VwGH 2007/20/1469

VwGH2007/20/14699.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hahnl, 1. über den Antrag der W, vertreten durch Mag. Johann Galanda und Dr. Anja Oberkofler, Rechtsanwälte in 1120 Wien, Arndtstraße 87/12, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Mai 2007, Zl. 252.008/4/10E-V/13/04, betreffend § 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (protokolliert zur hg. Zl. 2008/20/0065) und 2. in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den genannten Bescheid (protokolliert zur hg. Zl. 2007/20/1469; weitere Partei:

Bundesministerin für Inneres) den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde werden zurückgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juli 2007, Zl. VH 2007/20/0417-5, wurde der von der Antragstellerin eingebrachte Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Mai 2007 abgewiesen.

Dieser Beschluss wurde gemäß den am Rückschein aufscheinenden Vermerken des Postzustellers nach einem erfolglosen Zustellversuch an der von der Antragstellerin bekannt gegebenen Adresse in 1220 Wien, H, und dem Einlegen einer Verständigung über die Hinterlegung im Hausbrieffach beim Postamt 1220 hinterlegt; der Beginn der Abholfrist ist mit 31. Juli 2007 vermerkt. Der hinterlegte Beschluss wurde in der Folge seitens des Postamtes mit dem Vermerk "nicht behoben" an den Verwaltungsgerichtshof rückübermittelt. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof am 24. Oktober 2007 wurde ihr die Ausfertigung des hg. Beschlusses vom 24. Juli 2007 ausgefolgt.

Am 5. Dezember 2007 brachte die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Mai 2007 ein und beantragte, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Antragstellerin behauptete, dass die Beschwerde fristgerecht erhoben werde, weil ihr der Beschluss über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags am 24. Oktober 2007 zugestellt worden sei.

Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes, dass der hg. Beschluss über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags bereits am 31. Juli 2007 durch Hinterlegung beim Postamt 1220 Wien rechtswirksam zugestellt worden sei und die am 5. Dezember 2007 zur Post gegeben Beschwerde demnach verspätet erhoben wäre, teilte die Antragstellerin mit dem am 11. Jänner 2008 zur Post gegebenen Schriftsatz mit, dass sie im Juli 2007 keine Verständigung über die Hinterlegung des gegenständlichen Schriftstückes erhalten habe. Sie habe jedoch im Sommer 2007 feststellen müssen, dass ihr Briefkasten mehrmals aufgebrochen und dadurch öfters mehrere Tage hindurch ohne Verschlussmöglichkeit gewesen sei. Nachdem die Antragstellerin Kenntnis davon erlangt habe, dass sie ein Schriftstück bzw. eine Verständigung über die Hinterlegung nicht erhalten habe, habe sie Nachforschungen angestellt und die "gegenständliche Hinterlegung" im Keller in einem Stapel nicht auf die Hausbewohner aufgeteilter Post gefunden.

Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Bescheidbeschwerde und erhob neuerlich Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Mai 2007. Zum Wiedereinsetzungsantrag führte die Antragstellerin begründend aus, dass sie die Verständigung über die Hinterlegung des hg. Beschlusses vom 24. Juli 2007 nur durch Zufall im Keller des Hauses gefunden habe, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, fristgerecht Beschwerde zu erheben. Die Antragstellerin sei von dieser Zustellung nicht in Kenntnis gewesen, was auch daran ersichtlich sei, dass sie in der Folge selbst beim Verwaltungsgerichtshof vorgesprochen habe, wo ihr die ohne ihr Verschulden nicht behobene Ausfertigung des gegenständlichen Beschlusses am 24. Oktober 2007 ausgehändigt worden sei.

Mit Verfügung vom 19. Februar 2008 wurde der Antragstellerin das Ergebnis der seitens des Verwaltungsgerichtshofes veranlassten Erhebung beim Postamt 1220 Wien mitgeteilt, wonach laut Auskunft jenes Zustellers, der den gegenständlichen Zustellversuch vorgenommen habe, das zur Abgabestelle der Antragstellerin gehörige Hausbrieffach im Zeitpunkt des Zustellversuchs und des Einlegens der Hinterlegungsanzeige am 30. Juli 2007 nicht beschädigt gewesen sei.

Die Vertreter der Antragstellerin teilten dazu mit Schreiben vom 13. März 2008 mit, dass sich die Antragstellerin im Zuge der Besprechung des ursprünglichen Wiedereinsetzungsantrags "undeutlich ausgedrückt" habe. Tatsächlich seien der von ihr bewohnten Wohnung zwei Briefkästen zugeordnet gewesen. Die Antragstellerin hätte jedoch nur Schlüssel zu einem Briefkasten gehabt und die fragliche Hinterlegungsanzeige sei in den anderen Briefkasten, für welchen die Antragstellerin keinen Schlüssel gehabt habe, eingeworfen worden. Erst nachdem sie vom Hauseigentümer gefragt worden war, warum sie seine Schreiben nicht behebe, habe sie Kenntnis von diesem zweiten Briefkasten erlangt, den sie in der Folge unter Gewaltanwendung geöffnet und so die gegenständliche Hinterlegungsanzeige gefunden habe.

1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen und die versäumte Handlung gleichzeitig nachzuholen.

Die Wiedereinsetzungswerberin hat konkrete Angaben zu machen, aus denen die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrags zu erkennen ist. Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag bestand das "Hindernis" darin, dass die Antragstellerin von der Hinterlegung des hg. Beschlusses über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags vom 24. Juli 2007 und somit vom Zustellvorgang keine Kenntnis erlangt habe. Maßgeblich für den Beginn der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags ist demnach, wann die Antragstellerin vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2002/20/0273, und den hg. Beschluss vom 11. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0235, 0236, mwN).

Im gegenständlichen Antrag fehlen jedoch konkrete Angaben darüber, an welchem Tag die Antragstellerin den Briefkasten öffnen konnte und den Verständigungszettel über die Hinterlegung des gegenständlichen Beschlusses vorgefunden hat.

Zudem ergibt sich bereits aus dem Vorbringen der Antragstellerin, welche das Auffinden der Hinterlegungsanzeige als Grund für deren Vorsprache beim Verwaltungsgerichtshof nannte, dass sie noch vor dem 24. Oktober 2007 Kenntnis vom Zustellvorgang erlangt hat, weshalb sich der am 11. Jänner 2008 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag jedenfalls als verspätet erweist und sich insofern die Erteilung eines Verbesserungsauftrags erübrigte (vgl. dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

2. Zur Beschwerde:

Nach der oben wiedergegebenen Aktenlage wurde der hg. Beschluss vom 24. Juli 2007 über die Ablehnung des Verfahrenshilfeantrags der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung beim Postamt 1220 Wien am 31. Juli 2007 rechtswirksam zugestellt. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser Zustellung durch Hinterlegung liegen nicht vor. Im Hinblick auf die bereits am 31. Juli 2007 wirksam erfolgte Zustellung des hg. Beschlusses vom 24. Juli 2007 entfaltete die neuerliche Zustellung durch persönliche Ausfolgung der Ausfertigung dieses Beschlusses an die Beschwerdeführerin am 24. Oktober 2007 gemäß § 6 Zustellgesetz keine Rechtswirkungen.

Bei diesem Ergebnis war die am 5. Dezember 2007 zur Post gegebene und am 6. Dezember 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des

Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigt.

Wien, am 9. September 2010

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