zeit der Arbeitssuche einen Ersatz für das Arbeitseinkommen zu gewährleisten. Entsprechende Grundbedingungen sind neben der Arbeitslosigkeit, Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit im Besonderen der Umstand, eine zumutbare Beschäftigung aufnehmen zu können; ein Umstand, der beispielsweise bei Krankheit oder Invalidität fehlen kann.

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 dient demnach nicht dem Zweck, Personen, denen die Aufnahme einer Arbeit - aus welchem Grund auch immer - verwehrt ist, einen Unterhalt zu sichern oder zu einem solchen Unterhalt beizutragen. Es darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass für Fremde in Einzelfällen allenfalls die Möglichkeit der Gewährung von Sozialhilfe, auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetze, ergeben könnte.

In der vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Situation wäre jedoch die Einkommensersatzfunktion während der Arbeitslosigkeit, verbunden mit den Bemühungen des Arbeitslosen selbst bzw. des AMS, einen neuen Arbeitsplatz zu erlangen, reduziert auf eine bloße Alimentation.

3. Personen, die keine Arbeit suchen können, weil ihnen kein Aufenthaltsstatus zukommt, können aber nicht nur selbst keine legale Arbeit suchen, sondern stehen auch der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Eine Beendigung der Arbeitslosigkeit kann daher weder durch eigene Anstrengungen noch durch Bemühungen des Arbeitsmarktservice erreicht werden.

Den Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, selbst die Arbeitslosigkeit durch eigenes Bemühen bzw. die Tätigkeit des AMS zu beenden, stellt aber der legale Aufenthalt verbunden mit der Berechtigung zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit dar. Nur bei Erfüllung dieses Tatbestandes kann auch die vom Arbeitslosenversicherungsgesetz verfolgte Zielsetzung erreicht werden.

4. Nach Ansicht der Bundesregierung hat dies auch der Verfassungsgerichtshof anerkannt. So hat er im Erkenntnis VfSlg. 15.129/1998 ausgeführt, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Notstandshilfe 'von Umständen wie beispielsweise ... dem rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet' abhängig machen darf (vgl. auch VfSlg. 15.506/1999). Nichts anderes bewirkt aber - wie sich auch aus den Erläuterungen ergibt - §7 Abs3 Z2 AlVG.

5. Wie sich sowohl aus dem gegenständlichen Antrag als auch aus dem Erkenntnis VwSlg. (A) 15.063/1998 ergibt, dürfte der Verwaltungsgerichtshof selbst diese Grundannahme teilen, hält er doch zu Recht das Aufenthaltsrecht in Bezug auf das Arbeitslosenversicherungsrecht für einen bloßen Reflex aus einem anderen Rechtsgebiet.

Es ist der Bundesregierung diesbezüglich nicht einsichtig, weshalb das Aufenthaltsrecht zwar grundsätzlich im Arbeitslosenversicherungsrecht nur Reflexwirkung haben soll, aber die 'Wirkungen' dieses Reflexes in Fällen wie dem gegenständlichen (Aufenthaltsverbot und Abschiebungsaufschub) dazu führen sollen, dass es sich nunmehr nicht mehr um einen Reflex eines anderen Rechtsgebietes handelt, sondern eine Diskriminierung darstellt. Denn auch der genannte Abschiebungsaufschub ändert nichts daran, dass es für das AMS rechtlich nicht möglich ist, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden.

6. In diesem Zusammenhang sind auch die entsprechenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anzusprechen.

§4 Abs3 Z7 AuslBG in der für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung (BGBl. I Nr. 78/1997) sah vor, dass eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden kann, wenn '7. der Ausländer gemäß dem Fremdengesetz 1997 ein Aufenthaltsrecht, das den Zweck der Ausübung einer Beschäftigung miteinschließt, oder eine Niederlassungsbewilligung besitzt, deren Zweck gemäß den §§13 Abs3 oder 113 Abs5 des Fremdengesetzes 1997 nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf jeglichen Aufenthaltszweck erstreckt werden kann, ausgenommen im Falle des Antrages auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung oder im Fall des §27 des Fremdengesetzes;'

Auf Grund dieser Bestimmung kann für einen Ausländer, der über keine der angeführten Aufenthaltsberechtigungen verfügt, von vornherein keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden. Das bedeutet, dass das Arbeitsmarktservice gar nicht versuchen kann, eine geeignete Arbeitsmöglichkeit zu finden. Eine Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsaufnahme kommt nicht in Betracht; der Arbeitslose steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

Die in Prüfung gezogene Formulierung ist somit konsistent, denn sie misst die Verfügbarkeit an der potenziellen Zulässigkeit der Arbeitsaufnahme, d.h. sie schließt diejenigen aus, die keine Arbeit aufnehmen können; dies schon wegen Fehlens der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen.

7. Was nun den Verstoß gegen das RassDiskrBVG betrifft, ist anzumerken, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 16.314/2001) dieses BVG das Verbot enthält, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Eine Ungleichbehandlung ist nach dieser Rechtsprechung nur dann und insoweit zulässig, als hierfür ein vernünftiger Grund nicht erkennbar ist.

Nach Ansicht der Bundesregierung trifft dies aber gerade auf das vom Verwaltungsgerichtshof angeführte Differenzierungskriterium zu, nämlich der Berechtigung zur Teilnahme am inländischen Arbeitsmarkt. Es ist nach Ansicht der Bundesregierung zulässig, je nachdem unterschiedliche Rechtsfolgen vorzusehen, ob jemand legal eine unselbständige Tätigkeit aufnehmen darf oder nicht, weshalb auch ein Verstoß gegen das RassDiskrBVG nicht vorliegt.

8. Letztlich ist noch darauf hinzuweisen, dass der vom Verwaltungsgerichtshof offenkundig intendierte Lösungsansatz, nämlich die Zuerkennung von Arbeitslosengeld in Fällen wie jenem, der zu Anfechtung geführt hat, zu neuen nicht begründbaren Ungleichbehandlungen führen würde. So bräuchte eine Gruppe als Voraussetzung für den Arbeitslosenbezug eine aufenthaltsrechtliche Bewilligung, eine andere jedoch nicht. Eine Gruppe könnte vermittelt werden, eine andere nicht, obgleich dies nichts am Bezug des Arbeitslosengeldes ändern würde. Auch würden sämtliche Arbeitslose treffende Verpflichtungen (etwa Kontrollmeldungen und dergleichen) ins Leere laufen.

Solche Ungleichbehandlungen können nach Ansicht der Bundesregierung nur durch Vorschriften wie §7 Abs3 Z2 AlVG verhindert werden, die gleichsam das Aufenthaltsrecht und das Arbeitslosenversicherungsrecht 'harmonisieren'. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit des §7 Abs3 Z2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71, nicht gegeben ist."

II. Da alle Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist der Antrag zulässig. Er ist aber nicht begründet. §7 Abs3 Z2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 verstößt nicht wegen unsachlicher Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit gegen Art1 des 1. ZP EMRK iVm Art14 EMRK.

1. Die Arbeitslosenversicherung soll die Folgen einer Arbeitslosigkeit abmildern. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat nach Erfüllung der Anwartschaft (regelmäßig durch eine beitragspflichtige Beschäftigung) nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§7 Abs1 Z1), das ist, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf, arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist (§7 Abs2). Eine Beschäftigung aufnehmen darf nicht, wer aufenthaltsrechtlich nicht berechtigt ist, eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben (§7 Abs3 Z2). Das Verbot, eine Beschäftigung aufzunehmen, ergibt sich somit aus dem Aufenthaltsrecht in Verbindung mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz: nach §4 Abs3 Z7 AuslBG darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn der Ausländer gemäß dem Fremdengesetz 1997 ein Aufenthaltsrecht besitzt, das den Zweck der Ausübung einer Beschäftigung mit einschließt (oder eine Niederlassungsbewilligung, deren Zweck nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf jeglichen Zweck erstreckt werden kann).

Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhält folglich ihrer Zielsetzung nach nur, wer Arbeit sucht und nicht findet, nicht aber, wer nicht arbeiten kann, darf oder will. Versichertes Risiko ist der Mangel eines Arbeitsplatzes; dieses Risiko muss bei Vorliegen einer zumutbaren Beschäftigungsgelegenheit enden können.

2. Der Anspruch aus Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung fällt im Hinblick auf die zum Erwerb der Anwartschaft erforderliche Gegenleistung als ein vermögenswertes Recht iS des Art1 des 1. ZP EMRK in den Schutzbereich dieses Grundrechts und ist gemäß Art14 EMRK jedermann ohne Benachteiligung zu gewähren. Der Inhalt dieses Anspruchs wird aber als (Sozial-)Versicherungsleistung durch die Umschreibung des versicherten Risikos bestimmt. Schon im Erkenntnis VfSlg. 15.129/1998 hat der Verfassungsgerichtshof - worauf die Bundesregierung zutreffend hinweist - ausgesprochen, dass die festgelegten Voraussetzungen für den Erwerb oder Umfang des Anspruchs nach sachlichen Kriterien differenzieren dürfen, und die Versicherungsdauer, den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder die Bedürftigkeit als solche sachlichen Umstände anerkannt.

Die angefochtene Bestimmung ist der Sache nach Teil der Umschreibung des versicherten Risikos. Sie kann angesichts der unbeschränkten Freiheit österreichischer Staatsbürger, eine unselbständige Arbeit im Inland anzunehmen, nur Fremde treffen, deren Aufenthaltsberechtigung in Österreich eingeschränkt ist. Wer im Inland keine unselbständige Arbeit aufnehmen darf, ist kein Arbeitsuchender und kann seine Lage nicht durch Aufnahme von Arbeit verändern; ihn trifft nicht das Risiko des Fehlens eines Arbeitsplatzes.

Der Verwaltungsgerichtshof behauptet nicht ausdrücklich, dass es dem Gesetzgeber verwehrt wäre, den erlaubten Aufenthalt Fremder insofern zu beschränken, dass sie keine unselbständige Beschäftigung aufnehmen und ausüben dürfen. Eine unsachliche Gestaltung der einschlägigen Vorschriften fiele außerdem diesen, nicht aber dem an die Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme bloß anknüpfenden Arbeitslosenversicherungsgesetz zur Last. Der Verwaltungsgerichtshof hat (in Pkt. 4 seines Antrages) auch keine Bedenken, dass das Gesetz "denjenigen Arbeitslosen, der sich zwar tatsächlich im Inland aufhält, dies aber rechtlich nicht darf, der sich also - entgegen seinen Verpflichtungen - nicht ins Ausland zurückbegibt", den im Ausland befindlichen und daher dem inländischen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehenden ausländischen Arbeitslosen gleichstellt.

Er macht jedoch die Einschränkung "... sofern es nach dem Gesetz zulässig ist, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen und zu vollstrecken, d.h. den Ausländer gegebenenfalls zwangsweise außer Landes zu schaffen". In diesem - aber nur in diesem - Fall sieht der Verwaltungsgerichtshof die Staatsangehörigkeit "nur über das Aufenthaltsrecht, d.h. indirekt als bloßer Reflex aus einem anderen Rechtsgebiet" auf das Arbeitslosenversicherungsrecht einwirken. Zu welchem Zweck sich ein Fremder im Staatsgebiet aufhalten darf, ist aber ebenso Sache des Aufenthaltsrechts. Dass der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 15.129/1998 (unter anderem) den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet als ein sachliches Erfordernis für Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung nennt, kann keineswegs so verstanden werden, dass ein Abschiebungsaufschub an der Maßgeblichkeit der fremdenrechtlichen Behandlung des Ausländers etwas ändern müsste. Abgesehen davon, dass der Aufenthalt dieses Fremden im Bundesgebiet weiter verboten ist (was der Verwaltungsgerichtshof mit der Formulierung "zwar formell nicht im Inland aufhalten darf" umschreibt) - dieses Verbot also bloß nicht vollstreckt wird -, läuft die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs darauf hinaus, dass jeder Aufenthalt in Österreich, der nicht alsbald zwangsweise beendet werden kann, entweder die Berechtigung zur Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung nach sich ziehen müsste oder (nach Erfüllung der Anwartschaft) zum Empfang von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe berechtigt, obwohl eine Arbeitsgelegenheit gar nicht ergriffen werden dürfte.

Der Verfassungsgerichtshof geht demgegenüber davon aus, dass es dem Staat einerseits unbenommen ist, den Aufenthalt im Staatsgebiet aus sachlichen Gründen auch bloß zu anderen Zwecken als zur Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung zuzulassen, andererseits eine Arbeitslosenversicherung so gestaltet sein darf, dass sie nur bei Fehlen eines zumutbaren Arbeitsplatzes greift. Die zur Prüfung gestellte Bestimmung trägt nur dem Umstand Rechnung, dass nicht jeder, der sich (auch erlaubter Weise) in Österreich aufhält, hier eine Arbeit aufzunehmen oder auszuüben berechtigt ist. Ob der Erwerb von Anwartschaften auf Leistungen aus der Sozialversicherung vom Gesetzgeber zum Anlass genommen werden muss, das aus arbeitsmarktpolitischen Gründen gerechtfertigte Verbot unselbständiger Arbeit im Inland aufzuheben, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen.

Dass das Arbeitslosenversicherungsrecht tatsächliche und rechtliche Hindernisse einer Arbeitsaufnahme gleichbehandelt, ist in Ansehung des versicherten Risikos folgerichtig, sodass auch hier die Staatsangehörigkeit aus dem Blickwinkel des Verwaltungsgerichtshofes gesehen "nur über das Aufenthaltsrecht" auf das Arbeitslosenversicherungsrecht einwirkt und daher keine unsachliche Differenzierung herbeiführt.

3. Der Verwaltungsgerichtshof räumt (in Pkt. 5 seines Antrages) ein, dass arbeitslose Personen, die nach Verlust ihres Arbeitsplatzes aus fremdenrechtlichen Gründen (zunächst) keiner regulären Beschäftigung nachgehen dürfen, nicht zwingend Anspruch auf Arbeitslosengeld im selben Ausmaß und in der selben Dauer zustehen müsse "wie jenen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen". Der gänzliche Ausschluss von Leistungen sei jedoch überschießend, er führe "zu einer Ungleichbehandlung zwischen Ausländern mit Berechtigung zur Teilnahme am inländischen Arbeitsmarkt und Ausländern, denen diese Berechtigung nicht zukommt, die jedoch nicht abgeschoben werden können". Der Status eines Fremden, dessen Inlandsaufenthalt rechtlich nicht beendet werden darf, weil er Abschiebungsschutz nach der Genfer Konvention genießt oder allenfalls unter Berücksichtigung des Art8 EMRK nicht außer Landes geschafft werden darf, sei im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verfügbarkeit einem Aufenthaltstitel gleichzuhalten (Pkt. 6 des Antrages). Der Verwaltungsgerichtshof meint also offenbar, der anwartschaftsberechtigte Fremde müsse Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten, obwohl er keine Arbeit aufnehmen und ausüben darf, wobei dieser Anspruch in angemessener Weise begrenzt sein dürfte.

Die angegriffene Norm ist jedoch nicht etwa eine (übermäßige) Einschränkung eines grundsätzlich bestehenden Anspruchs aus besonderen Gründen, sondern die notwendige Folge aus der sachgemäßen Umschreibung des versicherten Risikos. Warum jemand nicht in der Lage ist, eine Arbeit aufzunehmen, bleibt außer Betracht. Wer nach Erwerb einer Anwartschaft arbeitsunfähig wird oder zB wegen Kinder- oder Altenbetreuung keine Arbeit aufnehmen kann und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, also nicht vom Risiko des Fehlens eines Arbeitsplatzes getroffen wird, erhält keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Diese müsste also, um die behauptete Verfassungswidrigkeit zu vermeiden, für Fremde ein ganz anderes Risiko abdecken (was nur ausnahmsweise - und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit - nach erfolgreicher Rehabilitation gemäß §7 Abs4 AlVG der Fall ist). Wenn aber kein Eingriff in das unter Art1 des 1. ZP EMRK fallende Recht, sondern die sachgemäße Ausgestaltung des Arbeitslosenversicherungsrechts in Rede steht, kann sich auch die Frage der Verhältnismäßigkeit (eines Eingriffs) nicht stellen. Das versicherte Risiko selbst ist jedenfalls sachlich abgegrenzt. Ob es sachlich wäre, gerade das Risiko einer fehlenden Arbeitserlaubnis zusätzlich zu versichern, kann dahingestellt bleiben. Dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht zu entnehmen, dass er Fremde, die sich unerlaubt oder auch nur ohne Arbeitserlaubnis im Inland befinden, im Verhältnis zu anderen an der Aufnahme von Arbeit gehinderten für besonders schutzwürdig hält.

Die vorgetragenen Bedenken treffen also nicht zu. Der Antrag ist abzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs4 Satz 1 VfGG).

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