VwGH 2009/03/0082

VwGH2009/03/008227.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J K in W, vertreten durch Mag. Werner Tomanek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 13/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. April 2009, Zl E1/123.156/2008, betreffend Erlassung eines Waffenverbots, zu Recht erkannt:

Normen

StGB §83 Abs1;
StGB §84 Abs1;
StGB §85;
StGB §88 Abs1;
StGB §88 Abs4;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §43 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §17 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §17;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8;
StGB §83 Abs1;
StGB §84 Abs1;
StGB §85;
StGB §88 Abs1;
StGB §88 Abs4;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §43 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §17 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §17;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl I Nr 12/1997, ein Waffenverbot erlassen.

Begründend wurde Folgendes festgehalten: Der Beschwerdeführer habe ab dem 29. Mai 1968 über eine Waffenbesitzkarte für zwei Stück Faustfeuerwaffen verfügt und sei im Hinblick auf seine Funktion als Taxilenker seit dem 20. Oktober 1969 im Besitz eines Waffenpasses für zwei Stück Faustfeuerwaffen gewesen. Nach der insofern vorliegenden Aktenlage sei dem Beschwerdeführer im Jahr 1972 der Waffenpass wegen mangelnder Verlässlichkeit (Genaueres sei dem Akt nicht zu entnehmen) entzogen worden, dieser sei seit dem 15. Jänner 1979 wiederum im Besitz eines für zwei Stück Faustfeuerwaffen ausgestellten Waffenpasses. Die dem Beschwerdeführer erteilte Waffenbesitzkarte sei zuletzt mit 27. August 1998 auf fünf Waffen der Kategorie B, ein Stück der Kategorie A sowie eine weitere Waffe (LH) erweitert worden.

Der Beschwerdeführer sei am 2. August 2007 in erster Instanz vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB sowie wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten und einer Geldstrafe in der Höhe von 120 Tagessätzen bestraft worden.

Auf Grund einer dagegen eingebrachten Berufung habe das Oberlandesgericht Wien mit der Entscheidung vom 20. November 2007 dieses Urteil aufgehoben und in der Sache selbst entschieden, wobei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der fahrlässigen schweren Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 erster Deliktsfall StGB sowie wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteil worden sei.

Den beiden Gerichtsurteilen sei zusammenfassend folgender Sachverhalt zu entnehmen:

"Der Berufungswerber (das ist der Beschwerdeführer) hatte aufgrund seiner eigenen Erfahrungen als Taxilenker - er sei 'vor etwa 10 bis 15 Jahren auch einmal körperlich attackiert worden, wobei er im Zuge dieses Angriffes Hämatome erlitten' hätte -, so auch am 13.08.2006, unter dem Lenkrad des Taxis sowohl einen Elektroschocker (Kombinationswaffe: Kontakt- und Distanzwaffe mit integriertem Abwehrspray) als auch einen Revolver der Marke Smith & Wesson Modell 13 geladen mit vier Patronen der Marke Libra, Kaliber 38 Spezial (befüllt mit ca. 175 Stück Schrotkugeln - im konkreten Fall kleine Vollbleigeschosse in Rundkugelform -) mitgeführt, 'um sich zu schützen'. Laut Gerichtsgutachten handelt es sich bei der Kombinationswaffe um eine solche, bei der die 'Pfeffersprayfunktion' bei bloßer Betrachtung des Elektroschockers nicht erkennbar ist. Den gerichtlichen Feststellungen (bzw. auch unwidersprochen dem Akt) zufolge hatte der Berufungswerber keine Sondergenehmigung, diese Waffe zu besitzen und zu führen und war diese Waffe daher nicht von seiner durch den Waffenpass gedeckten Erlaubnis umfasst. Dem Berufungswerber wäre nicht bekannt gewesen, dass es sich bei dieser Kombinationswaffe um eine verbotene Waffe gehandelt hätte, da er es unterlassen hatte, sich mit den einschlägigen Bestimmungen des Waffengesetzes vertraut zu machen.

Am 13.08.2006 bestellte eine zum diesem Zeitpunkt stark alkoholisierte Person (H) über sein Handy für sich zur Wohnanschrift eines andern alkoholisierten Mannes (S) ein Funktaxi, um sich nach Hause fahren zu lassen. Aufgrund der starken Alkoholisierung des H begleitete S - dieser war lediglich mit einer kurzen Hose und Schuhen bekleidet, da er beabsichtigt hatte, anschließend zu Bett zu gehen - diesen noch bis zum Gehsteig der Sstraße, um auf das bestellte Taxi zu warten. Der Berufungswerber hatte zwei Fahrgäste in die Nähe jener Stelle, wo die beiden Personen, gewartet hatten, gebracht und wurde von diesen versehentlich als das bestellte Funktaxi angesehen. Als H die Beifahrertüre des vom Berufungswerber gelenkten Taxis geöffnet hatte, hatte sich S bereits abgewandt und befand sich am Rückweg in seine Wohnung. Als sich H auf den Beifahrersitz gesetzt hatte, reagierte der Berufungswerber sofort gereizt, da er am Beifahrersitz einen Portablefernseher transportiert hatte auf den sich H gesetzt hatte. Der Berufungswerber hatte daraufhin Herrn H aufgefordert, aus dem Taxi auszusteigen, da er 'besetzt' sei. Als der Berufungswerber ihm erklärt hatte, dass er nicht das bestellte Funktaxi sei, stieg H verärgert wieder aus. Er beugte sich in der Folge bei geöffneter Beifahrertür in das Taxi und äußerte sich dahingehend: 'Warum bleibst du dann stehen, du Arschloch'. Es folgte eine verbale Auseinandersetzung zwischen dem Berufungswerber und Herrn H. Aufgrund der Beschimpfungen, der Alkoholisierung des H und dessen Tätowierungen am Oberarm hatte sich der Berufungswerber, der immer noch auf dem Fahrersitz saß, von H subjektiv bedroht gefühlt. Er griff nach seinem Elektroschocker (mit integriertem Abwehrspray) richtete diese gegen H um ihn auf Distanz zu halten. Daraufhin schlug H dem Berufungswerber den Elektroschocker aus der Hand und trat diesen, nachdem er dem Berufungswerber auf der Beifahrerseite bei geöffneter Türe aus der Hand gefallen war, mit dem Fuß weg. Der Elektroschocker kam etwa 3 Meter vom Taxi entfernt zu liegen. S war an dieser Auseinandersetzung in keiner Weise beteiligt. Er befand sich weder in unmittelbarer Nähe des Taxis, noch beteiligte er sich verbal an der Auseinandersetzung. Der Berufungswerber nahm in weiterer Folge seinen mit zumindest vier Schrotpatronen geladenen Revolver aus dem Fach unter dem Lenkrad, stieg aus dem Taxi aus und hielt Nachschau nach seinem Elektroschocker, den er schließlich im Bereich der Einfahrt wahrnehmen konnte und ging in diese Richtung. Auch H suchte nach dem Elektroschocker. Als S gehört hatte, dass der Taxilenker und H stritten und die Auseinandersetzung heftiger wurde, bewegte er sich in Richtung des Taxis und erkundigte sich was los sei. Der Berufungswerber erreichte zuerst die Position des Elektroschockers und bückte sich danach, S bewegte sich auf den Berufungswerber zu, der sich zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von drei bis vier Metern zum Berufungswerber befand. Der Berufungswerber richtete seinen Revolver gegen S und forderte ihn auf, zurückzubleiben. S trat etwas zurück und kam dabei zu Sturz. Diesen Moment nutzte der Berufungswerber aus, um seinen Elektroschocker aufzuheben, wobei er seinen Blick kurz von S abwandte. Als sich der Berufungswerber wieder aufgerichtet hatte, nahm er wahr, dass S bereits wieder auf den Beinen war und auf ihn zuging. S war unbewaffnet und lediglich mit einer kurzen Hose bekleidet. Er sagte nichts zum Berufungswerber und machte auch keine drohenden Gesten oder Gebärden. Dennoch hatte der Berufungswerber Angst, S könne ihn attackieren wobei er überlegt hatte, dass ihm S aufgrund seiner Jugend und körperlichen Konstitution überlegen sei. Darüber hinaus fürchtete er sich, da S und H in der 'Überzahl' gewesen waren. Der Berufungswerber hatte daraufhin seiner rechte Hand ausgestreckt, hatte den Hahn seines Revolvers gespannt und laut eigenen Angaben bei Dunkelheit mit dem Revolver etwa fünf bis zehn Zentimeter an der linken Schulter des ihm leicht versetzt in einer Distanz von 2,5 bis 3 Metern gegenüberstehenden S gezielt und den Abzug betätigt. S drehte sich, als er das Spannen des Hahnes hörte und sah, dass der Berufungswerber eine Waffe in den Nahbereich seines Oberkörpers richtete, intuitiv (aus seiner Sicht) nach links weg und bückte sich, um sich zu schützen. Die Schrotgarbe traf S zwischen der rechten Schläfenregion und der rechten Schulterecke, somit über eine Distanz von rund 25 Zentimetern. Rund 40 Schrotkugeln (somit ein Fünftel der Ladung) traten im Bereich der rechten Gesichtshälfte und der rechten Schulter - Nackenregion in die Weichteile ein. Von S ging zu keinem Zeitpunkt, insbesondere auch nicht zum Zeitpunkt der Schussabgabe ein Angriff auf den Beschuldigten aus. Unmittelbar nach Abgabe des Schusses lief der Berufungswerber zu seinem Taxi und fuhr davon, ohne sich davon zu überzeugen, ob er S getroffen hatte. H verständigte um 02:49 Uhr via Handy den Notruf und wurde S kurze Zeit später mit dem Rettungsdienst in ein Krankenhaus eingeliefert. Bei S wurde im Krankenhaus Blut abgenommen und ergab die Blutalkoholuntersuchung einen Blutalkoholwert von 0,1 Promille. S erlitt eine Schrottschussverletzung. Laut Gerichtsgutachten drangen die 40 rundkugelförmigen Vollbleigeschosse mit einem Durchmesser von 1,75 Millimeter zwischen 8 und 15 Millimeter tief in die Weichteile ein. Die punktförmigen Einschusswunden waren blutig verunreinigt und die rechte Gesichtshälfte, insbesondere der Bereich um das rechte Auge, war stark verschwollen. Es ist im Rahmen der Erstversorgung nicht gelungen, die Bleikugeln aus seinem Körper zur Gänze zu entfernen und ist Herr S seither wetterfühlig und leidet bei Temperaturen unter 8 Grad Celsius aufgrund der Abkühlung der in seinem Körper befindlichen Bleigeschosse unter Juckreiz und einem brennenden Gefühl. Durch die Einlagerung von Fremdkörpern unter der Hautoberfläche schneidet sich Herr S gelegentlich auch beim Rasieren, wobei eine erhebliche Verstümmelung oder auffallende Verunstaltung aus gerichtsärztlicher Sicht nicht festgestellt werden konnte. Die in den Weichteilen steckenden Schrotkörner stellen eine Dauerfolge der Verletzung dar, wobei auch Spätfolgen nicht auszuschließen sind, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass zumindest ein Teil der Schrotkugeln im Körper aufgelöst werden was wiederum zu einem Anstieg der Bleikonzentration und damit zu einer chronischen Bleivergiftung führen würde. Laut Gutachten konnten keine schweren Dauerfolgen im Sinn des § 85 StGB festgestellt werden.

Vom Erstgericht konnte nicht festgestellt werden, dass der Berufungswerber, wie zunächst von ihm angegeben, von Herrn H auch körperlich attackiert worden sei, hatte der Berufungswerber doch zuletzt in der Hauptverhandlung dies nicht einmal mehr konkret behauptet. Festgehalten wurde weiters, dass aufgrund der bereits erwähnten Bekleidung des S dem Berufungswerber trotz der eingeschränkten Lichtverhältnisse erkennbar sein musste, dass dieser unbewaffnet war. Auch konnte vom Gericht nicht festgestellt werden, dass Herr S beim Annähern 'aufgerieben' hätte."

Anders als das Erstgericht sei das Oberlandesgericht zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer S fahrlässig schwer am Körper verletzt hätte. Das Delikt sei nicht vorsätzlich zuzurechnen, vielmehr sei der Beschwerdeführer von der irrigen Annahme einer Notwehrlage (Putativnotwehr) ausgegangen. In einem solchen Fall halte sich der Handelnde für angegriffen, ohne es aber zu sein, oder er halte den Angriff für schwerwiegender, als dieser sei, und überschreite deshalb das Maß der zulässigen Notwehr. Begründend sei dazu ausgeführt worden, dass jemand, der in Putativnotwehr den vermeintlichen Angreifer verletze, wegen fahrlässiger Körperverletzung haftbar zu machen sei, wobei die Fahrlässigkeit sowohl in der sorgfaltswidrigen Annahme der Notwehrsituation als auch in der aus asthenischen Affekten erfolgten Überschreitung der Grenzen der vermeintlichen Notwehr liege.

Entgegen der ursprünglichen Verantwortung des Beschwerdeführers sei zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seit dem Erwerb der oben angeführten Kombinationswaffe im Jahr 2004 bzw 2005 bis zur Verwendung am 13. August 2006 eine verbotene Waffe nicht nur besessen, sondern auch mit sich geführt hätte, sodass diese zu Tage getretene Missachtung waffenrechtlicher Vorschriften der Annahme, der Beschwerdeführer sei iSd § 8 WaffG verlässlich, entgegenstehe. Abgesehen davon, dass die diesbezüglichen gerichtlichen Feststellungen, wonach es sich bei dieser Waffe um eine verbotene handle, für die Verwaltungsbehörde bindend seien, könne auf Grund des Umstands, dass bei bloßer Betrachtung des Elektroschockers die Pfeffersprayfunktion nicht ersichtlich sei, zweifelsfrei die Tatbestandsvoraussetzung des § 17 Abs 1 Z 1 WaffG angenommen werden. Angesichts der strengeren Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbots stelle der bloße Besitz einer verbotenen Waffe für sich allein kein Indiz für die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch eine missbräuchliche Verwendung von Waffen iSd § 12 Abs 1 WaffG dar. Allerdings müssten für die Verwirklichung des Tatbestands des § 12 Abs 1 leg cit bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.

Nach der obigen Darstellung habe der Beschwerdeführer am 13. August 2006 mit einer Schusswaffe einem anderen eine fahrlässige schwere Körperverletzung zugefügt und sohin von der Waffe einen missbräuchlichen, nämlich gesetzwidrigen Gebrauch gemacht. Auf dem Boden der näher dargelegten Umstände, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Opfer der Schussabgabe auf Grund der Bekleidung offenbar unbewaffnet gewesen sei und sich am Streit zwischen dem Beschwerdeführer und dem H in keiner Weise beteiligt habe, müsse die Schussabgabe als überängstliche und überschießende Maßnahme gewertet werden. Auch habe dem Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der von ihm verwendeten Munition zu jeder Zeit bewusst sein müssen, dass er bei einer Schussabgabe auf einen Menschen auf Grund der Streuwirkung dieser Patronen diesen in einem erheblichen Maß, mehr als dies für die Abwendung eines (zumindest angenommenen) Angriffs erforderlich gewesen wäre, am Körper und durch die Bleivergiftungen sogar nachhaltig schädigen könne. Auch scheine es der belangten Behörde als durchaus geboten, einen potenziellen Angreifer nicht im Bereich des Oberarms oder der Schulter anzuzielen, weil es durch die Streuwirkung bzw die zu erwartende Abwehrreaktion zu massiven Verletzungen auch des Gesichtes kommen könne. Vielmehr wäre in einem solchen Fall die Schussabgabe in Richtung des unteren Bereiches der Beine wohl angemessener gewesen. Selbst der (versuchte) Einsatz der (verbotenen) Waffe erscheine auf Grund der dargelegten Umstände als überschießendes und leichtfertiges Handeln.

Da der Beschwerdeführer auf Grund des Vorfalls vom 13. August 2006 augenscheinlich gezeigt habe, dass er relativ leicht seine Kontenance verliere und ein übertrieben aggressives Verhalten - sei es auch auf Grund der ihm in der Vergangenheit widerfahrenden Umstände - an den Tag gelegt habe und trotz des Umstands, dass der Streitgegner offenbar schwer alkoholisiert gewesen sei, den Streit nicht zu schlichten versucht, sondern durch Einsetzung von Waffengewalt habe beenden wollen, bestehe nach Auffassung der belangten Behörde die Gefahr, dass der Beschwerdeführer in ähnlichen Streitsituationen neuerlich seine Kontenance verlieren und bei falscher Einschätzung der Sachlage neuerlich mit Waffen - vor allem durch den Einsatz von Schusswaffen - in die körperliche Integrität anderer massiv eingreifen könnte. Bereits die Verwendung der verbotenen Waffe durch den Beschwerdeführer hätte nach Auffassung der belangten Behörde ausgereicht, ein Waffenverbot zu verhängen. Würden aber - wie im Beschwerdefall - zu diesem schwerwiegenden Vergehen - der Beschwerdeführer hätte sich nämlich mit den einschlägigen Bestimmungen des WaffG vertraut zu machen gehabt - mehrere weitere (dargelegte) Umstände hinzutreten, so falle auch der Vorwurf des unerlaubten Besitzes bzw Führens einer verbotenen Waffe bei der Beurteilung der Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbots ins Gewicht.

Auf Grund der Gesamtpersönlichkeit sowie des dargestellten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers schlage die Gefährdungsprognose iSd § 12 Abs 1 WaffG zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangten Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 12 Abs 1 WaffG lautet:

"§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Oktober 2009, Zl 2008/03/0138, mwH) dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung (das ist eines "gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauches") von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegen stünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist nicht restriktiv auszulegen.

Zur Frage, inwieweit der unbefugte Besitz von Waffen und Kriegsmaterial ein Verbot rechtfertigen kann, ist gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf das hg Erkenntnis vom 27. Februar 2003, Zl 2001/20/0213, zu verweisen. Die bloße Tatsache eines allenfalls auch vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffenrecht rechtfertigt danach nicht losgelöst von der Art des Verstoßes und den Umständen des Einzelfalls die Verhängung eines Waffenverbots.

2.1. Mit dem (auch unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit geltend gemachten) Einwand, entgegen der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer (entsprechend den Feststellungen des Landesgerichts für Strafsachen Wien) nicht auf den Bereich des Oberkörpers oder der Schulter des S gezielt, sondern aus einer Distanz von 2,5 m bis 3 m bei schlechten Lichtverhältnissen nur wenige Zentimeter (nämlich 5 cm bis 10 cm) an der Schulter des S vorbeigezielt, vermag der Beschwerdeführer die behördliche Beurteilung nicht zu entkräften. Angesichts der nicht in Abrede gestellten Streuwirkung der vom Beschwerdeführer bei dieser Schussabgabe verwendeten Munition musste diesem nämlich (wie die belangte Behörde zutreffend annahm) bewusst sein, dass die Person, in deren Richtung derart der Schuss abgegeben wurde, in erheblichem Ausmaß im Bereich des Oberkörpers bzw des Kopfes verletzt werden kann.

2.2. Der Einwand, ein Elektroschocker mit integriertem Abwehrspray sei keine verbotene Waffe iSd § 17 WaffG, die belangte Behörde habe diesbezüglich (unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien) das Gesetz falsch ausgelegt und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, ist nicht zielführend. Nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG ist, wer (wenn auch nur fahrlässig) verbotene Waffen (§ 17 WaffG) unbefugt besitzt, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Der Beschwerdeführer wurde (wie bereits festgehalten) vom Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 20. November 2007 rechtskräftig wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG bestraft, weil er im Zeitraum von zumindest 2005 bis 13. August 2008, wenn auch nur fahrlässig, einen Elektroschocker mit integriertem Abwehrspray, sohin eine nach § 17 Abs 1 Z 1 WaffG verbotene Waffe besaß. Daran war die belangte Behörde (ebenso wie Verwaltungsgerichtshof) insoweit gebunden, als die materielle Rechtskraft des Schuldspruchs bewirkt, dass dadurch (vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens) mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass der Beschwerdeführer die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen der rechtskräftigen Verurteilung oder Bestrafung rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 24. September 2009, Zl 2007/18/0825, mwH). Somit geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, der von ihm angesprochene Elektroschocker mit integriertem Abwehrspray sei keine verbotene Waffe, ins Leere.

2.3. Entgegen der Beschwerde kann die von der belangten Behörde vorgenommene Prognoseentscheidung, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen eine Gefahr für die im § 12 Abs 1 WaffG angeführten Rechtsgüter darstellen, nicht als rechtswidrig angesehen werden. Der Beschwerdeführer hat bei der in Rede stehenden Schussabgabe auch unter Berücksichtigung der vom Oberlandesgericht (nach Beweiswiederholung, Verlesung der Verantwortung des Beschwerdeführers und Neubewertung) für den Beschwerdeführer angenommenen Putativnotstandsituation die notwendige Sorgfalt beim Umgang mit Waffen in gravierender Weise außer Acht gelassen. Zunächst ist - wie sich auf dem Boden des genannten Urteils des Oberlandesgerichts ergibt - die irrige Annahme des Beschwerdeführers, es läge eine Notwehrsituation vor, als fahrlässig einzustufen. Zu diesem für sich genommen schon zur Besorgnis Anlass gebenden Umstand, vom Beschwerdeführer könnte infolge einer analogen Fehleinschätzung abermals ein missbräuchlicher Gebrauch iSd § 12 Abs 1 WaffG gemacht werden, tritt hinzu, dass dem Beschwerdeführer die gefährliche Wirkung der von ihm verwendeten Munition für die Person im Zielbereich bewusst gewesen sein muss, und dass zur Abwehr der vom Beschwerdeführer als Angreifer eingestuften Person, die ihn unstrittig nicht mit einer Waffe bedrohte, auch die Abgabe eines Schusses in den unteren Bereich der Beine wohl ausgereicht hätte. Insofern zeugt die in Rede stehende Schussabgabe davon, dass der Beschwerdeführer in einer (wie er fahrlässig annahm) gegebenen Angriffssituation zu einem unbesonnenen Vorgehen neigt. Schließlich fällt in einem Fall wie dem vorliegenden auch der unerlaubte Besitz einer verbotenen Waffe, dessentwegen der Beschwerdeführer rechtskräftig gerichtlich verurteilt wurde, bei der für die Verhängung eines Waffenverbots anzustellenden Prognose zu Ungunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht, zumal auch dieses Fehlverhalten seine auffallende Sorglosigkeit im Umgang mit Waffen dokumentiert.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 27. Jänner 2010

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