VwGH 2004/16/0138

VwGH2004/16/013820.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der L Ltd. in N, Bahamas/USA, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 5. April 2004, Zl. Jv 521-33/04, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

11997E028 EG Art28;
11997E029 EG Art29;
11997E056 EG Art56;
11997E090 EG Art90;
11997E094 EG Art94;
61974CJ0008 Dassonville VORAB;
EURallg;
GGG 1984 TP2;
GGG 1984;
11997E028 EG Art28;
11997E029 EG Art29;
11997E056 EG Art56;
11997E090 EG Art90;
11997E094 EG Art94;
61974CJ0008 Dassonville VORAB;
EURallg;
GGG 1984 TP2;
GGG 1984;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2003 erhob die beschwerdeführende Partei, eine Gesellschaft mit Sitz auf den Bahamas, gegen den in Wien wohnhaften ehemaligen Geschäftsführer der E GmbH eine Wechselmandatsklage wegen einer offenen Forderung in Höhe von EUR 2,540.192,--.

Der Klage lag der Sachverhalt zugrunde, dass die E GmbH zur Sicherung einer offenen Verbindlichkeit, welche sich durch die Abrechnung der wechselseitigen Forderungen aus ständigen Geschäftsbeziehungen mit der beschwerdeführenden Partei ergeben hatte, als Ausstellerin und Akzeptantin einen die beschwerdeführende Partei begünstigenden Wechsel in Höhe von USD 6,150.600,-- begeben hatte. In weiterer Folge waren von der E GmbH Prolongationswechsel begeben und war die Verbindlichkeit teilweise beglichen worden.

Am 13. November 2003 fällte das Handelsgericht Wien ein abweisendes Urteil.

Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen Berufung. Pauschalgebühren wurden nicht erhoben.

Mit Zahlungsauftrag vom 7. Jänner 2004 wurden der beschwerdeführenden Partei und ihrem Vertreter Pauschalgebühr gemäß TP 2 GGG in Höhe von EUR 47.943,--, Einhebungsgebühr gemäß § 5 Abs. 1 GEG 1962 in Höhe von EUR 7,-- und ein Mehrbetrag gemäß § 31 GGG in Höhe von EUR 290,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Mit Berichtigungsantrag vom 23. Jänner 2004 brachte die beschwerdeführende Partei u. a. gegen die Gebührenvorschreibung vor, Gesetze, die bei der Rechtsverfolgung "zusätzliche Kosten" verursachten und "die Attraktivität der Grundgeschäfte zwangsläufig" verringerten, seien eine Beschränkung der Kapital-, Zahlungs-, Waren- und Dienstleistungsverkehrsfreiheit. Jeder, der die Wahl hätte, würde eher einen Vertragspartner aus einem Mitgliedstaat aussuchen, wo er "billiger klagen" könne. Die österreichischen Gerichtsgebühren seien im Vergleich mit jenen anderer europäischer Staaten "empfindlich höher" und gingen über das zur Erreichung des Ziels "angemessene und erforderliche Maß" hinaus. Da österreichische Gerichtsgebühren zumindest für Wechselprozesse gemeinschaftsrechtswidrig seien, sei der Zahlungsauftrag dahingehend zu berichtigen, dass keine Pauschalgebühr gemäß TP 2 GGG vorgeschrieben werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Vorschreibung der Pauschalgebühr nach TP 2 GGG keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das Verbot der Einschränkung des freien Kapital- (Zahlungs-)verkehrs oder einer anderen Grundfreiheit erfasse nur solche nationale Maßnahmen, die spezifisch den grenzüberschreitenden Austausch von Waren, Dienstleistungen und Personen oder den grenzüberschreitenden Kapital- und Zahlungstransfer beeinträchtigen würden. Da die österreichischen Gerichtsgebühren unabhängig davon, ob das Verfahren einen Auslandsbezug aufweise oder nicht, in gleicher Weise und in gleichem Ausmaß eingehoben würden, stelle die Erhebung einer solchen Gebühr für ein Wechselmandatsverfahren keinen Verstoß gegen die Kapital-(Zahlungs-)verkehrsfreiheit iSd Art. 56 EG dar.

Die Erhebung von Gerichtsgebühren anlässlich der Anspruchsverfolgung gegen einen Schuldner gehöre im Sinne des Urteils des EuGH, Rs C-412/97 , ED Srl, zu den "Verfahrensmodalitäten" der Geltendmachung des Anspruches und somit nicht zum Anwendungsbereich des Art. 56 EG. Die Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren könne daher keine unzulässige Beschränkung des Zahlungsverkehrs darstellen.

Es sei auch nicht zu erwarten, dass sich Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr gerade vom Risiko, im Streitfall hohe Gerichtsgebühren entrichten zu müssen und diese Gebühren bei Insolvenz des Verfahrensgegners von diesem nicht ersatzweise hereinbringen zu können, von grenzüberschreitenden Aktivitäten abhalten lassen würden, zumal sich solche Insolvenzrisken, welche auch die Hauptleistung beträfen, durch entsprechende Sicherheitsleistungen verringern ließen.

Selbst unter der Annahme, dass die Pauschalgebühr nach TP 2 GGG eine Beeinträchtigung des Zahlungsverkehrs bzw. des Waren- und Dienstleistungsverkehrs darstellte, wäre diese gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt. Eine nationale Gebührenregelung sei nämlich als eine unerlässliche Maßnahme im Sinne des Art. 58 Abs. 1 lit. b EG anzusehen, wenn sie ungeachtet der Staatsangehörigkeit der Vertragspartner oder des Ortes des Abschlusses des Vertrages alle Personen erfasse und ihr Zweck darin bestehe, eine gleichmäßige Steuerbelastung dieser Personen zu gewährleisten. Damit lasse sich verhindern, dass sich die Steuerpflichtigen durch die Ausübung der durch Art. 56 Abs. 1 EG garantierten Kapitalverkehrsfreiheit ihren Verpflichtungen aus einer nationalen Steuerregelung entziehen könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 9. Juni 2004, B 664/04-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

In ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf Unterlassung der Festsetzung von Gerichtsgebühren nach TP 2 GGG, wenn diese Bestimmung infolge Anwendungsvorrangs entgegenstehenden Gemeinschaftsrechtes unangewendet zu bleiben hat", verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß TP 2 GGG betragen die Gebühren für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz bei einem Berufungsinteresse über EUR 363.360,-- 1,8 % vom jeweiligen Berufungsinteresse zuzüglich EUR 2.219,--.

Die Beschwerde rügt im Wesentlichen, dass die österreichischen Gerichtsgebühren zumindest für Wechselprozesse eine gemeinschaftsrechtswidrige Beschränkung der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit darstellten.

Art. 56 EG verbietet alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs (Abs. 1) sowie des Zahlungsverkehrs (Abs. 2) zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern.

Nach Art. 58 Abs. 1 berührt Art. 56 nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

a) die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,

b) die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

Gemäß Art. 58 Abs. 3 EG dürfen die in den Abs. 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Art. 56 darstellen.

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) enthält keine Definition der Begriffe Kapitalverkehr bzw. Zahlungsverkehr. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes handelt es sich beim Kapitalverkehr um Finanzgeschäfte, bei denen es in erster Linie um die Anlage oder die Investition des betreffenden Betrages geht. Unter Zahlungsverkehr ist der grenzüberschreitende Fluss von Zahlungsmitteln (Ein- oder Ausfuhr) zu verstehen. Der Begriff Zahlungsverkehr ist weit zu verstehen und bezieht sich neben Bargeld u. a. auch auf Wechsel und Scheck (vgl. Schneider in Mayer, Kommentar zu EU- und EG-Vertrag, Art. 56, Rz 12ff). Er umfasst die Abwicklung der Gegenleistung aus einem den anderen Marktfreiheiten zuzuordnenden Geschäft, etwa die Bezahlung von Warenlieferungen und Dienstleistungen (vgl. Bröhmer in Callies/Ruffert, Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 56 Rz 22).

Wie die belangte Behörde bereits ausgeführt hat, kann es im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die gerichtliche Geltendmachung der Rechte aus einem Wechsel dem Kapital- oder der Zahlungsverkehr zuzurechnen ist. Die Unterscheidung ist nämlich im Wesentlichen lediglich im Hinblick auf die Ausnahmen nach Art. 57 und 59 EG, die sich nur auf Kapitalverkehr beziehen, von Bedeutung (vgl. Schneider in Mayer, a.a.O., Art. 56, Rz 18f.). Die Anwendung dieser beiden Artikel kommt aber im Beschwerdefall jedenfalls nicht in Betracht.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gerichtsgebühren nach TP 2 GGG generell jede Partei, die in einem in Österreich anhängigen Zivilprozess ein Rechtsmittel erhebt, belastet und zwar ohne Ansehen der Parteien. Da die gegenständliche Vorschreibung von Gerichtsgebühren auch dann stattgefunden hätte, wenn die beschwerdeführende Partei ihren Sitz im Inland gehabt oder der verfahrensgegenständliche Wechsel im Inland ausgestellt bzw. auf eine inländische Währung gelautet hätte, kann bereits aus diesem Grunde von einer gemeinschaftsrechtswidrigen Beschränkung des Kapital- bzw. Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern keine Rede sein (vgl. etwa das zur Börsenumsatzsteuer ergangene hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2004, Zl. 2001/16/0048, mwN, und das zur Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG ergangene hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2000/16/0086).

Darüber hinaus ist die Belastung mit Gerichtsgebühren nach TP 2 GGG nicht auf Wechselmandatsverfahren bzw. Wechselprozesse beschränkt. Sie ist vielmehr vom Prozessgegenstand unabhängig. Damit wird kein Kapital- oder Zahlungsverkehrsvorgang spezifisch belastet oder in besonderer Weise beschränkt.

Dafür, dass in der Vorschreibung von Gerichtsgebühren für das Einbringen einer Berufung eine Beschränkung iSd Art. 56 EG gesehen werden könnte, ergeben sich somit keine Anhaltspunkte, sodass sich bereits aus diesem Grunde die Beantwortung der Frage, ob sie eine nach Art. 58 Abs. 1 lit. b EG zulässige Maßnahme darstellt, erübrigt. Dass in der Erhebung von Gerichtsgebühren eine versteckte (verschleierte) Diskriminierung gesehen werden könnte, hat die beschwerdeführende Partei nicht behauptet und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich.

Auch die von der beschwerdeführenden Partei angesprochene "Dassonville-Formel", die für den Bereich der Warenverkehrsfreiheit entwickelt wurde, vermag der Beschwerde nicht zu einem Erfolg zu verhelfen.

Nach Art. 28 EG und Art. 29 EG sind mengenmäßige Ausfuhr- und Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Bei den Maßnahmen gleicher Wirkung handelt es sich nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11. Juli 1974, Rs 8/74 "Dassonville") um "jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern".

Es werden auch in der Literatur Zweifel dahingehend geäußert, ob die "Dassonville-Formel" auf die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit übertragen werden kann, denn "gerade im Bereich der Kapitalmärkte sind eine Vielzahl von mitgliedstaatlich zurechenbaren Handlungen mit potentiellen oder tatsächlichen Auswirkungen auf den Zu-, Durch- und Abfluss von Kapital denkbar, ohne dass diese als Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit gewertet werden können. Man denke an die Privatisierung staatlicher Unternehmen oder an 'Erklärungen' der Finanzminister oder anderer Personen zu kapitalmarktrelevanten Themen. … Im Gegenteil: Der durch die Kapitalverkehrsfreiheit zu sichernde Zu-, Ab- und Durchfluss von Kapital setzt notwendig das Bestehen von Unterschieden in den Rahmenbedingungen voraus, die Kapitalbewegungen verursachen. Änderungen dieser Rahmenbedingungen mit dem Ziel der Beeinflussung des Kapitalverkehrs können somit nicht ohne weiteres als Kapitalverkehrsbeschränkung qualifiziert werden, ungeachtet ihrer potentiellen oder gar tatsächlichen Auswirkungen auf die Kapitalströme" (Bröhmer in Callies/Ruffert, a.a.O., Art. 56 Rz 20).

Selbst wenn man dennoch die "Dassonville-Formel" als auch für die Freiheit des Kapital- bzw. Zahlungsverkehrs anwendbar erachtete, so wäre für den Bereich des Steuerrechts zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des EuGH Art. 90 EG den Bestimmungen über die Warenverkehrsfreiheit vorgeht. Demnach wäre im Beschwerdefall, welchem eine Abgabenerhebung zugrunde liegt, zu prüfen, ob ein Verstoß gegen Art. 90 EG vorliegt. Art. 90 EG verbietet es den Mitgliedstaaten, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar höhere inländische Abgaben zu erheben, als gleichartige inländische Waren zu tragen haben. Gleiches gilt für Abgaben, die geeignet sind, andere inländische Produktionen zu schützen. Das Kriterium für die Anwendung dieser Vorschrift besteht folglich darin, ob eine inländische Abgabe diskriminierenden oder schützenden Charakter hat (vgl. dazu die ausführliche Darstellung im hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2002/17/0284, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes). Art. 90 EG kann aber - selbst bei analoger Anwendung auf den Kapital- und Zahlungsverkehr - nicht gegen die Erhebung der Gerichtsgebühr nach TP 2 GGG ins Treffen geführt werden, weil letztere - wie oben bereits ausgeführt - weder eine diskriminierende noch eine schützende Wirkung entfaltet.

Darüber hinaus ergibt sich aus dem gemeinschaftlichen Sekundärrecht kein Anhaltspunkt dafür, dass Gerichtsgebühren eine Behinderung des Handels bzw. des Kapital- und Zahlungsverkehrs darstellen könnten. Nach Art. 94 EG erlässt der Rat Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des gemeinsamen Marktes auswirken. Der Umstand, dass hinsichtlich der Gerichtsgebühren Harmonisierungsschritte bislang nicht unternommen wurden, spricht auch für die Beurteilung, dass diese - wenn überhaupt - als Beschränkungen, aber nicht als unmittelbare angesehen werden.

Auch die - im Beschwerdefall nicht zur Anwendung gelangende - Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen sehen keine Harmonisierung der Gerichtsgebühren vor. Die erstgenannte Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 bestimmt in ihrem Art. 25 Abs. 1 lediglich, dass die Gerichtsgebühren für das Europäische Mahnverfahren nicht höher sein dürfen als die Gerichtsgebühren eines ordentlichen Zivilprozesses ohne vorausgehendes Europäisches Mahnverfahren in diesem Mitgliedstaat.

Auch der Versuch der beschwerdeführenden Partei, eine durch die Höhe der Pauschalgebühren herbeigeführte Verletzung ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz darzutun, muss der Erfolg versagt bleiben.

In seinem Urteil vom 11. September 2003, Rs C-13/01 ("Safalero Srl") hat der EuGH ausgesprochen, dass es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, u. a. die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten u. a. die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität).

Die beschwerdeführende Partei unterlässt es darzulegen, an der Durchsetzung welcher Rechte, die ihr aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsen wären, sie im Beschwerdefall gehindert worden wäre. Dass Gerichtsgebühren in Österreich allgemein derart hohe Belastungen für Wirtschaftstreibende darstellten, dass sie davon abgehalten werden könnten, den Rechtsweg zu beschreiten, stellt auch eine bloße, nicht näher begründete Behauptung dar, die sich der Nachvollziehbarkeit durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht. Dass bei einer allfälligen Insolvenz der unterlegenen Partei auch der Kostenersatzanspruch nach §§ 40ff ZPO, der u. a. die Gerichtsgebühren umfasst, ins Leere ginge, ist ein allgemeines Risiko, das alle Parteien trifft. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wird ein ziffernmäßig höher bewertetes Berufungsinteresse ohnehin verhältnismäßig geringer belastet als ein ziffernmäßig niedriger bewertetes. Darüber hinaus wird durch die Möglichkeit der Gewährung der Verfahrenshilfe die persönliche Leistungsfähigkeit der Partei eines gerichtlichen Verfahrens dahingehend berücksichtigt, als die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren einer juristischen Person so weit zu bewilligen ist, als die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint (§§ 63 ff ZPO).

Daraus ergibt sich, dass die belangte Behörde dadurch, dass sie im Beschwerdefall den gesetzlich vorgesehenen Tarif nach TP 2 GGG angewendet hat, die beschwerdeführende Partei nicht in ihren geltend gemachten subjektiven Rechten verletzt hat.

Die sich auf die Behauptung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides beschränkende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Da jeder Zweifel daran fehlt, die Gebühr nach TP 2 GGG würde Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes widersprechen, bestand auch keine Pflicht zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens (vgl. das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 C.I.L.F.I.T).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren der belangten Behörde auf Schriftsatzaufwand für die Erstattung einer Gegenschrift war abzuweisen, weil sie sich in ihrem Vorlageschriftsatz auf den bloßen Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid beschränkte, ohne auf die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente einzugehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2006, Zl. 2006/17/0014, mwN).

Wien, am 20. Dezember 2007

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