VwGH 2009/01/0003

VwGH2009/01/000319.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des M P in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2 /74, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. Oktober 2008, Zl. MA 35/III-P 48/2006, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §138 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art50 Abs2;
StaatsangehörigkeitÜbk Eur;
StbG 1965 §42 Abs3;
StbG 1965 §7 Abs1;
StbG 1965 §7 Abs3;
ABGB §138 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art50 Abs2;
StaatsangehörigkeitÜbk Eur;
StbG 1965 §42 Abs3;
StbG 1965 §7 Abs1;
StbG 1965 §7 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß §§ 39 und 42 Abs. 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311/1985 "in der geltenden Fassung" (StbG), fest, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft weder kraft Abstammung mit Geburt noch auf andere Weise erworben hat und nicht österreichischer Staatsbürger ist.

Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, der Beschwerdeführer sei am 22. März 1977 in Warschau geboren. Seine Mutter Barbara P., geboren am 12. September 1940 in Warschau, sei zu diesem Zeitpunkt polnische Staatsangehörige und aufgrund der Eheschließung beim Standesamt Warschau-Innenstadt am 10. Juli 1971 mit dem österreichischen Staatsbürger Adalbert P., geboren am 13. April 1914 in Wien, verheiratet gewesen. Die Mutter des Beschwerdeführers habe die österreichische Staatsbürgerschaft am 22. November 1977 durch Erklärung gemäß § 9 Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 (StbG 1965) erworben.

Da der Beschwerdeführer zufolge der Ehelichkeitsvermutung des § 138 Abs. 1 ABGB in der zum Zeitpunkt seiner Geburt geltenden Fassung zunächst als das eheliche Kind des Adalbert P. anzusehen gewesen sei, habe er, solange die Vermutung der Ehelichkeit nicht widerlegt gewesen sei, von diesem gemäß § 7 Abs. 1 StbG 1965 die österreichische Staatsbürgerschaft ableiten können. Daher habe die österreichische Botschaft in Warschau am 3. Juni 1977 für den Beschwerdeführer einen Staatsbürgerschaftsnachweis ausstellen können. Anlässlich der Beantragung der Ausstellung eines neuen Staatsbürgerschaftsnachweises habe der Beschwerdeführer der Evidenzstelle der Gemeinde Wien am 30. Oktober 2006 eine vollständige Abschrift seiner Geburtsurkunde vorgelegt. Dieser sei zu entnehmen, dass das Landesgericht in Warschau mit Urteil vom 24. November 1980 (in Rechtskraft erwachsen am 16. Dezember 1980) erkannt habe, dass Adalbert P., der damalige Ehemann der Mutter des Beschwerdeführers, nicht der Vater des Beschwerdeführers sei. Dieses Urteil sei gemäß § 48 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die wechselseitigen Beziehungen in bürgerlichen Rechtssachen und über Urkundenwesen vom 11. Dezember 1963, BGBl. Nr. 79/1974, für den österreichischen Rechtsbereich gültig. Weiters sei ein Urteilsspruch des Ortsgerichtes Warschau vom 25. Februar 1983 vorgelegt worden, wonach Jerzy G., geboren am 9. März 1935 in der früheren UdSSR, der Vater des Beschwerdeführers sei und der Beschwerdeführer den Familiennamen des Vaters - G. - trage.

Da der Beschwerdeführer demnach nicht das eheliche Kind des Adalbert P. sei, könne er von diesem die österreichische Staatsbürgerschaft nicht gemäß § 7 Abs. 1 StbG 1965 kraft Abstammung ableiten. Ein Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft kraft Abstammung nach der unehelichen Mutter gemäß § 7 Abs. 3 StbG 1965 sei ebenso wenig erfolgt, da diese zum Zeitpunkt seiner Geburt noch nicht österreichische Staatsbürgerin gewesen sei. Der spätere Staatsbürgerschaftserwerb der Mutter habe sich nicht auf den Beschwerdeführer erstreckt. Da der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft auch nicht auf andere Weise erworben habe, sei er nicht österreichischer Staatsbürger.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers gegenüber der belangten Behörde sei auszuführen, dass aus der Unkenntnis der österreichischen Behörden über den Nichterwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft und der daraus resultierenden Einberufung zum österreichischen Bundesheer ein Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht abgeleitet werden könne. Die Einholung eines Nachweises, dass der Beschwerdeführer die polnische Staatsangehörigkeit erworben habe, sei zur Feststellung seiner Staatsbürgerschaft nicht erforderlich, da es für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung ohne Belang sei, ob das Kind mit Geburt auch eine fremde Staatsangehörigkeit erwerbe. Auch habe in Anbetracht der eindeutigen Sach- und Rechtslage die Einholung eines Rechtsgutachtens des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten zu den vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen des Völkergewohnheitsrechts unterbleiben können. Schließlich sei dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit, BGBl. III Nr. 39/2000, wonach die Feststellung, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht erworben habe, aufgrund seiner Volljährigkeit nicht mehr zulässig sei, zu entgegnen, dass Österreich zu Art. 7 Abs. 3 iVm Art. 7 Abs. 1 lit. f des genannten Übereinkommens den Vorbehalt abgegeben habe, sich das Recht vorzubehalten, einem Staatsbürger die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sofern, zu welchem Zeitpunkt auch immer, festgestellt wurde, dass die durch innerstaatliches Recht bestimmten Voraussetzungen, die zum Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft kraft Gesetzes geführt haben, nicht mehr erfüllt sind.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 15. Dezember 2008, B 1970/08-3, ablehnte, und sie mit weiterem Beschluss vom 12. Jänner 2009 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde mit Schriftsatz vom 20. Februar 2009. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zutreffend geht die belangte Behörde davon aus, dass die Frage, ob der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft mit Geburt durch Abstammung erlangt hat, nach den staatsbürgerschaftsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen ist, die zum betreffenden Zeitpunkt - das ist gegenständlich der 22. März 1977 - in Geltung standen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. März 2010, Zl. 2007/01/0482, mwN).

Gemäß § 7 Abs. 1 StbG 1965, BGBl. Nr. 250 (in der hier maßgeblichen Fassung vor der StbG-Novelle 1983, BGBl. Nr. 170) erwarb ein eheliches Kind mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger war oder die Staatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes erfolgten Ablebens besessen hatte.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. erwarb ein uneheliches Kind mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn seine Mutter in diesem Zeitpunkt Staatsbürgerin war.

Gemäß § 138 Abs. 1 ABGB (in der zum Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers am 22. März 1977 geltenden Fassung) streitet für ein Kind, welches nach geschlossener Ehe und vor Ablauf des dreihundertzweiten Tages nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe von der Gattin geboren wird, die Vermutung der ehelichen Geburt.

2. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, durch die gerichtliche Feststellung, wonach der (österreichische) Ehemann der Mutter des Beschwerdeführers nicht dessen Vater sei, sei die Vermutung des § 138 Abs. 1 ABGB widerlegt, weshalb der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht durch Abstammung iSd § 7 Abs. 1 StbG 1965 erlangt habe. Da seine Mutter im Zeitpunkt seiner Geburt nicht österreichische Staatsbürgerin gewesen sei, habe er die österreichische Staatsbürgerschaft auch nicht gemäß § 7 Abs. 3 StbG 1965 erworben. Es sei daher - zumal der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft auch nicht auf andere Weise erworben habe - gemäß §§ 39 und 42 Abs. 3 StbG 1985 festzustellen gewesen, dass der Beschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger sei.

3.1. Soweit die Beschwerde zunächst vorbringt, beim angefochtenen Bescheid handle es sich um einen solchen über die Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft, ist dem nicht zu folgen.

3.1.1. Allein aus dem Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof die behördliche Beantwortung der Frage zu prüfen hat, ob der Beschwerdeführer nach wie vor österreichischer Staatsbürger ist, folgt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass er bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides (in dem festgestellt wird, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft weder kraft Abstammung mit Geburt noch auf andere Weise erworben hat) österreichischer Staatsbürger gewesen und ihm die österreichische Staatsbürgerschaft durch den angefochtenen Bescheid entzogen worden sei. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in den Erkenntnissen vom 10. Oktober 1973, VfSlg. 7161, und vom 16. März 1977, VfSlg. 8006, verweist, ist für sie daraus nichts zu gewinnen, geht es dort doch allein um die Frage, ob der Gleichheitssatz gemäß Art. 2 StGG und Art. 7 B-VG als (ein nur Staatsbürgern gewährleistetes Recht) als Prüfungsmaßstab für Bescheide heranzuziehen ist, mit denen die Staatsbürgerschaft gemäß § 34 StbG 1965 entzogen bzw. der Verlust der Staatsbürgerschaft gemäß § 27 StbG 1965 festgestellt wurde, obwohl die dort beschwerdeführenden Parteien die österreichische Staatsbürgerschaft im Entscheidungszeitpunkt aufgrund der Rechtskraft der bekämpften Bescheide gerade nicht mehr besaßen.

3.1.2. Auch der Beschwerdehinweis auf die Kritik von Thienel (Österreichische Staatsbürgerschaft, Bd. I, 1989, S. 181) an den Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, VwSlg. 11.921/A, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, da auch Thienel zur hier gegenständlichen Konstellation, in der ein eheliches Kind, das die Staatsbürgerschaft kraft Abstammung erworben hat und das in der Folge für unehelich erklärt wird, die Ansicht vertritt, dass dieses als ursprünglich unehelich gilt und die Staatsbürgerschaft demnach - weil nunmehr rechtskräftig festgestellt ist, dass eine Erwerbsvoraussetzung fehlt - rückwirkend verliert (vgl. Thienel, a.a.O., S. 180).

3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet auch das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 42 Abs. 3 StbG. Dem ist mit der ständigen hg. Rechtsprechung zu erwidern, dass sich das öffentliche Interesse an der amtswegigen Feststellung in einem Fall wie dem vorliegenden schon aus dem Interesse des Staates ergibt, nicht darüber im Zweifel zu sein, ob eine bestimmte Person Staatsangehöriger ist oder nicht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. März 2010, Zl. 2007/01/0482, und vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/1170).

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, dass der Staatsbürgerschaftsbehörde durch § 42 Abs. 3 StbG die Möglichkeit gegeben werde, durch die Erlassung eines Feststellungsbescheides Staatsbürger "faktisch auszubürgern", und dass das Feststellungsverfahren seiner Ansicht nach ein legitimes Ziel im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK verfolgen müsse, ist zudem anzumerken, dass das bloße Absehen von der Erlassung eines Feststellungsbescheides dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verschaffen könnte, wenn die Voraussetzungen für den Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Abstammung nicht gegeben waren und die Staatsbürgerschaft auch nicht auf andere Weise erworben wurde.

3.3. Als Verfahrensmangel macht die Beschwerde geltend, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen habe, welche (andere) Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer allenfalls erworben oder zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides innegehabt habe.

3.3.1. Dazu bringt die Beschwerde vor, gemäß Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über die polnische Staatsangehörigkeit vom 15. Februar 1962 erwerbe ein Kind die polnische Staatsangehörigkeit (u.a.) dann, wenn ein Elternteil polnischer Staatsangehöriger sei und nicht beide Eltern innerhalb von drei Monaten nach der Geburt erklärten, dass sie für das Kind die Staatsangehörigkeit des anderen Elternteils wählen (zu ergänzen:

sofern das Kind nach dem Recht dieses Staates dessen Staatsangehörigkeit erwirbt). Gemäß Art. 13 Abs. 3 dieses Gesetzes erstrecke sich die einem Elternteil erteilte Zustimmung zum Verzicht auf die polnische Staatsangehörigkeit auf die unter seiner elterlichen Gewalt stehenden Kinder, falls dem anderen Elternteil die Obsorge nicht zustehe oder er nicht polnischer Staatsbürger sei. Die Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises für den Beschwerdeführer seitens der österreichischen Botschaft in Warschau am 3. Juni 1977 indiziere, dass gegenüber den polnischen Behörden eine Erklärung gemäß Art. 6 des genannten Gesetzes "abgegeben worden sein dürfte". Die Urteile vom 24. November 1980 bzw. vom 25. Februar 1983 enthielten keine Aussage zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Soweit mit dem im November 1977 erfolgten Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch die Mutter des Beschwerdeführers gemäß § 9 StbG 1965 deren Verzicht auf die polnische Staatsbürgerschaft "einher gegangen sein sollte", hätte sich dieser auch auf den Beschwerdeführer erstreckt.

Dieser Feststellungsmangel sei deshalb relevant, weil gemäß Art. 48 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die wechselseitigen Beziehungen in bürgerlichen Rechtssachen und über Urkundenwesen, BGBl. Nr. 79/1974 (in der Folge: Abkommen), auf den die belangte Behörde zur Maßgeblichkeit des Urteils vom 24. November 1980 verweise, eine Zuständigkeit des polnischen Gerichts in Anbetracht des damaligen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich nur unter der Voraussetzung seiner damaligen polnischen Staatsangehörigkeit bestanden habe (gemeint: das polnische Gericht gemäß Art. 49 lit. a des Abkommens nur unter der Voraussetzung der polnischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zuständig gewesen und diese Zuständigkeit gemäß Art. 48 Abs. 1 des Abkommens eine Voraussetzung für die Anerkennung seiner Entscheidung in Österreich sei). Durch die bloße Existenz des genannten Gerichtsurteils sei die Vermutung der Ehelichkeit der Geburt des Beschwerdeführers bzw. seiner Abstammung von einem österreichischen Staatsbürger somit nicht als widerlegt anzusehen, sondern sei vielmehr zunächst seine damalige Staatsangehörigkeit - etwa durch Vernehmung seiner Mutter als Zeugin - festzustellen.

3.3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zwar trifft es zu, dass die belangte Behörde ausdrückliche Feststellungen über die polnische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers für nicht erforderlich erachtet hat, weil der Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit für die Frage, ob der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben habe, ohne Belang ist. Soweit der Beschwerdeführer diese fehlende Feststellung aber nunmehr im Hinblick auf die Zuständigkeit des polnischen Gerichtes zur Feststellung seiner Abstammung rügt, behauptet er keinen Sachverhalt, der zur Annahme von dessen Unzuständigkeit führen müsste. Ausgehend von den (auch in der Beschwerde zitierten) Bestimmungen des polnischen Staatsangehörigkeitsrechts wäre der Beschwerdeführer als Kind einer (bei seiner Geburt) polnischen Staatsbürgerin nämlich zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Feststellung seiner Abstammung (nur) dann nicht polnischer Staatsangehöriger gewesen, wenn entweder (gemäß Art. 6 Abs. 1) seine Eltern innerhalb von drei Monaten nach seiner Geburt vor der zuständigen Behörde übereinstimmend erklärt hätten, (nur) die österreichische Staatsbürgerschaft für ihn zu wählen, oder (gemäß Art. 13 Abs. 1 und 3) seine Mutter anlässlich ihres Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft den Verzicht auf die polnische Staatsangehörigkeit erklärt hätte. Dass eine dieser Handlungen gesetzt worden sei, wird in der Beschwerde - etwa durch die (bloße) Rüge, die belangte Behörde hätte die Mutter des Beschwerdeführers als Zeugin befragen müssen, ohne darzulegen, was diese zum Sachverhalt angegeben hätte - nicht konkret behauptet. Somit wird aber nicht aufgezeigt, dass die belangte Behörde zur Feststellung, der Beschwerdeführer sei nicht Staatsangehöriger von Polen gewesen, und somit zur Annahme, das polnische Gericht sei zur Beurteilung seiner Abstammung nicht zuständig gewesen, gelangen hätte müssen. Dem Beschwerdeargument, die Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises durch die österreichische Botschaft indiziere, dass eine Erklärung gemäß Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über die polnische Staatsangehörigkeit abgegeben worden sei, hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, dass der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung, solange ein österreichischer Staatsbürger als ehelicher Vater galt, von der "Ausschlagung" der polnischen Staatsangehörigkeit unabhängig war.

3.3.3. Soweit die Beschwerde meint, Feststellungen dahingehend, ob der Beschwerdeführer (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) auch über die polnische Staatsangehörigkeit verfüge, seien auch hinsichtlich seines unionsrechtlichen Status relevant, und dazu auf das "anhängige Vorabentscheidungsersuchen (…) in der Rechtssache Janko Rottmann gegen den Freistaat Bayern" - nunmehr: Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 3. März 2010 in der Rechtssache C-135/08 , Rottmann - verweist, führt auch dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Dem Urteil "Rottmann" zufolge ist in der dort zugrunde liegenden Konstellation, nämlich wenn eine Rücknahme der Einbürgerung (Entziehung der Staatsbürgerschaft) zur Folge hat, dass der Betroffene neben der Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaates der Einbürgerung auch die Unionsbürgerschaft verliert, "zu prüfen, ob die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die unionsrechtliche Stellung des Betroffenen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt" (Randnummern 54, 55 und 59). In einer derartigen Konstellation können somit fallbezogen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Entziehung der Staatsbürgerschaft aus unionsrechtlichen Erwägungen ausnahmsweise unverhältnismäßig ist (vgl. näher etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/01/0060, mwN).

Demgegenüber wurde dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren nicht die österreichische Staatsangehörigkeit entzogen, sondern wurde mit Bescheid festgestellt, dass er diese nicht erworben habe. Soweit die Beschwerde somit- für den Fall, dass der Beschwerdeführer nicht polnischer Staatsangehöriger sei - (erkennbar) die Nichtanwendung des § 42 Abs. 3 StbG unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten für erforderlich erachtet, ist wiederum darauf hinzuweisen, dass das Absehen von der Erlassung eines Feststellungsbescheides dem Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verschaffen könnte. Für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinn der vom EuGH im Urteil "Rottmann" aufgestellten Kriterien bleibt somit kein Raum.

3.3.4. Ausgehend vom Gesagten ist schließlich auch die vom Beschwerdeführer angeregte Befassung des EuGH mit näher dargestellten Fragen zur Vereinbarkeit der gegenständlichen Feststellung mit dem Unionsrecht im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht zielführend.

3.4. Soweit die Beschwerde vorbringt, die durch die gegenständliche Feststellung faktisch bewirkte "Aberkennung" der Staatsbürgerschaft sei völkerrechtswidrig, räumt sie selbst ein, dass das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit, BGBl. III Nr. 39/2000, (ebenso wie das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit, BGBl. Nr. 538/1974) von Österreich nur mit Erfüllungsvorbehalt ratifiziert wurde. Das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit ist demnach vom Verwaltungsgerichtshof für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides nicht heranzuziehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0243, und vom 21. November 2000, Zl. 2000/11/0183). Dass unabhängig von den genannten Abkommen eine - gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG innerstaatlich beachtliche - völkergewohnheitsrechtliche Übung bestünde, mit der der angefochtene Bescheid in Widerspruch stünde, ist - auch vor dem Hintergrund des umfangreichen Beschwerdevorbringens dazu - nicht ersichtlich (vgl. dazu das Kapitel zu völkergewohnheitsrechtlichen Normen über die Schranken des Erwerbes und Verlustes der Staatsangehörigkeit bei Thienel, a.a.O., S. 114 ff, insbesondere S. 135 ff).

4. Nach dem Gesagten ist die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei nicht österreichischer Staatsbürger, nicht zu beanstanden. Das Urteil, mit dem festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer nicht vom Ehemann seiner Mutter abstammt, beseitigt die Rechtsvermutung der Ehelichkeit gemäß § 138 Abs. 1 ABGB mit allseitiger Wirkung ex tunc. Der Beschwerdeführer konnte somit nicht gemäß § 7 Abs. 1 StbG 1965 mit der Geburt die Staatsbürgerschaft des österreichischen Ehemannes seiner Mutter erwerben. Er hat die österreichische Staatsbürgerschaft auch nicht gemäß § 7 Abs. 3 StbG erworben, weil seine Mutter zum Zeitpunkt seiner Geburt nicht österreichische Staatsbürgerin war. Der Beschwerdeführer, der die österreichische Staatsbürgerschaft auch nicht auf andere Weise erworben hat, galt lediglich von seiner Geburt bis zur Rechtskraft des Urteils, mit dem festgestellt wurde, dass der Ehemann seiner Mutter nicht sein Vater ist, aufgrund der auch für die Staatsbürgerschaftsbehörden bindenden Vermutung der Ehelichkeit als Person, der die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 7 Abs. 1 StbG 1965 zukommt, weshalb für ihn auch ein Staatsbürgerschaftsnachweis ausgestellt wurde. Da diese Vermutung widerlegt wurde, ist er nunmehr so zu behandeln, als hätte er sie nie besessen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/1170).

5. Abschließend ist anzumerken, dass der gegenständliche Beschwerdefall nicht mit jenen Konstellationen vergleichbar ist, in denen der Verwaltungsgerichtshof zuletzt gemäß Art. 140 Abs. 1 iVm Abs. 4 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt hat festzustellen, dass (u.a.) das Wort "uneheliches" in § 7 Abs. 3 StbG 1965 verfassungswidrig war (vgl. die hg. Beschlüsse jeweils vom 31. Mai 2012, Zl. A 2012/0014 und Zl. A 2012/0017). Eine solche Feststellung könnte fallbezogen zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Mutter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt seiner Geburt (noch) nicht österreichische Staatsbürgerin war. Entscheidend für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung ist im Fall des Beschwerdeführers somit nicht die Frage der Ehelichkeit bzw. Unehelichkeit seiner Geburt, sondern allein seine Abstammung von einem österreichischen Staatsbürger.

6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

8. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 19. September 2012

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