VwGH 2005/06/0379

VwGH2005/06/037926.1.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerden der Gemeinde G, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer, Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. November 2005, 1. FA13B-12.10 G 252 - 05/37 (Beschwerde Zl. 2005/06/0379; mitbeteiligte Partei: K K in G), 2. Zl. FA13B-

12.10 G 252 - 05/38 (Beschwerde Zl. 2005/06/0380; mitbeteiligte

Parteien: 1. M P und 2. R P, beide in S), und 3. Zl. FA13B-

12.10 G 252 - 05/39 (Beschwerde Zl. 2005/06/0381; mitbeteiligte

Parteien: 1. W H und 2. M O, beide in H), betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §41 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauG Stmk 1995 §27 Abs2;
BauG Stmk 1995 §27 Abs3;
BauRallg;
AVG §41 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauG Stmk 1995 §27 Abs2;
BauG Stmk 1995 §27 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in den Beschwerden, der vorliegenden Verwaltungsakten und der vorliegenden Berufungsbescheide vom 4. Oktober 2005 geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 14. April 2000 wurde der E Gesellschaft mbH (in der Folge kurz: Bauwerberin) auf Grundlage ihres Ansuchens vom 11. November 1999 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Fahrtechnik-, Trainings- und Kartentwicklungszentrums im Gemeindegebiet erteilt. Die mitbeteiligten Parteien, die zur Bauverhandlung vom 20. Dezember 1999 nicht geladen worden waren und denen der Bescheid vom 14. April 2000 auch nicht zugestellt worden war, erhoben in der Folge mit Schriftsätzen vom 1. September 2003 bzw. 29. Oktober 2003 Berufungen. Diese Berufungen wurden mit Berufungsbescheiden des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 5. März 2005 als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Vorstellungen an die belangte Behörde, die mit Bescheiden vom 9. Juni 2005 den Vorstellungen Folge gab und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwies. Gegen diese drei Vorstellungsbescheide richten sich die zu den hg. Zahlen 2005/06/0227 bis 0229 protokollierten Beschwerden der Gemeinde (die auch hier belangte Behörde hat dazu die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt).

Mit Eingabe vom 20. November 2000 (die am selben Tag bei der Gemeinde einlangte) kam die Bauwerberin um die baubehördliche Bewilligung für geplante Änderungen des Vorhabens ein. Hiezu wurde mit Erledigung der Baubehörde vom 22. November 2000 eine Bauverhandlung für den 6. Dezember 2000 anberaumt. Die Erledigung (Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung) enthält den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995. Hiezu wurden eine Reihe von Personen geladen, nicht aber die nunmehrigen mitbeteiligten Parteien; eine "doppelte" Kundmachung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) erfolgte nicht.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 25. Jänner 2001 wurde der Bauwerberin die Bewilligung für die Änderung der Situierung des Hauptgebäudes erteilt.

Die nunmehrigen mitbeteiligten Parteien erhoben gegen diesen Bescheid mit Eingaben vom 12. bzw. 13. März 2005 Berufungen, denen mit den (inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmenden) Berufungsbescheiden des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 4. Oktober 2005 keine Folge gegeben wurde.

Begründend heißt es (jeweils) insbesondere, das AVG sei durch die am 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 geändert worden. Gemäß § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung dieser Novelle seien alle in Vorschriften des Bundes oder der Länder enthaltenen, bis einschließlich 30. Juni 1998 kundgemachten Bestimmungen, die von näher bezeichneten Bestimmungen des AVG abwichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten.

Die hier maßgebliche mündliche Bauverhandlung habe nach dem 1. Jänner 1999 stattgefunden, der Bescheid sei unter dem Datum 25. Jänner 2001 ergangen, die Berufungen stammten vom März 2005. Zu prüfen sei somit, inwieweit "im Lichte der Rechtslage der zit. Novelle zum AVG" der Bescheid vom 25. Jänner 2001 "schon dem Grunde nach mit Erfolg bekämpft werden" könne. Hiezu sei Folgendes maßgeblich:

Es sei unstrittig, dass die der Erlassung des Bescheides vom 25. Jänner 2001 zugrundeliegende Bauverhandlung vom 6. Dezember 2000 nicht gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG bzw. nicht in geeigneter Form im Sinne des letzten Satzes des § 42 Abs. 1 AVG kundgemacht worden sei und die jeweiligen Berufungswerber (Anmerkung: die mitbeteiligten Parteien in diesen Beschwerdeverfahren) auch keine persönliche Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten hätten. Die Steiermärkische Landesregierung vertrete in einem näher bezeichneten Erlass die Auffassung, dass § 27 Stmk. BauG in der damals maßgeblichen Stammfassung wegen Widerspruches zu § 42 AVG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) zur Gänze außer Kraft getreten sei. Es sei aber eine differenziertere Betrachtung geboten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0205, und auf Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anmerkung 7 zu § 42 AVG und Anmerkung 6 zu § 37 AVG). Lese man § 82 Abs. 7 AVG dergestalt, dass in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltene Bestimmungen (nicht wenn, sondern nur) soweit außer Kraft träten, als sie von den dort genannten Paragraphen des AVG abwichen, dann sei die Derogationswirkung des § 42 AVG auf Fälle zu reduzieren, in welchen trotz "ordnungsgemäßer Ladung" (im Sinne des § 41 Abs. 1 AVG iVm einer zusätzlichen geeigneten Kundmachungsform bzw. mit persönlicher Ladung) ein Nachbar die Möglichkeit versäumt habe, rechtzeitig Einwendungen zu erheben. Von dieser Derogationswirkung werde daher jener Regelungsbereich des § 27 Stmk. BauG nicht erfasst, welcher Fallmöglichkeiten eines übergangenen Nachbarn darüber hinaus regle, "also Fallkonstellationen, bei welchen außerhalb solcher 'ordnungsgemäßer Ladungen' das Auftreten übergangener Nachbarn eintritt". Demnach sei davon auszugehen, dass dem § 27 Stmk. BauG in der Stammfassung durch § 42 iVm § 82 Abs. 7 AVG im Falle des "normalen übergangenen Nachbarn alter Prägung" (Zitat im Original) nicht derogiert worden sei (weiterer Hinweis auf Hauer/Leukauf, aaO, Anmerkung 6 zu § 37 AVG). Daraus ergebe sich Folgendes: Zum Zeitpunkt der Bauverhandlung vom 6. Dezember 2002 hätten die Bauarbeiten bereits begonnen. Die Berufungen datierten vom März 2003, also weit nach Ablauf der achtwöchigen Frist des § 27 Stmk. BauG, und seien somit verfristet.

Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Vorstellungen an die belangte Behörde. Mit den (im Wesentlichen inhaltsgleichen) angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde den Vorstellungen Folge gegeben, die Berufungsbescheide behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen. Zusammenfassend vertrat die belangte Behörde die Auffassung, den Ausführungen der Berufungsbehörde hinsichtlich der Derogationswirkung der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 sei nicht zu folgen, sodass die Vorstellungswerber sehr wohl berechtigt gewesen seien, ihre Einwendungen auch nach Ablauf von acht Wochen ab Baubeginn zu erheben. Dem § 27 Stmk. BauG sei durch § 42 AVG derogiert worden.

Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die dem hier maßgeblichen Bescheid vom 25. Jänner 2001 zugrundeliegende Bauverhandlung vom 6. Dezember 2000 (über das Baugesuch vom 20. November 2000) fand nach dem Inkrafttreten der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, das war der 1. Jänner 1999, statt.

Die §§ 25 bis 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59, lauteten in der damals maßgeblichen Stammfassung:

"§ 25

Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung

(1) Die Bauverhandlung ist durch Anschlag in der Gemeinde kundzumachen. In der Kundmachung sind Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung und die gemäß § 27 Abs. 1 bestehenden Voraussetzungen für die Beibehaltung der Parteistellung bekannt zu geben.

(2) Zur Bauverhandlung sind persönlich zu laden

  1. 1. der Bauwerber,
  2. 2. der Grundeigentümer,
  3. 3. der Inhaber des Baurechtes,
  4. 4. die Verfasser der Projektunterlagen,
  5. 5. die Nachbarn, die der Behörde durch das auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüfte Verzeichnis nach § 22 Abs. 2 Z. 4 bekannt geworden sind.

    § 26

    Nachbarrechte

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv- öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. 2. die Abstände (§ 13);
  2. 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
  3. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
  4. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

    6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

(2) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das ausschließlich der Wahrung öffentlicher, von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmender Interessen dient (objektivöffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde dieses Vorbringen zurückzuweisen.

(3) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das im Privatrecht begründet ist (privatrechtliche Einwendung), so hat die Behörde zunächst eine Einigung zu versuchen. Kommt keine Einigung zu Stande, so ist der Beteiligte mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Diese Verweisung ist unter Anführung der Einwendung im Spruch des Bewilligungsbescheides auszusprechen.

§ 27

Parteistellung

(1) Wurde eine Bauverhandlung kundgemacht, so behalten nur die Nachbarn Parteistellung, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhoben haben.

(2) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach Abs. 1 beizubehalten, so darf er seine Einwendungen auch nach Abschluss der Bauverhandlung vorbringen, und zwar

  1. a) bis zum Ablauf von acht Wochen ab Baubeginn oder
  2. b) ab Kenntnis der bewilligungspflichtigen Nutzungsänderung, längstens jedoch bis zum Ablauf eines Jahres ab durchgeführter Nutzungsänderung.

    Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses bei der Behörde erster Instanz einzubringen. Der Nachbar ist vom Zeitpunkt seiner Einwendung an Partei.

(3) Solange über das Bauansuchen noch nicht entschieden wurde, sind Einwendungen nach Abs. 2 von der Behörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Wurde hingegen der Baubewilligungsbescheid bereits erlassen, gilt die Einbringung der Einwendung als Antrag auf Zustellung des Genehmigungsbescheides. Gegen den Genehmigungsbescheid oder gegen den dem Antrag auf Zustellung nicht stattgebenden Bescheid ist die Berufung zulässig. Für das weitere Verfahren ist die zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen."

Die §§ 41 und 42 AVG lauteten damals (§ 41 Abs. 2 in der Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991, ansonsten in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 158/1998 - idF kurz: nF):

"§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekannt zu geben.

§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

(3) Eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, kann binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.

(4) Versäumt derjenige, über dessen Antrag das Verfahren eingeleitet wurde, die Verhandlung, so kann sie entweder in seiner Abwesenheit durchgeführt oder auf seine Kosten auf einen anderen Termin verlegt werden."

Gemäß § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung dieser Novelle treten alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die unter anderem von § 42 AVG in der Fassung dieser Novelle abweichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft, wobei dies nicht gilt, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind (was auf die 1995 kundgemachte Stammfassung des Stmk. BauG nicht zutrifft. Die Novellen zum Stmk. BauG LGBl. Nr. 50/2001, LGBl. Nr. 73/2001 und LGBl. Nr. 33/2002 - letztere Novelle wird in den Beschwerden genannt - betrafen nicht die §§ 25, 26 und 27 dieses Gesetzes).

Die beschwerdeführende Gemeinde vertritt weiterhin die (schon in den Berufungsbescheiden zum Ausdruck gebrachte) Auffassung, dass dem § 27 Stmk. BauG "nach Maßgabe der Derogationsbestimmung des § 82 Abs. 7 AVG durch § 42 AVG im Falle des 'normalen übergangenen Nachbarn alter Prägung' nicht derogiert wurde".

Versteht man den Begriff des "normalen übergangenen Nachbarn alter Prägung", wie dies wohl gemeint ist, dahingehend, dass es sich dabei um eine Person handeln soll, die ihre Parteistellung im Sinne des § 27 Stmk. BauG (Stammfassung) bzw. des § 42 AVG beibehalten bzw. nicht verloren hat, ist dem Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass § 27 Stmk. BauG (Stammfassung) einen solchen Fall nicht regelt. § 27 Abs. 2 Stmk. BauG (Stammfassung) regelt den Fall, dass ein Nachbar ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach Abs. 1 beizubehalten, Abs. 3 trifft hiezu ergänzende Regelungen. § 27 Abs. 2 Stmk. BauG und damit auch die im Verwaltungsverfahren angesprochene Achtwochenfrist ab Baubeginn (sowie der auf Abs. 2 aufbauende Abs. 3 dieses Paragraphen) sind somit auf Personen, die ihre Parteistellung nicht verloren haben, von vornherein unanwendbar.

Der in § 27 Abs. 1 Stmk. BauG (Stammfassung) enthaltenen Vorschrift über den Verlust der Parteistellung wurde jedenfalls durch § 42 AVG nF derogiert (was die Baubehörde hier bei der Anberaumung der Bauverhandlung vom 6. Dezember 2000 offenbar nicht beachtet hat, ist sie doch erkennbar nach § 27 Stmk. BauG und nicht nach § 42 AVG nF vorgegangen; zur Derogation siehe die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2002, Zl. 2000/06/0096, und vom 21. November 2002, Zl. 2000/06/0192). Diese Derogation bewirkt aber, dass die Regelung über die erforderliche Kundmachung der mündlichen Verhandlung, in deren Folge es zum Verlust der Parteistellung kommen kann, allein und ausschließlich in § 42 Abs. 1 AVG geregelt ist. Dass die mitbeteiligten Parteien in den Beschwerdeverfahren (Berufungswerber bzw. Vorstellungswerber im Verwaltungsverfahren) eine gegeben gewesene Parteistellung im zugrundeliegenden Teil-Bauverfahren nicht im Sinne des § 42 AVG nF verlieren konnten, ist zutreffend unstrittig, weil weder eine "doppelte" Kundmachung dieser Bauverhandlung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG nF erfolgte noch sie (was unstrittig ist) rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung im Sinne des § 42 Abs. 2 AVG nF erhalten haben.

Konnten die mitbeteiligten Parteien aber durch diese dargestellte Vorgangsweise eine gegebene Parteistellung nicht verlieren, ist nach dem zuvor Gesagten § 27 Abs. 2 Stmk. BauG (und somit jedenfalls die darin enthaltene, von der Berufungsbehörde bzw. nunmehr von der beschwerdeführenden Gemeinde ins Spiel gebrachte achtwöchige Frist ab Baubeginn) hier schon von vornherein unanwendbar.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Jänner 2006

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