VwGH 2001/11/0243

VwGH2001/11/024326.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des P in Wien, vertreten durch Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Einberufungsbefehl des Militärkommandos Wien vom 29. März 2001, GBNr. W/79/15/01/11, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
B-VG Art50 Abs2;
EMRK Art6 Abs1;
SDÜ 1990 Art54;
StaatsangehörigkeitÜbk Eur;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6;
WehrG 1990 §35 Abs1;
WehrG 1990 §36a;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art50 Abs2;
EMRK Art6 Abs1;
SDÜ 1990 Art54;
StaatsangehörigkeitÜbk Eur;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6;
WehrG 1990 §35 Abs1;
WehrG 1990 §36a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Einberufungsbefehl des Militärkommandos Wien vom 29. März 2001 wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 2. Juli 2001 zur Leistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von 8 Monaten einberufen.

Gegen diesen Einberufungsbefehl richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer trägt vor, er habe um Befreiung vom Grundwehrdienst angesucht. Die belangte Behörde habe diesem Ansuchen nicht entsprochen, weil sie sich auf falsche und zum Teil widersprechende Feststellungen gestützt habe; das Ermittlungsverfahren sei daher mangelhaft. Deshalb habe die belangte Behörde auch zur Rechtsauffassung gelangen können, dass keine Gründe für eine amtswegige Befreiung im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz 1990 (WG) vorlägen.

Ob beim Beschwerdeführer Befreiungsgründe im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 2 WG vorlagen oder nicht, ist für die Rechtmäßigkeit des Einberufungsbefehls ohne Belang. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hindert weder das Vorliegen solcher Befreiungsgründe noch ein, sei es bei den Verwaltungsbehörden sei es bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, anhängiges Verfahren über einen Befreiungsantrag die Erlassung eines Einberufungsbefehls. Erst ein rechtskräftiger Befreiungsbescheid wäre ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehls (vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/11/0167, und vom 20. September 2001, Zl. 2001/11/0241).

Mit dem angefochtenen Bescheid wird nicht über eine Befreiung von der Präsenzdienstpflicht des Beschwerdeführers gemäß § 36a WG entschieden. Ob daher in einem gemäß § 36a WG durchgeführten Verfahren der belangten Behörde Verfahrensfehler unterlaufen sind, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einberufungsbefehles nicht von entscheidender Bedeutung.

Die Berufung des Beschwerdeführers auf seine Doppelstaatsbürgerschaft (der Beschwerdeführer ist sowohl österreichischer als auch griechischer Staatsbürger) ändert an der Präsenzdienstpflicht des Beschwerdeführers nichts. Art. 6 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit, BGBl. Nr. 471/1975, welche die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit näher regelt, ist nur auf "Personen, welche die Staatsangehörigkeit von zwei oder mehr Vertragsparteien besitzen", anzuwenden. Griechenland ist diesem Übereinkommen nicht beigetreten. In Ermangelung eines bilateralen Abkommens zwischen Österreich und Griechenland über diese Frage und infolge Fehlens einer die Militärdienstpflicht beseitigenden inländischen gesetzlichen Bestimmung ist daher der Beschwerdeführer präsenzdienstpflichtig. Die Ableistung des Militärdienstes in Griechenland kann daran nichts ändern (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Zl. 96/11/0270).

Auch mit dem Hinweis auf das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit samt Vorbehalt und Erklärungen der Republik Österreich, BGBl. III Nr. 39/2000, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil der Nationalrat anlässlich der Genehmigung dieses Staatsvertrages gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG beschlossen hat, dass dieser Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit ist demnach vom Verwaltungsgerichtshof für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides nicht heranzuziehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 2000/11/0183).

Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des Einberufungsbefehles auch darin, dass er ohne nähere Begründung zur Leistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von 8 Monaten einberufen worden sei. Es seien keine militärischen Gründe ersichtlich, welche es erforderten, dass der Beschwerdeführer zu 8 Monaten Grundwehrdienst einberufen werde. Auch seien nicht die militärischen Interessen zu erkennen, welche das Höchstmaß der Einberufungszeit rechtfertigten. Bezüglich der Dauer des Grundwehrdienstes sei er auch in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden und fehle es im Bescheid an einer entsprechenden Begründung. Dies sei umso wichtiger, als es sich dabei um eine Interessenabwägung handle, welche darzulegen und zu begründen sei; der Grundwehrdienst betrage grundsätzlich 6 Monate, die Einberufung in der Dauer von 8 Monaten stelle die Ausnahme dar.

Diesbezüglich ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass Einberufungsbefehle in Ansehung der militärischen Interessen, die die Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes betreffen, keiner Begründung bedürfen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0317, und vom 24. Oktober 2000, Zl. 99/11/0380).

Insoweit der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des Einberufungsbefehles unter Bezugnahme auf Art. 54 des Übereinkommens von Schengen deshalb erblickt, weil unzulässiger Weise - durch die Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes für Griechenland und Österreich - eine Doppelbestrafung verfügt werde, ist darauf hinzuweisen, dass eine Doppel- oder Mehrfachbestrafung eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung voraussetzt (vgl. VfSlg. 14969). Verpflichtungen zur Leistung des Präsenzdienstes gehören nicht zu den Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 1 EMRK.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Februar 2002

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