Normen
AsylG 2005 §8;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §11a Abs4 idF 2006/I/037;
AsylG 2005 §8;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §11a Abs4 idF 2006/I/037;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, ist die Mutter der zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien. Am 23. April 2007 beantragte die Erstbeschwerdeführerin bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft auf (ihre minderjährigen Kinder) die zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 2009 wies die belangte Behörde den Verleihungsantrag der Erstbeschwerdeführerin "gemäß § 10a Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 4 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311/1985 i. d.g.F." (Spruchpunkt 1.) und die Erstreckungsanträge "gemäß §§ 16, 17 und 18 des StbG, BGBl. Nr. 311/1985 i.d.g.F."
(Spruchpunkt 2.) ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Erstbeschwerdeführerin erfülle die Verleihungsvoraussetzung einer rechtmäßigen Niederlassung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht. Dass die Erstbeschwerdeführerin seit 1992 (mit laufenden Unterbrechungen) zum Teil weder nach Fremdengesetz noch Asylgesetz legal aufhältig und zu keinem Zeitpunkt niedergelassen gewesen sei, spreche gegen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft. Durch fortgesetztes Stellen rechtlich aussichtsloser Asylanträge habe die Erstbeschwerdeführerin versucht, "in Österreich Fuß zu fassen". Sie sei vom 26. Februar 2001 bis 18. Oktober 2004 weder nach dem FrG 1997 noch dem Asylgesetz zum Aufenthalt berechtigt gewesen; im Jahr 2001 sei sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und "dreieinhalb Jahre lang illegal - ohne jeglichen Aufenthaltstitel - in Österreich aufhältig gewesen". Ihr Hinweis auf das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit könne ihre Situation nicht ändern, "zumal ein rechtmäßiger und gewöhnlicher Aufenthalt von 10 Jahren nachweislich nicht vorliegt". Die Erstbeschwerdeführerin sei zu ihrem in Österreich befindlichen Mann "illegal" eingereist und habe fünfmal in Österreich um Asyl gebeten; ihr sei aber zu keinem Zeitpunkt der Status als Asylberechtigte zuerkannt worden. Im Jahr 2006 sei ihr der Status als subsidiär Schutzberechtigte zuerkannt worden, "um ihr und den minderjährigen Kindern im Rahmen des Familienverfahrens denselben Schutzumfang wie dem Ehemann zu gewähren".
Die Erstbeschwerdeführerin erfülle - da sie nicht in der Lage sei, die erforderlichen Niederlassungszeiten nachzuweisen - die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG 1985 nicht. Auch die Tatbestände "nach §§ 10 Abs. 4; 11 Abs. 2 oder 58c StbG" seien "auf den gegebenen Sachverhalt nicht anwendbar". Da der Verleihungsantrag abzuweisen sei, seien die Voraussetzungen für die Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.
Gemäß § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 leg. cit. die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn ihm der Status als Asylberechtigter zukommt, sofern das Bundesasylamt auf Anfrage mitteilt, dass weder ein Verfahren nach § 7 AsylG 2005 eingeleitet wurde, noch die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens vorliegen.
Die Beschwerde macht im Wesentlichen geltend, der Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin in Österreich sei rechtmäßig. Ihr Aufenthalt sei nicht erst ab 2006 sondern während des gesamten Asylverfahrens rechtmäßig gewesen. Auf den "rechtmäßigen Aufenthalt nach dem NAG" könne nicht abgestellt werden. Dies würde - nach Ansicht der Beschwerde - eine Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Republik Österreich nach dem Europäischen Übereinkommen über Staatsangehörigkeit darstellen. In ihrer Erklärung zu diesem Übereinkommen habe die Republik Österreich auf den Hauptwohnsitz abgestellt. Ein Abstellen auf eine Niederlassungsbewilligung (nach NAG) unter Außerachtlassung des Hauptwohnsitzes sei "demnach gesetzwidrig". Eine fünfjährige Niederlassung würde "den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben widersprechen und eine Diskriminierung subsidiärer Schutzberechtigter bedeuten".
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit zumindest fünf Jahre niedergelassen ist, wobei diese beiden Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0943, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0520, unter Hinweis auf Vorjudikatur das Kriterium des zehnjährigen und rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zusammenfassend erläutert sowie die Voraussetzungen für die Erfüllung des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung dargelegt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Der Begriff "niedergelassen" ist demnach im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 und 3 NAG zu verstehen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0070); die "Niederlassung" ist eine qualifizierte Form des Aufenthalts.
Hinsichtlich des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung benötigt der Staatsbürgerschaftswerber zur Niederlassung entweder einen "Aufenthaltstitel" nach dem ersten bis dritten Hauptstück des zweiten Teiles des NAG oder er muss sich als EWR- oder Schweizerbürger nach Maßgabe der Bestimmungen des vierten Hauptstückes des NAG "rechtmäßig" im Bundesgebiet niedergelassen haben.
"Niedergelassen" im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG ist demnach, wer - als Drittstaatsangehöriger - zu einem der in § 2 Abs. 2 NAG genannten Zwecke auf der Grundlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels (Niederlassungsbewilligung bzw. Niederlassungsberechtigung) mindestens fünf Jahre in Österreich aufhältig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2010/01/0002).
Der ins Treffen geführte Status des subsidiär Schutzberechtigten verschaffte der Erstbeschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel zur Niederlassung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2010/01/0002). Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Nach den (unbestrittenen) Feststellungen im angefochtenen Bescheid verfügt die Erstbeschwerdeführerin während ihres Aufenthaltes in Österreich über keine Niederlassung bzw. keine Niederlassungszeiten.
Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Verleihungsantrages tragend darauf, dass die Erstbeschwerdeführerin das Erfordernis einer mindestens fünfjährigen Niederlassung nicht erfüllt habe.
Die Beschwerde legt dagegen zwar ausführlich dar, warum der Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin in Österreich als rechtmäßig anzusehen wäre, sie zeigt aber eine Niederlassung bzw. Niederlassungszeiten der Erstbeschwerdeführerin nicht auf.
Insoweit die Beschwerde auf den Begriff des Hauptwohnsitzes verweist ist zu erwidern, dass es nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 1 ("rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten") bzw. des § 11a Abs. 4 StbG ("nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von") in der hier maßgeblichen Fassung nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den Hauptwohnsitz, sondern auf den durchgehenden rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet in der erforderlichen Mindestdauer, zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde, ankommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2011, Zl. 2009/01/0020). Die Argumentation der Beschwerde, ein Abstellen auf eine Niederlassungsbewilligung unter Außerachtlassung des Kriteriums des Hauptwohnsitzes sei "gesetzwidrig", ist demnach unschlüssig, steht diese Argumentation doch mit den hier maßgeblichen Bestimmungen des StbG nicht im Einklang.
Der Hinweis der Beschwerde auf das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit (BGBl. III Nr. 39/2000) geht ins Leere bzw. zeigt die Beschwerde damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht auf, weil anlässlich der Ratifikation dieses Staatsvertrages beschlossen wurde, dass dieses Übereinkommen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Selbst wenn dieses Übereinkommen nach der Argumentation der Beschwerde angeblich (durch den österreichischen Gesetzgeber) nicht umgesetzt wurde, ist es daher innerstaatlich nicht unmittelbar anwendbar.
Die belangte Behörde hatte im vorliegenden Fall das StbG anzuwenden. Sie ging zu Recht davon aus, dass die Erstbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (22. Dezember 2009) nicht zu mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen (im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG) war, weil sie über keine Niederlassungsbewilligung bzw. keinen sonstigen Nachweis der Rechtmäßigkeit der Niederlassung verfügte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. Jänner 2012
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)