VwGH 2008/07/0229

VwGH2008/07/022918.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, in den Beschwerdesachen 1. des Dipl.-Ing. F J in L, vertreten durch RECHTUNDCO Janezic & Schmidt-Brandstätter Rechtsanwälte OEG in 8020 Graz, Lagergasse 57a (Zl. 2008/07/0229) und 2. des Ä M in G, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1 (Zl. 2008/07/0234), gegen den "Bescheid" des "Leiters der Fachabteilung" des "Amtes der Steiermärkischen Landesregierung" vom 4. November 2008, Zl. FA13A-30.40-116/2008-4, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei zu 2008/07/0229: Das Ä M in G, vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Kalchberggasse 1, 8010 Graz; mitbeteiligte Partei zu 2008/07/0234: Dipl.-Ing. F J in L, vertreten durch Janezic & Schmidt-Brandstätter Rechtsanwälte OEG in 8020 Graz, Lagergasse 57a), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4 idF 2008/I/005;
AVG §56;
AVG §58 idF 2008/I/005;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4 idF 2008/I/005;
AVG §56;
AVG §58 idF 2008/I/005;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Dipl.-Ing. F J (in weiterer Folge: Antragsteller) ist Eigentümer eines Ufergrundstückes am rechtsseitigen G Mühlgang, und zwar des Grundstückes Nr. 341/9 EZ. 237 KG G. Mit einem Antrag vom 20. August 2006 wandte er sich an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz und brachte vor, sein Grundstück sei dem Angriff des Wassers des rechtsseitigen G Mühlganges ausgesetzt, weil die vorhandenen Ufersicherungen (Beschlachtungen) nicht in Stand gesetzt worden seien. Zur Instandsetzung wäre das Ä M in G (in weiterer Folge: Mühlconsortium) verpflichtet. Er beantragte die bescheidmäßige Vorschreibung der Sanierung der besagten Uferstrecke von 26 m, beginnend an der Grenze zwischen den Grundstücken 338/6 und 341/9 bis zum Trockenmauerwerk am Grundstück 341/9.

Nach Einholung eines wasserbautechnischen Gutachtens wurde das Mühlconsortium als Wasserberechtigter mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom 9. Juli 2007 gemäß den §§ 50 Abs. 1 in Verbindung mit 138 Abs. 1 WRG 1959 verpflichtet, den schadhaften linksseitigen Uferbereich entlang des Grundstückes Nr. 341/9 EZ 237 KG G (im Eigentum des Antragstellers) in Fließrichtung auf einer Länge von ca. 100 m zwischen der Steinschlichtung der Liegenschaft Gärtnerstraße 10 und der bestehenden Betonmauer, welche ca. 70 m vor der Brücke der Exerzierplatzstraße beginnt, durch Herstellung einer Schlachtenwand oder einer Steinschlichtung in Stand zu setzen, wobei diese Instandsetzung bis spätestens zu Ende der Hauptabkehr, das sei Montag der 24. September 2007, abgeschlossen zu sein habe.

Gegen diesen Bescheid erhob das Mühlconsortium Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen "Bescheid" vom 4. November 2008 wurde über die Berufung im Wesentlichen abweisend entschieden; lediglich die Länge des instandzusetzenden Uferbereiches wurde von ca. 100 m auf ca. 26 m (allerdings unter Beibehaltung der Beschreibung der Eckpunkte der betroffenen Uferstrecke) verringert.

Im Kopf des angefochtenen "Bescheides" finden sich die Bezeichnungen "Das Land Steiermark - Amt der Steiermärkischen Landesregierung" und "Umwelt- und Anlagenrecht". Der Beginn des Spruches wurde folgendermaßen formuliert: "Über die Berufung (des Mühlconsortiums, vertreten durch...). gegen den Bescheid des Bürgermeisters von G vom 9. Juli 2007, (GZ), wird wie folgt entschieden:". Die Fertigungsklausel lautet: "Mit freundlichen Grüßen Der Leiter der Fachabteilung i.V.: Mag. E M H eh."

Aus der Begründung geht hervor, dass der Mühlgang kein künstliches sondern ein natürliches Gerinne und das Mühlconsortium auch nicht Wasserberechtigter am Mühlgang sei. Die Heranziehung des Mühlconsortiums als Verpflichteter wurde auf einen rechtskräftigen Regulierungsbescheid vom 16. März 1928 gestützt, demzufolge das Mühlconsortium im Zusammenhang mit der wasserrechtlichen Bewilligung eines Durchstiches zur Geradziehung des Mühlganggerinnes ein Übereinkommen u.a. mit der Rechtsvorgängerin des Antragstellers geschlossen habe, die Uferbefestigung im Bereich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes herzustellen; diese aus dem Übereinkommen wurzelnde Verpflichtung sei Teil dieses Bescheides. Das Mühlconsortium sei Eigentümerin der als Superädifikat zu qualifizierenden Ufersicherung und daher zu deren Instandhaltung verpflichtet.

Sowohl der Antragsteller als auch das Mühlconsortium wandten sich gegen diesen "Bescheid" mit Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, in denen sie inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machten.

Der Antragsteller wies in seiner Beschwerde (2008/07/0229) darauf hin, der angefochtene "Bescheid" enthalte nicht die erforderlichen Angaben gemäß § 18 Abs. 4 AVG. So sei nicht erkennbar, welche Behörde den angefochtenen Bescheid erlassen habe.

In seiner Gegenschrift nahm der Landeshauptmann von Steiermark zu diesem Vorbringen nicht Stellung.

§§ 58 und 18 Abs. 4 AVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008) haben folgenden Wortlaut:

"§ 58. (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

(3) Im übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4.

§ 18. (1) ....

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt."

Nach dem ersten Satz des § 18 Abs. 4 AVG, der auch für Bescheide gilt, hat jede schriftliche Ausfertigung (hier: eines Bescheides) zunächst die Behörde zu bezeichnen, von welcher die Erledigung (der Bescheid) stammt.

Die Bezeichnung der Behörde, die ihn erlassen hat, zählt zu den wesentlichen Merkmalen eines Bescheides. Fehlt eine solche Bezeichnung, so kann das betreffende Schriftstück - mag es auch sonst die Merkmale eines Bescheides aufweisen - nicht als Bescheid angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, 92/11/0238). Dem für die Bescheidqualifikation einer Erledigung wesentlichen Erfordernis der Bezeichnung der Behörde ist Rechnung getragen, wenn - nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann, also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstückes - erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde; ist die bescheiderlassende Behörde nicht erkennbar (die Erledigung einer bestimmten Behörde nicht zurechenbar), so liegt ein Bescheid nicht vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. August 2004, 2000/17/0121, und vom 26. April 1996, 96/17/0086).

Die Frage, welcher Stelle ein behördlicher Abspruch zuzurechnen ist, ist an Hand des äußeren Erscheinungsbildes nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Von welcher Behörde eine als Bescheid bezeichnete Erledigung ausgeht, ist nicht allein aus der Bezeichnung im Kopf des Bescheides zu entnehmen. Wenn im Übrigen in Zusammenhalt mit dem Bescheidabspruch - so insbesondere mit der Fertigungsklausel - die bescheiderlassende Behörde eindeutig zu entnehmen ist, ist dies ausreichend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 2000, 95/12/0367, und vom 21. November 2001, 95/12/0058).

Im vorliegenden Fall ergibt das oben dargestellte äußere Erscheinungsbild der behördlichen Erledigung vom 4. November 2008 keinen Hinweis auf die bescheiderlassende Behörde. Weder aus dem Kopf der Erledigung, wo lediglich auf das "Amt der Steiermärkischen Landesregierung" und die Abteilung für "Umwelt- und Anlagenrecht" hingewiesen wird, noch aus dem Spruch der Erledigung oder aus der Fertigungsklausel, die nur den "Leiter der Fachabteilung" und den Namen der Sachbearbeiterin nennt, ergibt sich eine Bezugnahme auf eine Behörde, der die Erledigung zuzurechnen wäre.

Damit war aber nach objektiven Gesichtspunkten nicht erkennbar, von welcher Behörde das in Rede stehende Schriftstück ausgefertigt wurde, zumal auch im sonstigen Inhalt des "Bescheides" kein Hinweis auf die zuständige Behörde, den Landeshauptmann von Steiermark, enthalten ist. Es fehlte somit die Bezeichnung der Behörde, die die Erledigung erlassen hat, sodass dieses Schriftstück nicht als Bescheid angesehen werden kann.

Da das Vorliegen eines Bescheides Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist, ein solcher jedoch im Beschwerdefall nicht vorliegt, waren die Beschwerden gegen die angefochtene Erledigung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Kosten waren der belangten Behörde allerdings nicht zuzusprechen: Der Fehler der bekämpften Erledigung hat sich weder in der Sphäre der Beschwerdeführer ereignet, noch kann den Beschwerdeführern das Risiko zugemutet werden, die sich als Bescheid präsentierende Verwaltungserledigung unbekämpft zu lassen. In einer solchen als Bescheid intendierten, jedoch (mangels Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde) qualifiziert mangelhaften Erledigung kann die in der Form einer Zurückweisung der Beschwerde getroffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht einer Zurückweisung im Begriffsverständnis des § 51 VwGG gleichgehalten werden. Es liegt keine verwaltungsbehördliche Entscheidung vor (mag sie auch als Zurückweisung in Erscheinung treten), die es rechtfertigen würde, im Sinne des § 51 VwGG die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, als ob die Beschwerde abgewiesen worden wäre. Die belangte Behörde kann daher im vorliegenden Fall nicht als "obsiegende Partei" im Sinne der §§ 47 Abs. 2 Z. 2 sowie 48 Abs. 2 VwGG angesehen werden (vgl. den hg. Beschluss vom 28. April 2008, 2007/12/0168, mwN). Da es auch nicht zu einer Aufhebung der als Bescheid in Erscheinung getretenen und als Bescheid in Beschwerde gezogenen Erledigung der belangten Behörde gekommen ist, hat es bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG zu bleiben, wonach jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat. Dies erscheint bei der Vielgestaltigkeit möglicher Fallkonstellationen auch als sachgerecht. Es war daher auszusprechen, dass ein Kostenzuspruch nicht stattzufinden hat (vgl. die in vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen hg. Beschlüsse vom 26. Jänner 2000, 98/03/0310, vom 15. Oktober 2003, 2003/08/0062, und vom 24. Oktober 2007, 2007/21/0216).

Für das fortgesetzte Verfahren wird darauf hingewiesen, dass die Relevanz der wasserrechtlichen Bewilligung vom 16. März 1928 in Bezug auf die Erhaltungspflicht des Mühlconsortiums davon abhängig ist, ob von dieser Bewilligung - was das Mühlconsortium bestreitet (siehe die Rz 51 ff der Beschwerde 2008/07/0234) - tatsächlich Gebrauch gemacht wurde oder nicht. Sollte die Berufungsbehörde neuerlich eine Verpflichtung zur Instandsetzung aussprechen, wäre darüber hinaus der davon örtlich betroffene Bereich - im Gegensatz zu der Umschreibung in der bekämpften "Erledigung" - in sich widerspruchsfrei zu umschreiben.

Wien, am 18. März 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte