VwGH 2007/21/0216

VwGH2007/21/021624.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache der A, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5, gegen die Erledigung der Österreichischen Botschaft Moskau vom 3. Mai 2007, betreffend Versagung eines Visums, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs2 idF 2004/I/010;
AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4 impl;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVGNov 1990 Art4 Abs2;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art20;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §69;
FrG 1997 §93 Abs1;
FrG 1997 §93;
FrPolG 2005 §11 Abs2;
FrPolG 2005 §11 Abs3;
FrPolG 2005 §11 Abs6;
FrPolG 2005 §11;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z4;
FrPolG 2005 §21;
FrPolG 2005 §25;
FrPolG 2005 §7 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §8 Abs1;
FrPolG 2005 §9 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;
AVG §18 Abs2 idF 2004/I/010;
AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4 impl;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVGNov 1990 Art4 Abs2;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art20;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §69;
FrG 1997 §93 Abs1;
FrG 1997 §93;
FrPolG 2005 §11 Abs2;
FrPolG 2005 §11 Abs3;
FrPolG 2005 §11 Abs6;
FrPolG 2005 §11;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z4;
FrPolG 2005 §21;
FrPolG 2005 §25;
FrPolG 2005 §7 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §8 Abs1;
FrPolG 2005 §9 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine russische Staatsangehörige, stellte am 5. September 2006 bei der Österreichischen Botschaft in Moskau den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums" zur Ausübung der selbständigen Prostitution in einem näher bezeichneten Barbetrieb in Salzburg und legte entsprechende Unterlagen vor.

Mit Schreiben vom 30. Jänner 2007 teilte die genannte Botschaft der Beschwerdeführerin mit, seitens der Behörde würden keine weiteren Dokumente mehr benötigt. Dem Antrag könne jedoch nicht stattgegeben werden, weil Grund zu der Annahme bestehe, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde (§ 21 Abs. 5 Z 4 FPG) und dass sie mangels fester familiärer, sozialer oder wirtschaftlicher Bindungen an ihren derzeitigen Wohnsitz das Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums nicht unaufgefordert verlassen werde (§ 21 Abs. 1 Z 2 FPG).

Dazu erstattete die Beschwerdeführerin am 13. Februar 2007 durch ihren Rechtsvertreter eine Stellungnahme, in der sie diesen Annahmen entgegentrat. Zum ersterwähnten Versagungsgrund brachte die Beschwerdeführerin insbesondere vor, sie sei "vollkommen" unbescholten, für das Gewerbe der selbständigen Prostitution ordnungsgemäß angemeldet und ab Visumserteilung bei der gewerblichen Sozialversicherungsanstalt pflichtversichert. Sie habe sämtliche behördliche Auflagen eingehalten und die entsprechenden Bewilligungen eingeholt. Die Behörde könne nicht "pauschal ohne jegliche Begründung" davon ausgehen, dass ihr Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde. Für eine solche Annahme bestünden keine Anhaltspunkte.

Mit der angefochtenen Erledigung wies die Österreichische Botschaft Moskau den Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. September 2006 ab. Eine Prüfung habe ergeben, dass der Antrag aufgrund des § 21 Abs. 5 Z 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG abgelehnt werden müsse, weil der Aufenthalt der Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über deren Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 3 FPG ist gegen Entscheidungen über Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln, zu denen nach § 2 Abs. 1 FPG auch Visa zählen, betreffend Fremde, die keine begünstigten Drittstaatsangehörigen sind, eine Berufung nicht zulässig. Mangels Bestehens von Anhaltspunkten, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine begünstigte Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG handelt, ist somit der Instanzenzug erschöpft und es wäre die vorliegende Beschwerde unter diesem Gesichtspunkt zulässig. Davon geht auch die Beschwerde aus.

Die Beschwerde kritisiert (im Rahmen der Sachverhaltswiedergabe) unter anderem, mangels Unterschrift auf der - mittels eines vorgedruckten und handschriftlich ergänzten Formulars vorgenommenen - Entscheidung sei für die Beschwerdeführerin nicht erkennbar, welche Person dabei im Dienste der Österreichischen Botschaft Moskau gehandelt habe. Die Gegenschrift geht darauf nicht ein.

Vor diesem Hintergrund war zu prüfen, ob es sich bei der angefochtenen Erledigung um einen wirksam erlassenen Bescheid handelt, was nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, Zl. 2003/08/0062).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FPG obliegt unter anderem die Erteilung und die Versagung von Visa im Ausland den nach § 8 Abs. 1 FPG - diese Bestimmung knüpft primär an den Wohnsitz des Fremden an - örtlich zuständigen Vertretungsbehörden. Die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland haben nicht das AVG anzuwenden, allerdings haben sie die allgemeinen Verfahrensgrundsätze ("die im AVG niedergelegten Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens in der Verwaltung") zu beachten, die in besonderen Verfahrensvorschriften der Fremdengesetze - hier § 11 FPG - festgelegt wurden (vgl. bereits zur im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 69 des Fremdengesetzes aus 1992 etwa den hg. Beschluss vom 20. Oktober 1998, Zl. 97/21/0270, der auf die Gesetzesmaterialien, denen die Erläuterungen zum geltenden § 11 FPG weitgehend entsprechen, verweist). In diesem Sinne enthält § 11 FPG - wie (diesem weitgehend inhaltlich entsprechend) schon § 69 des Fremdengesetzes BGBl. Nr. 838/1992 und § 93 des Fremdengesetzes 1997 - für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden besondere Verfahrensregeln. § 11 FPG, der noch durch § 25 FPG über das "Verfahren bei der Erteilung von Visa" ergänzt wird, lautet - soweit fallbezogen relevant - auszugsweise:

"§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Über schriftlichen oder niederschriftlichen Antrag der Partei ist die Entscheidung gemäß Abs. 1 auch schriftlich auszufertigen; hiebei sind außer der getroffenen Entscheidung die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen anzuführen; einer weiteren Begründung bedarf es nicht.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Behörde oder auf postalischem Wege zu erfolgen.

...

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde, in den Fällen des Abs. 5 der Bundesminister für Inneres, ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein."

Die dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin (als - offenbar eingescannte - Anlage per e-mail) übermittelte Ausfertigung der angefochtenen Erledigung entspricht zur Gänze der in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen Urschrift. Diese Erledigung, auf deren erster Seite nur die "Österreichische Botschaft Moskau" (ohne Angabe des Sachbearbeiters) angeführt ist, besteht aus einem vorgegebenen Formulartext, der fallbezogen (nur) handschriftlich durch die Anführung des Familiennamens der Beschwerdeführerin und die Einfügung des Antragsdatums sowie durch das Ankreuzen des Textes des als Versagungsgrund herangezogenen § 21 Abs. 5 Z 4 FPG und die Anbringung des Datums "03 MAY 2007" mittels Stempels ergänzt wurde. In dem für die "Unterschrift" vorgesehenen und durch Punkte gekennzeichneten Bereich findet sich weder ein Namenszeichen noch eine (lesbare) Unterfertigung eines die Erledigung genehmigenden Organwalters, sondern nur das Rundsiegel der Republik Österreich mit dem Zusatz Österreichische Botschaft Moskau.

Zunächst ist anzumerken, dass die - entgegen § 11 Abs. 3 letzter Satz FPG - im Wege elektronischer Datenverarbeitung vorgenommene Zustellung der genannten Erledigung nicht bewirkt, dass diese nicht wirksam geworden wäre (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2003, B 1701/02, VfSlg. 17.033, mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1992, Zl. 92/09/0103, SlgNr. 13.760 A/1992).

§ 18 Abs. 4 AVG lautet in der seit 1. März 2004 geltenden Fassung der Novelle BGBl I Nr. 10/2004:

"(4) Externe Erledigungen haben schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von einer Partei verlangt wird oder wenn ihre Zustellung erforderlich ist. Die Ausfertigung der Erledigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Sie kann ferner entweder vom Genehmigenden eigenhändig unterzeichnet oder als von der Kanzlei beglaubigte Ausfertigung ergehen. Die Verwendung einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) entfaltet jedenfalls die Wirkung einer Beglaubigung durch die Kanzlei."

Auch in den davor in Geltung gestandenen Fassungen dieser Bestimmung war (mit Abweichungen im Detail) für die Ausfertigungen von Erledigungen vorgeschrieben, dass sie entweder die Unterschrift des Genehmigenden oder einen Beglaubigungsvermerk der Kanzlei zu enthalten haben, wovon Ausnahmen für Vervielfältigungen (Kopien) oder für in technisch möglicher Weise (insbesondere telegraphisch, mit Telefax, oder im Wege automationsunterstützter Datenübertragung) übermittelte Ausfertigungen normiert waren.

In Abweichung von dieser Bestimmung des AVG kann nach dem wiedergegebenen § 11 Abs. 3 FPG bei der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung einer österreichischen Vertretungsbehörden an Stelle der Unterschrift des Genehmigenden das Siegel der Republik Österreich treten. Weder eine Unterschrift noch eine leserliche Anführung des Namens noch ein Beglaubigungsvermerk werden nach dieser Regelung verlangt. Die Identität des Genehmigenden muss lediglich im Akt nachvollziehbar sein. Die Bestimmung ermöglicht somit in Abweichung von § 18 Abs. 4 AVG Ausfertigungen, aus denen auf die Identität des dafür verantwortlichen Organwalters nicht geschlossen werden kann (vgl. in diesem Sinn zum insoweit inhaltsgleichen § 93 Abs. 3 FrG 1997 Muzak in Muzak, Taucher, Pinter, Lobner, Fremden- und Asylrecht (6. Lieferung, Juni 2003), Anm. 6 zu § 93).

Die genannte Bestimmung erlaubt somit zwar das Fehlen der Unterschrift des Genehmigenden auf der Bescheidausfertigung, doch bedingt das nicht nur die Anbringung des Siegels der Republik Österreich, sondern verlangt auch, dass die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Mit dieser für die Ausfertigung der Erledigung und damit für die Wirksamkeit der Bescheiderlassung normierten Voraussetzung der Nachvollziehbarkeit der Identität des Genehmigenden im Verwaltungsakt hängt die Frage zusammen, wie die (behördeninterne) Genehmigung der Erledigung, also die Gestaltung der sogenannten "Urschrift" zu erfolgen hat. Dazu trifft § 11 FPG, ebenso wie die Vorgängerbestimmungen, keine vom AVG abweichende Regelung. Der diese Frage behandelnde § 18 Abs. 2 AVG lautet in der seit 1. März 2004 geltenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004:

"(2) Das für den Verfahrensausgang voraussichtlich wesentliche Geschehen ist im Akt zu dokumentieren (interne Erledigung); dies gilt insbesondere hinsichtlich von Anbringen von Beteiligten und Äußerungen der Behörde gegenüber Beteiligten. Der Verfahrensverlauf ist vom Genehmigungsberechtigten durch eigenhändige Unterzeichnung der zur Dokumentation erstellten Aktenstücke zu beurkunden. Die elektronische Beurkundung interner Erledigungen hat mit elektronischer Signatur zu erfolgen."

Der damit im Zusammenhang stehende § 82 Abs. 14 erster Satz AVG lautet:

"(14) Die elektronische Beurkundung interner Erledigungen darf bis zum 31. Dezember 2007 auch durch andere geeignete Verfahren als die elektronische Signatur geschehen, wenn diese durch technische und organisatorische Maßnahmen mit hinlänglicher Sicherheit gewährleisten, dass die Nachweisbarkeit der eindeutigen Identität des Genehmigenden und der Authentizität des Genehmigungsvorgangs sowie die Unverfälschbarkeit des genehmigten Inhalts gegeben sind."

Davor hatte § 18 Abs. 2 AVG seit der Wiederverlautbarung des AVG (BGBl. Nr. 51/1991) bzw. seit der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 folgende Fassung:

"(2) Die Genehmigung einer Erledigung erfolgt durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, dass derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann."

In beiden Fassungen des § 18 Abs. 2 AVG wurde der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Dies entspricht der allgemeinen Einsicht, dass die Rechtsordnung durch Menschen erzeugt und vollzogen wird. Nur auf diese Weise kann auch eine Verantwortlichkeit für die Führung der Verwaltung (siehe Art. 20 B-VG) bestehen (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, MSA, 15. und 16. Auflage, Anm. 4 bzw. Anm. 3 zu § 18 AVG). Es wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, 96, Rz 190, in Bezug auf § 18 Abs. 2 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004). Auch nach der angesprochenen Novellierung hat die Genehmigung einer internen Erledigung grundsätzlich durch die eigenhändige Unterzeichnung zu erfolgen. Es muss im Ergebnis weiterhin jede (interne) Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter) zurechenbar sein (Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz. 7 f zu § 18).

Durch das in § 11 Abs. 3 FPG aufgestellte Erfordernis der Nachvollziehbarkeit der Identität des Genehmigenden im Akt wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Geltung der soeben erwähnten Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens voraussetzte, ist doch die Identität des Genehmigenden grundsätzlich nur dann nachvollziehbar, wenn die im Akt befindliche "Urschrift" der Erledigung vom Genehmigenden eigenhändig unterzeichnet wurde. Soweit davon Ausnahmen gemacht werden dürfen, beziehen sich diese nur auf die fortschreitende Einführung elektronischer Akten(verwaltungs)systeme (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz. 8; in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1996, Zl. 95/20/0019, das zu § 18 Abs. 2 zweiter Satz AVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004, mit dem auf den "Einsatz neuer technischer Möglichkeiten, wie automationsunterstützter Datenverarbeitung", Bedacht genommen worden sei, ergangen ist; siehe daran anschließend auch das Erkenntnis vom 11. Dezember 2002, Zl. 2002/12/0246; zu diesem Thema zuletzt auch Köhler, Aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verwaltungsverfahren, OJZ. 2007, 561 (568 ff)). Die angefochtene Erledigung wurde nach ihrem äußeren Erscheinungsbild (schon aufgrund der handschriftlichen Einfügungen) nicht (nur) elektronisch hergestellt, sodass die erwähnten Ausnahmen vom Erfordernis einer Genehmigung durch eigenhändige Unterschrift fallbezogen nicht in Betracht kommen. Im Übrigen ließe sich die Identität des "Genehmigenden" auch nicht aus der mit einem unleserlichen Namenskürzel versehenen Eintragung des Verfahrensergebnisses auf der ersten Seite des Antrages (durch Ankreuzen von "Visum abgelehnt") oder aus dem in der e-mail, mit der die Zustellung der angefochtenen Erledigung vorgenommen wurde, angeführten Namen des Botschaftsmitarbeiters, der auch einen Aktenvermerk vom 2. Mai 2007 über den Standpunkt des "BMI" verfasst und die "Ablehnung per E-Mail an RA" auf dem Stellungnahmeschriftsatz verfügt haben dürfte, feststellen, weil damit nicht nachvollziehbar wird, ob es sich dabei auch um jenen Organwalter handelt, der den Inhalt (den Text) der dann vorgenommenen Erledigung (durch Anbringung des Siegels) "genehmigt" hat.

Da die in den Verwaltungsakten befindliche Urschrift der angefochtenen Erledigung und auch die dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin übermittelte idente Ausfertigung - wie erwähnt -

keine Unterschrift des Genehmigenden aufweisen, wurde die in Beschwerde gezogene Erledigung somit nicht nur mangels Nachvollziehbarkeit der Identität des "Genehmigenden" nicht wirksam erlassen, sondern ihr fehlte es mangels gehöriger Genehmigung der Urschrift überhaupt an der Bescheidqualität (vgl. dazu das weitere Vorjudikatur zitierende Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, Zl. 2003/08/0062; siehe auch die dort erwähnten hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0135, und vom 11. Dezember 2002, Zl. 2002/12/0246).

Die Beschwerde, in der ungeachtet des Hinweises auf die fehlende Unterschrift in der dem Rechtsvertreter übermittelten Erledigung ausdrücklich vom Vorliegen einer "hoheitsrechtlichen Willensäußerung" und demnach von einem "anfechtbaren Bescheid" ausgegangen wurde, war nach dem Gesagten mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsobjektes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Ein Kostenzuspruch hat in einer Konstellation wie der vorliegenden zu unterbleiben (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/03/0310, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird; siehe daran anschließend etwa betreffend eine in serbischer Sprache verfasste Visumsablehnung den hg. Beschluss vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/21/0092).

In der Sache ist aber für das weitere Verfahren noch Folgendes anzumerken:

Die Beschwerdeführerin zielt mit ihrem Antrag auf die Erteilung eines Visums zur vorübergehenden Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Österreich als selbständige Prostituierte. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 Z 16 FPG ist "eine bloß vorübergehende selbständige Erwerbstätigkeit" eine solche, die innerhalb von zwölf Monaten nicht länger als sechs Monate ausgeübt wird, bei der ein Wohnsitz im Drittstaat aufrecht erhalten wird, der weiterhin den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet, und bei der es sich um keinen Fall der Pflichtversicherung des § 2 GSVG handelt.

Gemäß § 20 Abs. 3 FPG werden Visa für die Einreise zu einem sechs Monate nicht übersteigenden Aufenthalt ausgestellt. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist - außer im Rahmen von Geschäftsreisen - nur in den Fällen des § 24 FPG, der Sonderbestimmungen zur Erteilung von Visa zu Erwerbszwecken enthält, zulässig. Nach § 24 Abs. 1 Z 1 FPG ist die Aufnahme einer bloß vorübergehenden selbständigen Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 4 Z 16 FPG) im Bundesgebiet nur nach Erteilung eines Aufenthalts-Reisevisums (§ 20 Abs. 1 Z 5 FPG; "Visum D+C") möglich, das dem Fremden mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten "unter Berücksichtigung" des § 21 Abs. 1 FPG zu erteilen ist.

Der zuletzt erwähnte § 21 FPG enthält unter anderem die (allgemeinen) Voraussetzungen für die Erteilung von Visa. Diese Bestimmung lautet samt Überschrift (auszugsweise):

"Erteilung von Visa

§ 21. (1) Visa dürfen einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn

  1. 1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;
  2. 2. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint;
  3. 3. öffentliche Interessen der Erteilung des Visums nicht entgegenstehen, es sei denn, die Interessen des Fremden an der Erteilung des Visums wiegen schwerer, als die öffentlichen Interessen, das Visum nicht zu erteilen und

    4. kein Versagungsgrund (Abs. 7) wirksam wird.

    ...

(4) Die Behörde hat bei der Beurteilung der nach Abs. 1 Z 3 zu treffenden Interessensabwägung jeweils vom Zweck sowie von der Dauer des geplanten Aufenthalts des Fremden ausgehend

1. auf seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere seine familiären Bindungen, seine finanzielle Situation und gegebenenfalls die Dauer seines bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet und

2. auf öffentliche Interessen, insbesondere die sicherheitspolizeilichen und wirtschaftlichen Belange und die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen.

(5) Öffentliche Interessen stehen der Erteilung eines Visums insbesondere dann entgegen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

  1. 5. ...
  2. 6. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer im Rahmen von Geschäftsreisen oder in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

    7. ..."

    Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung nur mit dem Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 5 Z 4 FPG begründet. In der Gegenschrift wird diese Annahme dahin näher erläutert, dass davon ausgegangen werden könne, die Geschäftsführung des Barbetriebes, von der die Unterkunft ("die Arbeitsstätte") zur Verfügung gestellt werde und die Bestätigung über die voraussichtlichen Nettoeinnahmen der Beschwerdeführerin (EUR 2.100,-- monatlich) stamme, werde "sowohl auf den Umfang als auch auf die Art der Erwerbstätigkeit und somit auch auf die Einnahmen" der Beschwerdeführerin nicht unbeträchtlich Einfluss nehmen. Demzufolge sei von einer "umfassenden wirtschaftlichen und sozialen Abhängigkeit" der Beschwerdeführerin und daher von einer beabsichtigten unselbständigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Diese Ansicht werde dadurch bestärkt, dass erfahrungsgemäß eine kostenlose Überlassung einer Unterkunft in diesem Milieu nicht üblich sei, sondern dafür "versteckte Leistungen" erbracht würden. Da die Beschwerdeführerin die behauptete selbständige Erwerbstätigkeit nicht habe nachweisen können und die offensichtlich bestehende wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit vom zukünftigen "Arbeitgeber" eine unselbständige und somit unrechtmäßige Erwerbstätigkeit indiziere, sei der Schluss berechtigt, der Aufenthalt der Fremden in Österreich würde die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden.

    Die angefochtene Erledigung leidet - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde, die auf § 11 FPG nicht Bedacht nehmen - nicht schon deshalb an einem Begründungsmangel, weil sie keine Feststellungen enthält und nur auf eine für die Ablehnung des Visumsantrages maßgeblich erachtete gesetzliche Bestimmung verweist. Das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland entspricht nämlich den von der Bundesverfassung aus rechtsstaatlicher Sicht postulierten Voraussetzungen, wenn wenigstens die im § 11 FPG normierten Minimalanforderungen eingehalten werden (vgl. zu den im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1994, B 966, 1089/93, VfSlg. 13.723, und vom 24. November 2003, B 1701/02, VfSlg. 17.033). Demnach kann sich die Begründung in der Anführung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen erschöpfen; der maßgebliche Sachverhalt muss aber im Akt nachvollziehbar sein (§ 11 Abs. 2 iVm Abs. 6 letzter Satz FPG). In diesem Sinn wurde in der Rechtsprechung wiederholt ausgeführt, die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens erfordern, dass der für eine Entscheidung maßgebliche Sachverhalt, wenn er schon nicht in der Begründung des Bescheides darzulegen ist, zumindest im Akt nachvollziehbar sein muss, was für den Rechtsschutz (die Rechtsverfolgung vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts) "gerade noch hinreiche" (vgl. zuletzt das bereits zum FPG ergangene hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0117, mwN).

    Unter diesem Gesichtspunkt findet sich in den vorgelegten Verwaltungsakten nur ein am 2. Mai 2007 verfasster Aktenvermerk folgenden Inhalts:

    "AV:

    BMI Prognose für Arbeitsstätte negativ, Gefahr rechtswidriger Handlungen, selbst. Erwerbstätigkeit nicht nachgewiesen.

    Ablehnung FPG 21/5/4"

    Dazu ist zu bemerken, dass die beiden erstangeführten Überlegungen, die im Sinne des in der Erledigung herangezogenen Versagungsgrundes des § 21 Abs. 5 Z 4 FPG (eigentlich § 21 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 5 Z 4 FPG) verstanden werden könnten, für sich genommen nicht nachvollziehbar sind. Im Übrigen hätte der Beschwerdeführerin dazu im Sinne des § 11 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme gegeben werden müssen. Dem wurde mit dem bloß allgemein gehaltenen Hinweis auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der (mangels Ergänzung des im Formular dafür vorgesehenen Textteiles) keine konkrete, auf diesen Vorwurf eingehende Erwiderung ermöglichte, nicht ausreichend Rechnung getragen. Wie sich aber aus den Ausführungen in der Gegenschrift ergibt, hat die belangte Behörde die "negative Prognose für die Arbeitsstätte" und die "Gefahr rechtswidriger Handlungen", soweit damit nicht die sogleich zu behandelnde Ausübung einer unzulässigen unselbständigen Beschäftigung gemeint war, ohnehin nicht als für die Ablehnung des Visumsantrages maßgeblich angesehen.

    Zum dargestellten Vorbringen in der Gegenschrift - im Ergebnis entsprechen diese dem letztangeführten, aber dort nicht näher erläuterten Grund im erwähnten Aktenvermerk - ist aber zunächst darauf hinzuweisen, dass damit der Sache nach nicht der von der belangten Behörde in ihrer Erledigung herangezogene Versagungsgrund des § 21 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 5 Z 4 FPG der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, sondern der speziellere Tatbestand nach Abs. 5 Z 6 angesprochen wird, dass Grund zu der Annahme bestehe, die Beschwerdeführerin beabsichtige nicht die behauptete, nach § 24 Abs. 1 Z 1 FPG zulässige vorübergehende selbständige, sondern eine unerlaubte unselbständige Erwerbstätigkeit. Das wurde von der belangten Behörde offenbar verkannt und demzufolge zu diesem Versagungsgrund auch kein Parteiengehör eingeräumt.

    Im Übrigen hätte sich aus der Aktenlage auch entnehmen lassen müssen, dass die belangte Behörde die nach § 21 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 4 FPG erforderliche Interessenabwägung vorgenommen hat. Dafür bestehen aber überhaupt keine Anhaltspunkte.

    Schließlich ist zu der in der gegenständlichen Erledigung enthaltenen (formularmäßigen) Rechtsmittelbelehrung noch darauf hinzuweisen, dass gegen Bescheide der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten - abgesehen von der für begünstigte Drittstaatsangehörige vorgesehenen Berufungsmöglichkeit an den unabhängigen Verwaltungssenat nach § 9 Abs. 4 FPG - nicht nur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, sondern

gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG (bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen) auch an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann.

Wien, am 24. Oktober 2007

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