VwGH 2008/08/0236

VwGH2008/08/023625.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des W S in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Georg Fialka, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Josefstädter Straße 87, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. August 2008, Zl. 2008-0566-9- 000544, betreffend Widerruf und Rückforderung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §90;
AlVG 1977 §36 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NotstandshilfeV §2 Abs2 idF 1989/388;
ABGB §90;
AlVG 1977 §36 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NotstandshilfeV §2 Abs2 idF 1989/388;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. August 2008 wurde der erstinstanzliche Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien P bestätigt und gegenüber dem Beschwerdeführer die Zuerkennung der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 22. August 2002 bis 31. Juli 2008 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen und das unberechtigt Empfangene in der Höhe von EUR 19.623,80 gemäß § 25 Abs. 1 iVm § 38 AlVG rückgefordert.

Begründend führte die belangte Behörde aus, mit dem erstinstanzlichen Bescheid sei die Zuerkennung der Notstandshilfe für den im Spruch ersichtlichen Zeitraum widerrufen und der Bezug zurückgefordert worden, weil laut Ergebnis eines Erhebungsberichts ein gemeinsamer Haushalt des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau vorgelegen sei. In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass er dem Arbeitsmarktservice im Jahr 2000 eine Kopie der Meldezettel seiner Frau übermittelt habe, aus denen ersichtlich sei, dass sie ihren Hauptwohnsitz bei ihren Eltern habe, aber gleichzeitig beim Beschwerdeführer (als Nebenwohnsitz) gemeldet sei.

Im Zuge des Berufungsverfahrens sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer seit 1987 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehe. Am 20. August 1996 habe er niederschriftlich angegeben, dass er seit 2. August 1996 an der Adresse P-Weg 6 in Wien wohnhaft sei. Als mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebend habe er seine Ehefrau angegeben. Am 29. November 1996 habe der Beschwerdeführer niederschriftlich bekannt gegeben, dass er seit 28. November 1996 an der Adresse E-Straße 241/3/4 in Wien wohnhaft sei und von seiner Ehefrau getrennt lebe. Am 10. Oktober 1997 habe der Beschwerdeführer niederschriftlich bekannt gegeben, dass er seit 28. November 1996 von seiner Ehefrau getrennt lebe, eine Scheidung bis jetzt aber noch nicht eingereicht worden sei. In einem Antrag vom 4. Oktober 2000 werde als ordentlicher Wohnsitz des Beschwerdeführers erneut P-Weg 6 angeführt, weiters sei aus dem Antrag ein handschriftlicher Vermerk ersichtlich mit dem Inhalt, dass der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau getrennt lebe und die Ehefrau seit 21. September 2000 an der Adresse P-Weg 6 zweitgemeldet sei. Am 25. Oktober 2000 habe der Beschwerdeführer niederschriftlich bekannt gegeben, dass er mit seiner Ehefrau keinen gemeinsamen Haushalt führe und zwischen ihnen keine wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeiten bestehen würden. Der gewöhnliche Aufenthalt der Ehefrau sei in der E-Straße 241. Diese Niederschrift sei auch von der Ehefrau des Beschwerdeführers unterzeichnet worden. Am 5. Juni 2002 habe der Beschwerdeführer niederschriftlich bekannt gegeben, dass er nach wie vor von seiner Ehefrau getrennt lebe. Er wohne "im Gartenhaus und in der Wohnung". Er unterstütze seine Ehefrau nicht finanziell. Scheidung sei bis dato noch nicht eingereicht worden, die Ehefrau wohne weiter in der E-Straße 241.

Laut Abfrage beim zentralen Melderegister sei der Beschwerdeführer seit 11. September 2000 an der Adresse P-Weg 6 hauptgemeldet, seine Ehefrau habe an dieser Adresse vom 21. September 2000 bis 22. August 2007 einen Nebenwohnsitz gehabt. Ihr Hauptwohnsitz sei in dieser Zeit in der E-Straße 241-247/2/3 und ab dem 22. August 2007 wiederum am P-Weg 6 gewesen.

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass im Fall von Unklarheiten, ob der gemeinsame Haushalt tatsächlich aufgelöst worden sei, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzuführen sei. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens habe sich ergeben, dass laut einer Erhebung an der Adresse E-Straße 241, Türnummer 3 der Name "J." aufscheine, laut einer Befragung der Ehefrau des Hausbesorgers sei an Türnummer 3 nur das Ehepaar J. wohnhaft. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei weder namentlich noch persönlich bekannt, es sei nicht aufgefallen, dass eine weitere weibliche Person sieben Jahre bei der Familie J. gewohnt habe. Auch der örtlich zuständige Zusteller der Post sei angetroffen worden und habe angegeben, dass an Türnummer 3 nur ein älteres Ehepaar wohnhaft sei. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei vom Zusteller nie angetroffen worden und für sie sei nie Post zugestellt worden.

Der für den P-Weg verantwortliche Zusteller der Post sei telefonisch befragt worden und habe angegeben, dass während der letzten sieben Jahre laufend Post für die Ehefrau des Beschwerdeführers am P-Weg zugestellt und vom Beschwerdeführer übernommen worden sei. Niemals habe der Beschwerdeführer einen Auszug der Ehefrau erwähnt und es liege auch kein Nachsendeauftrag vor. Vom Magistrat Wien sei angegeben worden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers als Kindergärtnerin beschäftigt sei; als ihre Wohnadresse sei nur der P-Weg 6 bekannt. Diese Erhebungen würden darauf hinweisen, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nie getrennt gewesen seien.

Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer - mit den in schriftlicher Form aufliegenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens konfrontiert - angegeben, dass er ca. seit dem Jahr 2000 von seiner Ehefrau getrennt sei. Auf den Vorhalt hin, er habe in zwei Anträgen angegeben, dass er seit 2001 getrennt lebe, laut der Berufung seit 2000 und laut einer Niederschrift seit 1996, habe er angegeben, dass er und seine Ehefrau immer wieder "Auszeiten gebraucht" hätten. Hinsichtlich des Erhebungsberichts habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er und seine Ehefrau keinen gemeinsamen Haushalt gehabt hätten. Dass die Post der Ehefrau an den P-Weg 6 zugestellt worden sei, stimme, da die Ehefrau immer in der Früh vorbeigeschaut habe, ob alles in Ordnung sei.

Beweiswürdigend kam die belangte Behörde zu dem Schluss, dass aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht zu erkennen gewesen sei, dass ein gemeinsamer Haushalt im gegenständlichen Zeitraum aufgelöst worden sei. Dieser Annahme widersprechende Angaben des Beschwerdeführers seien Schutzbehauptungen, um die Anrechnung des Partnereinkommens gemäß der Notstandshilfe-Verordnung (NH-VO) zu umgehen, vor allem auch deswegen, da der Beschwerdeführer nie "einen Beleg der Scheidung" vorgelegt und in seiner Berufung ausgeführt habe, selbstverständlich immer mit seiner Ehefrau in Kontakt gewesen zu sein, da er ja seit 35 Jahren mit ihr verheiratet sei.

In der Folge führte die belangte Behörde eine detaillierte Aufstellung des Notstandshilfeanspruchs des Beschwerdeführers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unter Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau und unter Berücksichtigung von Freigrenzen an. Aus dieser - vom Beschwerdeführer zahlenmäßig unbestrittenen - Aufstellung ergibt sich, dass für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum kein Notstandshilfeanspruch des Beschwerdeführers bestanden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Gemäß § 38 Abs. 1 AlVG sind auf die Notstandshilfe die oben genannten Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 33 Abs. 3 AlVG liegt Notlage vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 AlVG sind in den Richtlinien über die Höhe der Notstandshilfe auch die näheren Voraussetzungen festzulegen, unter denen Notlage als gegeben anzusehen ist. Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (des Lebensgefährten) zu berücksichtigen.

§ 2 Abs. 2 NH-VO idF BGBl. Nr. 388/1989 lautet:

"Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen (der Arbeitslosen) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) zu berücksichtigen. Durch eine vorübergehende Abwesenheit (Kur-, Krankenhausaufenthalt, Arbeitsverrichtung an einem anderen Ort uä.) wird der gemeinsame Haushalt nicht aufgelöst. Gleiches gilt, wenn der (die) Arbeitslose die Hausgemeinschaft mit dem Ehepartner (Lebensgefährte bzw. der Lebensgefährtin) nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung des Einkommens zu entgehen."

Eine Anrechnung des Einkommens der Ehefrau des Arbeitslosen setzt demgemäß voraus, dass der Arbeitslose im relevanten Zeitraum mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebt oder ein solcher gemeinsamer Haushalt zwar nicht besteht, der Arbeitslose aber die Hausgemeinschaft mit seiner Ehefrau nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung ihres Einkommens auf die ihm gebührende Notstandshilfe zu entgehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. September 2005, Zl. 2004/08/0260 und vom 13. August 2003, Zl. 2003/08/0061). Besteht kein gemeinsamer Haushalt, wären jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltsansprüche des Beschwerdeführers gegen seine Ehefrau als Einkommen des Beschwerdeführers anzurechnen (vgl. dazu das Erkenntnis vom 22. Dezember 2010, Zl. 2008/08/0270).

Der im Gesetz angeordneten Berücksichtigung des Einkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners liegt offenbar die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn-) Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil beiträgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2008/08/0061).

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau ein gemeinsamer Haushalt bestand und deshalb das Einkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers auf seinen Notstandshilfeanspruch anzurechnen war.

2. Der Beschwerdeführer behauptet, dass er und seine Ehefrau im verfahrensgegenständlichen Zeitraum getrennte Haushalte geführt hätten und versucht dies in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit einer umfangreichen - über das im Verwaltungsverfahren Vorgebrachte hinausgehenden - Darstellung des Sachverhalts zu belegen. Im Verwaltungsverfahren sei dem Beschwerdeführer außerdem das Recht auf Parteiengehör entzogen worden, da ihm keine ausreichende Gelegenheit geboten worden sei, im Ermittlungsverfahren seine Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen. Er sei auch nicht angeleitet worden, an der Sammlung des für die Sachentscheidung notwendigen Sachverhalts mitzuwirken. Ihm sei keine ausreichende Frist zur Stellungnahme hinsichtlich des von der Behörde angenommenen Sachverhalts eingeräumt worden. Es sei ihm nicht die Möglichkeit gegeben worden, weitere Zeugen zu benennen. Erst im April 2008 sei der Beschwerdeführer mit dem Erhebungsbericht konfrontiert worden, daher habe sich der Beschwerdeführer zu darin offenkundig unrichtig protokollierten Äußerungen nicht äußern können. Seine Ehefrau sei im gesamten Verfahren überhaupt nicht einvernommen worden. Auch wäre ein Augenschein im Haus des Beschwerdeführers, am P-Weg 6, durchzuführen gewesen.

3. Einer im Verwaltungsakt enthaltenen, vor der belangten Behörde aufgenommenen Niederschrift vom 22. April 2008 ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer sämtliche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im Rahmen dieser Niederschrift zur Kenntnis gebracht wurden. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer mit seinen eigenen widersprüchlichen Angaben über das Trennungsdatum von seiner Ehefrau konfrontiert und es wurde ihm der Erhebungsbericht vorgelegt und eine Kopie davon ausgehändigt. Zu diesem Erhebungsbericht gab der Beschwerdeführer eine Äußerung ab, wonach er und seine Ehefrau keinen gemeinsamen Haushalt gehabt hätten, dass aber die Post der Ehefrau an die Adresse des Beschwerdeführers zugestellt worden sei und dass seine Ehefrau immer "in der Früh bei uns vorbeigeschaut" habe, ob alles in Ordnung sei. Wenn sie Wechseldienst bis 14 Uhr und wieder ab 17 Uhr gehabt habe, sei sie beim Beschwerdeführer im Garten gewesen.

Damit wurde dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren zu sämtlichen der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegten Beweisen Parteiengehör eingeräumt. Durch die Einräumung von Parteiengehör im Berufungsverfahren wird eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren saniert (siehe die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, zB das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2001/18/0230 uva). Dem Beschwerdeführer wurde eine Kopie des Erhebungsberichts am 22. April 2008 übergeben; er hat diesen Erhebungsbericht laut Niederschrift gelesen und danach vor der belangten Behörde mündlich dazu Stellung genommen. Im Hinblick darauf, dass der Erhebungsbericht einfache Umstände aus dem unmittelbaren persönlichen Lebensbereich - die Frage, ob ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Ehefrau besteht bzw. bestand - betrifft, konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass die Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme zu diesem Bericht unmittelbar im Zuge der Amtshandlung ausreichend ist, zumal auch kein Anhaltspunkt dafür erkennbar ist (und vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch nicht behauptet wird), dass dem Beschwerdeführer die Bedeutung seiner Stellungnahme nicht bewusst gewesen wäre oder dass er im Zuge dieser Amtshandlung nach dem Durchlesen des Erhebungsberichtes keine ausreichende Möglichkeit zur Überlegung und entsprechenden Formulierung seiner Stellungnahme gehabt hätte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 2002/08/0034, mwN). Hätte der Beschwerdeführer diese von der belangten Behörde eingeräumte Möglichkeit, unmittelbar nach Vorhalt bzw. Durchlesen des Erhebungsberichts zu diesem Stellung zu nehmen, nicht als angemessen angesehen, so wäre es ihm offen gestanden, eine längere Stellungnahmefrist zu beantragen (vgl. zur Möglichkeit eines Fristverlängerungsantrages etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1993, Zl. 93/10/0195). Auch nach der Aufnahme der Niederschrift bis zu der - etwa dreieinhalb Monate später erfolgten - Erlassung des Bescheides hat der Beschwerdeführer weder eine weitere Stellungnahme abgegeben, noch die Vernehmung von Zeugen oder die Aufnahme anderer Beweise beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht erkennen, dass eine Verletzung des Parteiengehörs stattgefunden hätte.

Die in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen auf Sachverhaltsebene stellen daher gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerungen dar.

4. Gemäß § 90 ABGB sind die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft sowie (unter anderem) auch zum gemeinsamen Wohnen verpflichtet. Von diesem (typischen) Bild einer aufrechten Ehe darf die Behörde im Verwaltungsverfahren nach dem AlVG grundsätzlich ausgehen, solange nicht die Parteien eine davon abweichende Lebensführung behaupten und die erforderlichen Beweismittel benennen oder beibringen. Anders würde nämlich bei Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich, wie jener nach der gemeinsamen oder getrennten Haushaltsführung von Eheleuten, die Behörde gar nicht in der Lage sein, von sich aus eine zweckentsprechende Ermittlungstätigkeit zu entfalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2006, Zl. 2003/08/0184). Die Behörde ist daher berechtigt, vom Bestehen eines gemeinsamen Haushalts dann weiterhin auszugehen, wenn sie die gegenteiligen Behauptungen der Partei unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse für unglaubwürdig erachtet und die von der Behörde dazu in der Begründung des Bescheides angestellten Überlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2008/08/0061).

Es wäre somit am Beschwerdeführer gelegen, im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs im Verfahren vor der belangten Behörde weitere Beweisanträge zu stellen, um seine Behauptung, es liege kein gemeinsamer Haushalt vor, zu belegen. Die belangte Behörde traf keine Pflicht, den Beschwerdeführer zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2004, Zl. 98/08/0270 und vom 28. November 2008, Zl. 2008/02/0221 mwN). Dass der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde Beweisanträge gestellt hätte, die unerledigt geblieben sind, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet und geht auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht hervor. Der Beschwerdeführer erstattete im Verwaltungsverfahren auch kein Vorbringen, das geeignet gewesen wäre, die bisher eingeholten Beweise hinsichtlich ihrer Aussagekraft zu hinterfragen. Dass die belangte Behörde nicht amtswegig die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen und auch keinen Ortsaugenschein im Wohnhaus des Beschwerdeführers durchgeführt hat, begründet hinsichtlich der oben angeführten Rechtsprechung zur Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen bei Fragen aus seinem persönlichen Lebensbereich - im Hinblick auf die der belangten Behörde bereits vorliegenden und dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Ermittlungsergebnisse - keinen Verfahrensfehler.

5. Es bleibt damit zu prüfen, ob die den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Beweiswürdigung einer Schlüssigkeitsprüfung standhält. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie zu verwerfen, weil auch ein anderer Ablauf der Ereignisse beziehungsweise ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2008, Zl. 2007/08/0063 mwN).

Die im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen haben gezeigt, dass sich der Beschwerdeführer mehrmals selbst widersprochen hat, wenn es um das Jahr ging, seit dem er von seiner Ehefrau getrennt lebe. Aus dem von einem Organ des Arbeitsmarktservice verfassten Erhebungsbericht vom 27. September 2007 geht hervor, dass mehrere befragte Personen nicht bestätigen konnten, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers tatsächlich an der angegebenen Adresse in der E-Straße gewohnt habe, hingegen konnte bestätigt werden, dass an der Adresse des Beschwerdeführers - P-Weg 6 - ein Ehepaar mit seinen Kindern wohnhaft war. Unbestritten bestand während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums eine aufrechte Meldung der Ehefrau des Beschwerdeführers als Nebenwohnsitz an der Adresse des Beschwerdeführers und wurde auch ihre gesamte Post an diese Adresse zugestellt. Unterlagen oder andere Nachweise, die auf eine wirtschaftlich oder räumlich getrennte Haushaltsführung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau an der Adresse P-Weg 6 hinweisen würden, wurden vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt. Angesichts dieser Beweislage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie vom Bestehen eines gemeinsamen Haushalts des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau ausgegangen ist. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, dass die belangte Behörde ein Schreiben seiner vom Erhebungsorgan befragten Schwester nicht berücksichtigt habe, in dem diese auf die unrichtige Wiedergabe ihrer Aussage im Erhebungsbericht hingewiesen habe, ist festzuhalten, dass auch der Wahrheitsgehalt des späteren Widerrufs einer Aussage im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen ist, und auch diesbezüglich keine Unschlüssigkeit vorliegt, zumal sich die belangte Behörde nicht auf die besagte Aussage gestützt hat.

6. Die Anrechnung des Einkommens der Ehefrau des Beschwerdeführers auf dessen Notstandshilfeanspruch gemäß § 2 Abs. 2 NH VO erfolgte daher zu Recht. Die zahlenmäßige Richtigkeit der Anrechnung wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sodass der gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ausgesprochene Widerruf des Bezugs im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht als rechtswidrig zu erkennen ist. Da der Beschwerdeführer die Notstandshilfe aufgrund der unwahren Angabe, es liege kein gemeinsamer Haushalt mit seiner Ehefrau vor, bezogen hat, erfolgte auch die von der belangten Behörde gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ausgesprochene Rückforderung des unberechtigt Empfangenen zu Recht.

7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. Mai 2011

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