VwGH 2009/05/0098

VwGH2009/05/009825.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der AE in Bad Pirawarth, vertreten durch Proksch & Fritzsche Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Februar 2009, Zl. RU1-BR-1029/001-2008, betreffend Kostenvorauszahlung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs3;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs3;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0205, vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1122, und vom 27. Juni 2006, Zl. 2004/05/0170, verwiesen.

Aus diesen Erkenntnissen, dem Verwaltungsakt und dem angefochtenen Bescheid geht, soweit noch wesentlich, folgendes hervor:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad Pirawarth vom 20. Oktober 1999 wurde der Beschwerdeführerin und ihrem Gatten, der zum damaligen Zeitpunkt noch Hälfteeigentümer des gegenständlichen Grundstücks Nr. 3250, KG Kollnbrunn, war, gemäß § 33 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung 1996 (BO) der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die im Überprüfungsprotokoll (Niederschrift vom 15. September 1999) angeführten Baugebrechen (Einsturz des rückwärtigen Kellerbereiches) bis längstens 30. April 2000 zu beheben.

Aus der im Bescheidspruch zum Bescheidinhalt erklärten Niederschrift vom 15. September 1999 geht im Wesentlichen hervor, durch die vorhandenen Baugebrechen sei ein Teilbereich der darüber liegenden Fahrbahn unbenützbar geworden. Der hintere Kellerbereich sei im Bereich der ehemaligen Dampfröhre eingebrochen. Es habe sich ein Schüttkegel von einem Durchmesser von ca. 2,5 m und einer Höhe von ca. 1,5 m im Einsturzbereich gebildet. Nach oben hin verjünge sich der Einsturzkegel und reiche bis an die darüber liegende Fahrbahnoberkante, wobei sich diese Verjüngung ab einem Durchmesser von ca. 50 cm wiederum im oberen Bereich auf ca. 1 m ausweite. Im oberen Bereich befinde sich die Einsturzöffnung unmittelbar neben dem Asphaltrand bzw. im Bereich der ehemaligen Dampfröhre, von welcher nur mehr teilweise die Ziegelschlichtungen vorhanden seien. Der weitere Teil der ehemaligen Dampfröhre sowie bereits bituminöse Asphaltteile seien in dem hinteren Schüttbereich abgestürzt. Durch diesen Einsturz sei der Bestand der darüber befindlichen Fahrbahnfläche (unmittelbar angrenzend) und der darüber befindlichen Einfriedungsmauer des H.E. gefährdet. Auf Grund des derzeitigen Schadensbildes könne ein weiterer Einsturz durch verschiedene Einflüsse wie Unwetter, Erschütterungen, Verlust der Standfestigkeit etc. nicht ausgeschlossen werden. Es sei daher in erster Linie die Öffnung neben der Fahrbahn vor weiterem Eindringen von Oberflächenwässern zu schützen. In weiterer Folge sei gemäß § 33 BO der Eigentümer des Bauwerkes aufzufordern, dieses Baugebrechen innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben.

Die Beschwerde gegen den Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 25. Juli 2000, mit welchem die Vorstellung gegen den die Berufung abweisenden Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Bad Pirawarth vom 3. April 2000 abgewiesen wurde, wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0205, hinsichtlich des Auftrages, die Kellerröhre zu sanieren, als unbegründet abgewiesen (im Übrigen wurde der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben).

Mit Schreiben vom 26. März 2007 ersuchte der Bürgermeister der Marktgemeinde Bad Pirawarth die Bezirkshauptmannschaft (BH) Gänserndorf, den baupolizeilichen Auftrag vom 20. Oktober 1999, soweit er die Sanierung der Kellerröhre betreffe, zu vollstrecken.

Mit Schreiben der BH Gänserndorf vom 25. Mai 2007 erfolgte die Androhung der Ersatzvornahme.

Im Akt befindet sich ein Kostenvoranschlag der Ing. G.L. GmbH vom 27. August 2007 für die Sanierungsmaßnahmen an der Kellerröhre, in welchem folgendes aufgelistet wird:

"1) Gesamte Baustelleneinrichtung

1 Pauschale

EUR

150,00

EUR

150,00

2) Erdaushub für Streifenfundament, Erdreich in Kellerröhre belassen

2,2 ml

EUR

28,70

EUR

63,14

3) Streifenfundament bewehren, betonieren ca. 80 cm breit

2,2 ml

EUR

94,50

EUR

207,90

4) Schalsteinmauerwerk 30 cm stark samt Bewehrung in die Kellerröhre

einbauen

  

1 VE

EUR

485,00

EUR

485,00

5) Hinterfüllen der Kellerröhre mit Magerbeton durch vorhandene Öffnung

20 m3

EUR

88,00

EUR

1.760,00

6) Auffüllen der Einbringungsöffnung mit Frostsicherem Schottermaterial,

verdichten

  

1 m3

EUR

28,90

EUR 28,90

Summe

 

EUR

2.694,94

20 % Mehrwertsteuer

 

EUR 538,99

 

Gesamt EUR 3.233,93"

      

Mit Bescheid der BH Gänserndorf vom 25. Juli 2008 wurde die Beschwerdeführerin zur Vorauszahlung der Kosten der angedrohten Ersatzvornahme in der Höhe von EUR 3.233,93 binnen drei Wochen ab Zustellung verpflichtet. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, von der BH Gänserndorf sei ein Kostenvoranschlag eingeholt worden, welcher von einem Amtssachverständigen überprüft worden sei. Die einzelnen Preise seien ortsüblich und angemessen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in den zitierten Vorerkenntnissen jeweils ausgesprochen, dass der mit Bescheid vom 20. Oktober 1999 erteile Bauauftrag, soweit er die Sanierung der Kellerröhre betreffe, rechtskräftig sei. Es liege somit ein für ein Vollstreckungsverfahren rechtskräftiger Titelbescheid vor. Auf Einwendungen, die das Titelverfahren beträfen, insbesondere auch auf die Frage, wer die Kosten der Sanierung zu tragen habe, sei im Vollstreckungsverfahren nicht mehr einzugehen. Zur Klärung der zivilrechtlichen Frage der Verursachung des Einbruchs der Straße bzw. der Kostentragung werde die Beschwerdeführerin auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 VVG lautet:

"§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

§ 10 Abs. 2 VVG lautet:

"(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen."

    Die Akzessorietät gegenüber dem Titelbescheid einerseits und der Umstand andererseits, dass § 10 Abs. 2 VVG eine Rechtsmittelbeschränkung beinhaltet ("kann nur ergriffen werden, wenn"), bedeuten, dass bei einem Rechtsmittel gegen einen Kostenvorauszahlungsauftrag (gemäß § 4 Abs. 2 VVG) jedenfalls auch die Gründe des § 10 Abs 2 VVG zu prüfen sind. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann gegen eine nach dem VVG erlassene Vollstreckungsverfügung eine Berufung auch ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2008, Zl. 2008/05/0179, mwN).

    Der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung (§ 10 Abs. 2 Z. 1 VVG) ist dann gegeben, wenn der Verpflichtete behauptet, dass kein entsprechender Titelbescheid vorliege, dass ein solcher ihm gegenüber nicht wirksam sei oder dass der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen worden sei (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, S. 1396 unter E 66 zu § 10 VVG zitierte hg. Rechtsprechung).

    Der Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Bad Pirawarth vom 3. April 2000, welcher den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad Pirawarth vom 20. Oktober 1999 bestätigte, ist hinsichtlich der Kellerröhre rechtskräftig und daher vollstreckbar geworden. Es liegt somit ein Titelbescheid vor. Im Verfahren über den Kostenvorauszahlungsauftrag kann die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgegriffen werden (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, S. 1340 unter E 136 zu § 4 VVG zitierte hg. Rechtsprechung).

    Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der Titelbescheid keinen konkreten Auftrag zu einer konkreten Leistung beinhalte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein behördlicher Auftrag bereits dann ausreichend konkretisiert ist, wenn einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind. Einer ausdrücklichen Anführung von mit der fachgerechten Durchführung notwendigerweise verbundenen einzelnen Arbeiten bedarf es nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0056, mwN). Das vorhandene Baugebrechen wurde im Titelbescheid, wie oben dargestellt, umfassend beschrieben. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen zu dessen Beseitigung durchzuführen sind. Dies zeigt auch der Kostenvoranschlag vom 27. August 2007.

    Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Behörde habe keinerlei Erhebungen zur Frage des Verschuldens der Beschwerdeführerin an den festgestellten Baugebrechen vorgenommen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich dieser Einwand auf den Titelbescheid bezieht und daher im Vollstreckungsverfahren keine Relevanz hat.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 25. März 2010

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