VwGH 2001/16/0048

VwGH2001/16/004813.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden der S Holding S.A. in Luxemburg, vertreten durch Prettenhofer & Jandl Partnerschaft, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. März 2000, Zlen. RV/239-09/03/98 (hg. Zl. 2001/16/0048) und RV/238-09/03/98 (hg. Zl. 2001/16/0049), betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

11997E056 EG Art56;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art12 Abs1 lita;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern;
61997CJ0236 Codan VORAB;
KVG 1934 §17 Abs1;
11997E056 EG Art56;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art12 Abs1 lita;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern;
61997CJ0236 Codan VORAB;
KVG 1934 §17 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 664,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Ihr wurden von der F.-Stiftung (hg. Zl. 2001/16/0048) und von H. (hg. Zl. 2001/16/0049) mit in Wien abgeschlossenen Abtretungsverträgen vom 21. und 23. Oktober 1997 deren Geschäftsanteile an der E.-GmbH mit Sitz in Wien abgetreten. Von den vereinbarten Preisen für diese Anschaffungsgeschäfte setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Bescheiden vom 3. April 1998 die Börsenumsatzsteuer, ausgehend vom Steuersatz von 2,5 %, fest.

In den dagegen erstatteten Berufungen machte die Beschwerdeführerin geltend, der Steuersatz bei Dividendenwerten würde 1,5 %o betragen, bei Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung hingegen 2,5 %. Es bestehe kein nachvollziehbarer sachlicher Grund für diesen unterschiedlichen Tarif. In beiden Fällen handle es sich um Kapitalgesellschaften und die Übertragung von Kapitalanteilen, sodass die Erhebung von Abgaben aus solchen Vorgängen dem Gleichheitsgebot entsprechend in gleicher Höhe vorgenommen werden müsse. Der Vorgang verstoße auch gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 6 EGV.

Eine Ungleichbehandlung bestehe auch dahingehend, dass sich nach § 34 KVG die Steuer bei Anschaffungsgeschäften, die im Ausland abgeschlossen werden, auf die Hälfte ermäßigt, wenn nur ein Vertragsteil Inländer sei; letzteres sei auch hier der Fall, weshalb kein sachlicher Grund erkennbar sei, warum die Besteuerung im vorliegenden Fall nicht auf die Hälfte ermäßigt wurde, da es keinen Unterschied machen darf, ob der Abtretungsvertrag in Österreich abgeschlossen wurde oder im Ausland, zumal jenes Ausland zur Europäischen Union gehöre.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde diese Berufungen als unbegründet ab. Sie verwies darauf, dass der Steuersatz für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung bis zum 31. Dezember 1994 0,5 % betragen habe; weiters sei die Abtretung derartiger Anteile dem Gebührengesetz unterlegen, wobei der Steuersatz gemäß § 33 TP 21 Z. 2 GebG 2 % betragen habe. Mit dem EU-Anpassungsgesetz BGBl. 629/1994 habe sich die Rechtslage insoferne geändert, als keine Gebühr mehr anfalle und als Ausgleich dafür die Börsenumsatzsteuerpflicht nunmehr in Höhe von 2,5 % bestehe. Abgesehen vom rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers sei der wesentlich höhere Steuersatz bei der GmbH gegenüber der Aktiengesellschaft damit zu rechfertigen, dass Aktien für den Verkehr bestimmt seien, was das rechtspolitische Ziel einer Erleichterung des Aktienhandels am Kapitalmarkt rechtfertige. Auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes stehe die höhere Belastung von GmbH-Anteilen im Spielraum des Gesetzgebers.

Die Begünstigung nach § 34 Abs. 1 KVG komme nicht in Betracht, weil das Geschäft im Inland abgeschlossen worden sei. Das Motiv der Regelung des § 34 Abs. 1 KVG mag sein, im Fall eines Auslandsbeschlusses, wo der inländischen Ermittlung Grenzen gesetzt sind, die Parteien zur Anzeige des Vorganges und Entrichtung der Abgabe zu bewegen. Eine Diskriminierung des nicht inländischen Erwerbers liege jedoch nicht vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden zunächst an ihn gerichteten Beschwerden - nach Durchführung eines Vorverfahrens - mit seinen Beschlüssen vom 28. November 2000, B 866/00 und B 867/00 abgelehnt. Wörtlich führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (hinsichtlich § 22 Abs. 1 Z. 5 KapitalverkehrsteuerG vgl. etwa VfSlg. 11.707/1988; was § 34 Abs. 1 leg. cit. anlangt, so erscheint die Differenzierung zwischen Auslands- und Inlandsgeschäften unbedenklich) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

In den vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerden erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Börsenumsatzsteuer verletzt, da insbesondere auch auf Grund der Gemeinschafsrechtswidrigkeit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Börsenumsatzsteuer nicht bestanden hätten. Hilfsweise erachtet sie sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass lediglich der für den Erwerb von Aktiengesellschaften maßgebende Börsenumsatzsteuersatz angewendet werde.

Die belangte Behörde legte in beiden Fällen die Verwaltungsakten vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin meint, die Belastung des Erwerbes der Anteile durch ihre Gesellschaft mit 2,5 % widerspreche der im EGV verankerten Kapitalverkehrsfreiheit. Wenn der Gesetzgeber Erwerbe von Aktien mit einem deutlich geringeren Steuersatz als Erwerbe von GmbH-Anteilen erfasse, erweise sich die Erhebung eines Steuersatzes von 2,5 % als willkürliche Diskriminierung und als verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs nach Art. 58 Abs. 3 EG. Es liege ein Fall des Beschränkungsverbotes vor. Es verbiete sich nicht nur eine Schlechterbehandlung von Investitionen im Ausland gegenüber Investitionen im Inland oder Investitionen von Ausländern gegenüber Investitionen von Inländern, sondern überhaupt jede Beschränkung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs ohne sachliche Rechtfertigung. Der Gesetzgeber hätte, wie das der Vergleich mit der Aktiengesellschaft zeigt, die Möglichkeit gehabt, eine gelindere Form der Beschränkung zu wählen. Die Beschwerdeführerin regt die Vorlage der Frage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften an, ob es mit der Kapitalverkehrsteuerfreiheit in Einklang stehe, wenn der Erwerb von Anteilen an einer österreichischen Gesellschaft durch eine in einem anderen EU-Staat ansässige Kapitalgesellschaft einer 2,5 %igen Umsatzsteuer unterliege, während der Erwerb von Aktien an einer österreichischen Gesellschaft lediglich einer 0,15 %igen Börsenumsatzsteuer unterliege.

Dem ist zu entgegnen:

Gegenstand des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/16/0380, war das in Polen abgeschlossene Veräußerungsgeschäft betreffend den Erwerb des Anteiles an einer polnischen GmbH vom polnischen Veräußerer durch eine österreichische Aktiengesellschaft. Zum Beschränkungsverbot der Art. 56 ff EG führte der Verwaltungsgerichtshof damals aus, das Beschränkungsverbot umfasse staatliche Maßnahmen, die für Kapitalausfuhr oder Kapitaleinfuhr eine gegenüber dem inländischen Kapitalverkehr formelle oder materiell abweichende Regelung vorsehe. Da die Anwendung der Börsenumsatzsteuer durch den angefochtenen Bescheid auf den von der Beschwerdeführerin im Ausland getätigten Anteilserwerb auch stattgefunden hätte, wenn die Beschwerdeführerin entsprechende Anteile im Inland erworben hätte, könne von einer Beschränkung des Kapitalverkehrs von vornherein keine Rede sein (siehe, um Wiederholungen zu vermeiden, die dort zitierten umfangreichen Nachweise und Auseinandersetzungen mit Lehre und Judikatur).

Auch im Beschwerdefall ist eine Verletzung des Beschränkungsverbotes nicht erkennbar, weil keine staatliche Maßnahme vorliegt, die für Kapitalausfuhr oder Kapitaleinfuhr eine gegenüber dem inländischen Kapitalverkehr bzw. dem Kapitalverkehr unter Inländern formell oder materiell abweichende Regelung vorsieht. Die Börsenumsatzsteuer beträgt 2,5 %, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein rein inländisches Geschäft handelt oder ob ein personeller Auslandsbezug vorliegt. Verwiesen wurde im zuletzt zitierten Erkenntnis auch auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Oktober 1999 in der Rechtssache C-439/97 , Sandoz GmbH, mit welchem bezüglich der Besteuerung von Darlehen keine Diskriminierung oder verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs angesehen wurde.

Art. 12 Abs. 1 lit. a der Kapitalverkehrsteuerrichtlinie (69/335/EWG) sieht vor, dass in Abweichung von den Art. 10 und 11 die Mitgliedstaaten pauschal oder nicht pauschal erhobene Börsenumsatzsteuern erheben können. Dazu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 17. Dezember 1998, Rechtssache C-236/97 CODAN ausgesprochen, diese Richtlinienbestimmung sei dahingehend auszulegen, dass die Erhebung einer Abgabe auf die Übertragung von Aktien unabhängig davon zulässig sei, ob die Gesellschaft, die diese Aktien ausgegeben hat, zum Börsenverkehr zugelassen ist und ob die Übertragung über die Börse oder direkt zwischen Veräußerer und dem Erwerber erfolgt ist.

Ausgehend davon, da auch die Übertragung von Anteilen an einer GmbH kein Gegenstand des Börseverkehrs ist, und von den Erwägungen im zitierten Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, kann an der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Börsenumsatzsteuer für (nicht an der Börse notierenden) Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung kein Zweifel bestehen.

Soweit die Beschwerdeführerin eine Verkehrsbeschränkung auf Grund der Höhe des Steuersatzes erkennen will, zeigt die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig auf, dass es insoferne nicht auf einen Vergleich mit anderen Steuersätzen ankommt, sondern die Höhe im Verhältnis zur Bemessungsgrundlage zu sehen ist. Die zitierte Bestimmung der Kapitalverkehrsteuerrichtlinie erlaubt aber Börsenumsatzsteuern, ohne irgendeine Höhe vorzugeben; eine Höhe von 2,5 % erscheint aber weder übermäßig noch ist sie geeignet, im Besonderen den Verkehr mit Gesellschaftsanteilen innerhalb der Mitgliedstaaten zu beschränken. Gerade in diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Jänner 2002, Zl. 2001/16/0357 klargestellt, dass die Erhebung der Börsenumsatzsteuer mit einem Satz von 2,5 % dem Gemeinschaftsrecht nicht widerspricht. Verwiesen sei weiters auf die vom Verwaltungsgerichtshof im Lichte des Art. 56 EG beurteilte Grunderwerbsteuer samt Eintragungsgebühr im Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2000/16/0086. Der hier zu beurteilende Umsatzsteuersatz ist somit auch nicht deshalb gemeinschaftsrechtswidrig, weil er 2,5 % beträgt.

Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 C.I.L.F.I.T); daher war von der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens abzusehen.

Die Beschwerdeführerin regt weiters die Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof wegen der Schlechterbehandlung des Erwerbs von GmbH-Anteilen gegenüber dem Erwerb von Aktien an. Insofern hat der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Ablehnungsbeschluss auf sein Erkenntnis VfSlg. 11.707/1988 verwiesen, in welchem die unterschiedliche Behandlung der beiden Gesellschaftsformen im Rahmen der Zessionsgebühr des § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG für verfassungskonform erklärt worden war; die Beschwerdeführer zeigen selbst auf, dass trotz der Darlegungen von Rief, RdW 1996, 183, der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom 4. März 1997, Zl. B 5086/96, veröffentlicht in ARD 4869/30/97, die erhöhte Verkehrsteuerbelastung für GmbH-Anteile als im Wege des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes für sachlich gerechtfertigt erachtet hat. Von dieser Auffassung ist der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Ablehnungsbeschluss, der nach Einleitung eines Vorverfahrens ergangen war, nicht abgerückt. Wenn man bedenkt, dass sich der vergleichsweise hohe Steuersatz allein damit erklären lässt, dass dafür die Zessionsgebühr nach § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG abgeschafft wurde und in Summe die steuerliche Belastung gleichgeblieben ist, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, diese Frage neuerlich an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Schließlich regen die Beschwerdeführer die Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof wegen der Schlechterbehandlung von im Inland abgeschlossenen Anschaffungsgeschäften gegenüber den im Ausland abgeschlossenen Anschaffungsgeschäften an.

Bezüglich der seit der Stammfassung des KVG bestehenden Begünstigung für im Ausland abgeschlossene Anschaffungsgeschäfte, wenn ein Vertragsteil Inländer ist, hat der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Ablehnungsbeschluss ausgeführt, dass diese Differenzierung unbedenklich erscheint. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 13. Mai 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte