VwGH 2009/05/0076

VwGH2009/05/007621.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde I. der Wels Strom GmbH in Wels, vertreten durch Dr. Dietmar Endmayr, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Vogelweiderstraße 9, (Zl. 2009/05/0076) und II. der Energie Ried Gesellschaft mbH in Ried i. Innkreis, vertreten durch Schneider's Rechtsanwalts-KG in 1170 Wien, Hormayrgasse 7A Top 18, (Zl. 2009/05/0085) gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 4. Juli 2008, Zl. K AGZ 01/05, betreffend Ausgleichszahlung gemäß § 25 Abs. 7 ElWOG (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) (mitbeteiligte Parteien: 1. Energie AG Oberösterreich Netz Gesellschaft mbH in Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, 2. H und K Gesellschaft in X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs2;
ElWOG 1998 §25 Abs7;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §12 Abs1;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs2;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §2;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §8 Abs1 idF 2006/I/106;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §73 Abs2;
ElWOG 1998 §25 Abs7;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §12 Abs1;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs2;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §2;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §8 Abs1 idF 2006/I/106;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien je EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Eingabe vom 7. Jänner 2004 beantragte die Erstbeschwerdeführerin als Netzbetreiberin auf den Netzebenen 3 bis 7 im Bereich Oberösterreich im Sinne des § 25 Abs. 7 ElWOG bei der Energie-Control GmbH (ECG) die Festsetzung von Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs. 2 der Ausgleichszahlungsverordnung (AGZ-VO). Da mit der Festsetzung der Ausgleichszahlungen für den Netzbereich Oberösterreich auch in die Rechte und Pflichten der Energie Ried Gesellschaft mbH eingegriffen wird, wurde sie dem Verfahren beigezogen. In ihrer Stellungnahme vom 9. Juni 2004 beantragte die Energie Ried Gesellschaft mbH ebenfalls die Festsetzung der erforderlichen Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs. 2 AGZ-VO.

2. Mit Schriftsatz vom 30. März 2005 beantragte die Energie Ried Gesellschaft mbH den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Mit Bescheid des BMWA vom 3. Juni 2005 wurde dieser Devolutionsantrag abgewiesen.

Mit hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0247, wurde jedoch dieser Bescheid infolge Beschwerde der Energie Ried Gesellschaft mbH wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Devolutionsantrag der Energie Ried Gesellschaft mbH war berechtigt und der BMWA zur Entscheidung in der Sache zuständig.

3. Die Energie-Control GmbH (ECG) erließ am 6. Juni 2005 einen Bescheid, mit welchem über die oben erwähnten Ausgleichszahlungen in der Sache entschieden wurde, indem Ausgleichszahlungen der Mitbeteiligten und der Beschwerdeführer festgelegt wurden. Gegen diesen Bescheid erhoben die W Gesellschaft mbH und die Energie Ried Gesellschaft mbH Berufung.

Diese Berufungen wurden mit Bescheid der Energie-Control Kommission (ECK) vom 28. Juni 2006 als unbegründet abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Februar 2008, B 1467/06, wegen Verletzung der Energie Ried Gesellschaft mbH in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof führte entscheidungswesentlich aus:

"Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit nach Ablauf der Entscheidungsfrist auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Der BMWA ist sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (VwGH 17.3.2006, Z 2005/05/0247). Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem zitierten Erkenntnis den Bescheid des BMWA, mit dem dieser den Devolutionsantrag abwies, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Damit befindet sich das Verfahren wieder im Stadium vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides (§ 42 Abs. 3 VwGG). Die ECG war auf Grund des Devolutionsantrags zur Entscheidung nicht zuständig; zuständig zur Erlassung des Ausgleichszahlungsbescheides ist vielmehr der BMWA.

Da die belangte Behörde verkannt hat, dass die erstinstanzliche Behörde unzuständig war und sie den Bescheid der ECG aus diesem Grund aufheben hätte müssen, statt in der Sache selbst zu entscheiden, hat sie das Recht der beschwerdeführenden Partei auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben."

4. Mit Bescheid des BMWA vom 21. Juli 2006 wurde der Devolutionsantrag der Energie Ried Gesellschaft mbH vom 30. März 2005 neuerlich abgewiesen, weil auf Grund des den Devolutionsantrag abweisenden Bescheides dieses Bundesministers vom 3. Juni 2005 die durch diesen Bescheid wieder zuständig gewordene ECG einen mit 6. Juni 2005 datierten Bescheid in der Sache erlassen habe; die ECG sei daher nicht mehr säumig.

Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde der Energie Ried Gesellschaft mbH wurde dieser Bescheid mit hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0073, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit folgender entscheidungswesentlicher Begründung aufgehoben:

"…

Auf Grund des aufhebenden hg. Erkenntnisses vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0247, hat sich das Verfahren wieder im Stadium vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides der belangten Behörde vom 3. Juni 2005 befunden (§ 42 Abs. 3 VwGG). Die ex-tunc Wirkung dieses aufhebenden Erkenntnisses bewirkt, dass die Rechtslage zwischen Erlassung des im dortigen Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung so zu betrachten ist, als sei dieser Bescheid nie erlassen worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, Zl. 2006/07/0169).

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. Februar 2008, B 1467/06, gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0247, bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ECG auf Grund des an die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gerichteten Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin vom 30. März 2005 gemäß § 73 Abs. 2 AVG nicht mehr zur Entscheidung über die Festsetzung der beantragten Ausgleichszahlungen im relevanten Zeitraum zuständig war.

Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass die ECG im Beschwerdefall zur Entscheidung in der Sache zuständig (gewesen) wäre, ist mit der Rechtslage daher nicht vereinbar.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z.1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Unabhängig davon ist die für die Lösung des Beschwerdefalles nicht maßgebliche Frage, ob im Hinblick auf die Änderung des § 8 Abs. 1 zweiter Satz Energie-Regulierungsbehördengesetz (E-RBG) durch Art. 5 des am 28. Juni 2006 in Kraft getretenen BGBl. I Nr. 106/2006, die Zuständigkeit der belangten Behörde auf die ECK übergegangen ist.

Nach der erwähnten gesetzlichen Regelung geht in den Fällen des § 73 Abs. 2 AVG nunmehr die Zuständigkeit zur Entscheidung auf schriftlichen Antrag der Partei von der ECG auf die ECK über.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Behörde, bei der ein Devolutionsantrag eingebracht wird, für den sie nicht zuständig ist, diesen gemäß § 6 und § 73 Abs. 2 AVG an die zuständige Behörde weiterzuleiten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2005, Zl. 2005/12/0063). Mit der Änderung des § 73 Abs. 2 AVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 (Streichung des Wortes 'unmittelbar') ist klargestellt, dass § 6 AVG - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch auf Devolutionsanträge anzuwenden ist (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze13, zu Anm. 11 des § 73 AVG, Seite 137, wiedergegebenen AB 1167 BlgNR 20. GP, zu Z. 39). Eine Zurückweisung des Devolutionsantrages mangels Zuständigkeit kommt daher nicht in Betracht. Für die Beurteilung der Zuständigkeit im Sinne des § 6 AVG ist der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgebend, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Änderungen der Zuständigkeitsvorschriften sind daher stets, und zwar auch nach der Anhängigmachung einer Verwaltungssache, zu berücksichtigen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0351, und vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0590). Dies gilt auch bei Wegfall der Entscheidungskompetenz der im Wege des § 73 Abs. 2 AVG angerufenen Behörde (vgl. das zwar vor der hier anzuwendenden Rechtslage der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ergangene, aber insoweit noch vergleichbare hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/04/0217)."

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. Juli 2008 hat die belangte Behörde als Berufungsbehörde über die Berufungen der beiden Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid der ECG vom 6. Juni 2005 (siehe Pkt. 3) wie folgt entschieden:

"1. Der Berufungsantrag der Energie Ried GmbH, die Behörde wolle aussprechen, dass die Zuständigkeit zur Festsetzung der Ausgleichszahlungen für den relevanten Zeitraum auf den BMWA übergegangen sei, wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 16 Abs. 2 E-RBG als unzulässig zurückgewiesen bzw. als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufungsanträge der Energie Ried GmbH und der Wels Strom GmbH gegen den Bescheid der Energie-Control GmbH vom 6. Juni 2005, GZ G AGZ 01/04a, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 16 Abs. 2 E-RBG als unbegründet abgewiesen.

2. Die Spruchpunkte 1 - 3 des Bescheides vom 6. Juni 2005, GZ G AGZ 01/04a, werden gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 16 Abs. 2 E-RBG insoweit abgeändert, dass statt der Energie AG Oberösterreich deren Rechtsnachfolgerin Energie AG Oberösterreich Netz GmbH Ausgleichszahlungs-Empfängerin bzw. -Schuldnerin ist."

Zur hier entscheidungswesentlichen Frage der Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, der Verfassungsgerichtshof habe bei seiner Entscheidung vom 29. Februar 2008, B 1467/06, jene Sach- und Rechtslage berücksichtigt, die im Zeitpunkt der Erlassung des dort angefochtenen Bescheides (dies sei der 28. Juni 2006 gewesen) bestanden habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Ersatzbescheid des BMWA vom 21. Juli 2006, mit welchem der Devolutionsantrag vom 30. März 2005 (erneut) abgewiesen worden sei, noch nicht erlassen gewesen. Mit dieser Entscheidung habe der Bundesminister eine ihm zukommende Zuständigkeit in der Sache in Anspruch genommen und eine neue Situation geschaffen. Die ECK als Berufungsbehörde habe auf Grund der Sach- und Rechtslage zu entscheiden, die zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides vorliege. Ändere sich der Sachverhalt nach Erlassung des bei ihr bekämpften Bescheides, habe sie als Berufungsbehörde diese Änderung der Sach- und auch der Rechtslage zu berücksichtigen. Die ECK habe daher den Bescheid des BMWA vom 21. Juli 2006, mit dessen Rechtskraft die Entscheidungsbefugnis wieder an die ursprünglich zuständige Behörde zurückgefallen sei, bei der Beurteilung der Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde zu berücksichtigen gehabt. Mit der erneuten Abweisung des Devolutionsantrages durch den BMWA sei die ECG als Behörde erster Instanz zur Bescheiderlassung zuständig gewesen.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden mit Beschluss vom 23. Februar 2009, B 1465/08-3 und B 1474/08-3, abgelehnt und über Antrag der beschwerdeführenden Parteien die Beschwerde mit Beschlüssen vom 30. März 2009 und 3. April 2009 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die beschwerdeführenden Parteien ergänzten ihre Beschwerden und beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Energie Ried Gesellschaft mbH macht ausdrücklich auch "Rechtswidrigkeit des Inhaltes wegen Verletzung des Rechts auf eine Sachentscheidung durch die zuständige Behörde" geltend.

7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften. Die mitbeteiligte Partei Energie AG Oberösterreich Netz Gesellschaft mbH und der BMWA erstatteten Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdefall liegen Anträge auf Ausgleichszahlungen gemäß § 25 Abs. 7 ElWOG zu Grunde.

Gemäß § 12 Abs. 1 Energie-Regulierungsbehördengesetz (E-RBG) in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2006 hat die Energie-Control GmbH (ECG) die Aufgabe, die Höhe der auf Grund der Zusammenfassung von Netzen unterschiedlicher Eigentümer sich ergebenden Ausgleichszahlungen mit Bescheid festzustellen.

Gemäß § 16 Abs. 2 E-RBG ist ist die Energie-Control Kommission (ECK) - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - Berufungsbehörde gegen Entscheidungen der ECG.

Gemäß § 2 E-RBG ist in Angelegenheiten des Elektrizitätswesens, die in Vollziehung Bundessache sind, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit oberste Elektrizitätsbehörde.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 106/2006 (Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006) wurde im § 8 Abs. 1 E-RBG als zweiter Satz angefügt: "In den Fällen des § 73 Abs. 2 AVG geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf schriftlichen Antrag der Partei auf die Energie-Control Kommission über."

Mit hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0073, wurde der Bescheid des BMWA vom 21. Juli 2006, mit welchem der Devolutionsantrag der Energie Ried Gesellschaft mbH vom 30. März 2005 abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Auf Grund dieses aufhebenden hg. Erkenntnisses hat sich das Verfahren wieder im Stadium vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden (§ 42 Abs. 3 VwGG). Damit tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hat (ex tunc-Wirkung). Diese ex tunc-Wirkung bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung im nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses bedeutet auch, dass allen Rechtsakten und faktischen (Vollzugs-)Akten, die während der Geltung des dann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/05/0348, und das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0073). Es ist somit davon auszugehen, dass über den Devolutionsantrag der Energie Ried Gesellschaft mbH vom 30. März 2005 noch nicht entschieden worden ist.

Die ECG hat bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 ERBG grundsätzlich das AVG in der jeweils geltenden Fassung (hier: in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002) anzuwenden. Der hier maßgebliche § 73 AVG hat folgenden Wortlaut:

"§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."

Mit dem bei der damals zuständigen Behörde BMWA eingebrachten Devolutionsantrag der Energie Ried Gesellschaft mbH vom 30. März 2005 ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die beschwerdegegenständlichen Anträge der beschwerdeführenden Parteien vom 7. Jänner und 9. Juni 2004 auf die Oberbehörde übergegangen; für die Erstbehörde (hier: ECG) bestand in dieser Angelegenheit - auf Grund der nunmehr gebotenen expost-Betrachtung - keine Entscheidungszuständigkeit mehr (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2008, Zl. 2004/10/0132, u.a). Mit der Erlassung des Bescheides vom 6. Juni 2005 hat die ECG somit ihre Zuständigkeit überschritten.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde (ECK) in Verkennung der Rechtslage die Zuständigkeit der ECG zur Entscheidung in der gegenständlichen Verwaltungsangelegenheit bejaht und über die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache entschieden. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Hinzuweisen ist darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof schon im hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0073, die geänderte Rechtslage (§ 8 Abs. 1 2. Satz EBRG) berücksichtigt und ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass für die Entscheidung über den Devolutionsantrag wegen Säumnis der ECG nunmehr die ECK, und nicht mehr der BMWA (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) zuständig ist. Hier wurde aber nicht über den Devolutionsantrag, sondern über Berufungen entschieden.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. Dezember 2010

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