VwGH 2004/05/0170

VwGH2004/05/017027.6.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Anna Eisler in Bad Pirawarth, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Mai 2004, Zl. RU1-V- 00049/05, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Bad Pirawarth, 2222 Bad Pirawarth, Prof. Knesl Platz 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0205, und vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1122, verwiesen. Daraus geht hervor, dass anlässlich einer behördlichen Überprüfung am 15. September 1999 festgehalten wurde, dass der hintere Kellerbereich eines Weinkellers der Beschwerdeführerin und des Ing. Friedrich Eisler im Bereich der ehemaligen Dampfröhre eingebrochen sei und sich ein Schüttkegel mit einem Durchmesser von 2,5 m und einer Höhe von ca. 1,5 m im Einsturzbereich gebildet habe. Der Einsturzkegel reiche bis an die darüber liegende Fahrbahnoberkante, die Einsturzöffnung befinde sich unmittelbar neben dem Asphaltrand. Ein Teil der ehemaligen Dampfröhre sowie bituminöse Asphaltteile seien in den hinteren Schüttbereich abgestürzt. Durch diesen Einsturz seien der Bestand bzw. der weitere Bestand der darüber befindlichen Fahrbahnfläche und einer Einfriedungsmauer gefährdet.

In der Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 20. Oktober 1999 der Beschwerdeführerin und Ing. Friedrich Eisler den baupolizeilichen Auftrag, die im Überprüfungsprotokoll (Niederschrift vom 15. September 1999) angeführten Baugebrechen zu beheben. Dieser Bescheid wurde mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 3. April 2000 bestätigt, die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juli 2000 abgewiesen.

In dem zur hg. Zl. 2000/05/0205 protokollierten Verfahren war vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin und Ing. Friedrich Eisler mit dem genannten Bauauftrag zu Recht zur Beseitigung der Baugebrechen verpflichtet worden waren. Mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2000 wurde die Beschwerde gegen den Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juli 2000, soweit er die Sanierung der Kellerröhre betraf, als unbegründet abgewiesen; soweit der Bescheid aber auch einen Auftrag zur Sanierung der Gemeindestraße umfasst hat, wurde er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Auf Grund dieses Erkenntnisses wurde der Bescheid des Gemeinderates vom 3. April 2000 mit dem Ersatzbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. März 2001 insoweit behoben und die Angelegenheit an den Gemeinderat zurückverwiesen, als damit ein über die Sanierung der Kellerröhre hinausgehender Auftrag zur Sanierung der Straße erteilt worden war. Im Übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 5. März 2001 blieb unbekämpft.

In dem zur hg. Zl. 2001/05/1122 protokollierten Verfahren hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage auseinander zu setzen, ob der daraufhin ergangene Ersatzbescheid des Gemeinderates vom 26. Juni 2001 der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes in dem Vorerkenntnis vom 19. Dezember 2000 entsprach. Mit Erkenntnis vom 27. Februar 2002 wurde der in diesem Beschwerdeverfahren angefochtene Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Oktober 2001 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dies wurde - soweit hier wesentlich - damit begründet, dass der Auftrag zur Sanierung der Kellerröhre rechtskräftig sei, sodass, weil sich auch der Sachverhalt seit der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates im ersten Rechtsgang nicht wesentlich geändert habe, hinsichtlich der Sanierung der Kelleröhre nicht neuerlich ein baupolizeilicher Auftrag hätte erteilt werden dürfen.

In der Folge des Erkenntnisses vom 27. Februar 2002 hat die Niederösterreichische Landesregierung mit Ersatzbescheid vom 6. Mai 2002 den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 26. Juni 2001 zur Gänze aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen. Der Bescheid vom 6. Mai 2002 blieb unbekämpft.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 16. September 2003 wurde - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - der Berufung der Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt 1. teilweise Folge gegeben und der baupolizeiliche Auftrag vom 20. Oktober 1999, soweit er die Sanierung des Schadens an der Gemeindestraße zum Gegenstand hatte, ersatzlos aufgehoben. Unter Spruchpunkt 2. wurde der baupolizeiliche Auftrag vom 20. Oktober 1999 bezüglich der Sanierung der verfahrensgegenständlichen Kellerröhre hingegen bestätigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe nicht erkannt, dass der Gemeinderat mit dem Bescheid vom 16. September 2003 der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes in seinen Erkenntnissen vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0205, und vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1122, nicht nachgekommen sei. Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht:

Wie eingangs dargestellt, hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem genannten Erkenntnis vom 19. Dezember 2000 die Beschwerde gegen den damals angefochtenen Vorstellungsbescheid, soweit er die Sanierung der Kellerröhre betraf, abgewiesen. Mit dem zitierten Erkenntnis vom 27. Februar 2002 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Auftrag zur Sanierung der Kellerröhre bereits rechtskräftig ist, sodass hinsichtlich der Kellerröhre nicht neuerlich ein baupolizeilicher Auftrag erteilt werden darf. Die Verwaltungsbehörden waren an diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden. Dass sich der Sachverhalt seit der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates vom 3. April 2000 wesentlich geändert hätte, ist auch im nunmehrigen weiteren Verwaltungsverfahren nicht hervorgekommen. Die mitbeteiligte Marktgemeinde hat in einem Schreiben an die belangte Behörde vom 15. Oktober 2003 auf ein Schreiben vom 10. Mai 2000 verwiesen und mitgeteilt, dass im Sachverhalt keine Änderung eingetreten sei.

Mit dem Bescheid des Gemeinderates vom 16. September 2003 (Spruchpunkt 2.) wurde jedoch neuerlich ein baupolizeilicher Auftrag hinsichtlich der Sanierung der Kellerröhre erteilt. Dieser Bescheid ist damit aber inhaltlich rechtswidrig, weil mit ihm in einer schon rechtskräftig entschiedenen Sache nochmals eine Sachentscheidung getroffen wurde (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0229, und vom 14. Mai 2003, Zl. 2000/08/0015).

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Auf das weitere Beschwerdevorbringen war im Hinblick darauf nicht näher einzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren auf Ersatz der Kosten für einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war abzuweisen, da dafür keine Eingabengebühr zu entrichten ist.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 27. Juni 2006

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