VwGH 2006/17/0018

VwGH2006/17/001815.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der CFA AG in W, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 29/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 2. Dezember 2005, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1173-I/7/2005, betreffend Kulturpflanzenflächenzahlungen für 2000 und 2001, zu Recht erkannt:

Normen

31992R3887 gemeinschaftliche Beihilferegelungen DV Art9;
31995R2988 SchutzV finanzielle Interessen Europäische Gemeinschaften Art3 Abs2;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art31;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art32;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art53 Abs1;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art54 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
EURallg;
31992R3887 gemeinschaftliche Beihilferegelungen DV Art9;
31995R2988 SchutzV finanzielle Interessen Europäische Gemeinschaften Art3 Abs2;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art31;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art32;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art53 Abs1;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art54 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
EURallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheiden des Vorstands für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (in der Folge: AMA) vom 2. November 2000 und vom 5. November 2001 wurde den Anträgen der Beschwerdeführerin auf Flächenzahlungen für die Jahre 2000 bzw. 2001 vollinhaltlich stattgegeben.

1.2. Auf Grund einer Vor-Ort-Kontrolle der AMA am 31. August, 8. September und 13. September 2004 wurden Abweichungen zwischen den in den Anträgen, die den unter 1.1. genannten Bescheiden zu Grunde lagen, angegebenen Flächen und dem tatsächlichen Ausmaß der Grundstücke festgestellt.

Mit Abänderungsbescheiden jeweils vom 20. Dezember 2004 wurden die unter 1.1. genannten Bescheide daher dahin gehend abgeändert, dass für das Jahr 2000 nur Flächenzahlungen in der Höhe von EUR 12.807,15 und für das Jahr 2001 nur Flächenzahlungen in der Höhe von EUR 12.817,56 festgesetzt wurden und die Differenz gegenüber dem ursprünglich zuerkannten und bereits ausbezahlten Betrag zur Rückzahlung vorgeschrieben wurde.

1.3. Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung gegen die Abänderungsbescheide.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der für die Jahre 2000 und 2001 maßgeblichen Rechtsvorschriften, insbesondere der Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 betreffend die Berechnung der Ansprüche und die Sanktionen im Fall von Flächenabweichungen, aus, der Entscheidung sei der im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde bekannte Sachverhalt zu Grunde zu legen gewesen. Im Zuge der Vor-Ort-Kontrollen im Jahre 2004 seien Abweichungen zwischen den beantragten und den vorgefundenen Flächen festgestellt worden, die nach der sachverständigen Äußerung der AMA-Prüforgane auch für die Jahre 2000 und 2001 anzunehmen gewesen seien. Die festgestellten Abweichungen seien im Prüfbericht festgehalten worden, für die beschwerdeführende Partei sei Herr D als informierter Vertreter bei der Vorortkontrolle anwesend gewesen.

Für das vorliegende Verfahren seien insbesondere die Nutzungsverfolgungsprüfberichte für die Erntejahre 2000 und 2001 von Bedeutung. Die von den Prüforganen festgestellten Abweichungen für die Jahre 2000 und 2001 wurden detailliert tabellarisch für die einzelnen Feldstücke wiedergegeben (Angabe der Flächenteile der einzelnen Schläge, die nicht für die beantragte Nutzung verwendet wurden bzw. verwendet werden konnten, weil es sich um Wald oder Gebüsch gehandelt hatte). Zu Einwänden betreffend die Zuständigkeit der AMA zur Bescheiderlassung, zur Qualifikation der Prüforgane und der Eignung der GPS-Vermessung wurde auf die Berufungsbescheide hinsichtlich der Erntejahre 2002 und 2003 verwiesen.

Bei den maßgeblichen Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union) handle es sich um unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht, sodass diesbezügliche Bedenken gegen die Anwendung dieser Bestimmungen nicht nachvollzogen werden könnten.

In der Folge wird im Einzelnen auf verschiedene Einwände der beschwerdeführenden Partei eingegangen, welche nicht als so konkret und fundiert anzusehen seien, dass sie objektive Zweifel an den Feststellungen anlässlich der Vorortkontrolle begründen könnten. Die GPS-Messung sei von der Europäischen Kommission anerkannt, die pauschale Behauptung, dem Messverfahren sei eine Fehlerquote von 20 % immanent, reiche nicht, die konkreten Messergebnisse in Frage zu stellen. Es sei kein einziger Beweis vorgelegt worden, der die geäußerten Zweifel untermauert hätte.

Die Prüforgane hätten lediglich jene Flächen beanstandet, bei denen der vorgefundene Zustand der darauf vorgefundenen Pflanzengesellschaft (Wald/Gebüsch) auf Grund des Pflanzenalters zwingend auch für den zu beurteilenden Zeitraum anzunehmen gewesen sei. Es sei auf die Hofkarten aus dem Jahre 2003 und die im Rahmen der Vorortkontrolle angefertigten Lichtbilder zu verweisen, aus denen auf Grund der Größe der Büsche bzw. Bäume eindeutig das über mehrere Jahre hinausgehende Alter des Bewuchses ersichtlich sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die im Prüfbericht festgehaltenen Umstände bestätigt seien und die fachlich nicht widerlegten Beanstandungen durch die Prüforgane zu Recht erfolgt seien.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die beschwerdeführende Partei hat auf die Gegenschrift repliziert.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (im Folgenden: Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 ), ABl. L 355, S. 1, wurde ein integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (im Folgenden: integriertes System) eingeführt.

Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1593/2000 des Rates vom 17. Juli 2000, bedeutete "landwirtschaftlich genutzte Parzelle" im Sinne dieser Verordnung ein zusammenhängendes Stück Land, das von einem einzigen Betriebsinhaber für eine bestimmte Kultur genutzt wurde.

Gemäß Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 , ebenfalls in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1593/2000 des Rates vom 17. Juli 2000, wurde ein System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen auf der Grundlage von Katasterplänen und -unterlagen oder anderem Kartenmaterial erstellt. Dazu werden computergestützte geographische Informationssystemtechniken eingesetzt, vorzugsweise einschließlich Luft- und Satellitenorthobildern mit einem homogenen Standard, der mindestens eine dem Maßstab 1 : 10.000 entsprechende Genauigkeit sicherstellte.

Die Abs. 1 und 6 des Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1593/2000 ) lauteten:

"(1) Ein Betriebsinhaber kann eine oder mehrere Gemeinschaftsregelungen gemäß dieser Verordnung nur in Anspruch nehmen, wenn er für jedes Jahr einen Beihilfeantrag 'Flächen' abgibt, der folgende Angaben enthält:

(6) Für jede der angemeldeten landwirtschaftlich genutzten Parzellen hat der Betriebsinhaber die Fläche mitzuteilen sowie ihre Lage anzugeben; anhand dieser Angaben muss die Parzelle im System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen identifizierbar sein."

2.1.2. Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (im Folgenden: Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 ), ABl. L Nr. 391, vom 31. Dezember 1992, S. 36 bis 45, lautete auszugsweise bzw. sah Folgendes vor:

"TITEL II

IDENTIFIZIERUNG

Artikel 3

Das in Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 vorgesehene

Identifizierungssystem wird auf der Ebene der landwirtschaftlich

genutzten Parzellen eingerichtet.

..."

Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 regelte, welche Informationen in einem Beihilfeantrag "Flächen" enthalten sein mussten; dazu gehörten die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlich genutzten Parzellen des Betriebes, ihre Fläche, Lage und Nutzung sowie die jeweilige Beihilferegelung. Unter "Nutzung" war die Art der Kultur bzw. der Pflanzendecke oder das Fehlen jeglicher Kultur zu verstehen.

Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung waren die Verwaltungskontrollen und die Kontrollen vor Ort so durchzuführen, dass zuverlässig geprüft werden konnte, ob die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfen und Prämien eingehalten wurden. Nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung waren insbesondere Kontrollprüfungen für die gemeldeten Parzellen und Tiere durchzuführen, um doppelte Beihilfegewährungen zu vermeiden.

Weiters sah die Verordnung bezüglich der Ermittlung der Flächenausmaße und der Rechtsfolgen bei Feststellung von Abweichungen zwischen den Angaben in einem Antrag und der (u.U. erst später) festgestellten tatsächlichen Fläche u.a. vor (Art. 6 Abs. 7 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2721/2000 , die wörtlich wiedergegebenen Bestimmungen des Art. 9 Abs. 2 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995):

"TITEL IV

KONTROLLEN

Artikel 6

...

(7) Die Flächen der landwirtschaftlich genutzten Parzellen werden mit geeigneten Mitteln bestimmt, die von der zuständigen Behörde festgelegt werden und eine mindestens gleichwertige Messgenauigkeit wie die amtlichen Messungen nach den einzelstaatlichen Bestimmungen gewährleisten müssen. Die zuständige Behörde legt eine Toleranzmarge fest, um insbesondere dem angewandten Maßverfahren, der Genauigkeit der vorhandenen amtlichen Dokumente, den örtlichen Gegebenheiten (wie Hanglage oder Parzellenform) und den Bestimmungen der nachstehenden Unterabsätze Rechnung zu tragen.

Die Gesamtfläche einer landwirtschaftlich genutzten Parzelle kann berücksichtigt werden, sofern sie nach den gebräuchlichen Normen des Mitgliedstaats oder der betreffenden Region ganz genutzt wird. Andernfalls wird die tatsächlich genutzte Fläche berücksichtigt.

In Regionen, in denen bestimmte Charakteristika, insbesondere Hecken, Gräben oder Mauern, traditionell Bestandteil guter landwirtschaftlicher Anbau- oder Nutzungspraktiken sind, können die Mitgliedstaaten festlegen, dass die entsprechende Fläche als Teil der vollständig genutzten Fläche gilt, sofern sie eine von den Mitgliedstaaten festzulegende Gesamtbreite nicht übersteigt. Diese Breite muss einer in der betreffenden Region traditionell üblichen Breite entsprechen und darf 2 Meter nicht überschreiten.

Ein Mitgliedstaat kann nach vorheriger Mitteilung an die Kommission eine größere Breite als 2 Meter zulassen, wenn diese Flächen bei der Festsetzung der Erträge der betreffenden Regionen berücksichtigt wurden.

(8) Die Beihilfefähigkeit der landwirtschaftlich genutzten Parzellen wird mit geeigneten Mitteln überprüft. Dazu wird erforderlichenfalls die Vorlage entsprechender zusätzlicher Belege verlangt.

...

Artikel 9

(1) Wird festgestellt, dass die tatsächlich ermittelte Fläche über der im Beihilfeantrag 'Flächen' angegebenen Fläche liegt, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrages die angegebene Fläche berücksichtigt.

(2) Wird festgestellt, dass die in einem Beihilfeantrag 'Flächen' angegebene Fläche über der ermittelten Fläche liegt, so wird der Beihilfeantrag auf der Grundlage der bei der Kontrolle tatsächlich ermittelten Fläche berechnet. Außer in Fällen höherer Gewalt wird die tatsächlich ermittelte Fläche jedoch wie folgt gekürzt:

-- um das Doppelte der festgestellten Differenz, wenn diese über 3 % oder über 2 ha liegt und bis zu 20 % der ermittelten Fläche beträgt.

..."

Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 wurde mit Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen aufgehoben (Art. 53 Abs. 1 der genannten Verordnung). Sie galt jedoch weiter "für Beihilfeanträge, die sich auf vor dem 1. Januar 2002 auslaufende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen" (Art. 53 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ; vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2011, Zl. 2007/17/0121). Die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 galt gemäß Art. 54 Abs. 2 dieser Verordnung "für Beihilfeanträge, die sich auf ab dem 1. Januar 2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen" (ist also für die im gegenständlichen Verfahren strittigen Wirtschaftsjahre 2000 und 2001 - anders als dies in dem die Beschwerdeführerin betreffenden hg. Verfahren zur Zl. 2005/17/0181 betreffend das Jahr 2002 der Fall war - noch nicht anwendbar gewesen).

2.1.3. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1678/98 lautete:

"Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der betreffende Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Abs. 3 berechneten Zinsen verpflichtet."

Art. 14 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1678/1998 lautete:

"(4) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde selbst oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber, der seinerseits in gutem Glauben gehandelt und alle Bestimmungen der geltenden Verordnung eingehalten hat, billigerweise nicht erkannt werden konnte.

Geht der Irrtum jedoch auf sachliche Tatbestände zurück, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.

Zur Anwendung der Unterabsätze 1 und 2 wird dem Betriebsinhaber jeder Dritte gleichgestellt, dessen Handlungen dem Betriebsinhaber zuzurechnen sind."

2.1.4. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312, S. 1) sieht Folgendes vor:

"(1) Zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften wird eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht getroffen."

Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung lautet:

"(2) Der Tatbestand der Unregelmäßigkeit ist bei jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Gemeinschaften erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe."

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung bestimmt:

"(2) Eine verwaltungsrechtliche Sanktion kann nur verhängt werden, wenn sie in einem Rechtsakt der Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unregelmäßigkeit vorgesehen wurde. Bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen gelten die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend."

Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 lautet:

"(1) Die Verjährungsfrist für die Verfolgung beträgt vier Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit nach Artikel 1 Absatz 1. Jedoch kann in den sektorbezogenen Regelungen eine kürzere Frist vorgesehen werden, die nicht weniger als drei Jahre betragen darf.

Bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten beginnt die Verjährungsfrist an dem Tag, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. Bei den mehrjährigen Programmen läuft die Verjährungsfrist auf jeden Fall bis zum endgültigen Abschluss des Programms.

Die Verfolgungsverjährung wird durch jede der betreffenden Person zur Kenntnis gebrachte Ermittlungs- oder Verfolgungshandlung der zuständigen Behörde unterbrochen. Nach jeder eine Unterbrechung bewirkenden Handlung beginnt die Verjährungsfrist von neuem.

Die Verjährung tritt jedoch spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist, die doppelt so lang ist wie die Verjährungsfrist, abläuft, ohne dass die zuständige Behörde eine Sanktion verhängt hat; ausgenommen sind die Fälle, in denen das Verwaltungsverfahren gemäß Artikel 6 Absatz 1 ausgesetzt worden ist."

2.2.1. Hinsichtlich der Auswirkungen der Aufhebung der Wortfolge "flächenbezogen oder" in § 99 Abs. 1 Z 6 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2007, G 21/07 und V 20/07, auf den Beschwerdefall ist zunächst auf die - dieselbe Beschwerdeführerin betreffenden - hg. Erkenntnisse vom 20. März 2009, Zl. 2005/17/0181, und vom 23. April 2009, Zl. 2005/17/0186, zu verweisen. Es besteht auch aus Anlass der vorliegenden Beschwerde keine Möglichkeit, neuerlich Bedenken an den Verfassungsgerichtshof gegen die bereits aufgehobene Wortfolge in § 99 Abs. 1 Z 6 Marktordnungsgesetz 1985 mit der Begründung heranzutragen, dass auch die KPF-VO 2000 auf einer Art. 18 B-VG widersprechenden gesetzlichen Grundlage beruhte.

2.2.2. Darüber hinaus findet auch im vorliegenden Beschwerdefall die Vorschreibung der Rückzahlung von zu Unrecht bezogenen Kulturpflanzenflächenzahlungen ihre Grundlage in unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht (siehe dazu im Einzelnen unten, insbesondere Punkt 2.7. zur anwendbaren Rechtslage). Die von der belangten Behörde dabei angewendeten Verfahrensbestimmungen, insbesondere die §§ 103 und 104 MOG 1985, waren von der Aufhebung einer Wortfolge im MOG 1985 durch das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht betroffen. Sie können daher vom Verwaltungsgerichtshof der Beurteilung des angefochtenen Bescheids zu Grunde gelegt werden.

2.3. Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Rückforderung auch ein, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Abänderungsbescheids vom 20. Dezember 2004 bereits Verjährung nach der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 hinsichtlich des Jahres 2000 eingetreten gewesen sei.

Die belangte Behörde hat dem entgegen gehalten, dass nach der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 die Verjährungsfrist (erst) mit der Beendigung der Unregelmäßigkeit zu laufen beginne.

Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 ist die belangte Behörde mit dieser Auffassung grundsätzlich im Recht. Soweit tatsächlich eine falsche Flächenangabe bei der Einreichung der Mehrfachflächenanträge sowohl für das Jahr 2000 als auch die Folgejahre vorgelegen sein sollte, lag eine wiederholte Unregelmäßigkeit vor und hätte die Verjährungsfrist nach der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 nicht mit der Einbringung des Mehrfachflächenantrags für das Jahr 2000 zu laufen begonnen. Die belangte Behörde hätte daher zu Recht davon ausgehen können, dass auch für das Jahr 2000 noch keine Verjährung des Rückforderungsanspruches eingetreten sei.

2.4. Dass hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 von Flächenabweichungen ausgegangen werden konnte, ergibt sich aus den oben genannten hg. Erkenntnissen vom 20. März 2009 und 23. April 2009.

Aber auch für die hier gegenständlichen Jahre begegnen die von der belangten Behörde gezogenen Schlussfolgerungen aus der Vorortkontrolle im Jahre 2004 keinen Bedenken. Die belangte Behörde hat mit detaillierter Begründung angenommen, dass die von den Prüforganen bei der Vorortkontrolle im Jahre 2004 im Rahmen der Nutzungsverfolgungsprüfung festgestellte Differenz zwischen beantragter und tatsächlich bewirtschafteter Fläche in den Jahren 2000 und 2001 bestanden habe. Die Ausführungen der belangten Behörde sind - soweit dies für die Schlüssigkeitskontrolle der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist - durch die im Akt erliegenden Lichtbilder belegt. Das bloße Bestreiten der von den Sachverständigen getroffenen Einschätzung hinsichtlich des Alters des Bewuchses ist nicht geeignet, die Schlüssigkeit der Annahme der belangten Behörde zu erschüttern. Im Übrigen ist zu dem hier in gleicher Weise wie für die Entscheidung betreffend das Jahr 2002 erhobenen Einwand gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen im bereits genannten hg. Erkenntnis vom 20. März 2009, Zl. 2005/17/0181, insbesondere Punkte 2.2.4. und 2.3.5., zu verweisen.

Der Vorwurf des Verfahrensmangels, der in der Beschwerde erhoben wird, verfängt daher nicht. Die in der Beschwerde monierte mangelnde Überprüfbarkeit der Argumentation der belangten Behörde ist nicht gegeben, die belangte Behörde hat ihre Beweiswürdigung ausreichend und nachvollziehbar begründet.

2.5. Soweit auch in der vorliegenden Beschwerde die Genauigkeit der vorgenommenen Vermessung (mittels GPS) bezweifelt wird, ist wie in dem bereits genannten Erkenntnis vom 20. März 2009 darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin keine konkreten Hinweise gegeben hat, für welche Feldstücke sie das Messergebnis für bedenklich halte, um der belangten Behörde die Gelegenheit zu allfälligen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens zu geben.

2.6. Die belangte Behörde hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es hätten schon früher Vorortkontrollen stattgefunden, mit detaillierten Angaben entgegen gehalten, dass derartige Kontrollen des Flächenausmaßes der betroffenen Grundstücke nicht stattgefunden hatten. Es erübrigt sich daher auf die Frage einzugehen, welche Rechtswirkungen derartige Kontrollen und die Genehmigung von Förderungen auf der Basis der bei solchen Kontrollen erhobenen Flächenmaße für die Möglichkeit einer späteren Anwendung der im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Sanktionen für Abweichungen der Flächenangaben in den Anträgen von den tatsächlich gegebenen Flächenmaßen hätten. Inwieweit die Kontrollen bezüglich des Anbaus von Industriehanf in Vorjahren für die hier gegenständlichen Flächen maßgeblich sein sollten, wird auch in der Beschwerde nicht dargelegt.

2.7. Die belangte Behörde konnte nach dem Vorgesagten zu Recht vom Vorliegen von Abweichungen zwischen den beantragten und den tatsächlich vorgefundenen Flächen ausgehen. Damit lag einerseits tatsächlich eine wiederholte Unregelmäßigkeit vor, sodass die Verjährungsfrist der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 nicht schon im Jahre 2000 zu laufen begonnen hat. Andererseits waren die für diesen Fall im unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen.

2.8. Dass die belangte Behörde sich dabei nach dem Vorgesagten (siehe oben, Punkt 2.1.2.) formal auf eine für das Jahr 2000 und 2001 noch nicht anwendbare Rechtslage hinsichtlich der Kürzung des Anspruches gestützt hat, begründet keine Rechtswidrigkeit des Bescheides, weil die für die Jahre 2000 und 2001 geltende Regelung, der oben wiedergegebene Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 , durch die von der belangten Behörde zitierte Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 inhaltlich keine Änderung erfahren hat. Die vorgenommene Kürzung hat daher eine Rechtsgrundlage im unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrecht, der angefochtene Bescheid ist somit im Ergebnis richtig und somit insoweit nicht rechtswidrig (eine unrichtige Begründung belastet den Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit: Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 229, bei FN 884, oder für den Fall des (gänzlichen) Fehlens einer Begründung, aber Vorhandensein einer gesetzlichen Deckung die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 59 AVG E 70 zitierten Entscheidungen).

2.9. Soweit in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, die belangte Behörde habe hinsichtlich mehrerer Einwände auf andere Bescheide verwiesen, wird auch in der Beschwerde nicht ausgeführt, inwiefern die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, wenn sie sich neuerlich ausführlich mit dem jeweiligen Einwand auseinander gesetzt hätte.

2.10. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 15. September 2011

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