VwGH 2010/04/0075

VwGH2010/04/007528.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Josef Dengg, Dr. Milan Vavrousek und Mag. Thomas Hölber, Rechtsanwälte in 5600 St. Johann im Pongau, Pöllnstraße 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 19. Mai 2010, Zl. UVS-4/10794/7-2010, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §114;
GewO 1994 §367a;
JugendG Slbg 1999 §36;
VStG §5 Abs1;
GewO 1994 §114;
GewO 1994 §367a;
JugendG Slbg 1999 §36;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem (nur insoweit) angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. Mai 2010 verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung gemäß § 114 erster Satz GewO 1994 iVm § 36 des Salzburger Jugendgesetzes (Sbg. JugendG) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,--.

Die belangte Behörde legte dem Beschwerdeführer zur Last, dieser habe es als gewerblicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P. GmbH - der Betreiberin der gastgewerblichen Betriebsanlage Diskothek F. bzw. Bar F. in S. - zu vertreten, dass am 20. November 2008 in der Zeit von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr an die Jugendlichen D.E. und F.A. (beide 17 Jahre alt) entgegen der Bestimmung des § 114 GewO 1994 branntweinhaltige alkoholische Getränke ausgeschenkt worden seien, obwohl gemäß § 36 Sbg. JugendG Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von alkoholischen Getränken und Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken nicht erlaubt sei.

Bei einer am 7. Juli 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung seien (unter anderem) D.E. und F.A. als Zeugen vernommen worden. Sie hätten bestätigt, dass sie zum Zeitpunkt der Kontrolle im Lokal gewesen seien und dass ihnen im Laufe des Abends alkoholische Getränke persönlich ausgeschenkt worden seien. D.E. habe bestätigt, dass sie beim Betreten des Lokales ein ihrem Alter entsprechendes Armband erhalten habe, jedoch habe das Servicepersonal dies beim Bestellen nicht beachtet. Der weitere Zeuge F.A. habe ausgeführt, dass er zu dieser Zeit mit einem Türsteher persönlich bekannt gewesen sei und er weder ein Armband erhalten noch nach seinem Ausweis gefragt worden sei; er habe bei der Bestellung von alkoholischen Getränken im Lokal noch nie Probleme gehabt.

Die belangte Behörde führte weiter aus, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat sei durch die betroffenen Jugendlichen, die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen worden seien, selbst bestätigt worden. Beide hätten angegeben, dass sie gebrannten Alkohol selbst bestellt und in der Folge auch konsumiert hätten. Probleme habe es - trotz des entsprechenden "Altersarmbandes" von D.E. - weder bei der Bestellung noch beim Erhalt des Getränkes gegeben. Die beiden Jugendlichen hätten den Eindruck gemacht, sich an den Lokalbesuch gut zu erinnern.

Der Beschwerdeführer habe auch nicht plausibel dargelegt, dass ihn an diesem Verstoß kein Verschulden treffe, weil er weder ausgeführt habe, welche Anordnungen - mit Ausnahme hinsichtlich des Armbandes - er seinem Personal im Detail gegeben, noch wie er selbst die Einhaltung dieser Anordnung kontrolliert habe. Obwohl D.E. das entsprechende Armband erhalten habe, habe sie problemlos hochprozentigen Alkohol selbst bestellen können. F.A. habe trotz seines Alters gar kein Armband erhalten; sein Alter sei am Eingang gar nicht festgestellt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmungen des § 114 GewO 1994 und des § 36 Sbg. JugendG - im Wesentlichen aus, Zweck des § 36 Sbg. JugendG sei unbestritten der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor einer Gefährdung ihrer körperlichen, geistigen, sittlichen, charakterlichen oder sozialen Entwicklung unter Beachtung der Verantwortlichkeit der Eltern oder sonstiger Erziehungsberechtigter. Diese Regel bilde eine Maßnahme gegen den Missbrauch von Alkohol. Mit Blick auf den Schutzzweck der Norm könne der Unrechtsgehalt dieser Tat als erheblich bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer habe mit seiner Tat Jugendlichen ermöglicht, sich in einen Zustand der Berauschung zu versetzen, und damit ihr geistiges, sittliches und soziales Verhalten negativ beeinträchtigt.

Dem Vorbringen in der Berufung, die konkreten Fälle bedeuteten "eine Quote von 0,5 %" und "dies sei normal", sei nicht zu folgen, weil einerseits nicht davon auszugehen sei, dass alle Besucher unter 18 Jahren gewesen seien, und andererseits auch nicht feststellbar sei, wie viele der anwesenden Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren überhaupt Alkohol konsumiert hätten. Darüber hinaus widerspreche es sich, wenn einerseits das Lokal vorsätzlich "überfüllt" und andererseits der Alkoholausschank an Jugendliche damit gerechtfertigt werde, dass eine Kontrolle aufgrund der hohen Gästezahl nicht mehr möglich sei. Zu rechtfertigen vermöge der Beschwerdeführer dies auch nicht mit der Anzahl der Gäste im Lokal oder der Verteilung von entsprechenden Armbändern.

In Anbetracht des Unrechtsgehalts der Tat könne keine Unangemessenheit der von der Erstbehörde verhängten Strafe festgestellt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3 600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 GewO 1994 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

Gemäß § 114 erster und zweiter Satz GewO 1994 ist es Gewerbetreibenden untersagt, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Die Gewerbetreibenden und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet ist, verlangen, um das Alter der Jugendlichen festzustellen.

Gemäß § 36 Abs. 1 erster bis vierter Satz Sbg. JugendG ist Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb, der Besitz und der Konsum von alkoholischen Getränken, Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb, der Besitz und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, und zwar auch in Form von Mischgetränken und unabhängig davon, ob sie vorgefertigt sind (z.B. Alkopops) oder selbst hergestellt werden, nicht erlaubt. Sonstige alkoholische Getränke dürfen von Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr nur insoweit konsumiert werden, als durch den Konsum nicht offenkundig ein Zustand der Berauschung hervorgerufen oder verstärkt wird. An Kinder und Jugendliche dürfen keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt oder sonst abgegeben werden, die sie nicht erwerben, besitzen oder konsumieren dürfen.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt - wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt -

zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer habe die erforderlichen Maßnahmen zur Kontrolle und die Beaufsichtigung der eingesetzten Mitarbeiter zum Zweck der Einhaltung der maßgeblichen Normen im Tätigkeitsbereich des Unternehmens durchgeführt. Die gegenständlichen Vorfälle seien jedoch nicht auf mangelnde Kontrollmaßnahmen oder mangelnde Beaufsichtigung der Mitarbeiter zurückzuführen, sondern hätten andere Ursachen. Das Funktionieren des Security-Dienstes sei sowohl von der belangten Behörde als auch von D.E. bestätigt worden. D.E. habe ausgesagt, dass ihr Alter beim Eintritt in das Lokal überprüft worden sei und sie zur Kennzeichnung der Minderjährigkeit ein Armband erhalten habe. Die belangte Behörde habe jedoch keine Beweise darüber aufgenommen, ob D.E. das Armband in der Folge nicht absichtlich entfernt habe und ob sie unzweifelhaft als Minderjährige zu erkennen gewesen sei. Die belangte Behörde hätte jedenfalls feststellen müssen, dass D.E. absichtlich gehandelt und die Kontrollmaßnahmen umgangen habe.

Im Fall des F.A., der behauptet habe, aufgrund einer persönlichen Bekanntschaft mit einem Security-Mitarbeiter ohne Kontrolle und Aushändigung eines Armbandes eingelassen worden zu sein, liege eine individuelle Fehlleistung des Mitarbeiters vor, welche dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden könne. Eine derartige Fehlleistung lasse sich weder durch die vom Beschwerdeführer durchgeführten Schulungen und Weisungen noch durch interne Kontrolle der Mitarbeiter vermeiden.

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde ihre Feststellung, D.E. habe trotz "Altersarmband" problemlos ein branntweinhaltiges alkoholisches Getränk bestellen und erhalten können, auf deren Aussage als Zeugin anlässlich der Verhandlung am 7. Juli 2009 und den dabei von der Behörde gewonnenen persönlichen Eindruck, dass sich die Jugendlichen an den Lokalbesuch gut erinnern könnten, gestützt hat. Die Beschwerde legt nicht dar, weshalb diese von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung unschlüssig wäre, sodass sie keine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mängel der Beweiswürdigung aufzeigt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2009/09/0124, mwN). Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 7. Juli 2009 entsprechende Fragen an die Zeugin D.E. richten können, was er allerdings unterlassen hat.

Der Beschwerdeführer bestreitet mit seinem Vorbringen nicht die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der ihm zur Last gelegten Tat, meint aber, dass ihn daran kein Verschulden trifft. Dazu ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon abhängt, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht dafür freilich nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 2000/04/0090).

In diesem Zusammenhang lag es beim Beschwerdeführer, konkret darzulegen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft, auf welche Weise und von wem Kontrollen vorgenommen worden sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2011, Zl. 2009/04/0152, mwN).

Dazu hat der Beschwerdeführer (bereits in seiner Berufung) vorgebracht, dass jeder Lokalbesucher kontrolliert werde und - wenn er jünger als 18 Jahre sei - ein entsprechendes Armband erhalte. Das Service-Personal sei "davon unterrichtet" und werfe in erster Linie das "Augenmerk auf dieses Band". Der Beschwerdeführer habe daher ein funktionierendes System eingerichtet.

Diesem Vorbringen kann allerdings nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer ein effizientes Kontrollsystem betreffend die Einhaltung dieser Maßnahmen - gerade auch zur Hintanhaltung von "individuellen Fehlleistungen" von Mitarbeitern -

errichtet hätte. Auch die nicht weiter substantiierte Darlegung in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe die erforderlichen Maßnahmen zur Kontrolle und Beaufsichtigung der eingesetzten Mitarbeiter durchgeführt, ist lediglich als allgemein gehaltene Behauptung zu qualifizieren, die nicht geeignet ist, mangelndes Verschulden des Beschwerdeführers darzutun (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2004/04/0034, mwN). Abgesehen davon stellt die Verwendung des gegenständlichen "Altersarmbandes" kein effizientes Kontrollsystem dar, wenn - wie sich aus der Beschwerde ergibt - das Altersarmband von Jugendlichen problemlos entfernt werden kann und er ohne dieses Armband Alkohol ausgeschenkt erhält.

Das Vorbringen, die vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren behauptete "Quote" beweise ein gutes Kontrollsystem, weil von den Gästen lediglich zwei Personen, somit 0,5 %, auffällig gewesen seien, geht schon deshalb ins Leere, weil auch dem nicht zu entnehmen ist, welches konkrete Kontrollsystem eingerichtet worden sei und weil sich die Wirksamkeit eines Kontrollsystems nicht schon nach seiner Fehlerquote im Einzelfall bestimmt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. September 2011

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