VwGH 2008/22/0368

VwGH2008/22/03689.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden

1. des J, 2. der M und 3. der R, alle vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 7. März 2008,

1. Zl. 150.277/2-III/4/07 (2008/22/0368), 2. Zl. 150.277/3- III/4/07 (2008/22/0369) und 3. Zl. 150.277/4-III/4/07 (2008/22/0370), betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
MRK Art8;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 19,13 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die am 7. März 2007 bei der Österreichischen Botschaft Manila gestellten Anträge der beschwerdeführenden Parteien, philippinischer Staatsangehöriger, auf Erteilung von Aufenthaltstiteln (unter anderem) gemäß § 47 Abs. 3 Z. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Die belangte Behörde legte diesen Entscheidungen - soweit für die vorliegende Entscheidung maßgeblich - zugrunde, dass die beschwerdeführenden Parteien laut den gegenständlichen Anträgen die Familienzusammenführung mit ihren "in Österreich lebenden Eltern", E.L.A. und C.A., die mittlerweile österreichische Staatsbürger seien, anstrebten; diese hätten am 21. Juni 1989 in Wien die Ehe geschlossen.

Trotz einer nachweislichen schriftlichen Aufforderung hätten die beschwerdeführenden Parteien ihre im Berufungsverfahren "plötzlich gemachten Angaben" betreffend eine rechtswirksam vollzogene Annahme an Kindes statt durch ihre Wahleltern E. und C.A. nicht nachgewiesen. Demgegenüber sei "nach übriger Aktenlage" anhand der vorgelegten Geburtsurkunden "widersprüchlich hervorgekommen", dass die beschwerdeführenden Parteien die leiblichen Kinder des von ihnen genannten Elternpaares seien. Den somit widersprüchlichen Angaben der beschwerdeführenden Parteien, entweder leibliche oder aber Wahlkinder des angeführten Ehepaares zu sein, habe daher "behördlicherseits kein Glauben geschenkt werden" können.

Die beschwerdeführenden Parteien hätten somit nicht nachgewiesen, überhaupt (volljährige) Kinder und damit "sonstige Angehörige" im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG der namhaft gemachten Zusammenführenden zu sein.

Zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK sei die Erteilung von Aufenthaltstiteln in den Fällen der beschwerdeführenden Parteien nicht geboten, weil diese seit langem volljährig seien und - anders als das angeführte Elternpaar - in ihrem Herkunftsstaat lebten.

Gegen diese Bescheide richten sich die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde wendet sich nicht dagegen, dass die belangte Behörde die gegenständlichen Anträge vom 7. März 2007 als auf Erteilung von "Niederlassungsbewilligungen - Angehöriger" im Sinn des § 47 Abs. 3 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) gerichtet gewertet hat. Ausgehend davon, dass die volljährigen beschwerdeführenden Parteien mit den Anträgen auch nach ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren die Familienzusammenführung mit ihren - nach dem Vorbringen - österreichischen Eltern anstreben (vgl. § 47 Abs. 1 NAG in der hier maßgeblichen Stammfassung), bestehen dagegen auch keine Bedenken des Gerichtshofs.

In Hinblick auf den oben wiedergegebenen, von der belangten Behörde (u.a.) herangezogenen Abweisungsgrund bringen die Beschwerden vor, dass "im Zuge des Verfahrens eine rechtsgültige und rechtsgestaltende Annahme an Kindes statt nachgewiesen" worden sei, weshalb die belangte Behörde "völlig unzutreffend" die Angehörigeneigenschaft der beschwerdeführenden Parteien verneint habe.

Entgegen diesen Ausführungen war die belangte Behörde allerdings berechtigt, das Fehlen der Angehörigeneigenschaft im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG zur Abweisung der Anträge heranzuziehen:

Mit ihren Anträgen legten die beschwerdeführenden Parteien unter anderem jeweils Übersetzungen von Geburtsurkunden vor, die E.L. sowie C.A. (die nunmehr in der Beschwerde als österreichische Wahleltern ins Treffen geführt werden) als Mutter bzw. Vater anführen und deren jeweiliges Alter zum Zeitpunkt der Geburt ihrer Kinder angeben.

Erst in den Berufungen gegen die Bescheide erster Instanz, welche die Antragsabweisungen auf § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG stützten, brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, dass Basis für die Anträge ihre Annahme an Kindes statt durch ihre österreichischen Wahleltern sei. Daraufhin forderte die belangte Behörde die beschwerdeführenden Parteien mit Schreiben jeweils vom 18. Jänner 2008 auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Schreiben den Nachweis der rechtswirksam vollzogenen Annahme an Kindes statt zu erbringen. Die Schreiben wurden den beschwerdeführenden Parteien am 22. Jänner 2008 bzw. 19. Februar 2008 zugestellt, sodass die aufgrund der zuletzt erfolgten Zustellung in Gang gesetzte Frist am 5. März 2008 ablief.

Bis zur Erlassung der angefochtenen Bescheide am 11. März 2008 (Datum der Zustellung an den damaligen Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Parteien) wurden allerdings keine Nachweise für eine Annahme der beschwerdeführenden Parteien an Kindes statt durch die behaupteten österreichischen Wahleltern vorgelegt.

Wenn die belangte Behörde somit zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aufgrund der widersprüchlichen Angaben der beschwerdeführenden Parteien bei Antragstellung sowie in den Berufungen und in Hinblick darauf, dass die angeforderten Belege zu den Adoptionen nicht vorgelegt worden waren, die besondere Erteilungsvoraussetzung der Angehörigeneigenschaft im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG verneint hat, so kann dem nicht erfolgreich entgegengetreten werden.

Soweit die Beschwerden auf das Erfordernis einer Abwägung im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK hinweisen, so ist dem mit der hg. Rechtsprechung zu entgegnen, dass bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung auf die familiären und privaten Interessen des Fremden im Sinne des Art. 8 EMRK nicht Bedacht zu nehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2010, 2010/22/0040, mwN).

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 9. September 2010

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