VwGH 2007/05/0089

VwGH2007/05/008924.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde 1. der P Gesellschaft m.b.H., 2. des P, 3. des N, sämtliche in Spittal/Drau, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2007, Zl. 7-B-BRM-869/5/2007, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Spittal/Drau, 2. K Genossenschaft mbH in K), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §8;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art139;
B-VG Art140;
B-VG Art89;
AVG §38;
AVG §8;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art139;
B-VG Art140;
B-VG Art89;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 15. März 2004 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 35 Wohneinheiten inklusive Tiefgarage auf ihrem im Bauland-Wohngebiet liegenden Grundstück Nr. X, KG S.

Die Beschwerdeführer sind (Mit-)Eigentümer von im gemischten Baugebiet liegenden dem Baugrundstück benachbarten Grundstücken. Auf dem östlich des Baugrundstückes liegenden Grundstück Nr. Y der Erstbeschwerdeführerin befindet sich ein seit 1650 bestehendes Sägewerk. Sie wendeten ein, dieses Sägewerk verursache erhebliche Lärmemissionen, weshalb für diese Betriebsanlage bei Bewilligung und Errichtung des geplanten Bauvorhabens mit zusätzlichen Auflagen gemäß § 79 GewO zu rechnen sei.

Bezüglich des Verfahrensablaufes wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/05/0118, verwiesen.

Die Berufungsbehörde ergänzte auf Grund der aufhebenden Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 21. Oktober 2005 das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines umwelttechnischen und medizinischen Gutachtens.

Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. Juli 2006 wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 1. Februar 2005 als unbegründet abgewiesen. Die durch das geplante Bauvorhaben auftretenden Lärmemissionen, Luftschadstoffimmissionen und Erschütterungen seien nicht geeignet, Belästigungen, Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, Gesundheitsgefährdungen oder Gesundheitsschädigungen für die Beschwerdeführer hervorzurufen. Für das Baugrundstück gelte der textliche Bebauungsplan des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. Juni 2002. Für das Baugrundstück liege kein anders lautender Teilbebauungsplan vor. Da die Beschwerdeführer den Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten seien, habe die Berufungsbehörde den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des von ihr beigezogenen Sachverständigen folgen können. Der allgemein gehaltenen Behauptung, dass durch die Wohnanlage der Sägewerksbetrieb künftig mit Einschränkungen zu rechnen habe, könne nicht gefolgt werden, da einerseits die Konkretisierung dieser Behauptung fehle, andererseits vom zu errichtenden Bauvorhaben keine Emissionen ausgingen, die zu einer Einschränkung des Sägewerksbetriebes führen könnten.

Auf Grund der von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung beauftragte die belangte Behörde ihren lärmtechnischen Amtssachverständigen mit Erstattung eines Gutachtens zur Frage, ob auf Grund des Sägewerks- und Holzhandelsbetriebes den zukünftigen Anrainern der geplanten Wohnanlage eine beträchtliche Belastung durch Lärm, Luftschadstoffe oder gefährliche Abfälle drohe und ob für diese Betriebsanlage in der Folge mit nachträglichen Auflagen nach der Gewerbeordnung zu rechnen sein werde. Zur Ermittlung der Schallimmissionen legte der Sachverständige in seinem Gutachten vom 15. Jänner 2007 die von den Beschwerdeführern vorgelegten Urkunden betreffend die Lage und Ausstattung der Sägewerksbetriebsanlage vor und beurteilte die Schallimmissionen wie folgt:

"Diese schallerzeugenden Betriebseinrichtungen besitzen folgende Abstände zur zukünftigen Wohnanlage (siehe Lagepläne und Immissionsraster, Gutachten Anderwald):

Sägehalle ca. 70 bis 100 m

Hobelhalle ca. 80 bis 100 m

Lagerplatz für Rundholz ca. 70 bis 110 m

Lagerplatz für Schnittholz ca. 50 bis 100 m

Die Schallausbreitungsberechnungen werden entsprechend der einschlägigen Normen, Richtlinien und Unterlagen für Akustik durchgeführt. Gleichzeitig werden die jeweiligen durchschnittlichen täglichen Einsatzzeiten der Holzbearbeitungsmaschinen und die Frequenzen der Fahrzeuge in der Berechnung berücksichtigt. Für den Beurteilungszeitraum Tageszeit werden normgemäß die betrieblich ungünstigsten acht aufeinander folgenden Stunden und die betrieblich lauteste Stunde untersucht.

In der Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr findet kein Betrieb statt. Im Gutachten werden die zukünftigen Anrainer auf Parz. X, KG S, als Immissionspunkte I Pkt. 4 (+ 7 m Höhe über Bodenniveau) und I Pkt.5 (+ 3 m Höhe) bezeichnet.

Es werden folgende betrieblichen Immissionen ermittelt:

Acht aufeinander folgende Stunden:

I Pkt. 4:

Beurteilungspegel = 43,6 = 44 dB

I Pkt. 5:

Beurteilungspegel = 43,5 = 44 dB

Lauteste Stunde:

I Pkt. 4:

Beurteilungspegel = 46,2 = 46 dB

I Pkt. 5:

Beurteilungspegel = 46,2 = 46 dB

Die betrieblichen Schallpegelspitzen schwanken zwischen 40 und 70 dB.

Unbeschadet der medizinischen Begutachtung ist in dem Zusammenhang auf die Planungsrichtwerte für zulässige Immissionen gemäß ÖNORM S 5021 ("schalltechnische Grundlagen für die örtliche und überörtliche Raumplanung und Raumordnung") zu verweisen.

Die ermittelten Immissionswerte entsprechen der Baulandkategorie 2 ("Wohngebiet in Vororten, ländliches Wohngebiet", Immissionsgrenzwert = 50 dB).

Die Vorgabe dieser Norm geht im Grundsatz davon aus, dass Störungen vermieden werden und dem Ruheanspruch eines Standortes Genüge getan ist, wenn der Richtwert eingehalten wird.

2. Prüfung der Vorschreibung von Auflagen:

Es ist zu prüfen, ob die Gewerbebehörde der P GmbH zum Schutz der "nachträglich zugezogenen Nachbarn" Auflagen erteilen würde.

Im zit. Gutachten bzw. Änderungsprojekt für die Gewerbebehörde sind Auflagen vorgesehen, um die Berechnungsergebnisse einzuhalten und die Schallimmissionen auf ein zumutbares Maß zu beschränken (laut Auskunft des Projektanten wird die Vorstellungswerberin am heutigen Tag den Antrag um gewerbebehördliche Genehmigung der im Projekt dargestellten Änderungen stellen).

Jedenfalls werden entsprechend dem Telefonat mit der Vertreterin der Gewerbebehörde am 12.1.2007 diese Änderungen vor der Errichtung der Wohnanlage zu genehmigen sein.

Aus schalltechnischer Sicht werden der Vorstellungswerberin keine zusätzlichen Auflagen entstehen, als die im Änderungsprojekt beschriebenen; d.h. durch die zuziehenden Nachbarn werden keine Anpassungen erforderlich sein.

3. Luftschadstoffimmissionen und gefährliche Abfälle:

Aus Sicht der Luftreinhaltung entspricht das gegenständliche Sägewerk durchaus dem Stand der Technik. Es ist daher nicht zu erwarten, dass es zu relevanten Emissionen von Luftschadstoffen (in erster Linie Holzstäube) in die freie Atmosphäre kommt. Aus diesem Grunde ist auch nicht zu erwarten, dass es in der angrenzenden Nachbarschaft (geplante Wohnanlage), welche eine Entfernung von 50 bis 100 m von der Betriebsanlage aufweist, zu unzumutbaren Immissionen von Luftschadstoffen kommen wird.

Was die Abfallwirtschaft anlangt, ist nicht damit zu rechnen, dass im gegenständlichen Gewerbebetrieb der Vorstellungswerberin gefährliche Abfälle anfallen."

Die Beschwerdeführer nahmen zu diesem Gutachten Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Für das gegenständliche Grundstück sei der allgemeine textliche Bebauungsplan der Stadtgemeinde Spittal an der Drau in Kraft. Aus der Verordnung "Bebauungsplan H Gründe" gehe eindeutig hervor, dass das Baugrundstück niemals Gegenstand dieses Teilbebauungsplanes gewesen sei. Voraussetzungen für die Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens lägen nicht vor. Dem Gutachten des Amtssachverständigen seien die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Die Sachverständigengutachten hätten ergeben, dass es durch das Bauvorhaben für die Nachbarn keine zusätzliche und wesentliche, über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Lärmbelästigung durch die unmittelbar entlang der Grundgrenze zum Grundstück Nr. Y verlaufende Zufahrt zur Tiefgarage geben werde. Die Nachbarn hätten kein Recht darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern.

In seiner schlüssigen und vollständigen Stellungnahme habe der Amtssachverständige für Lärmtechnik ausgeführt, dass die von ihm ermittelten Immissionswerte der Baulandkategorie 2 (Wohngebiet in Vororten, ländliches Wohngebiet, Immissionsgrenzwert = 50 dB) durch den Betrieb des Sägewerks nicht überschritten würden. Im Verfahren vor der Gewerbebehörde seien Auflagen vorgesehen, die die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte gewährleisteten. In der Folge sei mit keinen zusätzlichen Auflagen zu rechnen. Auch aus der Sicht der Luftreinhaltung entspreche das Sägewerk dem Stand der Technik. Es sei nicht zu erwarten, dass es zu relevanten Emissionen von Luftschadstoffen (insbesondere Holzstäuben) kommen werde. Es sei nicht zu erwarten, dass es in der angrenzenden Nachbarschaft (geplante Wohnanlage), welche eine Entfernung von 50 bis 100 m von der Betriebsanlage aufweise, zu unzumutbaren Immissionen von Luftschadstoffen kommen werde. Für die Beurteilung, ob und allenfalls welche Auflagen nach § 79 GewO von der Behörde vorzuschreiben sind, bedürfe es keiner anderen Voraussetzung als im Verfahren zur Genehmigung der Betriebsanlage. Die Gewerbebehörde habe die Auswirkungen der Betriebsanlage auf die Nachbarn zu beurteilen und zu prüfen, welche Auflagen erforderlich sind, um Gefährdungen oder - im Rahmen des § 79 Abs. 2 GewO - unzumutbare Belästigungen der Nachbarn hintanzuhalten. Auf Grund des von der belangten Behörde eingeholten Gutachtens müssten für das gegenständliche Sägewerk keine zusätzlichen Auflagen erteilt werden als die im vorgesehenen Änderungsprojekt beschriebenen. Dies bedeute, dass durch die zuziehenden Nachbarn keine Anpassungen erforderlich seien. Im erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid seien sämtliche vorgeschlagenen Maßnahmen und festgehaltenen Aufträge ersichtlich und nachvollziehbar.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 14. März 2007, B 325/07-3, abgelehnt. Er führte im Ablehnungsbeschluss aus:

"Gegen die Beibehaltung der Widmung 'gemischtes Baugebiet' für die Grundstücke der Beschwerdeführer bestehen keine Bedenken. Da im gemischten Baugebiet auch Wohngebäude zulässig sind, bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass unmittelbar an das 'gemischte Baugebiet' angrenzende Flächen als 'Wohngebiet' gewidmet wurden.

Inwiefern das Fehlen eines Teilbebauungsplanes und das Bestehen bloß eines textlichen Bebauungsplanes den Bestimmungen des Gemeindeplanungsgesetzes, insbesondere § 24 dieses Gesetzes, widersprechen soll, ist nicht ersichtlich."

Über Antrag der Beschwerdeführer wurde die Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 13. April 2007, B 325/07-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer im Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und führen aus, dass die belangte Behörde der zwischen den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführer und der Stadtgemeinde Spittal an der Drau aus Anlass der Schaffung des Teilbebauungsplanes 1972 getroffenen Vereinbarung über die Höhe der zu schaffenden Einfamilienhäuser in Kniestockbauweise auf den "H Gründen" keine Beachtung geschenkt habe. Diese Vereinbarung sei nicht nur privatrechtlich, sondern als Verordnung auch öffentlichrechtlich in Wirksamkeit getreten. Sie sei auch Vertragsbestandteil, weil der Inhalt der Kaufverträge mit den Siedlern ausdrücklich den Bebauungsplan und dessen Normen als Vertragsgrundlage erwähne. Da bei der Baubewilligung an die mitbeteiligte Bauwerberin vom Inhalt des 1972 erlassenen Bebauungsplanes rechtswidrig abgegangen worden sei und die belangte Behörde bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bauverfahrens im Vorstellungsverfahren diesem Umstand keine Beachtung geschenkt habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Im Vorstellungsverfahren sei auch die Aussetzung des Verfahrens bis zur Erlassung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes zu B 3548/05 (betrifft das mit Erkenntnis vom heutigen Tag erledigte Verfahren zur hg. Zl. 2007/05/0118) beantragt worden, weil die Erledigung dieses vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahrens präjudiziell sei. Diesem Antrag sei von der belangten Behörde jedoch nicht entsprochen worden, weshalb sie auch deshalb ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet habe. Jedenfalls stelle die unterlassene Absprache über diesen Antrag eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

Die Nähe des Sägewerks zum geplanten Bauvorhaben - es bestehe eine Distanz von nur 7 m - stelle die Wohnqualität des zu schaffenden Bauvorhabens in höchstem Maße in Frage. Der medizinische Sachverständige habe ausgeführt, dass in Zukunft mit erheblichem Aufwand die Abwehr von Immissionen aus dem Sägewerk von den Siedlern betrieben werden müsse. Folglich müsse eine Verletzung der Grundsätze des Gemeindeplanungsgesetzes und der daraus abzuleitenden subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführer angenommen werden. Es wäre daher Pflicht der belangten Behörde gewesen, im Vorstellungsverfahren den Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz mit bindender Wirkung zu beheben und das Bauansuchen abzuweisen.

Die Verweigerung der Akteneinsicht über den Inhalt des Teilbebauungsplanes der "H Gründe" stelle einen Verfahrensmangel dar. Bei Gewährung dieser Akteneinsicht hätten die Gründe der Änderung des Teilbebauungsplanes bekämpft werden können und wäre im Ergebnis die Behörde zu einer anderen Entscheidungsgrundlage gekommen. Der Teilbebauungsplan aus dem Jahre 1972 gehöre nach wie vor dem Rechtsbestand an, weil diese Verordnung aus dem Jahre 1972 nicht aufgehoben worden sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Berufungsbehörde hat im Beschwerdefall das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1977, VwSlg. 9.315/A, und die daran anschließende hg. Rechtsprechung).

Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides war § 23 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996), LGBl. Nr. 62/1996, in der Fassung LGBl. Nr. 22/2004 (Kundmachung des Landeshauptmannes vom 13. April 2004 über die Aufhebung des § 23 Abs. 2 lit. b und Abs. 4 der Kärntner Bauordnung 1996 durch den Verfassungsgerichtshof), geltendes Recht.

Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§ 23

Parteien, Einwendungen

(1) Parteien des Baubewilligungsverfahrens sind:

...

e) die Anrainer (Abs. 2).

(2) Anrainer sind:

a) die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstückes sowie

b) entfällt.

(3) Anrainer im Sinn des Abs. 2 dürfen gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

  1. a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;
  2. b) die Bebauungsweise;
  3. c) die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes;
  4. d) die Lage des Vorhabens;
  5. e) die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken;
  6. f) die Bebauungshöhe;
  7. g) die Brandsicherheit;
  8. h) den Schutz der Gesundheit der Anrainer;
  9. i) den Immissionsschutz der Anrainer.

(4) entfällt.

(5) Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde, bei Vorhaben nach § 1 Abs. 2 lit. c und d auch durch Verlautbarungen der Kärntner Landeszeitung kundgemacht und wurden die Anrainer im Sinn des § 16 Abs. 2 lit. d persönlich geladen, so bleiben im weiteren Verfahren über die Erteilung der Baubewilligung nur jene Anrainer Parteien, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinn des Abs. 3 und 4 erhoben haben.

(6) Anrainer, denen der Baubewilligungsbescheid nicht zugestellt wurde, dürfen nur bis zum Ablauf von drei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides dessen Zustellung beantragen oder Berufung erheben.

(7) Einwendungen der Parteien, deren Austragung dem Rechtsweg vorbehalten ist, hat die Behörde niederschriftlich festzuhalten. Auf die Entscheidung über den Antrag haben solche Einwendungen keinen Einfluss."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Dies gilt auch für den Nachbarn, insoweit er im Sinne des § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 seine Parteistellung behalten hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. November 2002, Zl. 2000/05/0247, VwSlg. 15.950/A).

Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführer mit der Behauptung, der Teilbebauungsplan "H Gründe" sei weiterhin in Kraft, nicht darzulegen vermögen, in welchen ihnen durch § 23 Abs. 3 K-BO 1996 gewährleisteten subjektiv-öffentlichem Recht sie sich mit diesem Vorbringen für verletzt erachten, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - gedeckt durch die vorgelegten Verwaltungsakten - zutreffend darauf hingewiesen, dass das Baugrundstück selbst nie Teil dieses Bebauungsplanes gewesen ist und im Übrigen der genannte Teilbebauungsplan mit Kundmachung des Bezirkshauptmannes von Spittal an der Drau vom 31. März 1999 aufgehoben worden ist. Für die belangte Behörde war bei Überprüfung des Berufungsbescheides jene Rechtslage entscheidend, die im Zeitpunkt des abschließenden Bescheides auf Gemeindeebene gegeben war. Zu diesem Zeitpunkt war der allgemeine textliche Bebauungsplan der Stadtgemeinde Spittal an der Drau für das Baugrundstück maßgeblich.

Auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde hätte das Verfahren gemäß § 38 AVG aussetzen müssen, zeigen die Beschwerdeführer keine Verletzung eines ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechtes auf. § 38 AVG räumt keiner Partei einen Anspruch auf Aussetzung eines Verfahrens ein. Die Frage der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung, die die Beschwerdeführer mit ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof herangetragen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2007/05/0296), stellt auch keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Mit der angefochtenen Entscheidung hat die belangte Behörde - implizit - auch über den Antrag über die Aussetzung des Verfahrens entschieden.

Die Beschwerdeführer konnten im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes über die heranrückende Wohnbebauung (vgl. hiezu in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2004, Slg. Nr. 17.143, betreffend die Aufhebung der §§ 23 Abs. 2 lit. b und Abs. 4 Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62/1996, als verfassungswidrig) gegen die Bewilligung des gegenständlichen Bauvorhabens als Partei im Baubewilligungsverfahren ihre Bedenken vortragen. Die belangte Behörde hat - ebenso wie die Baubehörden - die Auswirkungen des Sägewerks auf das geplante Bauvorhaben in Bezug auf Lärm- und Luftimmissionen unter Zugrundelegung der maßgeblichen Sachverständigengutachten beurteilt und kam in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise zum Ergebnis, dass für die auf dem Baugrundstück befindlichen Personen mit keiner Belästigung, Störung des Wohnbefindens, Gesundheitsgefährdung oder Gesundheitsschädigung durch den Betrieb des Sägewerks auf der Liegenschaft der erstbeschwerdeführenden Partei zu rechnen sein werde. Da sich diese Beurteilung auf das konkrete Bauvorhaben unter den gegebenen Umständen bezog, führt auch das Beschwerdevorbringen hinsichtlich des Abstandes des Baugrundstückes zum Grundstück der Beschwerdeführer die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Im Übrigen können Rechtsfolgen gewerberechtlicher Art keine von der Baubehörde wahrzunehmenden Rechte begründen (vgl. Moritz, Das subjektive Recht - ausgewählte Aspekte vor dem Hintergrund der Praxis, in 16. ÖJT Band I/2, Seiten 67 ff, und das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/05/0110; bei dem hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2006, Zl. 2004/05/0003, spielten diese Rechtsfolgen hingegen angesichts der Bindung an die Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofes im konkreten Verfahren eine Rolle). Abgesehen davon ist zu bemerken, dass die belangte Behörde auf Grund der Ermittlungsergebnisse im vorliegenden Fall auch zu dem Schluss kam, dass mit der Errichtung und Benützung des bewilligten Bauvorhabens für das Sägewerk nicht mit weiteren Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 zu rechnen ist.

Mit ihrer Behauptung, es sei den Beschwerdeführern Akteneinsicht verweigert worden, zeigen die Beschwerdeführer keinen Verfahrensmangel auf, weil sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dartun.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Juni 2009

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