VwGH 2011/17/0171

VwGH2011/17/017114.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden 1. der Bundesministerin für Finanzen in Wien (Zl. 2011/17/0171), 2. der KB U GmbH in G und 3. der P V GmbH in Graz (Zl. 2011/17/0173), vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 25. Mai 2011, Zl. VwSen-301033/2/Gf/Rt, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei zu Zl. 2011/17/0171: KB U GmbH), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GSpG 1989 §53;
VStG §39;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GSpG 1989 §53;
VStG §39;

 

Spruch:

Zu Zl. 2011/17/0171:

Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang (soweit damit der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. April 2011 in seinem Spruchpunkt 1. betreffend die Beschlagnahme des Glücksspielautomaten "Euro-Wechsler" aufgehoben wurde) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Zu Zl. 2011/17/0173:

Die Beschwerde wird (Bestätigung der Spruchpunkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Bescheides) als unbegründet abgewiesen.

Die zweit- und die drittbeschwerdeführenden Parteien KB U GmbH und P V GmbH haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (BH) vom 7. April 2011 wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme

1. eines Glücksspielautomaten der Type "Euro-Wechsler" samt Kasseninhalt von 19 Euro und zwei Geräteschlüsseln, die im Eigentum der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft KB U GmbH standen,

2. eines Glücksspielautomaten der Type "SCATTER GAMES" samt Kasseninhalt von 10 Euro und zwei Geräteschlüsseln, die im Eigentum der drittbeschwerdeführenden Partei P V GmbH standen, und

3. eines Glücksspielautomaten der Type "DST PLANET ONLINE" samt Kasseninhalt von 160 Euro sowie ein Geräteschlüssel und zwei Stiftschlüsseln, die im Eigentum der drittbeschwerdeführenden Partei P V GmbH standen,

ausgesprochen.

Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung der Berufung

ausgeschlossen.

Diesem Bescheid war die auf Grund der am 14. März 2011 durchgeführten Kontrolle erstellte gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen F vom 28. März 2011 angeschlossen, in der eine umfangreiche Funktionsbeschreibung des Spielautomaten "Euro-Wechsler" enthalten ist. Die BH führte u.a. aus, beim gegenständlichen "Euro-Wechsler" handle es sich um einen Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG, weil die Entscheidung über Gewinn oder Verlust selbstständig durch den Automat durch ein vom Spieler nicht beeinflussbares, von einem Zufallsgenerator gesteuertes Lauflichtstopp-Spiel herbeigeführt werde. Dass das Gerät auch über eine Geldwechselfunktion verfüge, sei unerheblich.

Gegen diesen Bescheid erhoben die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien Berufung, in der sie insbesondere ausführten, beim "Euro-Wechsler" handle es sich um keinen Glücksspielautomaten. Bei den beiden anderen beschlagnahmten Automaten seien Einsätze von mehr als 10 Euro möglich, sodass die Behörde gar nicht für die Beschlagnahme zuständig sei, vielmehr liege Gerichtszuständigkeit vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides (Beschlagnahme des "Euro-Wechslers") aufgehoben wurde. Im Übrigen wurde die Berufung (betreffend Spruchpunkt 2. und 3. des erstinstanzlichen Bescheides) als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der nach ihrer Ansicht anzuwendenden Rechtslage aus, dass Ausspielungen, hinsichtlich derer weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG noch eine solche nach dem Oö. Spielapparate- und Wettgesetz vorliege, jedenfalls einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes bildeten.

Hinsichtlich des "Euro-Wechslers" sei darauf hinzuweisen, dass sich auch aus der Stellungnahme der Amtspartei und dem dieser beigelegten Gutachten nicht ergebe, dass die Entscheidung über das Spielergebnis im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhänge. Vielmehr gehe auch das Finanzamt Grieskirchen Wels selbst davon aus, dass der Spieler nach Einwurf eines Geldstückes einige Takte eines Musikstückes probeweise hören und dann selbst entscheiden könne, ob er sich dieses - gegen Bezahlung des Einsatzes - in voller Länge anhören oder bei Nichtgefallen sein Entgelt wieder rückerstattet haben wolle. Bei einer derartigen Konstellation könne als einziges glücksspielartiges Element nur der Umstand angesehen werden, dass zunächst ohne Einflussmöglichkeit des Käufers vom Automaten selbsttätig ein Musikstück ausgewählt werde und nur dieser Vorgang vom Zufall abhänge. Daran anschließend könne jedoch der Benutzer selbst entscheiden, ob er diesen solcherart angebotenen Titel gegen ein Entgelt von 1 Euro anhören oder den eingeworfenen Geldbetrag rückerstattet haben wolle. Da es insoweit schon am Vorliegen an der Voraussetzung des § 2 Abs. 4 GSpG mangle, könne sohin auch kein hinreichend begründeter Verdacht auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes bestanden haben, sodass sich die auf § 53 GSpG gegründete Beschlagnahme des "Euro-Wechslers" als rechtswidrig erweise.

Im Übrigen seien die beschlagnahmten Geräte Glücksspielautomaten.

Dass die zweit- und drittbeschwerdeführenden Gesellschaften über eine sich auf das GSpG oder das Oö. Spielapparate- und Wettgesetz gegründete Konzession oder Bewilligung verfügten, hätten sie weder selbst vorgebracht noch habe sich im Ermittlungsverfahren ein entsprechender Anhaltspunkt ergeben.

Damit sei in beiden Fällen ein hinreichend begründeter Verdacht auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vorgelegen und darüber hinaus auch offensichtlich eine Gefahr dahin, dass mit den in Beschlag genommenen Geräten fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde, wenn sie den Rechtsmittelwerbern wieder ausgefolgt würden.

Abgesehen davon, dass nach der expliziten Anordnung des § 52 Abs. 2 GSpG u.a. die behördlichen Befugnisse im Rahmen von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 53 GSpG ohnehin auch dann unberührt blieben, wenn der Einsatz pro Spiel über 10 Euro liege und es sich sohin nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 4 Abs. 1 Z 2 lit. a GSpG und damit um den Verdacht einer Verwaltungsübertretung, sondern vielmehr um den der Begehung eines gerichtlich strafbaren, verbotenen Glücksspiels iSd § 168 StGB handle, wäre diese Subsidiarität aber von vornherein nur dann zum Tragen gekommen, wenn keine Ausspielung vorgelegen wäre. Dass im gegenständlichen Fall jedoch eine Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 GSpG vorgelegen sei, könne schon deshalb nicht zweifelhaft sein, weil die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien als Unternehmer im Sinne der weit gefassten Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 2 GSpG anderen die Teilnahme an Glücksspielen zugänglich gemacht hätten.

Die in diesen beiden Fällen auf § 53 GSpG gegründete Beschlagnahme der Glücksspielautomaten und der auf § 64 Abs. 2 AVG im dringenden öffentlichen Interesse verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung erwiesen sich daher jeweils als rechtmäßig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich einerseits die Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen, soweit damit die in Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte Beschlagnahme des Glücksspielautomaten "Euro-Wechsler" aufgehoben wurde (Zl. 2011/17/0171), und andererseits die Beschwerde der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien, soweit damit im Übrigen ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen und die Beschlagnahme der beiden weiteren Glücksspielautomaten samt Kasseninhalt und Schlüsseln bestätigt wurde (Zl. 2011/17/0173).

Die zu Zl. 2011/17/0171 mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der zur hg. Zl. 2011/17/0173 erhobene Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Rechtssachen wegen ihres tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges verbunden und darüber erwogen:

Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2011/17/0155 und 0150, verwiesen.

Die erstbeschwerdeführende Partei führt in ihrer Amtsbeschwerde aus, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sich auf Grund der Funktionsbeschreibung des "Euro-Wechslers" ergeben, dass es sich hiebei um einen Glücksspielautomaten im Sinne des GSpG handle.

Das hier beschlagnahmte Gerät "Euro-Wechsler" entspricht in seiner wesentlichen Funktionsweise jenem Glücksspielautomaten, der im hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, zu beurteilen war. Aus den in diesem Erkenntnis genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, handelt es sich auch beim hier vorliegenden Automaten um einen Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nur einen Teil des Spielablaufes ihrer rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt, sodass die Möglichkeit (auf Grund des durch einen Zufallsgenerator gesteuerten Lauflichtstopp-Spiels auf Ziffern- bzw. Zahlenfeldern) Gewinne zu erzielen, nicht berücksichtigt wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund im von der Amtsbeschwerde angefochtenen Umfang (soweit damit die Beschlagnahme des Glücksspielautomaten "Euro-Wechsler" aufgehoben wurde) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG, aufzuheben.

Die zu Zl. 2011/17/0173 protokollierte Beschwerde wurde von der zweitbeschwerdeführenden Partei KB U GmbH und der drittbeschwerdeführenden Partei P V GmbH erhoben. Die Glücksspielautomaten, deren Beschlagnahme mit dieser Beschwerde bekämpft wird, stehen unbestritten im Eigentum der drittbeschwerdeführenden Partei.

Im angefochtenen Bescheid finden sich keine Feststellungen, aus denen hervorginge, dass die zweitbeschwerdeführende Partei in irgendeinem gemäß dem GSpG relevanten Naheverhältnis zu diesen Glücksspielautomaten stünde, wobei nicht klar ist, ob lediglich verabsäumt wurde, entsprechende Feststellungen zu treffen, oder ob tatsächlich kein derartiges Naheverhältnis besteht.

Allerdings würde sich für die Zweitbeschwerdeführerin in jedem Fall nichts ändern. Träfe es nämlich zu, dass sie in keinem gemäß dem GSpG relevanten Naheverhältnis zu diesen Glücksspielautomaten stünde, käme ihr nämlich keine Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu. Die Zustellung eines Bescheides an eine Person macht diese nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nicht zur Partei des Verfahrens, wenn die Voraussetzungen für die Parteistellung objektiv nicht gegeben sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2009, Zl. 2009/17/0222). Für den Fall, dass der Zweitbeschwerdeführerin im Beschlagnahmeverfahren keine Parteistellung zukäme, wäre ihre Berufung von der belangten Behörde nicht abzuweisen, sondern zurückzuweisen gewesen. Durch die Ab- statt der Zurückweisung wäre die Zweitbeschwerdeführerin allerdings nicht in Rechten verletzt worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2011, Zl. 2011/17/0189). Der Beschwerde wäre daher auch diesfalls kein Erfolg beschieden gewesen.

Soweit in der Beschwerde der Standpunkt vertreten wird, die Verwaltungsbehörden wären zur Beschlagnahme der beiden Automaten nicht zuständig gewesen, weil auf diesen Automaten mit 10 Euro übersteigenden Einsätzen hätte gespielt werden können, sodass eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB und die Zuständigkeit der Strafgerichte vorgelegen wäre, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz durch die Verwaltungsbehörden auch dann zulässig ist, wenn eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorliegen sollte.

Entgegen den Beschwerdeausführungen, leidet der angefochtene Bescheid auch nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel, weil die beantragte Berufungsverhandlung nicht durchgeführt wurde. Der Sachverhalt war nämlich ausreichend geklärt, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung nicht erwarten ließ (§ 51e Abs. 4 VStG). Dem stand auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, weil lediglich Rechtsfragen zu beantworten waren (vgl. hiezu u.a. das Urteil des EGMR vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04, im Fall Hofbauer gegen Österreich 2).

Die zu Zl. 2011/17/0173 erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. Dezember 2011

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