VwGH 2010/01/0002

VwGH2010/01/000220.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des B C in F, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. April 2008, Zl. FA7C - 11 - 691/2007-8, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §8;
AufG 1992;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §8;
AufG 1992;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, hält sich seit 16. Oktober 1996 in Österreich auf. Er stellte am selben Tag einen Asylantrag.

Mit Bescheid vom 4. November 2004 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab, stellte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei gemäß § 8 Abs. 1 AsylG als nicht zulässig fest und erteilte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG bis 3. November 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung. Zuletzt (am 29. August 2007) stellte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer eine Karte für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 52 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) mit befristeter Aufenthaltsgültigkeit bis 7. August 2010 aus, die zum Nachweis der Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet dient.

Am 20. Dezember 2007 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. April 2008 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß "§§ 11, 10 und 11a Abs. 4 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311/1985 i.d.F. BGBl. I Nr. 37/2006 in Verbindung mit § 64a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 i.d.F.

BGBl. I Nr. 37/2006" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer halte sich seit 16. Oktober 1996 rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich auf. Er verfüge jedoch (seit er sich in Österreich aufhalte) über keine Niederlassungsbewilligung. Daher erfülle der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht, weil er (noch) nicht fünf Jahre niedergelassen sei. Auch die im § 11a Abs. 4 StbG genannten Voraussetzungen erfülle der Beschwerdeführer (aus den näher dargelegten Gründen) nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30. November 2009, B 969/08-7, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - nach Ablehnung ihrer Behandlung und Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof ergänzte - Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, der dem Beschwerdeführer zuerkannte Status als subsidiär Schutzberechtigter erfülle die Kriterien einer Niederlassung. "Zum Zeitpunkt der Antragstellung" habe der Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt, einen Niederlassungstitel nach dem NAG zu erhalten. Die Niederlassung könne nur so angesehen werden, dass "eine subsidiäre Schutzberechtigung, selbst wenn sie zeitlich immer befristet wird, einer Niederlassung im Sinne des § 2 (2) und (3) NAG gleichzuhalten ist".

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit zumindest fünf Jahre niedergelassen ist, wobei diese beiden Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0943, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0520, unter Hinweis auf Vorjudikatur das Kriterium des zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zusammenfassend erläutert sowie die Voraussetzungen für die Erfüllung des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung dargelegt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Der Begriff "niedergelassen" ist demnach im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 und 3 NAG zu verstehen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0070); die "Niederlassung" ist eine qualifizierte Form des Aufenthalts.

Hinsichtlich des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung benötigt der Staatsbürgerschaftswerber zur Niederlassung entweder einen "Aufenthaltstitel" nach dem

1. bis 3. Hauptstück des 2. Teiles des NAG, oder er muss sich als EWR- oder Schweizer Bürger nach Maßgabe der Bestimmungen des 4. Hauptstückes des NAG "rechtmäßig" im Bundesgebiet niedergelassen haben.

"Niedergelassen" im Sinn des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG ist demnach, wer - als Drittstaatsangehöriger - zu einem der in § 2 Abs. 2 NAG genannten Zwecke auf der Grundlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels (Niederlassungsbewilligung bzw. Niederlassungsberechtigung) mindestens fünf Jahre in Österreich aufhältig ist.

Nach den (unbestrittenen) Feststellungen im angefochtenen Bescheid verfügt der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich über keine Niederlassung bzw. keine Niederlassungszeiten.

Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Verleihungsantrages tragend darauf, dass der Beschwerdeführer damit das Erfordernis einer mindestens fünfjährigen Niederlassung nicht erfüllt habe.

Der dagegen ins Treffen geführte Status des subsidiär Schutzberechtigten verschaffte dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltstitel zur Niederlassung. Dieser (dem Beschwerdeführer zuerkannte) Status stellt ein vorübergehendes, verlängerbares Einreise- und Aufenthaltsrecht dar, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 bzw. Asylgesetzes 2005 gewährt (vgl. dazu Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht (2007), Seite 98, Rz 205 und 209 ff; sowie das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zl. 2008/21/0336). Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gilt zufolge seines § 1 Abs. 2 Z.1 für diese, nach asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigte, Fremde nicht. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Auffassung, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten sei einer Niederlassung "gleichzuhalten", nicht im Recht, erfolgte sein Aufenthalt in Österreich doch eindeutig nicht zu einem der in § 2 Abs. 2 NAG genannten Zwecke auf der Grundlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels (Niederlassungsbewilligung bzw. Niederlassungsberechtigung). Dass er sich auf anderer Grundlage, etwa als EWR- oder Schweizer Bürger bzw. nach dem Fremdengesetz 1997 oder dem Aufenthaltsgesetz im Bundesgebiet niedergelassen hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Insoweit der Beschwerdeführer darauf verweist, er habe Zugang zum Arbeitsmarkt (zu Beschäftigung), ist zu erwidern, dass diese aus dem Status des subsidiär Schutzberechtigten sich ergebende Berechtigung, in Österreich zu arbeiten, auf keinem Aufenthaltstitel beruht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0070; sowie auch Putzer/Rohrböck, aaO, Rz 207).

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall somit zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (15. April 2008) nicht zumindest fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen (im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG) war, weil er über keine Niederlassungsbewilligung bzw. keinen sonstigen Nachweis der Rechtmäßigkeit der Niederlassung verfügte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. September 2011

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