VwGH 2007/18/0331

VwGH2007/18/033124.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des I S, geboren am 13. Februar 1981, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/30, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. April 2007, Zl. E1/79041/2007, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §114 Abs3;
FrPolG 2005 §125 Abs3;
VwRallg;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrPolG 2005 §125 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. April 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, vom 5. Oktober 2006 auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.

Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 2001 sei gegen den Beschwerdeführer (er lebt dem Verwaltungsakt zufolge seit 1988 in Österreich) ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Dem sei eine Verurteilung durch den Jugendgerichtshof Wien vom 27. Oktober 1997 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls (in einem Fall durch Einbruch) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten zu Grunde gelegen. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit einem Mitbeschuldigten im bewussten und gewollten Zusammenwirken zwischen 6. Juni und 27. Juli 1997 an verschiedenen Tagen insgesamt 16 Personen Bargeld sowie eine Uhr und Schmuck gestohlen. Diese Verurteilung habe den Beschwerdeführer jedoch nicht davon abgehalten, neuerlich und in erheblicherem Ausmaß straffällig zu werden. Er habe am 6. März 2000 (im Alter von 19 Jahren) vorsätzlich dazu beigetragen, dass zwei ebenfalls beschuldigte Jugendliche einen Raub unter Verwendung einer Waffe begangen und dabei S 9.400,-- erbeutet hätten. Er habe den Jugendlichen eine Jacke mit einer Kapuze zur Verfügung gestellt und sich mit einem Fluchtfahrzeug in der Nähe des Tatortes bereitgehalten, woraufhin die beiden Jugendlichen in eine Videothek eingedrungen seien und den dort Angestellten durch Schläge mit einem Besenstiel zur Übergabe des Geldes veranlasst hätten. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. Mai 2000 (abgeändert hinsichtlich der Höhe der bedingten Strafnachsicht durch das Oberlandesgericht Wien am 9. August 2000) sei der Beschwerdeführer nach den § 142 Abs. 1 und § 143 erster Satz, zweiter Fall StGB (§ 12 dritter Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren, davon zwei Jahre bedingt, rechtskräftig verurteilt worden.

Da der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht freiwillig verlassen habe, sei er am 1. Mai 2002 in seine Heimat abgeschoben worden. Ein bereits am 30. Dezember 2002 gestellter Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei von der Bundespolizeidirektion Wien rechtskräftig abgewiesen worden.

Dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 5. Oktober 2006 habe der Beschwerdeführer seine familiären Bindungen im Bundesgebiet zu seinen Eltern und seinen beiden Geschwistern und den seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichenen Zeitraum zu Grunde gelegt. Diese familiären Bindungen seien bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes bereits berücksichtigt worden und würden keinen Grund für die vorzeitige Aufhebung des Aufenthaltsverbotes darstellen. Wenn der Beschwerdeführer den seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichenen Zeitraum gelten mache, in dem er sich wohlverhalten habe, so treffe dies nur mit der Einschränkung auf den nach seiner Abschiebung liegenden Zeitraum zu. Bei der Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes würde die Behörde jedoch grundsätzlich ein Wohlverhalten während der Gültigkeitsdauer desselben voraussetzen. Das Verstreichen von mehr als der Hälfte der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes stelle keinen Grund dar, der seine vorzeitige Aufhebung rechtfertigen würde, zumal er auf keine sonstigen, seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen oder geänderten Umstände verweise, die mit der dafür erforderlichen Verlässlichkeit zum nunmehrigen Zeitpunkt den Schluss zulassen würde, dass vom Beschwerdeführer keine maßgebliche Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgehen würde. Der Beschwerdeführer habe sohin nicht darzulegen vermocht, dass seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Gründe weggefallen seien.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 125 Abs. 3 FPG gelten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen ist, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer.

Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr geprüft werden.

Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes weggefallen sind, hat nach der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgebenden Sach- und Rechtslage zu erfolgen. Hingegen ist im § 125 Abs. 3 FPG nicht vorgesehen, dass Aufenthaltsverbote (auch) dann aufzuheben wären, wenn sie bei fiktiver Geltung des FPG im Zeitpunkt ihrer Verhängung nicht hätten erlassen werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2007/18/0126, mwN).

Nach dem Gesagten ist die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes vorliegend gemäß § 65 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 Z. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Bei der Beurteilung nach § 65 Abs. 1 FPG ist weiters zu prüfen, ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 60 Abs. 6 iVm § 66 FPG zulässig ist. Schließlich hat die Behörde auch bei einer Entscheidung über einen Aufhebungsantrag das ihr im § 60 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen zu üben (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2007/18/0126, mwN).

2.1. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer weise rechtskräftige Verurteilungen auf, die aus den Jahren 1997 und 2000 stammen würden. Er sei bei der Tatbegehung in beiden Fällen Jugendlicher gewesen. Er befinde sich seit nunmehr fünf Jahren in seinem Heimatland Mazedonien, habe sich in der Zwischenzeit wohlverhalten und gehe einer Arbeit nach. Er werde nach wie vor von seiner gesamten Familie, die in Österreich aufhältig sei, unterstützt. Die Behörde habe den Umstand, dass seit der Tatbegehung bereits sieben Jahre verstrichen seien, nicht ausreichend gewürdigt. Der Gesinnungswandel des Beschwerdeführers zeige sich eindeutig durch sein Wohlverhalten in den letzten fünf Jahren in seinem Heimatland.

2.2. Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer im Jahr 2001 liegt - unbestritten - zugrunde, dass er - wie oben (I. 1.) dargestellt - im Juli 1997 gemeinsam mit einem Mitbeschuldigten insgesamt 16 Personen Bargeld und Wertgegenstände gestohlen hat. Am 6. März 2000 hat er vorsätzlich zu einem Raub unter Verwendung einer Waffe beigetragen. Auch wenn seit der Begehung dieser Straftaten bis zur Erlassung des vorliegend angefochtenen Bescheides rund sieben Jahre vergangen sind und er dem Aufenthaltsverbot seit seiner Abschiebung vor etwa fünf Jahren nicht zuwider gehandelt hat, so erscheint - entgegen der Beschwerdeansicht - dieser Zeitraum doch noch als zu kurz, um auf einen Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG schließen zu können.

3. Es ist auch nicht zu erkennen, dass das dargestellte öffentliche Interesse an der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen und am Schutz der körperlichen Unversehrtheit und des Vermögens anderer gegenüber seinen persönlichen Interessen an einem Aufenthalt im Bundesgebiet nunmehr in den Hintergrund träte und das vorliegende Aufenthaltsverbot aus dem Grund des § 60 Abs. 6 iVm § 66 FPG aufzuheben gewesen wäre.

4. Schließlich zeigt die Beschwerde mit ihrem Vorbringen auch keine besonderen Umstände auf, die es für die belangte Behörde geboten hätten, im Rahmen des ihr gemäß § 65 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens das Aufenthaltsverbot aufzuheben.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Die Zuerkennung von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. September 2009

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